Altes Testament

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Jona war kein gedankenloser pubertärer „Null-Bock-Prophet“, der wie ein kleiner Junge vor dem Wort Gottes davonrannte. Er war vielmehr ein leidenschaftlicher Israelit, der mit Gottes Wort an ihn schwer zu ringen hatte.


 

Einleitung

Das Buch Jona („Taube“) steht an fünfter Stelle der abschließenden Reihe von Prophetenbüchern des Alten Testamentes, welche von den Juden in einer Buchrolle unter dem Titel: „Die Zwölf“ zusammengefasst wurde. In unseren deutschen Bibeln werden diese Propheten aufgrund der relativen Kürze ihrer Bücher gegenüber den Büchern Jesaja, Jeremia und Hesekiel als „Die kleinen Propheten“ bezeichnet. Die Bezeichnung ist nicht ganz glücklich, denn die besagten zwölf Propheten machen trotz der geringeren Länge ihrer Prophetien dennoch zahlreiche wichtige Aussagen. Der Prophet Jona wird (wie alle anderen „kleinen Propheten“) im Neuen Testament erwähnt, und zwar gerade auch vom Herrn selbst.

Die Prophetie Jonas nimmt gemäß ihrer formalen und inhaltlichen Struktur eine deutliche Sonderstellung unter den soeben genannten zwölf Büchern ein. Verglichen mit den „großen Propheten“ Jesaja, Jeremia und Hesekiel finden wir hingegen wieder etwas mehr Gemeinsamkeiten, denn Jonas Dienst ist vorwiegend auf die Nationen gerichtet, über welche auch die drei großen Propheten ausführlich reden. Jona wusste etwas genauer als die anderen Propheten des Alten Testamentes, was die ihm geoffenbarten Worte für seine eigene Zeit in letzter Konsequenz beinhalteten. Bezogen auf die fernere Zukunft konnte er jedoch ebenso wie alle anderen Propheten nicht klar erkennen, was seine Erlebnisse für uns heute bedeuten würden. Im Neuen Testament wird diese geistliche Tatsache bestätigt.

Apg 3, 18-24: „Gott aber hat das, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigte, dass nämlich der Christus leiden müsse, auf diese Weise erfüllt.
19 So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn kommen
20 und er den sende, der euch zuvor verkündigt wurde, Jesus Christus,
21 den der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung alles dessen, wovon Gott durch den Mund aller seiner heiligen Propheten von alters her geredet hat.
22 Denn Mose hat zu den Vätern gesagt: »Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern; auf ihn sollt ihr hören in allem, was er zu euch reden wird«.
23 Und es wird geschehen: Jede Seele, die nicht auf diesen Propheten hören wird, soll vertilgt werden aus dem Volk.
24 Und alle Propheten, von Samuel an und den folgenden, so viele geredet haben, sie haben auch diese Tage im Voraus angekündigt.“

1Pe 1,10-12: „Wegen dieser Errettung haben die Propheten gesucht und nachgeforscht, die von der euch zuteilgewordenen Gnade geweissagt haben.
11 Sie haben nachgeforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist des Christus in ihnen hindeutete, der die für Christus bestimmten Leiden und die darauf folgenden Herrlichkeiten zuvor bezeugte.
12 Ihnen wurde geoffenbart, dass sie nicht sich selbst, sondern uns dienten mit dem, was euch jetzt bekannt gemacht worden ist durch diejenigen, welche euch das Evangelium verkündigt haben im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde – Dinge, in welche auch die Engel hineinzuschauen begehren.“

2Pe 1,20-21: „Dabei sollt ihr vor allem das erkennen, dass keine Weissagung der Schrift von eigenmächtiger Deutung ist.
21 Denn niemals wurde eine Weissagung durch menschlichen Willen hervorgebracht, sondern vom Heiligen Geist getrieben haben die heiligen Menschen Gottes geredet.“

 

Erst in der Rückschau vom Standpunkt des Neuen Testamentes aus betrachtet können zahlreiche Aussagen der Propheten besser eingeordnet werden. Insbesondere bei der Auslegung biblischer Prophetie müssen wir daher eine demütige Stellung vor dem Herrn einnehmen. Nur Gott der Vater, der Sohn Jesus Christus und der Geist Gottes wissen alles. Nur ihnen gehört unser Vertrauen, nur ihnen gebührt alles Lob, alle Ehre und alle Herrlichkeit von nun an bis in Ewigkeit.

 

 

Prinzipien zur Auslegung alttestamentlicher Prophetie

Bevor wir an den eigentlichen Text herangehen, möchten wir zunächst einen kurzen Blick auf die wesentlichen Prinzipien alttestamentlicher Prophetie werfen. Sie werden uns das Verständnis des Buches Jona deutlich erleichtern.

Erstens: Ein Prophet in der Bedeutung des Wortes ist ein Mensch, der das Wort eines Anderen an dessen Stelle oder in dessen Auftrag verkündet. So wie in der Bibel die falschen Propheten im Namen des Feindes dessen irreführende Worte und falsche Botschaften verkündigten, so verkündigten die echten Propheten Gottes das wirkliche Gotteswort. Oftmals standen sie dabei als kleine Gruppe oder sogar als Einzelpersonen vor einer zahlenmäßigen Übermacht. Nur selten wurden sie respektiert. Meist wurden sie hart angegriffen, ja sogar verfolgt und umgebracht. Es war im Alten Testament keine Leichtigkeit, ein Prophet Gottes zu sein, sondern es war ein sehr schwerer Dienst. Jona hatte es in diesem Punkt etwas leichter als viele seiner Mitpropheten, denn er redete nicht zu Israel und/oder Juda, sondern zu den Heiden in Ninive. Außerdem wurde seine Botschaft nicht bekämpft, sondern widerspruchslos angenommen. In anderer Hinsicht hatte er es jedoch schwerer. Er hatte nämlich große Probleme mit sich selbst. Wir werden das noch erkennen.

Zweitens: Es gab im Alten Testament handelnde, redende und schreibende Propheten, welche entweder im Auftrag Gottes gewisse Symbolhandlungen durchzuführen hatten, gewisse Worte verkündigten, Visionen empfingen und/oder die Bücher der Heiligen Schrift für die Nachwelt verfassten. Die Propheten handelten, redeten oder schrieben ihre Bücher unter der unmittelbaren Einwirkung des Heiligen Geistes, welcher sie antrieb und ihnen ihre Handlungsanweisungen erteilte, sowie ihnen ihre Visionen oder Wortprophetien eingab. Dabei fragten sich die Propheten bisweilen selbst, zu welcher Zeit und auf welche Art und Weise die Erfüllung ihrer Worte kommen sollte. Wir haben die entsprechenden Schriftstellen bereits angeführt.

Jona nimmt hier eine Sonderstellung ein. Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob er auch ein schreibender Prophet war oder „nur“ ein redender und handelnder Prophet. Der Text seines Buches scheint nämlich auf den ersten Blick nicht von ihm selbst geschrieben worden zu sein, denn er redet anscheinend nicht durch den Mann Jona, sondern über ihn. Im gleich folgenden historischen Überblick werden wir dieses Thema noch weiter ausführen. Die Botschaft des Buches ist jedoch ebenso wie bei den anderen Propheten nicht nur für die damaligen Leute in Israel und Ninive gegeben worden, sondern ebenso für alle Christen bis zur Wiederkunft des Herrn. Die Christen können bei richtigem Verständnis der Worte Belehrung, Trost und Hoffnung zum Ausharren empfangen.

Rö 15,4: „Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen.“

 

Drittens: Alle damaligen Propheten standen zu ihrer Zeit zunächst einmal fest auf dem Boden der Realität. Gott berief sie aus der konkreten Situation ihres eigenen Lebens heraus zum Dienst. Jona hatte in seiner kurzen Prophetie das drohende Handeln Gottes in Bezug auf die Umstände in Ninive zu verkünden. Gott selbst legitimierte seinen Propheten Jona dadurch, dass seine Prophetie für die nähere Zukunft Ninives zur Rettung führte. Infolge dieser Rettung hatte Jona Autorität, zumindest bei den Heiden in Ninive. Auch der Herr erwähnt Jona in den Evangelien und legitimiert ihn. Die Worte Jonas galten nicht nur für Ninive zur Zeit des Propheten, sondern auch für Israel zur Zeit des Herrn. Sie gelten auch für uns.

Viertens: Aus dem bisher Gesagten folgt unmittelbar, dass die Prophetie Jonas verschiedene Deutungsebenen aufweist, welche von der Zeit ihrer Entstehung bis in unsere eigene Zeit hinein anwendbar geblieben sind. Wir können heute auf die Jahrtausende zurückblicken. Wir kennen historische Hintergründe der Prophetie, und wir können auch auf bereits erfüllte Prophetie in der Geschichte zurückschauen. Manchmal hat genau das gleiche Wort, welches in der Zeit des jeweiligen Propheten konkret gültig war, eine ebenso konkrete Gültigkeit für uns heute. Dies betrifft sowohl Aspekte der christlichen Lehre als auch praktische Aspekte unseres täglichen Wandels im Glauben und unserer täglichen äußeren Umstände. Wir hoffen dies alles auch für das Buch Jona noch besser zu erkennen.

 

 

Kurzer historischer Überblick über Jonas Zeit

Jonas Prophetie ist die fünfte in einer langen Reihe. Wenn wir die Namen der zwölf „kleinen Propheten“ aneinanderreihen, dann ergibt sich eine erstaunliche Aussage. Rettung (Hosea) ist Gott der Herr (Joel). Der Lastenträger (Amos) ist der Knecht des Herrn (Obadja). Der Heilige Geist (Jona, die Taube, in der Schrift ein Bild für den Heiligen Geist): Wer ist wie er (Micha) Tröster (Nahum) und Umarmer (Habakuk)? Der Herr verbirgt (Zephanja) den Mann der Feste (Haggai; das ist den Herrn Jesus, auf den alle Feste des Herrn hinweisen). Der Herr gedenkt (Sacharja) seines Boten (Maleachi). Der Name Jonas ist ein fester Bestandteil dieser Aussage.

Etliche ungläubige Bibelkritiker, Historiker und Theologen haben das Buch Jona in den Bereich der biblischen Legenden eingeordnet. Sie haben ernsthaft angezweifelt oder sogar bewusst verneint, dass Jona überhaupt existierte. Der Text scheint wie bereits gesagt auf den ersten Blick überhaupt nicht von Jona zu stammen, denn er redet nur über den Mann Jona. Es könnte tatsächlich ein anderer Schreiber gewesen sein, der Jona und/oder seine Geschichte kannte. Vielleicht hat Jona sie ihm auch diktiert, wenn er selbst nicht mehr schreiben konnte. Auch der schriftkundige ehemalige Pharisäer Paulus hat ja einige seiner Briefe anderen Schreibern diktiert. Wir können es nicht ausschließen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass Jona zu späterer Zeit in der dritten Person über sich selbst geschrieben hat, weil sein eigenes Verhalten für andere eine Lehre werden sollte.

