Eine Abgrenzung des biblischen Evangeliums gegen fremde Lehren. Zudem wollen wir uns den Aufbau der Heilsgeschichte und die Offenbarung von Gottes Erlösungswerk in dieser Heilsgeschichte anschauen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Eine weit verbreitete Sicht der Dinge
Eine andere weit verbreitete Sicht der Dinge
Das Evangelium
Ein Wort zum Thema „Übergabegebet“ und „Jesus in sein Herz aufnehmen“
„Varianten“ des Evangeliums
1. Das Selbstwertevangelium
2. Das Wohlstandsevangelium
3. Das soziale Evangelium
4. Evangelium der Gnade und Evangelium des Reiches?
Der Aufbau der Heilsgeschichte
Die Offenbarung der Erlösung in der Heilsgeschichte
Schlusswort
Einleitung
In der heutigen Christenheit sind verschiedene Lehren hinsichtlich des Inhalts und der Bedeutung des Evangeliums im Umlauf. Die Unterschiede betreffen einerseits den Inhalt der Evangeliumsbotschaft selbst, andererseits die unterschiedliche Wertigkeit des Evangeliums in verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte.
Eine weit verbreitete Sicht der Dinge
Manche christliche Gruppierungen unterteilen das heutige Zeitalter in verschiedene Haushaltungen Gottes und unterscheiden zudem noch zwischen verschiedenen Gruppen geretteter Menschen aus diesen verschiedenen Haushaltungen.
Daraus resultiert dann die Lehre, dass es eine strenge und ewige Trennung zwischen den Heiligen des Alten Testamentes, den Heiligen des Neuen Testamentes und den Geretteten aus dem irdischen Volk Israel geben müsse. Dazu kommen dann noch weitere Gruppen, nämlich die Geretteten aus der großen Drangsal, einerseits aus Israel, andererseits aus den Nationen. Diese Unterscheidung wird in den verschiedensten Formen des Prämillennialismus gelehrt, vor allem in der Extremform des Dispensationalismus. Hinzu kommen dann sogar noch die Geretteten aus dem Millennium nach der sichtbaren Wiederkunft des Herrn Jesus Christus, einerseits aus Israel (Rö 11,26: „und so wird ganz Israel gerettet werden“), andererseits aus den Nationen.
Bei vielen Christen entsteht eine große Verwirrung, wenn sie diese Dinge lesen und darüber belehrt werden. Es ist kaum möglich, die verschiedenen „Haushaltungen des Heils“ zu differenzieren, und wenn man einmal eine Predigt darüber gehört oder ein Buch darüber gelesen hat, dann neigt man leicht dazu, es bald wieder zu vergessen. Nur wenige Christen wären auf Anhieb dazu in der Lage, das System aus dem Stegreif zu erklären, wenn sie danach gefragt würden. Daher existieren komplizierte Schaubilder, mit deren Hilfe die Zusammenhänge illustriert werden sollen. Die prophetischen Lehrer bereisen mit ihren Schaubildern im Gepäck die Welt und erklären die Lehre den einfachen Geschwistern. Man macht dabei immer wieder die Erfahrung, dass es einfachen Christen schwer fällt, die Inhalte zu reproduzieren. Muss es wirklich so kompliziert sein? Hat Gott sein Wort wirklich so schwierig gemacht?
Eine andere weit verbreitete Sicht der Dinge
Auf der anderen Seite hört man einfache Christen, welche ihre ebenso einfache Hoffnung bekennen. Sie sagen, dass der Herr am Kreuz für alle ihre Sünden sein Blut vergossen hat und gestorben ist, dass er begraben wurde und dass er am dritten Tag auferstanden ist. Danach ist er in den Himmel gegangen und hat den Heiligen Geist auf die Erde geschickt, um mit Hilfe der Zeugen auf der Erde durch die Botschaft des Evangeliums die Gläubigen aus Israel und aus allen Nationen zu sammeln. Am Ende dieser Zeit wird er wiederkommen und alle zuvor gestorbenen Gläubigen aus ihren Gräbern auferstehen lassen. Zusammen mit den dann noch lebenden Gläubigen, welche verwandelt werden, wird er an diesem letzten Tag seine ganze Gemeinde in den Himmel holen. Dann wird er die jetzige Erde im Feuer verbrennen und eine neue Schöpfung gründen, in welcher er auf ewig mit seinen Erlösten leben wird. Auch diejenigen Gläubigen, welche im Alten Testament auf den kommenden Erlöser gewartet haben, werden dabei sein und der Gemeinde aller Erlösten für ewig angehören.
Diese Botschaft klingt wesentlich einfacher. Man muss kein Prophetieexperte sein, um sie verstehen zu können. Der einfachste Christ kann sie hören und nachvollziehen, und er kann sie auch wiedergeben. Sie benötigt keine komplizierten Schaubilder und keine oftmalige Wiederholung, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Sie zerteilt nicht die Gemeinschaft der Erlösten in eine Mehrklassengesellschaft mit ewigen Sonderrechten für bestimmte Untergruppen, sondern sie zeigt dem Christen seine Hoffnung auf, dass er in der ewigen und gleichrangigen Gemeinschaft mit allen Gläubigen von Adam bis hin zu dem letzten Bekehrten der Weltgeschichte leben wird.
Was ist nun wahr? Dieser Frage möchten wir im Verlauf der nachfolgenden Abhandlung auf der Grundlage der Aussagen der Schrift nachgehen. Wir möchten uns dabei bemühen, uns dem Wort Gottes unterzuordnen und nicht Dinge in den Bibeltext hineinzulesen, welche nicht geschrieben stehen (1Kor 4,6). Dabei wird es natürlich nicht möglich sein, eine „Enzyklopädie des biblischen Heilsweges“ zu verfassen, denn diese würde sicherlich ein mehrbändiges Werk ergeben. Es wird uns allerdings sehr wohl gelingen, die wichtigsten Fragen hinsichtlich des Wesens, des Inhaltes und der Gültigkeit des Evangeliums zu klären.
Unser Konzept wird dabei folgendermaßen aussehen: Zunächst soll das Evangelium in seiner Substanz dargelegt werden, anschließend soll auf „Varianten“ des Evangeliums eingegangen werden, welche von verschiedenen christlichen Lehrern definiert worden sind. Danach soll ein kurzer und übersichtlicher Aufbau der Heilsgeschichte genannt werden, gefolgt von der schrittweisen Entwicklung der Offenbarung der Heilswege Gottes an die Menschen. Der letztgenannte Aspekt wird anhand eines repräsentativen Durchgangs durch wesentliche Passagen der Schrift abgehandelt werden um zu zeigen, auf welche Art und Weise das Evangelium des Heils nach der Schrift immer mehr Gestalt gewonnen hat. Am Ende wird ein kurzes Schlusswort stehen.