Das Zeugnis der Heiligen Schrift hinsichtlich der Identität und der Lebenszeit der Person Jonas ist hingegen klar und deutlich. Jona („Taube“) war der der Sohn Amittais („der Herr ist Beständigkeit/Treue/Wahrheit“). Er lebte in dem galiläischen Dorf Gat-Hepher nördlich von Nazareth auf dem Gebiet Sebulons, und zwar zur Zeit der Herrschaft Jerobeams II im Nordreich Israels. Er prophezeite damals, dass Jerobeam II das Gebiet Israels durch Eroberungen wieder vergrößern würde. So geschah es, und er gewann dadurch vor den Augen des Volkes Autorität. In den Augen des Volkes war er bis hierhin ein „guter Prophet“.

Jon 1,1: „Und das Wort des HERRN erging an Jona, den Sohn Amittais, folgendermaßen:“

2Kö 14,23-25: „Im fünfzehnten Jahr Amazjas, des Sohnes des Joas, des Königs von Juda, wurde Jerobeam, der Sohn des Joas, König über Israel in Samaria, [und er regierte] 41 Jahre lang.
24 Er tat aber, was böse war in den Augen des HERRN, und ließ nicht ab von allen Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, der Israel zur Sünde verführt hatte.
25 Dieser eroberte das Gebiet Israels zurück, von Lebo-Hamat an bis an das Meer der Arava, nach dem Wort des HERRN, des Gottes Israels, das er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn Amittais, den Propheten aus Gat-Hepher.“

 

Jona war somit ein Zeitgenosse der Propheten Hosea, Amos und vielleicht auch noch von Jesaja. Diese eindeutige Zuordnung seiner Lebenszeit passt genau zu der Aussage seines Buches und auch zu seinem eigenen Verhalten innerhalb der Geschichte des Buches. Dabei ist es letztlich von untergeordneter Bedeutung, ob der Prophet das Buch selbst schrieb, oder ob nach ihm oder für ihn ein anderer Autor seine Geschichte aufgeschrieben hat.

Um Jonas historischen Kontext und auch sein persönliches Verhalten besser verstehen zu können, müssen wir uns etwas ausführlicher mit der damaligen Geschichte des Assyrerreiches beschäftigen, wie sie von den Historikern in erstaunlicher Genauigkeit erforscht worden ist. Die Assyrer waren innerhalb einer Zeit von etwa 250-300 Jahren die alleinige Großmacht im Mittleren Osten. Im Süden von Israel standen ihnen die Ägypter gegenüber. Wir wissen aus zahlreichen Aussagen anderer biblischer Propheten, wie sich diese beiden Großmächte bekämpften. Die Assyrer eroberten und zerstörten schließlich auch das Nordreich Israels.

Bevor dies geschehen konnte, mussten sie jedoch in ihrem eigenen Reich Zeiten von großer politischer Unsicherheit und internen Machtkämpfen durchstehen. Das Reich von Ninive geht in seinen geschichtlichen Wurzeln bis in die Zeit kurz nach der Sintflut zurück, und es wurde von Nimrod gegründet.

1Mo 10,8-12: „Auch zeugte Kusch den Nimrod; der war der erste Gewalthaber auf Erden.
9 Er war ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN; daher sagt man: »Ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN wie Nimrod«.
10 Und der Anfang seines Königreiches war Babel, sowie Erek, Akkad und Kalne im Land Sinear.
11 Von diesem Land zog er aus nach Assur und baute Ninive, Rechobot-Ir und Kelach,
12 dazu Resen, zwischen Ninive und Kelach; das ist die große Stadt.“

 

Wir sehen in den beiden letztgenannten Versen (11-12), dass Ninive mit einigen anderen Städten zusammen (Rechoboth-Ir, Kelach, Resen) einen großen Stadtkomplex bildete. Ninive selbst war gewissermaßen die Hauptstadt dieser „Großregion Ninive“. Der gesamte Mehrstädte-Komplex wurde als „die große Stadt“ bezeichnet. Diese große Stadt hatte auch einen eigenen König, nämlich den „König von Ninive“. Zusammen mit anderen Städten wuchs dieser Mehrstädte-Komplex über längere Zeit heran zu dem assyrischen Weltreich, an dessen Spitze schließlich nicht mehr der „König von Ninive“ stand, sondern der „König von Assyrien“, so wie wir ihn in fast allen alttestamentlichen Prophetenbüchern erkennen. Jona ist auch hier wieder die einzige Ausnahme, denn es wird in seinem Kapitel 3,6 ausdrücklich der „König von Ninive“ genannt. Genau zu diesem war Jona nämlich gesandt. Den Grund für diese besondere Namensnennung hoffen wir in Kürze zu verstehen.

Das Assyrerreich war zu Beginn seiner Geschichte sehr mächtig. Es wuchs unter Assurbanipal II und Salmaneser III kräftig heran. Dann kam aber eine Zeit des inneren Zerfalls. Salmanesers ältester Sohn Assurdainapla startete eine großangelegte Revolution, welche das Reich nahezu zerstörte. Der König Shamshi-Adad V beendete die Revolte. Die Unsicherheit im Reich blieb jedoch bestehen, und es folgte eine Zeit von etwas mehr als 70 Jahren, in welcher die Könige der einzelnen Stadtregionen wieder zu mehr Geltung gelangten. Während dieser Zeit gab es nicht mehr den einen „König von Assyrien“, sondern wieder verschiedene Stadtkönige, unter anderem auch den „König von Ninive“. Erst unter Tiglath-Pileser III wurde das Reich erneut vereinigt und gelangte zu Weltmachtstatus. Tiglath-Pileser III war dann auch der nächste große „König von Assyrien“. Dieses wiederhergestellte Weltreich der Assyrer sorgte letztendlich für den Untergang des Nordens Israels unter den Nachfolgern Tiglat-Pilesers.

Wenn wir die Geschichte der Assyrerkönige parallel zu der Geschichte der Könige Israels betrachten, dann erkennen wir folgendes: Die Revolte in Assyrien fand zur Zeit des Königs Joram von Israel statt. Auf Joram folgten im Norden die Könige Jehu, Joahas, Joas und Jerobeam II. Auf Jerobeam II folgten über einen Zeitraum von nur etwa 40 Jahren bis zum Untergang des Nordreiches Israel die Könige Sacharja, Schallum, Menachem, Pekachja, Pekach und Hosea. Somit fiel die Königsherrschaft Jerobeams II zeitlich ziemlich genau in die Mitte der großen Krisenzeit Assyriens. Deshalb ging es Israel während dieser Zeit auch so gut, denn die Großmacht Assyrien war nicht handlungsfähig.

Nicht nur Jerobeams Herrschaft fiel in diese Zeit, sondern auch der Dienst von Hosea, Amos, Jesaja und gerade auch der Dienst von Jona! Jona wusste genau, dass die drei anderen Propheten den Untergang des Nordreiches Israels und später Judas vorhergesagt hatten. Er wusste aus den Prophetien ebenso, dass dieser Untergang durch die Hand der Assyrer kommen würde (siehe zum Beispiel Jesaja 10 oder Amos 2). Jona war kein gedankenloser pubertärer „Null-Bock-Prophet“, der einfach wie ein kleiner Junge vor dem Wort Gottes davonrannte. Diese allzu oberflächliche Auslegung ist leider von vielen vertreten worden.

Er war vielmehr ein leidenschaftlicher Israelit, der mit Gottes Wort an ihn schwer zu ringen hatte. Gott forderte nämlich gerade in der Zeit der Schwäche Assyriens von dem Propheten, dass er nach Ninive gehen und die Stadt vor dem Untergang bewahren sollte! Können wir uns vorstellen, was das für den Propheten bedeutete? Er hatte von Gott nichts weniger bekommen als den Auftrag, den kommenden Vernichter seines eigenen Volkes, den seine Prophetenkollegen angekündigt hatten, vor der Vernichtung zu bewahren. In seinem Herzen kochte es. Das Wort Gottes erschien ihm völlig absurd und es ärgerte ihn sehr.

Er machte eine „geistliche Güterabwägung“ und verlor den geistlichen Kampf gegen das Fleisch. Er entschied sich bewusst für den Ungehorsam und die persönliche Rebellion gegenüber Gott, weil er es nicht fertigbrachte, den Todfeinden und kommenden sicheren Vernichtern seines eigenen Volkes das Leben zu retten. Bisher war er ja ein „guter Prophet“ für Jerobeam II gewesen. Nun wollte er nicht unfreiwillig und für ihn selbst in unsinniger Weise ein „schlechter Prophet“ werden, indem er einem für ihn völlig absurden Gebot Gottes gehorchen würde.

Er stellte die menschlichen Empfindungen seines eigenen Herzens für das Volk Israel ganz bewusst über den Ratschluss Gottes. Deshalb unternahm er seinen Fluchtversuch. Er hoffte wohl im Stillen, vor Gott irgendwie ungesehen davon zu kommen. Vielleicht hoffte er auch, dass Gott einem anderen Propheten diese aus seiner eigenen Sicht geistliche „Mission Impossible“ anvertrauen würde. Wir wissen, dass es anders kam. Gott konnte dem Propheten diese Auflehnung nicht durchgehen lassen, denn sonst wäre Jona ja überhaupt kein Prophet mehr gewesen. Jona war schließlich kein geldgieriger Bileam, sondern ein echter Prophet, der von Gott schon eine Weissagung über Jerobeam II bekommen hatte. Gott musste ihn zurechtbringen, denn er konnte es nicht zulassen, dass sein eigener Prophet ihm Schande machen würde. Jona musste lernen, dass Gott souverän und frei in der Gabe seiner Gnaden und Rettungen ist, und dass er sogar seinen Feinden Liebe und Güte erweist.