Das Evangelium
Zunächst möchten wir uns mit der Wortbedeutung beschäftigen. Es stammt aus dem Griechischen und ist zusammengesetzt aus zwei Teilen. Es ist eigentlich das „Eu-angelion“. „Eu“ bedeutet gut oder schön, „angelion“ bedeutet Botschaft oder Nachricht, übermittelt durch einen „angelos“, einen Boten oder Botschafter. Somit ist ein Evangelium zunächst einmal nichts anderes als eine gute Botschaft, welche sich auf alles Mögliche beziehen kann.
Die Bibel redet jedoch über ein ganz bestimmtes Evangelium, nämlich über das Evangelium von dem Herrn Jesus Christus. Es ist die gute Botschaft, das Evangelium unserer Errettung (Eph 1,13). Es gibt nämlich keinen anderen Namen, welcher den Menschen unter dem Himmel gegeben worden ist und in welchem wir errettet werden müssen, als den Namen Jesus Christus (Apg 4,12). Ihn allein, den Gekreuzigten, hat Gott zum Herrn und zum Retter gemacht, diesen Jesus (Apg 2,36). Nur wer an ihn glaubt kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tode zum ewigen Leben hindurchgedrungen (Joh 5,24). Der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Jesus Christus, unserem Herrn (Rö 6,23). Wer an Jesus Christus glaubt hat ewiges Leben (1Joh 5,1 und 13).
Was müssen wir nun den Menschen sagen? Das Evangelium an sich ist ja die gute Botschaft. Um sie annehmen zu können, muss ein Mensch jedoch zunächst einmal wissen, weshalb er diese gute Botschaft überhaupt nötig hat. Die meisten Menschen haben heutzutage nicht mehr das geringste Bewusstsein davon, dass ihnen in den Augen Gottes alles fehlt, dass sie tot in Sünden und auf ewig verloren sind. Daher beginnt die Verkündigung des Evangeliums damit, dass wir den Menschen offen sagen, dass sie in ihrem natürlichen Zustand vor Gott nicht gerechtfertigt und deshalb verloren sind. Wir müssen ihnen sagen, dass sie auf die ewige Verdammnis zusteuern. Sie müssen wissen, dass ihre Sünden zwischen ihnen und Gott stehen, und dass der Weg zur ewigen Errettung und Gemeinschaft mit Gott nur dann frei ist, wenn dieses Sündenproblem gelöst wird. Diese Lösung kann nur durch Blutvergießen herbeigeführt werden. Gott ist gerecht und muss den Tod des Sünders fordern (Jes 59,2; Jes 64,5; Lk 19,10; Joh 3,36; Rö 3,10-11; Rö 6,23a; Hebr 9,22; Hebr 10,31).
Wenn die Menschen mit diesem Teil der Verkündigung des Wortes Gottes konfrontiert werden, sind sie zunächst meist irritiert. Manche sind erschrocken und laufen erst einmal davon. Andere wieder sind zornig oder aggressiv, sie beginnen damit, die Christen zu beschimpfen oder gar zu verfolgen. Einige andere sind interessiert und möchten mehr wissen, andere wiederum sind zerbrochen und fallen vor Gott nieder. Wieder andere freuen sich über das Wort, aber es macht ansonsten keinen sonderlichen Eindruck auf sie. Lesen Sie das Gleichnis vom Sämann in Mt 13. Alle diese möglichen Reaktionen auf das Evangelium werden eintreten. Aber es hilft nichts. Der Mensch muss über seine Stellung vor Gott informiert werden. Etliche von denen, welche zunächst noch ablehnend sind, könnten vielleicht später umkehren und errettet werden. Wir können das im Augenblick der Verkündigung niemals wissen.
Viele christliche Strömungen der vergangenen Jahrzehnte haben sich zunehmend gescheut, diesen unangenehmen Teil der Botschaft zu verkündigen sowie die ebenfalls unangenehmen und manchmal bitteren Folgen für sich selbst als Verkündiger anzunehmen. Sie haben sich davor gescheut, die Hörer der Botschaft zu verärgern oder zu erschrecken. Aus dieser Vermeidungshaltung sind Methoden der Evangeliumsverkündigung hervorgegangen, (Wohlstandsevangelium, Selbstwertevangelium, besucherfreundliches Evangelium oder auch unvollständiges Evangelium), welche zu einer großen Zahl von falschen Bekehrungen geführt haben. Das darf nicht sein. Die Verkündigung der Verlorenheit des Menschen, des Zornes Gottes und der unbedingten Notwendigkeit der Bekehrung ist nämlich der unverzichtbare dunkle Hintergrund, auf welchem das Wort der Rettung überhaupt erst aufleuchten kann. Anders geht es nicht. Erst auf die ernste Botschaft folgt die gute Nachricht, denn nur ein verlorener Mensch kann gute Nachrichten wirklich gebrauchen.
Die gute Nachricht ist natürlich ebenfalls im Wort Gottes klar niedergeschrieben. Wir lesen einige Verse:
Mk 1,15: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“
Joh 3,16: „Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.“
Joh 5,24: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.“
Rö 3,23-24: „denn alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten, sodass sie ohne Verdienst gerechtfertigt werden durch seine Gnade aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist.“
Rö 10,9-11: „Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn mit dem Herzen glaubt man, um gerecht zu werden, und mit dem Mund bekennt man, um gerettet zu werden; denn die Schrift spricht: »Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden!«“
Apg 16,31: „Sie aber sprachen: Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden, du und dein Haus!“
Diese Verse weisen den Menschen auf die Notwendigkeit des Glaubens hin. Was aber soll er denn nun genau glauben, um wirklich gerettet zu werden? Es gibt eine Schriftstelle, an welcher der Inhalt des Evangeliums zusammengefasst wird.
1Kor 15,1-4: „Ich erinnere euch aber, ihr Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch gerettet werdet, wenn ihr an dem Wort festhaltet, das ich euch verkündigt habe – es sei denn, dass ihr vergeblich geglaubt hättet. Denn ich habe euch zuallererst das überliefert, was ich auch empfangen habe, nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften, und dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften,“
Hier finden wir alle Elemente zusammengenommen. Wir sind Sünder. Der Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes (in der Zusammenschau mit Joh 3,16) ist für unsere Sünden gestorben. Das war bereits in den Schriften des Alten Testamentes angekündigt (Jes 52,13 bis 53,12), denn der Herr starb nach den Schriften. Er war wirklich tot und wurde begraben. Er ist am dritten Tag leiblich aus dem Grab auferstanden und lebt ewig. Auch das war in den Schriften angekündigt (Ps 16,8-10). Hier sehen wir was man glauben muss, um errettet zu werden. Danach muss dem Hörer noch in einem letzten Schritt verkündigt werden, was die Ergebnisse der Rettung aus Glauben sein werden: Vergebung aller Sünden, kein Gericht mehr, ewige Rechtfertigung in den Augen Gottes, Heiligung, Nachfolge, ewiges Leben.
Der Sünder kann sich nicht bekehren im Hinblick auf eine Besserung der eigenen Lebensumstände oder einer herrlichen Belohnung in der Ewigkeit. Das Heil ist nämlich gar keine Belohnung, sondern reine Gnade Gottes. Die Rettung ist nicht aus Werken, sondern allein aus Gnade. Der Sünder muss sich vielmehr bekehren, weil er die Schrecklichkeit der eigenen Sünde in den Augen Gottes erkannt hat, und weil er dem Zorn Gottes und der ewigen Verdammnis entgehen möchte. Er muss sich dabei glaubend auf die Gnade des liebenden Vaters im Himmel verlassen, der ihn sucht und retten will. Gott ist nämlich nicht nur zornig wegen unserer Sünden, sondern er liebt uns auch und möchte uns retten. Gerade deswegen hat er ja seinen Sohn in diese Welt gesandt. Der Herr Jesus Christus war während seines ganzen Lebens der Gerechte, und er war in seinem Tod am Kreuz der Stellvertreter der Ungerechten im Gericht Gottes über die Sünde. Wer an ihn glaubt, dem werden die Sünden vergeben, und ihm wird von Gott dem Vater die Gerechtigkeit des Herrn Jesus Christus zugerechnet. Dadurch ist der Sünder auf ewig gerechtfertigt und als ein adoptierter Sohn in der Familie Gottes aufgenommen. Dies alles geschieht allein aus Glauben (Rö 4,23-25; Eph 2,8-10).
Der letztgenannte Punkt ist von herausragender Bedeutung. Die Rettung geschieht aus Gnade mittels des Glaubens an das Evangelium. Der Mensch kann kein einziges Werk zu seiner Errettung beitragen. Wir sehen dies sehr deutlich in Apg 16,31. Der Kerkermeister stellt die für jeden Menschen typische Frage, was er denn tun müsse, um gerettet zu werden. Er erhält die Antwort, dass er nur an Jesus Christus glauben muss. Er kann sonst überhaupt nichts tun, und er braucht auch sonst nichts zu tun.
Ein Wort zum Thema „Übergabegebet“ und „Jesus in sein Herz aufnehmen“
In diesem Zusammenhang muss nun ein ernstes Wort über die heutige Art und Weise der Evangeliumsverkündigung gesagt werden. Im gesamten evangelikalen Raum kennt jedes Kind die Praxis des sogenannten Übergabegebetes. Der Mensch soll eine bekannte Gebetsformel sprechen, wobei großen Wert darauf gelegt wird, dass er sein Herz öffnen und den Herrn Jesus in sein Herz aufnehmen muss, um gerettet zu werden. Auch muss er aktiv sein Leben dem Herrn Jesus übergeben. Diese Methode hat keinerlei Grundlage in der Schrift, und sie kann vor allem bei Kindern zu großer Verunsicherung, ja sogar zu Falschbekehrungen führen. Warum ist das so? Sagen wir es klar und deutlich: Wenn ich dem Herrn Jesus Christus die Tür meines Herzens öffnen und ihn in mein Herz aufnehmen muss, um gerettet zu werden, dann bin ich dazu genötigt, ein eigenes geistliches Werk zu meiner Errettung beizutragen. Die Errettung ist aber nicht aus Werken, sondern ganz und gar aus Glauben. Der Herr Jesus Christus sitzt als verherrlichter Gott und Mensch auf dem Thron im Himmel. Wer hat jemals den Herrn Jesus aus dem Himmel herab in sein eigenes Herz aufgenommen? (Rö 10,6).
Es gibt etliche Zeugnisse von Christen, welche erst Jahre nach einer vorher geschehenen falschen Bekehrung wirklich errettet wurden. Jahrelang hatten sie mit der Frage zu ringen, ob sie es beim ersten Mal auch wirklich richtig gemacht hatten, als sie „Jesus in ihr Herz aufgenommen“ hatten. Vor allem Kinder waren oft sehr verwirrt. Der Herr sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15,16). Diese Leute gingen jahrelang in Gemeinden und führten ohne Heilsgewissheit ein korrektes religiöses Leben. Dabei waren sie niemals von neuem geboren! Erst als sie – manchmal Jahre später – das wirkliche Evangelium gehört hatten, konnten sie vom eigenen Ringen loslassen und einfach glauben, dass der Herr schon alles für sie vollbracht hatte. Dadurch wurden sie endlich errettet. Sie waren befreit vom Druck des „Jesus richtig in das Herz aufnehmen Müssens“.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die sehr interessante Abhandlung von Dennis Rokser unter dem Titel: „Jesus ins Herz aufnehmen – oder einfach glauben?“[1] Dennis Rokser nennt sieben Hauptgründe, warum man Jesus nicht bitten sollte „in mein Herz zu kommen“.
- In der Bibel wird es nicht gelehrt.
- Es rettet nicht.
- Man kann „Jesus ins Herz aufnehmen“, ohne auch nur ansatzweise das Evangelium verstanden zu haben.
- Das Resultat der Errettung (Jesus Christus wohnt in der Tat durch den Heiligen Geist im Herzen des Gläubigen, er kommt nämlich von selbst, wenn man glaubt) wird mit dem Weg zur Errettung verwechselt.
- „Jesus ins Herz aufnehmen“ vermittelt keine echte Heilsgewissheit.
- Off 3,20 lehrt nicht, dass man „Jesus ins Herz aufnehmen“ muss, um gerettet zu werden.
- Die Floskel „Jesus ins Herz aufnehmen“ zeigt den Weg zur Errettung nicht klarer, sondern sorgt erst recht für Verwirrung.