Mt 5,45: „…damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte.“

Rö 5,10: „Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, wie viel mehr werden wir als Versöhnte gerettet werden durch sein Leben!“

1Joh 4,10: „Darin besteht die Liebe – nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat als Sühnopfer für unsere Sünden.“

 

In der „Großregion Ninive“, also in der „Großen Stadt“ Jonas, gab es in dieser Zeit eine relativ kurzfristige Abfolge von Zwischenkönigen: Salmaneser IV, Assurdan III, Assurnirari V. Außerdem kam zur Zeit Assurdans III eine schwere Hungersnot über das Land, gefolgt von einer Sonnenfinsternis. Alle diese Ereignisse zusammengenommen verursachten während der betreffenden Zeit in Ninive äußerste Verunsicherung, ja sogar Panik und Angst. Diese Leute glaubten ja an ihre Naturgötzen und fürchteten den kommenden Untergang der Stadt. Gerade zu dieser Zeit erschien der Prophet Jona in Ninive, nachdem Gott ihn von seiner Flucht zurückgeholt hatte. Wir dürfen davon ausgehen, dass Jona einem dieser drei „Könige von Ninive“ begegnete. Gerade in dieser Zeit von Panik brachte Jona seine Botschaft. Er sagte genau diesen befürchteten Untergang innerhalb von 40 Tagen voraus. Das alles war zu viel für die Leute von Ninive und ihren König. Das Prophetenwort schlug ein wie eine Bombe! Ninive bekehrte sich und wurde verschont! Jonas schlimmste Befürchtungen wurden wahr. Wir werden bei der Besprechung von Kapitel 4 noch einmal darauf zurückkommen.

Das erklärt auch die Reaktion Jonas auf die Rettung der Stadt des kommenden Vernichters Israels. Jona wusste im Augenblick der Erhörung seines gottgegebenen Aufrufs zur Buße durch die Bewohner Ninives, dass die Assyrer gerettet waren. Er wusste, dass dieses gerettete Volk nun sein eigenes Volk angreifen und vernichten würde. Der Prophet Jona war beileibe kein pubertärer „Null-Bock-Jüngling“. Er war kein trotziger Luxusmensch, der einfach keine Lust auf Gottes Wege hatte. Er war vielmehr ein Mann, der in ringendem Kampf mit seinem eigenen Fleisch und mit Gott stand. Sein Dienst war somit vor allem für ihn selbst ein sehr schwerer Dienst, denn er musste sein Fleisch und seine Gedanken völlig verleugnen und sie radikal dem Willen Gottes unterordnen. Gott packte ihn beim Schopf und zog ihn mit. Er musste für ihn selbst sehr schwierige Dinge lernen.

Nachdem wir nun den hoffentlich erfolgreichen Versuch unternommen haben, die Person des Propheten, seine Nöte und seinen Dienst etwas besser zu verstehen, möchten wir zur Betrachtung des Textes übergehen. Alle im vorliegenden Text zitierten Schriftstellen entstammen der Bibelübersetzung in der Version Schlachter 2000.

 

 

Kapitel 1

Vers 1 bringt uns die Herkunft des Propheten. Sein Name bringt das zum Ausdruck, was er vor Gott eigentlich sein sollte. Die Propheten und alle Gläubigen sollten einfältig wie die Tauben sein und in der Kraft des Heiligen Geistes (ebenfalls symbolisiert durch die Taube) das Evangelium verkündigen und den Menschen dienen.

Mt 10,16: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben!“

Mt 3,16: „Und als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser; und siehe, da öffnete sich ihm der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf ihn kommen.“

 

Vers 2 bringt den Auftrag Gottes, welchen wir in der Einleitung bereits ausführlich diskutiert haben. Das Wort Gottes ist zu viel für Jona. Wie soll er den Feinden seines eigenen Volkes eine Warnung zurufen, durch welche sie gerettet werden könnten? Manche haben den Propheten hierin mit der ganzen Nation Israel gleichgesetzt, denn er war ja ein Israelit. Es war im Alten Testament für die Nation Israel unvorstellbar, dass Gottes Gunst und seine Rettung auch zu anderen Nationen gehen würde. Dennoch war es ihnen von Jesaja prophezeit, dass genau dies einmal geschehen würde. Jona fiel es wie den meisten seiner Zeitgenossen äußerst schwer, diese Wahrheit zu akzeptieren. Einem Propheten und somit einem öffentlichen Repräsentanten des Gottes Israels steht das jedoch nicht zu, und so muss Gott hier damit beginnen, mit Jona zu handeln.

Jes 42,4-6: „Er wird nicht ermatten und nicht zusammenbrechen, bis er auf Erden das Recht gegründet hat, und die Inseln werden auf seine Lehre warten.
5 So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schuf und ausspannte und die Erde ausbreitete samt ihrem Gewächs, der dem Volk auf ihr Odem gibt und Geist denen, die darauf wandeln:
6 Ich, der HERR, habe dich berufen in Gerechtigkeit und ergreife dich bei deiner Hand; und ich will dich behüten und dich zum Bund für das Volk setzen, zum Licht für die Heiden;“

Jes 49,3-6: „Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, bist Israel, durch den ich mich verherrliche.
4 Ich aber hatte gedacht: Ich habe mich vergeblich abgemüht und meine Kraft umsonst und nutzlos verbraucht! Doch steht mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.
5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht gebildet hat, um Jakob zu ihm zurückzubringen – Israel aber wurde nicht gesammelt, und doch wurde ich geehrt in den Augen des HERRN, und mein Gott war meine Stärke –,
6 ja, er spricht: »Es ist zu gering, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten aus Israel wiederzubringen; sondern ich habe dich auch zum Licht für die Heiden gesetzt, damit du mein Heil seist bis an das Ende der Erde!«“

Jes 52,10: „Der HERR hat seinen heiligen Arm entblößt vor den Augen aller Heiden; und alle Enden der Erde werden das Heil unseres Gottes sehen!“

 

Der Herr sagt, dass die Bosheiten Ninives vor sein Angesicht gekommen sind. Ninive war eine Gesellschaft, welche ebenso verdorben war wie Israel, nur ohne Gott. Sie waren Heiden und wussten es nicht besser. „Mache Dich auf!“ (Vers 2). Jona macht sich tatsächlich sofort auf, aber leider in die entgegengesetzte Richtung. Die Gründe für seine Flucht haben wir bereits besprochen. Von nun an führt sein Weg geistlich und tatsächlich immer weiter bergab. Er steigt das Gebirge hinab nach Japho. Dann steigt er weiter hinab von der Hafenmauer in das Schiff. Im Sturm schläft er ganz tief unten im Bauch des Schiffes. Dann wird er von den Seeleuten ins Wasser geworfen. Der Fisch verschluckt ihn und trägt ihn hinab in die tiefsten Gegenden des Meeres, zu den Gründen der Berge. Tiefer kann Jona nicht mehr sinken. Erst dann kommt er zur Besinnung.

Jona symbolisiert an dieser Stelle für uns den Weg eines Sünders, der immer weiter vor Gott flieht, bis er in völliger Hilflosigkeit an dem tiefsten Punkt seines Lebens angekommen ist. Wir erkennen das gleiche Bild auch bei dem verlorenen Sohn in Lk 15. Erst an dem allertiefsten Punkt heißt es: „Er kam aber zu sich selbst…“ (Lk 15,17). Viele Sünder in der Welt mussten diesen Weg gehen, bevor sie in der Dunkelheit und Verlorenheit das Licht des Evangeliums erkennen konnten. Es gibt keine echte Wiedergeburt im Heiligen Geist Gottes ohne vorherige Sündenerkenntnis, ohne echte Buße und Glauben an den Retter. Das ist eine geistliche Gesetzmäßigkeit.

Die Geschichte wird in Vers 3 in so kurzen und fast dürren Worten erzählt, dass wir etwas erstaunt sind. Man hätte etwas mehr Details erwartet, aber die spielen hier offensichtlich für Gott keine Rolle. Es geht um die Richtung Jonas, nämlich weg von Gott. Sein Ziel ist Tarsis. Wenn die Ansicht der meisten Ausleger stimmt, dann haben wir es hier mit dem Tarsis an der Straße von Gibraltar zu tun, also am äußersten westlichen Ende des Mittelmeeres. Jona müsste als ein religiöser Jude und Prophet eigentlich wissen, dass seine Flucht sinnlos ist.

Ps 139,7-12: „Wo sollte ich hingehen vor deinem Geist, und wo sollte ich hinfliehen vor deinem Angesicht?
8 Stiege ich hinauf zum Himmel, so bist du da; machte ich das Totenreich zu meinem Lager, siehe, so bist du auch da!
9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und ließe mich nieder am äußersten Ende des Meeres,
10 so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten!
11 Spräche ich: »Finsternis soll mich bedecken und das Licht zur Nacht werden um mich her!«,
12 so wäre auch die Finsternis nicht finster für dich, und die Nacht leuchtete wie der Tag, die Finsternis [wäre für dich] wie das Licht.“

 

Der Herr bringt einen Sturm. Dieser Sturm ist kein Zufall. Der Gott Israels ist der Gott des Himmels und der Erde, des Landes und des Meeres. Jona weiß von Anfang an, dass er selbst diesen Sturm verursacht hat. Er verkriecht sich in das Unterdeck und versucht die Situation zu verschlafen. Als der Herr Jahrhunderte später zusammen mit seinen Jüngern auf dem See Genezareth im Sturm ist, schläft er am hinteren Ende des Schiffes für alle sichtbar auf dem Oberdeck. Er ist bereit, von den Jüngern angesprochen zu werden und seine Macht über die Kräfte von Luft und Wasser zu demonstrieren. Er zeigt im Sturm seine Gottheit und seine Herrlichkeit.

Jona zeigt im Sturm zunächst seine Armseligkeit und Gleichgültigkeit. Die Seeleute an Bord sind Heiden aus verschiedenen Nationen. Jeder von ihnen schreit zunächst zu seinem eigenen Gott (Vers 5). Dann werfen sie Geräte ins Meer um das Schiff zu erleichtern. Jona schläft. Der Kapitän geht zu ihm und weckt ihn auf (Vers 6). „Steh auf Jona, und rufe gefälligst auch deinen eigenen Gott an! Unsere Götter können uns nicht helfen. Vielleicht kann es dein Gott!“

Die heidnischen Seemänner beginnen zu ahnen, dass mit diesem Mann etwas nicht stimmt. Sie befürchten in ihrem Denken, dass es einen Schuldigen für den Sturm geben könnte. Dies ist zwar zunächst einmal nur heidnisches Denken, aber Gott hat den Seeleuten gerade in diesem Fall gewissermaßen eine geistliche Tür geöffnet und ihnen einen Einsteiger gegeben. Ihre Vermutung stimmt nämlich. Gott ist der Verursacher des Sturmes, und Gott ist dafür verantwortlich. Jona ist jedoch der Auslöser für Gottes Handeln. Da die Seeleute kein Wort Gottes haben, benutzen sie den Erkenntnisweg, der ihnen zuverlässig erscheint. Sie werfen das Los (Vers 7). Gott ist allmächtig in den größten und kleinsten Dingen, und er lenkt in diesem Augenblick das Los tatsächlich so, dass es auf Jona fällt.