Nachdem wir nun diese ernsten Fragen erläutert haben, möchten wir im nächsten Schritt verschiedene „Varianten“ des Evangeliums betrachten, welche in der Christenheit kursieren. Dabei stellt sich die Frage, ob es überhaupt verschiedene Varianten gibt. Gemäß Eph 1,13 gibt es nämlich nur ein Evangelium der Errettung, weshalb es vielmehr darum geht, das Original von den Fälschungen zu unterscheiden.
„Varianten“ des Evangeliums
Wie bereits gesagt, gibt es nur ein rettendes Evangelium, und daher steht das Wort „Varianten“ in Anführungszeichen. Wir möchten zunächst drei falsche Evangelien betrachten, welche so offensichtlich sind, dass nur Menschen ohne jegliche Schriftkenntnis darauf hereinfallen dürften. Jeder Christ, der seine Bibel einigermaßen kennt, sieht sofort den Haken bei allen drei Varianten. Leider wird das Evangelium aber in der Regel unwissenden Menschen verkündigt, so dass in der Vergangenheit viele Suchende betrogen worden sind. Unsere Aufgabe ist es nach wie vor, vor falschen Evangelien zu warnen. Dabei ergeht die Warnung nicht nur an die Zuhörer, sondern in erster Linie auch an die Verkündiger falscher Evangelien, welche nach Gal 1,8-9 unter dem unmittelbaren Fluch Gottes stehen. Als vierten Punkt wollen wir uns im Anschluss noch die von manchen Bibellehrern vorgebrachte Unterscheidung eines Evangeliums der Gnade und eines Evangeliums des Reiches anschauen. Hier nun unsere drei offensichtlich falschen Varianten:
1. Das Selbstwertevangelium
Es geht davon aus, dass Gott uns retten wird und eigentlich muss, weil wir in uns selbst so wertvoll und liebenswürdig sind. Eine negative Selbsteinschätzung vermiest uns nur das Leben und muss daher weggetan werden. Es gilt in erster Linie, positiv zu denken, und zwar vor allem über sich selbst. Dieses offensichtliche Falschevangelium ging aus der Lehre vom positiven Denken des Hochgradfreimaurers Norman Vincent Peale hervor und wurde im 20. Jahrhundert von dem inzwischen bereits verstorbenen Dr. Robert Schuller in seiner „Crystal Cathedral“ gelehrt. Es gab (und gibt vielleicht noch) eine weit verbreitete Fernsehsendung unter dem Titel: „Hour of Power“.
2. Das Wohlstandsevangelium
Es besagt, dass der Christ ein Recht darauf hat, in materiellem Wohlstand und in körperlicher Gesundheit zu leben. Wer nur genug glaubt, den wird Gott über kurz oder lang mit allen diesen Dingen reichlich versorgen. Leider sind unsere Verheißungen in dieser Welt nicht in erster Linie materieller, sondern geistlicher Natur. Die Prediger dieses Evangeliums leben in Saus und Braus. In den USA gibt es eine große Anzahl von ihnen. Eine Untergruppierung ist zum Beispiel die „Wort-des-Glaubens-Bewegung“ des verstorbenen Kenneth Hagin mit ihrem bekannten Slogan „Name it, Claim it!“. Der Wohlstandsgläubige soll sich per Gebet die Dinge zueignen, die er begehrt. Er darf auch manchmal Gott ein wenig dabei helfen, die Wünsche zu erfüllen. Eine sehr bekannte zeitgenössische Vertreterin dieser Denkrichtung verkündigt das Wort „Genieße das Leben“. Sie besitzt mehrere Villen, Yachten, Luxuslimousinen und ein Flugzeug. Sie spricht auch im Deutschen Fernsehen vor Tausenden von Menschen. Sie hat verkündigt, ihren großen Besitz verdient zu haben, weil sie durch ihre Predigt schon unzähligen Zuhörern geholfen habe.
3. Das soziale Evangelium
Hier wird die Botschaft der ewigen Errettung umgewandelt in die Botschaft von der Verbesserung der zeitlichen Umstände. Natürlich haben wir als Christen die Verantwortung, der Armut in unserem persönlichen Wirkungsbereich zu begegnen. Diese Hilfe muss jedoch auch immer mit der Verkündigung des Evangeliums verbunden sein. Der Herr hat ebenfalls so evangelisiert: er gab dem Volk Brot und Fisch zu essen und verkündigte zugleich das Wort. Das soziale Evangelium lässt hingegen die biblische Botschaft unter den Tisch fallen. Es dient letztlich nur noch der weltweiten Umverteilung von Gütern. Der führende Protagonist dieser Denkrichtung in unserer Zeit ist ein direkter Schüler des verstorbenen Dr. Robert Schuller. Er hat seine eigene Theologie entwickelt und einen „PEACE-Plan“ für die ganze Welt entworfen. Er ist heute ein Global Player, der mit den Spitzenfunktionären aller Weltreligionen konferiert. Neuerdings hat er ausgehend von der Erkenntnis, dass Moslems und Christen letztlich denselben Gott verehren, in Zusammenarbeit mit moslemischen Führern und dem römischen Oberhirten die „Chrislam-Bewegung“ ins Leben gerufen und mit maximalem Einsatz vorangetrieben.
4. Evangelium der Gnade und Evangelium des Reiches?
Die prämillennialistische und insbesondere die dispensationalistische Lehre unterscheidet zwischen einem Evangelium der Gnade und einem Evangelium des Reiches. Letzteres sei zur Zeit Jesu verkündigt und von den Juden abgelehnt worden und soll in der Zeit der siebenjährigen großen Drangsal nach der Entrückung der Christengemeinde in den Himmel und vor der sichtbaren zweiten Wiederkunft Christi von den 144.000 Zeugen aus den Juden erneut der Welt verkündigt werden. Das Evangelium der Gnade sei seiner Natur nach grundsätzlich anders und soll nur während des Zeitalters der Gemeinde Jesu Christi auf dieser Erde verkündigt werden, also zwischen Pfingsten und der Entrückung der Gemeinde in den Himmel vor Beginn der großen Drangsal.
Ich habe den bescheidenen Eindruck, dass diese Unterscheidung biblisch nicht haltbar ist. Die nachfolgenden Erläuterungen entstammen in ihren Grundzügen dem Buch: „Siehe, ER kommt mit den Wolken“ von Manfred Schäller, erschienen im Verlag Jota-Publikationen, Hammerbrücke:
Das Evangelium des Reiches wird in der Ölbergrede des Herrn in Mt 24,14 erwähnt. In Mk 13,10 haben wir eine kürzere Wiedergabe derselben Rede des Herrn. Hier bezieht sich der Evangelist unter der Leitung des Heiligen Geistes auf dasselbe Ereignis wie in Mt 24. Bei Markus ist aber ganz einfach die Rede vom Evangelium. Wenn das „Evangelium des Reiches“ bei Matthäus etwas anderes wäre als das „Evangelium“ bei Markus, dann hätte einer der beiden Evangelisten seine Leser in die Irre geführt. Man bedenke: „Nicht nur die synoptischen Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede und Abweichungen fallen unter das Geheimnis der Schriftinspiration. Auch sie sind eine Hilfe, den gottgemeinten Sinn einer Stelle zu ermitteln.“ (M. Schäller: S. 68). Mit anderen Worten: Da die beiden Evangelisten unzweifelhaft über die gleiche Sache reden, muss das „Evangelium des Reiches“ bei Matthäus genau dieselbe Sache sein wie das „Evangelium“ bei Markus.
Diese Deutung wird durch etliche weitere Schriftstellen untermauert. Bitte lesen Sie die folgenden Verse für sich selbst: Mt 3,2; Mt 12,28; Lk 17,20-21; Apg 8,12; 14,22; 20,25; 28,23; 28,30-31. Alle Stellen reden über das Evangelium des Reiches oder über das Reich Gottes. Ein weiterer Vers soll noch zitiert werden.
Lk 16,16: „Das Gesetz und die Propheten waren (weissagten) bis auf Johannes; von da an wird das Reich Gottes verkündigt.“
Nicht erst nach der geheimen Vorentrückung, sondern bereits seit Johannes. (Bis hierhin Manfred Schäller) Wir können somit sagen: Es gibt kein besonderes Evangelium des Reiches, sondern nur ein einziges Evangelium unter zwei verschiedenen Bezeichnungen. Wir kommen nun zum Aufbau der Heilsgeschichte.
Der Aufbau der Heilsgeschichte
Die in unseren Gemeinden weit verbreitete Lehre des Dispensationalismus unterteilt die Zeit von der Erschaffung Adams bis zum Beginn der Ewigkeit in sieben Haushaltungen. Wir möchten den interessierten Leser bitten, sich in Eigeninitiative mit der entsprechenden Literatur zu befassen, da die Erläuterung dieser Dinge in unserer Abhandlung zu weit führen würde. Hier möchten wir nur kurz den Heilsplan Gottes präsentieren, wie er in der Schrift niedergelegt ist.
Gott schuf am sechsten Tag Adam und Eva und setzte sie in den Garten Eden. Bereits vor dem Sündenfall gab es deutliche Elemente der Gnade im Umgang Gottes mit den Menschen. Gott hatte zwar das Recht auf den vollkommenen Gehorsam seiner Geschöpfe, aber er hatte andererseits nicht die Verpflichtung, diesen Gehorsam zu belohnen. Die indirekt in dem Gebot Gottes im Garten Eden enthaltene Verheißung ewigen Lebens im Fall des Gehorsams war bereits vor dem Sündenfall eine Gnadengabe Gottes.
In 1Mo 2,16-17 erhielt der Mensch ein prüfendes Gebot Gottes. Manche haben dieses Gebot als einen Bund der Werke zwischen Gott und Adam bezeichnet und sich dabei auf Hos 6,7 bezogen.
Hos 6,7 „Sie aber haben wie Adam den Bund übertreten; dort sind sie mir untreu geworden.“
Dies trifft jedoch nicht zu. Die Bibel selbst bezeichnet diese Vereinbarung zwischen Gott und Adam nicht als einen Bund. Die Übersetzung des Wortes „k´adam“ in Hos 6,7 kann ebenso mit Adam übersetzt werden wie mit Mensch. Diese Stelle kann somit nicht als eindeutiger Beleg herangezogen werden. Außer diesem Vers gibt es keinen zweiten Zeugen, keine weitere Stelle in der Schrift. Es findet sich bis 1Mo 3,15 weder ein Bundeseid, noch eine Bundeszeremonie, welche unabdingbar wären. Ein Bund ist sowohl in der Schrift als auch in der Geschichte des alten Orients immer ein Eidschwur mit einem Versprechen gewesen, ratifiziert durch eine Bundeszeremonie wie zum Beispiel das Zerschneiden von Tieren. Das Wort für einen Bund wird in der Schrift benutzt in einem Kontext der Erlösung, welcher in dem Wortlaut des Gebotes in 1Mo 2 ebenfalls nicht erkennbar ist.
Die Sünde führte Adam und Eva als erstes unmittelbar zu einem schlechten Gewissen und zur Scham. Die Feigenblätter bedeckten die Geschlechtsorgane, denn die Sünde verdarb die Quelle und den Ursprung des Daseins. Das zweite Ergebnis war die Angst vor Gott. Das dritte war die Flucht aus der Verantwortung. Adam schob sie auf Eva ab, Eva schob sie auf die Schlange ab. Als viertes brachte Gott den Fluch über die Erde und über die Schlange. Für diese beiden gibt es keine Wiederherstellung mehr. Die Erde muss erneuert werden, die Schlange, also der Satan, bleibt auf ewig verflucht ohne Erlösung. Adam und Eva wurden nicht verflucht, sondern es kam ein Gericht und eine Strafe über sie. Für beide gab es noch immer die Möglichkeit der Erlösung.
Eva hatte eine Art private Freundschaft mit der Schlange geschlossen. Gott gab ihr dafür den Segen der Feindschaft gegenüber der Schlange und somit dem Teufel. Diese Feindschaft wurde fortgesetzt in allen nachfolgenden Generationen als Feindschaft zwischen den Menschen, die Gott dienen und denen, die dem Teufel dienen. Die Frau sollte weiterhin Kinder gebären, aber sie würde nach dem Sündenfall Schmerzen bei der Geburt haben. Sie würde dennoch nach der sexuellen Gemeinschaft mit dem Mann verlangen. Der Mann würde mit Mühe und Schweiß den verfluchten Erdboden bestellen, denn die Schöpfung leidet zusammen mit dem Menschen. Arbeit blieb zwar noch ein Segen, aber sie war oft mit schwerer Mühe verbunden. Der Boden würde Dornen und Disteln hervorbringen, obwohl auch noch Frucht da sein würde. Sie musste aber errungen werden. Dazu kamen im äußeren Leben Naturkatastrophen und Krankheiten, die den Menschen plagen.