Spr 16,33: „Im Gewandbausch wird das Los geworfen, aber jeder seiner Entscheide kommt von dem HERRN.“

 

Wie hat Gott oftmals auch die großen und kleinen Dinge in unserem Leben genauso gelenkt, dass wir schließlich vor uns selbst als verlorene Sünder offenbar wurden und umkehren konnten! Die Seeleute sind Heiden, und sie erkennen an dem Wüten des Sturmes, dass der Gott des Himmels dahinter steht. Sie fragen Jona in Vers 8 woher er ist, denn er könnte ja ein Magier aus einem fremden Volk sein, der die Elemente gegen sich selbst und gegen sie aufgebracht hat. In Vers 9 sagt Jona, dass er ein Hebräer ist, und dass er an den Gott des Himmels glaubt, der das Meer und das Trockene gemacht hat. Er erzählt ihnen alles, was sein Gewissen belastet. In Vers 10 sind sie erschrocken vor diesem mächtigen Gott.

Ab Vers 11 suchen sie nach einer Lösung. Der Sturm tobt weiter, und er tobt immer heftiger. Jonas Bekenntnis bringt seine Zuhörer in die Furcht des wahren Gottes hinein, so dass sie zu IHM schreien. Jona sagt ihnen in Vers 12 klar und deutlich, dass er selbst ins Meer geworfen werden muss, damit der Sturm aufhört. Die Seeleute scheuen sich davor, den Mann Gottes in die tobende See zu werfen, aber der Sturm wird immer schlimmer. Jona ist der Auslöser für den Sturm, denn Gott züchtigt diesen „Mann Gottes“, der auf persönliche Abwege geraten ist. Er allein trägt die Verantwortung für sein Verhalten, nicht die unwissenden Seeleute.

Am 3,2: „Nur euch habe ich ersehen von allen Geschlechtern der Erde, darum will ich auch alle eure Missetaten an euch heimsuchen.“

Lk 12,48: „…wer ihn aber nicht kannte und doch tat, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge erleiden müssen. Denn wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man desto mehr fordern.“

 

Sie stemmen sich in Vers 13 mit aller Kraft gegen das Urteil Gottes, aber es ist vergeblich. In Vers 14 schreien sie zu diesem Gott, dass Gott sie doch nicht untergehen lassen möchte, denn sie sehen nun, dass nur dieser Gott sie retten kann. Gott ist der Retter, der Jeschua, der Jesus! Sie erkennen außerdem das Prinzip, dass ein Mann für viele sterben muss, damit nicht alle umkommen. Nicht nur die Heiden wissen das, sondern auch die Christen haben es erkannt, zu ihrer Rettung und zum Heil.

Joh 11,49-51: „Einer aber von ihnen, Kajaphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr erkennt überhaupt nichts,
50 und ihr bedenkt nicht, dass es für uns besser ist, dass ein Mensch für das Volk stirbt, als dass das ganze Volk zugrunde geht!
51 Dies redete er aber nicht aus sich selbst; sondern weil er in jenem Jahr Hoherpriester war, weissagte er; denn Jesus sollte für das Volk sterben.“

1Pe 3,18: „Denn auch Christus hat einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führte; und er wurde getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht durch den Geist.“

 

Sie erkennen die Souveränität Gottes über ihre Umstände an und sind gehorsam. Und sie tun das einzig mögliche: Sie werfen Jona ins Meer (Vers 15). Sofort schweigt der Sturm still. Die Männer haben große Ehrfurcht vor Gott, sie verehren den Gott Jonas und bringen ihm Opfer dar.

Dan 3,28: „Da ergriff Nebukadnezar das Wort und sprach: Gepriesen sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos, der seinen Engel gesandt und seine Knechte errettet hat, die auf ihn vertrauten und das Gebot des Königs übertraten und ihre Leiber hingaben, weil sie keinen anderen Gott verehren und anbeten wollten als ihren Gott allein!“

Dan 6,27: „Es ist von mir ein Befehl erlassen worden, dass man sich im ganzen Bereich meiner Herrschaft vor dem Gott Daniels fürchten und scheuen soll; denn er ist der lebendige Gott, welcher in Ewigkeit bleibt, und sein Königreich wird nie zugrunde gehen, und seine Herrschaft hat kein Ende.“

Mt 8,27: „Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Wer ist dieser, dass ihm selbst die Winde und der See gehorsam sind?“

 

Die Verse 4-16 zeigen in ihrer Textkomposition eine spiegelbildliche Struktur. Sie halten auch uns in mehrfacher Hinsicht einen Spiegel vor, wie wir zu erkennen hoffen. Als erstes schleudert der Herr den Sturm auf die See, die Seeleute fürchten sich und schreien zu ihren Göttern. Als zweites erwacht Jona und ruft zu seinem Gott, dessen Macht er anerkennen muss. Als drittes wollen die Seeleute wissen, wer für den Sturm verantwortlich ist. Als viertes fürchtet Jona den Herrn. Als fünftes fürchten die Seeleute den Herrn. Als sechstes sagt Jona, dass er für den Sturm verantwortlich ist. Als siebtes rufen die Seeleute zu dem Herrn und erkennen seine Souveränität an. Als achtes schleudern die Seeleute Jona in die See, der Sturm schweigt und sie beten den Gott Jonas an.

Diese gedichtartige Gliederung des Textes zeigt uns einerseits, wie der Geist Gottes an und in den Gläubigen wirkt. Er führt sie zur Erkenntnis des Herrn und in den Gehorsam gegenüber seinem Wort hinein. Ein in der persönlichen Heiligung und im Gehorsam gewachsener Gläubiger kann dann in seinem täglichen Leben zu einem praktischen Zeugen für das Evangelium werden, indem sein Gehorsam und seine Konsequenz in der Nachfolge der Christusähnlichkeit für andere Menschen sichtbar werden. Dies kann auch geschehen ohne große Predigten. Die zweite Sache ist dann die Auswirkung des Zeugnisses auf andere Menschen. Sie werden ebenfalls zur Gottesfurcht geführt und vielleicht auch errettet. Wir möchten nun fünf geistliche Bilder beschreiben, welche uns die vorliegende Schriftpassage zeigt. Sie sind zwar nicht formal von der beschriebenen achtfachen Gliederung abhängig, sie treten aber dennoch deutlich hervor.

Das erste Bild: Es zeigt uns, wie der Herr mit denen handelt, welche zu ihm gehören. Wir erfahren hier etwas über die Züchtigung des Gläubigen. Jona rennt von Gott weg. Gott treibt ihn wie den verlorenen Sohn in die Sackgasse der Ausweglosigkeit hinein. Sein Verhalten wird schließlich sogar vor Ungläubigen offenbar. Er muss sein eigenes Versagen erkennen, bekennen und die Konsequenzen dafür tragen. Gleichzeitig werden das offen bekannte Versagen des Gläubigen und das Tragen der Konsequenzen auch zu einem starken Zeugnis für die Ungläubigen. Sie erkennen, wie real und mächtig der Gott Jonas ist, und wie wahre Gottesfurcht aussieht. Sie erkennen, dass die Wahrheit Gottes über dem Leben des einzelnen Menschen steht, und dass ein wahrer Gläubiger diese Tatsache bedingungslos anerkennt. Dadurch wenden auch sie sich zu dem Gott der Bibel und werden gerettet.

Das zweite Bild: Es geht hier um den Umgang mit der Sünde. Jona ist in diesem Bild die Sünde in Person. Die Sünde verbirgt sich manchmal, denn sie möchte nicht auffallen. Sie muss manchmal gesucht und gefunden werden. Dies kann im eigenen Gewissen geschehen, aber auch durch die Aktivität anderer Menschen, welche Gott lenkt. Sie muss offenbar gemacht werden. Danach muss sie bereut und bekannt werden. Das Bekenntnis muss von echter Umkehr gefolgt werden, die Sünde muss gelassen und in die Tiefe des Meeres geworfen werden, so wie Jona ins Meer geworfen wird. Dann schenkt Gott Rettung und Gnade, auch er gedenkt der bekannten und vergebenen Sünde nicht mehr. Der Sturm schweigt sofort. Die Seeleute und auch Jona selbst werden gerettet.

Ps 32,3-6: „Als ich es verschwieg, da verfielen meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag.
4 Denn deine Hand lag schwer auf mir Tag und Nacht, sodass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürr wird. (Sela.)
5 Da bekannte ich dir meine Sünde und verbarg meine Schuld nicht; ich sprach: »Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen!« Da vergabst du mir meine Sündenschuld. (Sela.)
6 Darum soll jeder Getreue dich bitten zu der Zeit, da du zu finden bist; wenn dann große Wasser einherfluten, werden sie ihn gewiss nicht erreichen.“

Spr 28,13: „Wer seine Schuld verheimlicht, dem wird es nicht gelingen, wer sie aber bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen.“

Mi 7,19: „Er wird sich wieder über uns erbarmen, unsere Missetaten bezwingen. Ja, du wirst alle ihre Sünden in die Tiefe des Meeres werfen!“

 

Das dritte Bild: Jona ist hier ein Bild für den Heiligen Geist, so wie es ja auch sein eigener Name (Taube) sagt. Der Geist tut das Werk Gottes in der Welt und in den Gläubigen. Er überführt die Welt von Sünde, von Gerechtigkeit und Gericht. Er tut dies durch äußere Ereignisse unter der souveränen Vorsehung Gottes, durch das Zeugnis der Schöpfung, durch das Zeugnis der Gläubigen und durch das Zeugnis der Bibel. Die Ungläubigen werden von der Existenz Gottes überzeugt, von seiner Allmacht und von seiner Rettung und Gnade in Jesus Christus.