Die letzten und schwersten Folgen waren der geistliche Tod, welcher unmittelbar nach der Sünde eintrat, und der leibliche Tod, welcher erst viele Jahre später folgte. Die tiefste Bedeutung von Leben ist Gemeinschaft mit Gott, die tiefste Bedeutung von Tod ist der Verlust dieser Gemeinschaft, die Trennung von Gott. Die Auswirkung für den Menschen war und ist sowohl geistlich und ewig als auch leiblich und zeitlich. Auch die Verlorenen werden in der Ewigkeit einen Leib haben. Ohne Gottes gnädiges Eingreifen wären alle drei Facetten des Todes (körperlich, geistlich und ewig) auf dem Menschen geblieben.
Gott übte jedoch nicht nur Gericht über Adam und Eva, sondern er bot im gleichen Atemzug die rettende Gnade an. Der erste Bund in der Bibel, welcher zwischen Gott und dem Menschen geschlossen wurde, war ein Bund der Gnade. Das muss uns etwas zu sagen haben über die Wesensart Gottes. Dieser Bund der Gnade Gottes mit dem Menschen wurde in 1Mo 3,15 eingeleitet, wo das gnädige Handeln Gottes mit Adam und Eva unmittelbar nach dem Sündenfall begann. Adam und Eva waren damals tatsächlich die ganze Menschheit, denn es gab auf der Erde nur diese zwei Leute. Ebenso wie damals die gesamte Menschheit in Sünde fiel, wurde auch die gesamte Menschheit von Gott begnadigt und die Sünden durch ein stellvertretendes Opfer bedeckt. Wir haben in 1Mo 3,15 das sogenannte Protevangelium, also das Evangelium in grundlegender Form: Der Tod des Stellvertreters zur Bedeckung der Sünden.
Dazu kam eine Verheißung. Ein einziger Mensch würde zu seiner Zeit als Erlöser der Schlange, also dem Satan, den Kopf endgültig zertreten und dabei selbst schwer verletzt werden. Die Erfüllung kam natürlich in dem Werk des letzten Adam, des Herrn Jesus Christus, und sie geschah auf Golgatha. Die Verlorenen müssen glauben! Adam und Eva glaubten an die Verheißung des Erlösers und wurden mit dem Fell des stellvertretend geschlachteten Tieres bekleidet, aber sie mussten trotzdem das Paradies verlassen. Sie mussten unter den Folgen ihrer Sünde ausharren, konnten aber gleichzeitig das Kommen des Erlösers erwarten, der einmal die Schlange mitsamt allen ihren Werken vernichten würde.
Die Bundesstruktur in der Bibel und ihre korrekte Einteilung ist somit folgende:
- Zunächst die Zeit der sündlosen Existenz Adams und seiner Frau bis zur Verführung und zum Sündenfall, dem Verstoß dieser zwei Menschen und somit der gesamten Menschheit gegen das prüfende Gebot Gottes im Garten Eden.
- Dann der Bundesschluss Gottes mit Adam und Eva, welcher Gericht und Gnade enthält. Das Protevangelium als klare Verheißung des kommenden Erlösers für die gefallene Menschheit. Der Glaube von Adam und Eva. Dieser Moment war der Beginn des rettenden Heilshandelns Gottes in der weiteren Geschichte der Schöpfung, welches erst im ewigen Zustand in Off 22 vollendet sein wird.
Diese Zeit ist zu unterteilen in die alte Heilszeit bis zum ersten Kommen des Erlösers Jesus Christus und in die neue Heilszeit bis zur Wiederkunft des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit zum Gericht. Danach die Ewigkeit der Erlösten auf der neuen Erde und unter dem neuen Himmel. In dieser Betrachtungsweise der Schrift sind die Wege Gottes nicht kompliziert und verschlungen. Sie benötigen keine komplizierten Schaubilder, um verstanden zu werden. Die Wege Gottes sind gerade, und sie sind ausgerichtet auf ein Ziel, nämlich auf die endgültige Verherrlichung Gottes in der neuen und ewigen Welt sowie auf die ewige Gemeinschaft Gottes mit seinen Erlösten. Ab 1Mo 3,15 ist die gesamte Bibel bis zum Ende die Geschichte der schrittweisen Offenbarung und Vollendung dieser gewaltigen und ewigen Erlösung. Wir kommen jetzt zu dieser schrittweisen Offenbarung.
Die Offenbarung der Erlösung in der Heilsgeschichte
Wenn man dieses Thema in seiner Fülle entfalten würde, dann würde daraus ein gewaltiges Werk entstehen. So gab es zum Beispiel einmal den holländischen Autor Heijkoop, welcher kurz nach dem zweiten Weltkrieg ein dickes Buch schrieb, welches sich nur mit den Opfern des Mosebundes beschäftigte. Daher bitte ich den Leser um Verständnis, dass die Dinge nur ganz kurz angerissen werden können. Es soll uns ja um das Verständnis des Prinzips gehen. Die Bedeckung der Sünde des Menschen durch die Gnade Gottes zieht sich durch das ganze Alte Testament hindurch, ebenso die stellvertretende Opferung eines Tieres. Man nennt dies die Verwaltung der Gnade in der alten Heilszeit.
Wir finden das stellvertretende Opfer zuerst bei den Fellkleidern Adams und Evas. Sie erkannten, dass das Fell des geschlachteten Tieres ihre Blöße vor Gott bedeckte. Sie wussten, dass ihre Sünden noch nicht endgültig hinweggetan waren, denn das würde erst der verheißene Erlöser vollbringen.[2]
Abel wusste von seinem Vater, dass dieser für das Unheil in der Welt verantwortlich war. Er wusste auch, dass er zur Bedeckung seiner eigenen Sünden ein Schlachtopfer bringen musste. Hier zeigte sich von Anfang an das in Hebr 9,22 endgültig und schriftlich geoffenbarte Prinzip: „Ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung.“ Abels gläubiges Opfer wurde von Gott angenommen, das glaubenslose und unblutige Opfer Kains nicht. Kain verharrte in der Sünde und wurde aus Neid und Eifersucht der erste Mörder der Menschheitsgeschichte.
Noah fand Gnade in den Augen Gottes. Als er nach der Flut aus der Arche kam, baute er auf der neuen Erde einen Altar und opferte aus dankbarem Glauben Brandopfer für Gott. Gott roch den Geruch und schloss mit Noah einen Bund, welcher die gnädige Verheißung enthielt, dass niemals mehr eine Wasserflut kommen würde, um die Menschheit auszurotten. Als Zeichen des Bundes setzte Gott den Regenbogen in die Wolken, welcher für uns bis heute sichtbar ist. Auch hier wieder Gnade aufgrund des Schlachtopfers.
In Hi 1,5 lesen wir: „…er stand früh am Morgen auf und brachte Brandopfer dar für jeden von ihnen (von seinen Söhnen); denn Hiob sagte sich: Vielleicht könnten meine Kinder gesündigt und sich in ihrem Herzen von Gott losgesagt haben. So machte es Hiob allezeit.“ Hiob hatte ein klares Bewusstsein dafür, dass Schlachtopfer für Sünden notwendig waren.
Abraham erhielt von Gott die Verheißung, dass sein Nachkomme einmal der Erlöser werden sollte. Es sollte noch viele Generationen dauern, bis dieser Nachkomme geboren wurde: der Herr Jesus Christus, dessen Geschlechtsregister bis auf Abraham wir in Mt 1 finden. In 1Mo 22 sehen wir wie Abraham im Bild das erlebte, was Gott einmal wirklich tun würde, nämlich die Opferung seines eigenen Sohnes. Anstelle Isaaks starb ein Widder. Auch hier wieder das Opfer des Stellvertreters, jedoch zum ersten Mal in klarer Beziehung zur Opferung des Sohnes. Dies war eine Vorschattung der Kreuzigung auf Golgatha. Gal 3,8 sagt, dass dem Abraham das Evangelium verkündigt wurde! Welch einen Glauben hatte Abraham!
Während der alten Heilszeit wurden der Gnadenbund und die Verheißung den Nachkommen Abrahams bestätigt: Isaak und Jakob in 1Mo 26, 1Mo 28 und 1Mo 49. In 1Mo 49,10 lesen wir, dass der endgültige Retter aus dem Stamm Juda kommen würde.
Unter Mose sehen wir schließlich beim Auszug Israels aus Ägypten, dass das Gericht in 2Mo 12 in der Nacht nur an den Häusern der glaubenden Israeliten vorbeiging, welche das Blut des geschlachteten Passahlammes an die Türschwelle gestrichen hatten. Das Blut des Lammes schützt vor dem Gericht Gottes. Dieser Gedanke ist der erste klare Blick auf das spätere Kommen des Lammes Gottes, des Herrn Jesus.
Im gesamten Opferdienst Israels in der Verwaltung der Gnade der alten Heilszeit mit der damaligen vorübergehenden Einschaltung des mosaischen Gesetzes bis auf das Kommen des Erlösers Christus (Rö 5,20-21), sowohl zur Zeit der Stiftshütte als auch zur Zeit der beiden Tempel in Jerusalem, sehen wir eine große Fülle verschiedenster Opfer für die verschiedensten Arten von Sünden. Wir haben das Brandopfer, das Speisopfer, das Friedensopfer, das Sündopfer und das Schuldopfer. Dazu kamen noch viele weitere Opfer zu den verschiedensten Gelegenheiten, einige davon mussten im Tempel Jerusalems jeden Tag gebracht werden. Diese Opfer hielten den Israeliten eine Unzahl von Facetten der Sünde vor Augen, zeigten ihnen aber gleichzeitig, dass das Blut der Opfer alle diese Sünden bedecken konnte, und dass Gottes Gnade stets erreichbar blieb. Zentral stand hier der große Versöhnungstag, an welchem der Hohepriester ein Opfer für die Sünden des ganzen Volkes darbringen musste. Der gesamte Opferdienst in allen seinen Facetten war eine gewaltige Darstellung des einen Opfers, das der kommende Erlöser einmal bringen würde. Zentral stand immer wieder das Lamm, vor allem am Passahfest.
Die Psalmen sind angefüllt mit Hinweisen auf den kommenden Erlöser und die herrlichen Folgen seines Werkes. Beispiele: Psalm 8, 22, 69, 102 und viele andere Stellen
Auch die Propheten haben darüber geschrieben, natürlich besonders Jesaja: Kapitel 7, 9, 40, 42, 49, 52, 53 und andere Stellen. Insbesondere findet sich in Jes 53 die klare Prophetie über den kommenden Tod des Erlösers Israel für die Sünden seines Volkes, darüber hinaus ein Ausblick in das Zeitalter der Sammlung der Gläubigen aus allen Nationen. Jesaja ist der Prophet des Evangeliums, sein Buch ist mit 66 Kapiteln die Bibel in der Bibel, welche selbst ebenfalls 66 Bücher enthält. Wir lesen
Jes 52,13-53,12: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln, er wird erhoben sein, erhöht werden und sehr erhaben sein. Gleichwie sich viele über dich entsetzten – so sehr war sein Angesicht entstellt, mehr als das irgendeines Mannes, und seine Gestalt mehr als die der Menschenkinder –, genauso wird er viele Heidenvölker in Erstaunen setzen, und Könige werden vor ihm den Mund schließen. Denn was ihnen nie erzählt worden war, das werden sie sehen, und was sie nie gehört hatten, werden sie wahrnehmen. Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und der Arm des HERRN, wem ist er geoffenbart worden? Er wuchs auf vor ihm wie ein Schössling, wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; wir sahen ihn, aber sein Anblick gefiel uns nicht. Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht. Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er wurde um unserer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden. Wir alle gingen in die Irre wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der HERR warf unser aller Schuld auf ihn. Er wurde misshandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut. Infolge von Drangsal und Gericht wurde er weggenommen; wer will aber sein Geschlecht beschreiben? Denn er wurde aus dem Land der Lebendigen weggerissen; wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen. Und man bestimmte sein Grab bei Gottlosen, aber bei einem Reichen [war er] in seinem Tod, weil er kein Unrecht getan hatte und kein Betrug in seinem Mund gewesen war. Aber dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen; er ließ ihn leiden. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, so wird er Nachkommen sehen und seine Tage verlängern; und das Vorhaben des HERRN wird in seiner Hand gelingen. Nachdem seine Seele Mühsal erlitten hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben; durch seine Erkenntnis wird mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, und ihre Sünden wird er tragen. Darum will ich ihm die Vielen zum Anteil geben, und er wird Starke zum Raub erhalten, dafür, dass er seine Seele dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat.“
Ebenso haben die Propheten die genaue Zeit der Ankunft des Erlösers und die Folgen seines Werkes (Dan 9,24-27) vorhergesagt, darüber hinaus an zahllosen Stellen die Herrlichkeiten des Reiches Gottes nach dem vollendeten Erlösungswerk. Auch das Leben der Erlösten auf der erneuerten Erde im ewigen Zustand wurde von den Propheten an verschiedensten Stellen bereits gesehen, ebenso das Kommen des Heiligen Geistes und die Gründung der Gemeinde (Hos 1, Joel 2 und 3, Amos 9,11). Das Neue Testament erklärt uns diese Prophetenworte aus der alten Heilszeit, indem sowohl die Apostel und die Evangelisten als auch der Herr selbst die Prophetenworte an zahlreichen Stellen zitieren. Die Schrift erklärt die Schrift, das Neue Testament erklärt die Schatten, Abbilder und Verheißungen des Alten Testamentes.