Ps 19,1-2: „Dem Vorsänger. Ein Psalm Davids.
2 Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündigt das Werk seiner Hände.“

Ps 29,3+10-11: „Die Stimme des HERRN schallt über den Wassern; der Gott der Herrlichkeit donnert, der HERR über großen Wassern.
10 Der HERR thront über der Wasserflut, ja, der HERR thront als König in Ewigkeit.
11 Der HERR wird seinem Volk Kraft verleihen, der HERR wird sein Volk segnen mit Frieden!“

Joh 16,8: „Und wenn jener kommt, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und vom Gericht;“

Rö 1,19-20: „…weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, da Gott es ihnen offenbar gemacht hat;
20 denn sein unsichtbares Wesen, nämlich seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit Erschaffung der Welt an den Werken durch Nachdenken wahrgenommen, sodass sie keine Entschuldigung haben.“

 

Das vierte Bild: Jona bildet das Volk Gottes im alten Bund ab, die irdische Nation Israel. Ihnen war das Zeugnis an die Nationen von Gott anvertraut. Sie sollten als ein Volk von Königen und Priestern dienen und der Welt die Herrlichkeit des Gottes von Himmel und Erde verkündigen. Wir wissen, dass Israel hierin versagte. Sie liefen von Gott weg, sie wollten seinen Auftrag nicht erfüllen und liefen stattdessen den Götzen nach.

2Mo 19,5-6: „Wenn ihr nun wirklich meiner Stimme Gehör schenken und gehorchen werdet und meinen Bund bewahrt, so sollt ihr vor allen Völkern mein besonderes Eigentum sein; denn die ganze Erde gehört mir,
6 ihr aber sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein! Das sind die Worte, die du den Kindern Israels sagen sollst.“

Jer 2,20: „Denn vor langer Zeit habe ich dein Joch zerbrochen und deine Bande zerrissen; aber du hast gesagt: »Ich will nicht dienen!« Ja, du hast dich auf allen hohen Hügeln und unter allen grünen Bäumen als Hure hingestreckt!“

 

Sie wollten nicht dienen und gingen ihre eigenen Wege. Jona war ein Prophet aus Israel, er war ein Israelit mit Leib und Seele. Er wollte nicht akzeptieren, dass Gott auch einen Segen für die Nationen bereithält. Israel lebte damals in dem oftmals übersteigerten Bewusstsein der eigenen Erwählung, obwohl sie dieser Erwählung schon längst nicht mehr gerecht wurden, weder als Nation noch in der Person Jonas. Bei manchen Leuten, insbesondere bei den streng orthodox religiösen Leuten, nahm diese Einstellung fast wahnhafte Züge an. Auch bei den Pharisäern zur Zeit des Herrn erkennen wir in fanatischer Art und Weise diese Gesinnung. In unserer heutigen Zeit ist es noch immer so unter den ultraorthodoxen kabbalistischen und talmudistischen Rabbinern. Wir dürfen als Christen dafür beten, dass der Herr doch auch ihnen endlich die Decke Moses von den Augen wegnimmt, damit sie an ihn glauben und auf ewig gerettet werden können, auch wenn dies mit schwerer Züchtigung verbunden sein sollte. Vielleicht müssen auch sie vor den Augen aller Welt offenbar werden und fallen, bevor sie umkehren.

Gott war zu Jonas Zeit schon dabei, die erste Zuchtrute vorzubereiten, nämlich den Assyrer. Jona wusste das, und er sträubte sich deswegen noch mehr. Die Israeliten wussten Jahrhunderte später zur Zeit des Herrn wieder, dass ihre Zeit sich dem Ende nähern würde, denn der Herr sagte es ihnen voraus. Sie lehnten den Messias ab und besiegelten dadurch ihr eigenes Schicksal. Nach der Auferstehung des Herrn kamen viele Israeliten zu echter Umkehr und wurden wie Jona aus den Fluten des Gerichtes Gottes gerettet. Nach der Zerstörung der Nation in den Jahren 70-135 n.Chr. wurden sie als nicht christusgläubige Nation in das Meer der Völker hinein zerstreut. Nur durch die Umkehr zu dem Retter, den ihre Väter verworfen haben, können sie bis zur Wiederkunft des Herrn noch gerettet werden. Der große Fisch (Ichthys: „Iesous Christos Theou Yios Soter“, das ist: „Jesus, Gesalbter Gottes, Retter der Welt“), der große Menschenfischer kann sie aus dem Meer des Todes herausretten.

Das fünfte Bild: Jona ist hier ein Bild für den Herrn Jesus Christus. Der Herr ist der Geist, Gott selbst gekommen ins Fleisch. Der Herr überführte die Menschen in Israel von ihrer Sünde. Er schenkte Gnade für die Schwachen und Armen, Rettung für die Gläubigen. Er selbst wurde zur Sünde gemacht. Er selbst wurde in das Meer geworfen. Die gewaltig tiefen eisigen Fluten des Gerichtes Gottes gingen über ihn hinweg. Der Herr versank in der Tiefe. Noch am Kreuz konnte er rufen: „Es ist vollbracht!“. Dann starb er wirklich und wahrhaftig. Nach drei Tagen wurde er auferweckt. Hier bleibt Jona hinter dem Herrn zurück. Er wird nur von dem Fisch geschluckt werden in Kapitel 2, ohne sterben zu müssen. Der Herr alleine ist an unserer Stelle gestorben für unsere Sünden. Wir müssen nicht mehr selbst dafür sterben.

Ps 69,2+3+7: „Hilf mir, o Gott, denn die Wasser gehen mir bis an die Seele!
3 Ich bin versunken in tiefem Schlamm und habe keinen Stand; ich bin in tiefes Wasser geraten, und die Flut überströmt mich;
7 Lass nicht zuschanden werden an mir, die auf dich hoffen, o du Herrscher, HERR der Heerscharen; lass nicht meinetwegen beschämt werden, die dich suchen, du Gott Israels!“

Ps 93,2-4: „Dein Thron steht fest von Anbeginn; von Ewigkeit her bist du!
3 Die Wasserströme brausen, o HERR, die Wasserströme brausen stark, die Wasserströme schwellen mächtig an;
4 doch mächtiger als das Brausen großer Wasser, mächtiger als die Meereswogen ist der HERR in der Höhe!“

1Kor 15,3-4: „Denn ich habe euch zuallererst das überliefert, was ich auch empfangen habe, nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften,
4 und dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften.“

 

 

Kapitel 2

Jona ist im Meer. Der sichere Tod steht vor ihm. Wir wissen durch das Zeugnis von Menschen, welche einen Schiffsuntergang überlebt haben, wie schrecklich diese Erfahrung ist. Im eisigen Wasser hat man ohne Sicherheitskleidung oder andere Hilfsmittel eine Überlebenszeit von nur wenigen Minuten. Dann bleibt das unterkühlte Herz einfach stehen. Man stirbt und versinkt in der Tiefe. Jona hat keinerlei Hilfsmittel. Er ist nach menschlichem Ermessen rettungslos verloren. Seine Auflehnung gegen Gott hat ihn nun endgültig das Leben gekostet. In wenigen Minuten wird er verschwunden sein. Der Herr wird einen anderen Mann in seinen Dienst stellen. Jona selbst wird nun für immer und ewig in das Totenreich hinabfahren.

In diesem Augenblick kommt der große Fisch, das Rettungsboot Gottes. Wir wissen nicht, ob es ein Wal war, denn es steht nicht geschrieben. Es war jedenfalls ein großer Fisch. Gott ist der Herr über die unbelebte und die belebte Schöpfung. Er beherrscht alles von Sonne und Mond, von Land und Meer, von Menschen, Landtieren und Fischen bis hin zu den kleinsten Bakterien. Für ihn stellt es nicht die geringste Schwierigkeit dar, den Fisch neben das Schiff zu lenken. Er gibt dem großen Tier Befehl, und dieses Tier ist gehorsamer als der trotzige Mensch Jona. Es führt einfach den Befehl Gottes aus und verschluckt den Propheten.

Dies ist einerseits für Jona die Rettung vor dem sicheren Tod. Es ist schlicht und einfach ein Wunder. Der Prophet überlebt eine Zeit von drei Tagen und drei Nächten im Bauch des Fisches. Er hat keine Nahrung und vor allem keine Sauerstoffzufuhr. Mit natürlichen Mitteln ist dies nicht zu erklären. Gottes Wunder stehen über den Prozessen in der Natur. Wissenschaftler haben versucht, hinter die Abläufe zu kommen, aber es ist letztlich sinnlos, das zu versuchen. Es spielt für uns keine Rolle, wie Gott es fertiggebracht hat Jona durchzubringen, sondern nur dass er es fertiggebracht hat. Es geht hier um die Rettung eines verlorenen Menschen durch die Hand Gottes vor dem sicheren Tod.

Andererseits ist dies der schrecklichste Abgrund für Jona, das absolute Grauen! Der Prophet macht hier nichts weniger durch als die furchtbare Erfahrung wie es ist, bei lebendigem Leibe begraben zu sein. Wir sollten gar nicht erst versuchen uns vorzustellen, dass es für die nächsten drei Tage und Nächte auch nur eine Andeutung von Geborgenheit für den Propheten gab. Es war der pure Schrecken! Im ersten Moment ist Jona der Meinung, nun tatsächlich gestorben zu sein. In Vers 3 sieht er sich als einen Mann, der aus dem Totenreich zu Gott ruft. Er macht hier eine Andeutung von dem durch, was der Herr am Kreuz erlitten haben muss. Der Herr wurde von den eisigen und mächtigen Fluten des Gerichtes Gottes überflutet und schrie zu Gott, der ihn verlassen musste. Sein Leib war angenagelt an das Kreuz und krümmte sich unter schrecklichen Schmerzen. Er harrte aus bis ans Ende.

Ps 93,3: „Die Wasserströme brausen, o HERR, die Wasserströme brausen stark, die Wasserströme schwellen mächtig an;“

Ps 22,2-3: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Warum bleibst du fern von meiner Rettung, von den Worten meiner Klage?
3 Mein Gott, ich rufe bei Tag, und du antwortest nicht, und auch bei Nacht, und ich habe keine Ruhe.“

Ps 69,2-4: „Hilf mir, o Gott, denn die Wasser gehen mir bis an die Seele!
3 Ich bin versunken in tiefem Schlamm und habe keinen Stand; ich bin in tiefes Wasser geraten, und die Flut überströmt mich;
4 ich bin müde von meinem Schreien, meine Kehle ist vertrocknet; meine Augen sind verschmachtet im Harren auf meinen Gott.“

 

Jona ist hier zwar nicht mehr in den Fluten, aber er befindet sich in völliger Finsternis, in absoluter Stille und Verlassenheit von den Menschen. Die Seeleute haben ihn längst vergessen, denn sie sind glücklich über ihre Rettung. Sie sehen das Sonnenlicht am wieder aufgeheiterten Himmel über dem Meer und fahren nach Hause. Niemand weiß wo Jona ist. Niemand aus seinem Volk, seinem Dorf, seiner Familie wird ihn jemals wiedersehen. Er ist eingeengt, ja eingeschlossen von allen Seiten, und es gibt keine Hoffnung mehr.

Klgl 3,4-6: „Er hat mein Fleisch und meine Haut verfallen lassen und meine Knochen zermalmt.
5 Er hat rings um mich her Gift und Leid aufgebaut.
6 In Finsternis ließ er mich wohnen wie längst Verstorbene.“

 

Vielleicht haben sie schon einmal eine endoskopische Untersuchung gehabt. Man bekommt über die Optik auf dem Bildschirm einen Eindruck davon, wie die inneren Verdauungswege des Menschen aussehen. Das Gerät wird durch den Magen und den Darm wie durch einen engen Schlauch vorgeschoben, und man weiß als Laie zu keinem Zeitpunkt wo man ist. Wenn die Optik nicht funktioniert, dann ist der Beobachter nur noch in einem rabenschwarzen Loch. Dort befindet sich Jona nun. Die Magenwände des Fisches engen ihn ein, das Seegras umschlingt seinen Leib. Er ist völlig gefangen in jeder Hinsicht.

Man kann ihn mit einem Kind im Leib der Mutter vergleichen, das kurz vor der Geburt steht. Alles ist eingeengt, und es gibt nur noch einen Ausweg. Er führt mit Macht, mit Schmerzen und mit großer Bedrängnis ans Licht. Bei manchen noch sehr kleinen Kindern erlebt man es, dass sie sich stark dagegen wehren, ein enges Kleidungsstück über den Kopf zu ziehen. Sie wehren sich weil sie meinen, noch ein zweites Mal die schrecklichen Momente ihrer Geburt miterleben zu müssen.

Auch Menschen, die bei einem Erdbeben für mehrere Tage in völliger Bewegungsunfähigkeit unter Trümmern verschüttet waren, haben etwas Ähnliches erlebt. Nach ihrer Bergung sind sie für den Rest ihres Lebens verändert. In der Nähe unseres Dorfes gab es ein schweres Grubenunglück, als ich noch ein kleiner Junge von einem Jahr war. Mein Großvater war 48 Jahre Bergmann und erzählte mir einige Jahre später davon. Dreihundert Bergleute kamen an einem einzigen Tag in einer Tiefe von mehreren Hundert Metern ums Leben. Sie wurden verschüttet und gelangten nicht mehr von der Finsternis zum Licht. Sie hatten jahrelang tagtäglich ihr Leben für ihre Familien aufs Spiel gesetzt und es an diesem Tag verloren.

Für Jona gibt es hier keinen Ausweg mehr. Er schreit nicht, denn das ist sinnlos. Er hat ja gar keine Luft zum Atmen. Er wird auch von niemandem gehört, denn der Fisch befindet sich in den Tiefen des Meeres. Erst allmählich wird ihm bewusst, dass er noch nicht tot ist, sondern am Leben. Was für eine absolute Hilflosigkeit! Was für eine Verlassenheit, ein völliges Ausgeliefertsein! Sein Herz beginnt zu schreien. Hast Du das auch einmal erlebt, lieber Bruder/liebe Schwester? Du gibst nach außen keinen Laut von Dir, aber Dein Herz schreit zu Gott. Vielleicht hast Du dabei irgendwo gesessen oder gelegen, vielleicht war auch ein Mensch dabei. Nicht so bei Jona! Tiefste Einsamkeit, namenloser Schrecken. Einfach nur fürchterlich.

Die Gedanken oder vielleicht auch flüsternden Worte des Propheten sind wie ein Psalm. Jona ist ein religiöser Israelit, und er kennt natürlich die Psalmen Davids, die im Tempel vorgelesen und gesungen wurden, und welche ihn schon als Kind beeindruckt haben. Seine tiefe Not und sein namenloses Entsetzen legen die tiefsten Schichten seiner Seele vor Gott frei, und er wendet sich zu dem Herrn mit Psalmworten, sei es in Gedanken oder auch leise flüsternd. Wir haben hier etliche Anklänge an das Buch der Psalmen, welche uns immer wieder an die Leiden Davids und auch die Leiden unseres Herrn erinnern.

Ps 42,8: „Eine Flut ruft der anderen beim Rauschen deiner Wasserstürze; alle deine Wellen und Wogen sind über mich gegangen.“

Ps 69,2-3+15-16: „Hilf mir, o Gott, denn die Wasser gehen mir bis an die Seele!
3 Ich bin versunken in tiefem Schlamm und habe keinen Stand; ich bin in tiefes Wasser geraten, und die Flut überströmt mich;
15 Reiße mich aus dem Schlamm, dass ich nicht versinke! Lass mich Rettung finden vor denen, die mich hassen, und aus den Wassertiefen,
16 dass mich die Wasserflut nicht überströmt und mich die Tiefe nicht verschlingt, noch die Grube sich über mir schließt!“

Ps 88,7-9: „Du hast mich in die unterste Grube gelegt, in die Finsternis, in die Tiefen.
8 Auf mir lastet dein Grimm, und du bedrängst mich mit allen deinen Wogen. (Sela.)
9 Du hast meine Bekannten von mir entfremdet, du hast mich ihnen zum Abscheu gemacht; ich bin eingeschlossen und kann nicht heraus.“

Ps 18,6-7: „Die Fesseln des Totenreiches umschlangen mich, es ereilten mich die Fallstricke des Todes.
7 In meiner Bedrängnis rief ich den HERRN an und schrie zu meinem Gott; er hörte meine Stimme in seinem Tempel, mein Schreien vor ihm drang zu seinen Ohren.“

Ps 118,5: „Ich rief zum HERRN in meiner Not, der HERR antwortete mir und befreite mich.“

Ps 31,23: „Ich hatte zwar in meiner Bestürzung gesagt: »Ich bin verstoßen von deinen Augen!« Doch du hast die Stimme meines Flehens gehört, als ich zu dir schrie.“

Ps 27,4: „Eines erbitte ich von dem HERRN, nach diesem will ich trachten: dass ich bleiben darf im Haus des HERRN mein ganzes Leben lang, um die Lieblichkeit des HERRN zu schauen und [ihn] zu suchen in seinem Tempel.“

Ps 138,2: „Ich will anbeten, zu deinem heiligen Tempel gewandt, und deinem Namen danken um deiner Gnade und Treue willen; denn du hast dein Wort groß gemacht über all deinen Ruhm hinaus.“

 

Im ersten Teil seines Psalms wird Jona zu einer persönlichen Umkehr gebracht. Er betet in Unterwerfung zu Gott. Er erkennt und bekennt die Unsinnigkeit seines bisherigen Denkens und Handelns. Er hat jetzt nur noch Gott, jetzt wo er lebendig in seinem Grab ist. Dieser Gott kann töten und in die Hölle werfen, aber er kann auch wieder beleben und erlösen. Dies sind die Gedanken des zweiten Psalmteils in den Versen 7-10. Auch wenn das Todesurteil schon in uns zu sein scheint, kann Gott immer noch helfen. Jona gelangt hier im alttestamentlichen Bild vom Tod zur Auferstehung, und zwar am dritten Tag. Geistlich gesprochen geschieht dies heute mit jedem Menschen, wenn er die Wiedergeburt zum ewigen Leben erfährt.

2Kor 1,9-10: „…ja, wir hatten in uns selbst schon das Todesurteil, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt.
10 Er hat uns denn auch aus solch großer Todesgefahr gerettet und rettet uns noch; und wir hoffen auf ihn, dass er uns auch ferner retten wird.“

Hos 6,1-2: „»Kommt, wir wollen wieder umkehren zum HERRN! Er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden!
2 Nach zwei Tagen wird er uns lebendig machen, am dritten Tag wird er uns aufrichten, dass wir vor ihm leben.“

Joh 5,24-25: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.
25 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Die Stunde kommt und ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben.“

Eph 2,4-6: „Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat,
5 auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr errettet! –
6 und hat uns mitauferweckt und mitversetzt in die himmlischen [Regionen] in Christus Jesus,“

 

Gott gebietet dem Fisch, und der Fisch speit Jona an Land. Wieder ist der Fisch gehorsam aufs Wort, er diskutiert nicht mit dem Schöpfer. Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass Jona ungefähr an derselben Küste an Land gelangt, von welcher aus er in See gestochen ist. Jona kehrt für die Augen der Welt nach drei Tagen an Land zurück, so wie der Herr auch nach drei Tagen wieder lebendig erschien. Beide waren für drei Tage verschwunden und kamen dann wieder zurück: Der gestorbene Leib des Herrn im Grab (geistlich gesprochen im Herzen der Erde, obwohl natürlich nahe an der Oberfläche in einer Gruft), der lebendige Leib Jonas im Fisch (tatsächlich im Herzen des Meeres in der tiefsten Tiefe).

Dies ist das Zeichen des Jona. Wir dürfen in unseren Gedanken nicht zu viel hineinlegen. Es ist und bleibt ein Zeichen, welches durch einfache Wahrnehmung erkannt werden kann. Ein Zeichen muss nicht erst groß und kompliziert erklärt werden. Es muss einfach gesehen werden. So ist es mit dem Zeichen des Jona. Es sind keine komplizierten christlichen Theologien daran gebunden, sondern es wird einfach gesehen, verkündigt und geglaubt. Oder nicht geglaubt. Der Herr sagt es so, und die Schrift bezeugt es so.

Mt 12,39-40: „Er aber erwiderte und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen; aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des Propheten Jona.
40 Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Riesenfisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.“

Lk 11,29-30: „Als aber die Volksmenge sich haufenweise herzudrängte, fing er an zu sagen: Dies ist ein böses Geschlecht! Es fordert ein Zeichen; aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jona.
30 Denn gleichwie Jona den Niniviten ein Zeichen war, so wird es auch der Sohn des Menschen diesem Geschlecht sein.“

1Kor 15,3-4: „Denn ich habe euch zuallererst das überliefert, was ich auch empfangen habe, nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften,
4 und dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften.“

Joh 20,8-9: „Darauf ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und er sah und glaubte.
9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er aus den Toten auferstehen müsse.“

Joh 20,26-30: „Und nach acht Tagen waren seine Jünger wiederum drinnen, und Thomas war bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt in ihre Mitte und spricht: Friede sei mit euch!
27 Dann spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
28 Und Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
29 Jesus spricht zu ihm: Thomas, du glaubst, weil du mich gesehen hast; glückselig sind, die nicht sehen und doch glauben!
30 Noch viele andere Zeichen tat Jesus nun vor seinen Jüngern, die in diesem Buch nicht geschrieben sind.“

 

 

Kapitel 3

Jetzt kommt das Wort Gottes genau wie in 1,2 zum zweiten Mal zu Jona. Gott sagt zu Jona, dass er ihm zu geeigneter Zeit die Botschaft geben wird, die er sagen soll. Jona weiß nur wohin er gehen soll, aber er weiß in diesem Moment noch nicht was er sagen soll. Gott prüft nun nochmals den Gehorsam Jonas. Wird er jetzt ins Ungewisse gehen, weil er sich von Gott beauftragt weiß, oder nicht? Diesmal gibt es keine Diskussion, und Jona gehorcht. Der Schrecken sitzt ihm noch immer tief in den Gliedern. Er gibt in diesem Augenblick keinen überflüssigen Kommentar ab und ist gehorsam. Wie tief dieser Gehorsam in seinem Herzen wirklich geht, werden wir in Kapitel 4 erkennen müssen. Im Augenblick ist er jedenfalls heilfroh gerettet zu sein, und er tut ganz praktisch den Willen Gottes ohne zu protestieren.