Die Verwaltung der neuen und ewigen Heilszeit des Gnadenbundes aus 1Mo 3,15 begann natürlich mit dem Dienst des Herrn selbst, des wahren Lammes Gottes. Gott gab auf Golgatha sein eigenes Lamm. Dieses Lamm war Gott selbst, der Herr Jesus Christus, der zugleich vollkommen Gott und Mensch war und ist. Das Opfer dieses Lammes bedeckt nicht nur die Sünden des Gläubigen, sondern es nimmt sie in Ewigkeit hinweg. Der neue und ewige Bund ist der Abschluss und die Vollendung der Verwaltung des Gnadenbundes Gottes in der neuen Heilszeit. Er ist mit dem vergossenen Blut des Herrn für immer und ewig versiegelt. In der Gabe des Heiligen Geistes hat der Gläubige nun ewiges Leben in der neuen Schöpfung, welche in der Auferstehung des Herrn bereits grundsätzlich begonnen hat und in der Wiederkunft des Herrn mit der Schaffung des neuen Himmels und der neuen Erde in geoffenbarter Herrlichkeit vollendet sein wird.
Die tatsächliche Erfüllung des jüdischen Passahfestes der alten Heilszeit ist der Tod des Messias Jesus Christus, des endgültigen Passahlammes Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt. Er starb für alle Gläubigen der alten Heilszeit der Gnade, welche sein Kommen erwartet hatten und gläubig die Sündopfer für sich selbst in Anspruch genommen hatten, ebenso aber auch für die Gläubigen der neuen Heilszeit aus dem heutigen Land Israel und aus allen Nationen der Erde, die seine Person und sein Werk annehmen und somit geistlich gesehen das Blut des Lammes auf die Türrahmen ihres eigenen Herzens sprengen. Auch unser Passahlamm ist geschlachtet (1Kor 5,7).
Wenn wir geistlich gesprochen sein Fleisch essen und sein Blut trinken (Joh 6,54), dann haben wir ewiges Leben und kommen nicht ins Gericht. Das Gericht ist an uns vorübergegangen und wir werden entweder auferstehen am letzten Tag oder als noch lebende Gläubige verwandelt werden, wenn der Herr kommt zum Gericht an diesem letzten Tag. Wenn wir ein geheiligtes Leben führen (1Kor 5,8), keine bewussten Irrlehren verbreiten und unsere Sünden nach 1Joh 1,9 dem Herrn bekennen, dann können wir am Tisch des Herrn teilhaben. Wir brauchen nicht mehr die gesamte Passahzeremonie zu halten. Wir sind aber geistlich gesehen Teilhaber des Laibes von ungesäuertem Brot und des dritten Kelches, des Kelches der Erlösung.[3] Der Herr hat uns aufgetragen – sofern wir die Möglichkeit dazu haben – als anbetende Gemeinde zusammenzukommen und dieses zu tun bis er kommt. Es ist der Wunsch seines Herzens.
Schlusswort
Wir sind nun einen weiten Weg durch die ganze Heilige Schrift gegangen. Vieles konnte nur kurz angetastet werden. Eines hoffen wir aber gesehen zu haben: Die Bibel ist vom Anfang bis zum Ende das Buch der Gnade und des Heilshandelns Gottes mit dem Menschen. Gott hatte vor Grundlegung der Welt den Plan, eine ewige Gemeinschaft erlöster und verherrlichter Menschen unter ihrem Haupt, nämlich unter seinem eigenen Sohn Jesus Christus um sich zu scharen. Dabei wusste Gott um alles im Voraus, denn er ist allwissend. Er führt die Geschichte der Welt zu ihrem Ende und wird dabei nicht einen einzigen Fehler machen.
Er hat den Sündenfall ebenso vorhergesehen, wie er auch schon von Ewigkeit her die Rettung der Verlorenen geplant hatte. Diese Rettung wurde bewirkt durch das blutige Opfer des Stellvertreters für die begangenen Sünden der Verlorenen. Über die Abbilder der Tieropfer unter der Verwaltung der Gnade während der alten Heilszeit, insbesondere das Opfer des Lammes, bereitete er das Kommen des Lammes Gottes vor. Die Gläubigen der alten Heilszeit brachten die zu ihrer Zeit von Gott vorgeschriebenen Opfer, wobei sie wussten, dass sie Sünder waren, aber zugleich gläubig auf das Kommen des Erlösers warteten, der durch sein Werk, welches ihnen die Propheten angekündigt hatten, die endgültige Erlösung und die Befreiung von aller Schuld bringen würde.
Dieses Lamm Gottes, der Mensch Jesus Christus und zugleich der allmächtige Gott selbst, bewirkte durch das Vergießen seines Blutes in der Fülle der Zeiten am Kreuz von Golgatha eine ewige Erlösung. Diese Erlösung wurde im Rückblick allen wahren Gläubigen der alten Heilszeit zuteil. Diese Erlösung kommt heute in der neuen Heilszeit jedem zugute, der als verlorener Sünder Buße tut und an das Wort des Evangeliums glaubt. Es wird in Ewigkeit kein anderes Evangelium mehr geben, und es wird auch niemals mehr einen anderen Weg zur Errettung geben als den Weg des einfachen Glaubens an genau dieses Evangelium unserer Rettung (Eph 1,13). Dieses Evangelium verkündigen auch wir, und wir lassen es uns nicht wegnehmen. Alle Ehre gebührt nur dem Vater im Himmel und dem Herrn Jesus Christus.
[1] Auch andere Autoren (Keith Green: „Was ist falsch am Evangelium?“ / Patrick Tschui: „Das „Übergabegebet“- ein evangelikales Sakrament?“) haben darüber geschrieben.
[2] Eva glaubte zunächst, dass Kain dieser Sohn sei, denn sie sagt in 1Mo 4,1 (Übersetzung wörtlich aus dem hebräischen Text); „….Ich habe einen Mann erworben: Jahweh.“ Sie glaubte wirklich, den Sohn Gottes geboren zu haben, was sich natürlich als ein Irrtum erweisen sollte.
[3] Siehe hierzu auch unseren Text „Die Feste des Herrn“.