Wie ist es mit uns? Aus welchen Motiven heraus sind wir dem Wort Gottes gehorsam? Erkennen wir darin die Führungen und den Willen des Herrn Jesus Christus und des Vaters, die uns lieben und das Beste für uns wollen? Ist es für uns das Wort unseres Herrn, der sich selbst für uns in den Tod gegeben hat, um uns auf ewig zu retten? Können wir aus Liebe gehorchen, auch wenn wir nicht wissen wohin uns dieser Gehorsam in der Welt führen wird? Oder gehorchen wir aus Eigennutz, um entweder Lohn zu erhalten oder unnötigen Ärger mit dem Herrn zu vermeiden?

Im letztgenannten Fall sollten wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, ob wirklich neues Leben in uns ist oder ob wir uns nur selbst betrügen. Den Herrn können wir nicht betrügen, denn er weiß alles. Er kennt unser Herz. Stellen wir uns doch in sein Licht und prüfen wir mit voller Ehrlichkeit unsere Motive, soweit wir selbst dazu überhaupt in der Lage sind. Wenn ein Weg der Mühsal bei uns ist, dann lasst uns ihn offen dem Herrn und dem Vater bekennen, damit wir davon befreit werden. Wenn wir etwas einfach nicht schaffen, dann lasst uns auch damit zu dem Vater gehen. Wir sind seine geliebten Kinder, er redet mit uns und hilft uns. Wenn unser Herz vor IHM still ist, haben wir nichts zu befürchten.

1Sam 16,7b: „Denn [der HERR] sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz an!“

Ps 139,1-4: „Dem Vorsänger. Von David. Ein Psalm. HERR, du erforschst mich und kennst mich!
2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.
3 Du beobachtest mich, ob ich gehe oder liege, und bist vertraut mit allen meinen Wegen;
4 ja, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht völlig wüsstest.“

Ps 139,23-24: „Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine;
24 und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg!“

Apg 5,4+9: „Hättest du es nicht als dein Eigentum behalten können? Und als du es verkauft hattest, war es nicht in deiner Gewalt? Warum hast du denn in deinem Herzen diese Tat beschlossen? Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott!
9 Petrus aber sprach zu ihr: Warum seid ihr übereingekommen, den Geist des Herrn zu versuchen? Siehe, die Füße derer, die deinen Mann begraben haben, sind vor der Tür, und sie werden auch dich hinaustragen!“

1Kor 4,3-5: „Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde; auch beurteile ich mich nicht selbst.
4 Denn ich bin mir nichts bewusst; aber damit bin ich nicht gerechtfertigt, sondern der Herr ist es, der mich beurteilt.
5 Darum richtet nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das im Finstern Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbar machen wird; und dann wird jedem das Lob von Gott zuteilwerden.“

1Joh 3,19-21: „Und daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und damit werden wir unsere Herzen vor Ihm stillen,
20 dass, wenn unser Herz uns verurteilt, Gott größer ist als unser Herz und alles weiß.
21 Geliebte, wenn unser Herz uns nicht verurteilt, dann haben wir Freimütigkeit zu Gott;“

1Joh 4,17-19: „Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts, denn gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt.
18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat mit Strafe zu tun; wer sich nun fürchtet, ist nicht vollkommen geworden in der Liebe.
19 Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat.“

 

Jona geht nach Ninive (Vers 3). Die Stadt wurde von den Archäologen unserer Tage ausgegraben. Ihre Mauer hatte einen Umfang von etwa sieben bis neun Meilen, das sind etwa zwölf bis vierzehn Kilometer. Es wäre daher kein Problem für Jona gewesen, diese Stadt als Fußgänger in deutlich weniger als einem Tag zu durchwandern. Wir haben bereits in unserer Einleitung darüber geredet dass der „Großraum Ninive“ noch andere Städte umfasste, welche ebenfalls gefunden wurden. Dieser gesamte Großraum entspricht einer Ausdehnung von etwa 60 Kilometern, was drei Tagereisen zu Fuß entsprechen würde. Die Bevölkerung wurde in der Tat von den Archäologen auf etwa 120.000 Menschen geschätzt.

Wir haben somit zwei Möglichkeiten, unseren Vers 4 zu verstehen. Die erste Möglichkeit: Jona ging zügig in den Großraum Ninive hinein, bewegte sich eine Tagereise weit hindurch und rief ständig seine Botschaft hinaus. Die zweite Möglichkeit; Jona ging wirklich nur in die eigentliche Stadt Ninive hinein und verkündigte seine Botschaft während eines ganzen Tages, indem er immer wieder an den wichtigsten Straßen und Plätzen stehenblieb und sie laut hinausrief. Er legte dabei eine deutlich kürzere Strecke zurück, war aber trotzdem einen ganzen Tag unterwegs. Er hatte ja keine technischen Möglichkeiten und konnte nur seine natürliche Stimme einsetzen. Wir wissen es letztlich nicht genau. Am Ende von Vers 4 erfahren wir dann auch den Inhalt der Botschaft: „Noch 40 Tage, und Ninive wird zerstört!

In der „Großregion Ninive“ also in der „Großen Stadt“ Jonas, gab es in dieser Zeit eine relativ kurzfristige Abfolge von Zwischenkönigen: Salmaneser IV, Assurdan III, Assurnirari V. Außerdem kam zur Zeit Assurdans III eine schwere Hungersnot über das Land, gefolgt von einer Sonnenfinsternis. Alle diese Ereignisse zusammengenommen verursachten während der betreffenden Zeit in Ninive äußerste Verunsicherung, ja sogar Panik und Angst. Diese Leute glaubten ja an ihre Naturgötzen und fürchteten den kommenden Untergang der Stadt. Gerade zu dieser Zeit erschien der Prophet Jona in Ninive, nachdem Gott ihn von seiner Flucht zurückgeholt hatte. Gerade in dieser Zeit von Panik in Ninive brachte Jona seine Botschaft. Er sagte genau diesen befürchteten Untergang voraus, und zwar durch den Gott Israels. Das alles war zu viel für die Leute von Ninive und ihren König. Das Prophetenwort schlug ein wie eine Bombe! Gott lenkte die Umstände, und er hatte in seiner Weisheit alles für die Bekehrung der Stadt vorbereitet. Die 120.000 Niniviten, die nicht rechts von links unterscheiden konnten (die nicht Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit unterscheiden konnten), kehrten um.

Wir dürfen davon ausgehen, dass das Wort Jonas einem der drei soeben genannten „Könige von Ninive“ zugetragen wurde. So lesen wir es in Vers 6. Bereits in Vers 5 hat die ganze Stadt ein Fasten ausgerufen und Sacktuch angelegt. Auch der König legt Sacktuch an und setzt sich in die Asche. In den Versen 7-8 sollen nicht nur die Menschen fasten, sondern sogar die Tiere. Hier haben wir eine echte Umkehr von Heiden in Ninive, welche erkennen, dass der Gott Jonas der Gott von Himmel und Erde, von Menschen, Tieren und Pflanzen ist. In Vers 9 hoffen die Niniviten und ihr König auf die Gnade dieses Gottes. Die Umkehr ist ernst gemeint. Gott sieht es in ihren Herzen und Gott gibt Gnade (Vers 10).

Jes 1,17-18: „Lernt Gutes tun, trachtet nach dem Recht, helft dem Bedrückten, schafft der Waise Recht, führt den Rechtsstreit für die Witwe!
18 Kommt doch, wir wollen miteinander rechten!, spricht der HERR. Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, sollen sie weiß werden wie der Schnee; wenn sie rot sind wie Karmesin, sollen sie [weiß] wie Wolle werden.“

Hes 18,23+32: „Oder habe ich etwa Gefallen am Tod des Gottlosen, spricht GOTT, der Herr, und nicht vielmehr daran, dass er sich von seinen Wegen bekehrt und lebt?
32 Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht GOTT, der Herr. So kehrt denn um, und ihr sollt leben!“

Lk 18,13-14: „Und der Zöllner stand von ferne, wagte nicht einmal seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: O Gott, sei mir Sünder gnädig!
14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt in sein Haus hinab, im Gegensatz zu jenem. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.“

Mt 12,41: „Die Männer von Ninive werden im Gericht auftreten gegen dieses Geschlecht und werden es verurteilen, denn sie taten Buße auf die Verkündigung des Jona hin; und siehe, hier ist einer, der größer ist als Jona!“

 

 

Kapitel 4

Der Zorn des Herrn ist besänftigt, und er bringt das Gericht nicht. Das Prophetenwort Jonas ist unmittelbar und hundertprozentig erhört worden. Jona gehört zu den erfolgreichsten Propheten der gesamten Bibel. Er brauchte nicht einmal zu warten, bis seine Verkündigung zum Erfolg führte. Jeder christliche Evangelist unserer Tage wäre völlig überwältigt, wenn er in seinem Dienst solch einen Moment erleben könnte. Einigen wenigen war es so beschieden. Denken wir zum Beispiel an Petrus in Apg 2, als sich auf einen Schlag 3000 Menschen bekehrten. In unserer Zeit gab es Leute wie George Whitefield oder Jonathan Edwards, unter deren Predigt sich zahllose Menschen bekehrten. Diese großen Männer Gottes waren vor sich selbst und vor Gott klein. Sie gaben dem Herrn alle Ehre und waren überwältigt von einer Dankbarkeit und Freude, die ihnen fast das Herz zersprengen wollte.

Nicht so bei Jona. Es missfällt ihm sehr, dass die ganze Stadt sich bekehrt hat und von Gott verschont wird. Seine schlimmsten Befürchtungen gehen in Erfüllung, denn seine Botschaft hat gerade die Stadt gerettet, welche Israel in der Zukunft vernichten wird. Jona ist zornig. Hier sehen wir, wie tief seine „Umkehr“ im Bauch des Fisches tatsächlich ging. Sie war nur emotional und somit eigentlich nichts wert. Jona ist nach wie vor „Israelit mit Leib und Seele“, und er kann es einfach nicht akzeptieren, dass Gott diesen Heiden Gnade schenkt. Israel ist das auserwählte Volk, und nicht diese „Goyim“, diese minderwertigen Gottlosen!

Vers 2 bringt uns endlich völlige Klarheit über die Motive in Jonas Herz, denn er spricht sie hier vor Gott zum ersten Mal laut aus. Bei seiner ersten Flucht hatte er nicht den Mut dazu. „Siehst Du wohl, Herr? Ich habe es Dir ja gleich gesagt! Genau weil ich wusste, dass Du barmherzig und gnädig bist, und dass Du diese gottlose Heidenstadt retten wirst, bin ich in Richtung Tarsis geflüchtet! Ich wollte genau das verhindern, was Du jetzt getan hast! Wie konntest Du bloß diese gottlosen Heiden begnadigen?“

Jona ist hier genauso schlimm wie Jahrhunderte später die schlimmsten Pharisäer zur Zeit des Herrn. Sie hielten sich ebenfalls für „Israeliten mit Leib und Seele“, den gottlosen Heiden, den „Goyim“ unendlich weit überlegen. Dabei standen gerade sie „dem großen Israel in Person“ gegenüber, dem Herrn Jesus Christus, der im Begriff stand, sein Heil zu allen Nationen bis an die Enden der Erde zu bringen. Sogar die elf noch lebenden Jünger konnten nach der Auferstehung des Herrn nicht begreifen, dass es mit der gehobenen Sonderstellung des irdischen Israel nun endgültig vorbei war. Die Gemeinde der Erlösten ist das himmlische Zion, das obere Jerusalem, das Israel Gottes nach dem Geist. Ihre Heimat ist das himmlische Land, und nicht das irdische.

Jes 42,4-6: „Er wird nicht ermatten und nicht zusammenbrechen, bis er auf Erden das Recht gegründet hat, und die Inseln werden auf seine Lehre warten.
5 So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schuf und ausspannte und die Erde ausbreitete samt ihrem Gewächs, der dem Volk auf ihr Odem gibt und Geist denen, die darauf wandeln:
6 Ich, der HERR, habe dich berufen in Gerechtigkeit und ergreife dich bei deiner Hand; und ich will dich behüten und dich zum Bund für das Volk setzen, zum Licht für die Heiden;“

Jes 49,3-6: „Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, bist Israel, durch den ich mich verherrliche.
4 Ich aber hatte gedacht: Ich habe mich vergeblich abgemüht und meine Kraft umsonst und nutzlos verbraucht! Doch steht mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.
5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht gebildet hat, um Jakob zu ihm zurückzubringen – Israel aber wurde nicht gesammelt, und doch wurde ich geehrt in den Augen des HERRN, und mein Gott war meine Stärke –,
6 ja, er spricht: »Es ist zu gering, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten aus Israel wiederzubringen; sondern ich habe dich auch zum Licht für die Heiden gesetzt, damit du mein Heil seist bis an das Ende der Erde!«“

Mt 21,43: „Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volk gegeben werden, das dessen Früchte bringt.“

Apg 1,6-8: „Da fragten ihn die, welche zusammengekommen waren, und sprachen: Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel die Königsherrschaft wieder her?
7 Er aber sprach zu ihnen: Es ist nicht eure Sache, die Zeiten oder Zeitpunkte zu kennen, die der Vater in seiner eigenen Vollmacht festgesetzt hat;
8 sondern ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde!“

Rö 2,28-29: „Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist; auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht;
29 sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und [seine] Beschneidung [geschieht] am Herzen, im Geist, nicht dem Buchstaben nach. Seine Anerkennung kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“

Gal 4,24-27: „Das hat einen bildlichen Sinn: Dies sind nämlich die zwei Bündnisse; das eine vom Berg Sinai, das zur Knechtschaft gebiert, das ist Hagar.
25 Denn »Hagar« bedeutet den Berg Sinai in Arabien und entspricht dem jetzigen Jerusalem, und es ist in Knechtschaft samt seinen Kindern.
26 Das obere Jerusalem aber ist frei, und dieses ist die Mutter von uns allen.
27 Denn es steht geschrieben: »Freue dich, du Unfruchtbare, die du nicht gebierst; brich in Jubel aus und jauchze, die du nicht in Wehen liegst, denn die Vereinsamte hat mehr Kinder als die, welche den Mann hat«.“

Phil 3,3: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir Gott im Geist dienen und uns in Christus Jesus rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen.“

Kol 2,11-12: „In ihm seid ihr auch beschnitten mit einer Beschneidung, die nicht von Menschenhand geschehen ist, durch das Ablegen des fleischlichen Leibes der Sünden, in der Beschneidung des Christus,
12 da ihr mit ihm begraben seid in der Taufe. In ihm seid ihr auch mitauferweckt worden durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat.“

Hebr 12,22-24: „…sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu Zehntausenden von Engeln,
23 zu der Festversammlung und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten,
24 und zu Jesus, dem Mittler des neuen Bundes, und zu dem Blut der Besprengung, das Besseres redet als [das Blut] Abels.“

 

Bist du noch ganz bei Trost, Jona? Du weißt, dass Gott gnädig und barmherzig ist, langmütig und von großer Gnade, denn du hast es ja gerade eben so gesagt. Du hast nach der schweren Züchtigung im Bauch des Fisches bei deiner Befreiung eine Gnade erfahren, die mit Worten nicht zu schildern ist. Du hast danach noch viel mehr Gnade erfahren, denn Gott hat dich trotz deines völligen Versagens sogar noch zum zweiten Mal in seinen Dienst gestellt. Gott hätte dich in den Mülleimer der Geschichte werfen können und hat es nicht getan. Warum kannst du es denn nicht ertragen, dass Gott die gleiche Gnade der Errettung, die er dir selbst völlig unverdient geschenkt hat, auch anderen Menschen erweist? Was sollen denn dieser Neid und diese Eifersucht? Du bist doch nicht besser als andere Menschen, denn du bist genauso ein Sünder wie alle Menschen. Du solltest eigentlich noch viel dankbarer sein als die Niniviten, denn dir sind die Aussprüche Gottes kundgetan worden. Was du hier tust und sagst ist unfassbar, Jona!

In Vers 3 will Jona sterben. Vielleicht denkt er an Elia, der unter dem Ginsterstrauch auch sterben wollte. Mit Elia kann er sich allerdings nicht messen. Elia wollte sterben, weil er nach den großen Anstrengungen seines bedingungslosen Dienstes für Gott völlig am Ende seiner körperlichen und seelischen Kraft war. Jona hingegen spielt hier nur die launische Diva. Er macht Gott eine Szene, weil ihm das Handeln des Herrn im Hinblick auf sein eigenes Überlegenheitsgefühl und seine eigene Feindschaft gegenüber den Niniviten nicht passt. Er ist schließlich ein erwählter Israelit, und die gottlosen Heiden sollen gefälligst dahingehen.

Die Gnade des Herrn für Jona ist einfach unfassbar, so wie es auch seine Gnade für uns ist. Der Herr sagt: „Ist es recht, dass du so zornig bist?“ (Vers 4). Keine Anklage, keine harte Zurechtweisung, kein mächtiger Donner des Herrn. Nur eine milde Frage, die sich dennoch wie eine Speerspitze in das Gewissen Jonas hineinbohren muss.

1Kö 19,11-13: „Er aber sprach: Komm heraus und tritt auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR ging vorüber; und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht in dem Wind. Und nach dem Wind kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht in dem Erdbeben.
12 Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht in dem Feuer. Und nach dem Feuer kam die Stimme eines sanften Säuselns.
13 Und es geschah, als Elia dieses hörte, da verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel, und er ging hinaus und trat an den Eingang der Höhle. Und siehe, da kam eine Stimme zu ihm, die sprach: Was willst du hier, Elia?“

 

Elia ging hinaus vor den Herrn. Elia kehrte um von seinem gesetzlichen Zorn. Elia wurde am Berg Gottes vom Gesetz zur Gnade geführt und nahm die Wege Gottes an. Jona ist ein viel kleinerer Mann als Elia. Er geht ebenfalls hinaus, und zwar wieder einmal von Gott hinweg. Er setzt sich als ein schmollendes Kind in die Sonne und wartet ab, ob die Stadt nicht vielleicht doch noch untergeht (Vers 5). Dann könnte er nämlich als der große Retter Israels nach Hause zurückkehren und als ein von allen verehrter großer Prophet alt werden. Welch ein Hochmut! Welch eine Lächerlichkeit! Jona baut sich eine Laubhütte, denn er erwartet vielleicht doch noch ein großes Erdbeben zur Vernichtung Ninives und möchte nicht unter den Trümmern eines einstürzenden Hauses begraben werden. Außerdem wird er natürlich nicht in einem Haus der verhassten Niniviten einkehren!

Man sieht unseren guten Gott förmlich schmunzeln im Himmel. Er ist wirklich gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Kraft. – „Komm, mein kleiner trotziger Prophet. Ich helfe dir ein bisschen, damit die Sonne dich nicht verbrennt.“ – Gott lässt in Vers 6 eine schattenspendende Staude wachsen. Das Kind Jona freut sich sehr. Dann kommt in Vers 7 ein Wurm, der die Staude verdorren lässt. In Vers 8 wird der Wurm gefolgt von einem heißen Ostwind, und die Sonne sticht hart auf Jona herab. Auch hier haben wir wieder ein Bild. Wir denken an den Feigenbaum in

Mk 11,13-14+20-22: „Und als er von fern einen Feigenbaum sah, der Blätter hatte, ging er hin, ob er etwas daran finden würde. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit der Feigen.
14 Und Jesus begann und sprach zu ihm: Es esse in Ewigkeit niemand mehr eine Frucht von dir! Und seine Jünger hörten es.
20 Und als sie am Morgen vorbeikamen, sahen sie, dass der Feigenbaum von den Wurzeln an verdorrt war.
21 Und Petrus erinnerte sich und sprach zu ihm: Rabbi, siehe, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt!
22 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt Glauben an Gott!“

Lk 13,6-9: „Und er sagte dieses Gleichnis: Es hatte jemand einen Feigenbaum, der war in seinem Weinberg gepflanzt; und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine.
7 Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, drei Jahre komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. Haue ihn ab! Warum macht er das Land unnütz?
8 Er aber antwortet und spricht zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn gegraben und Dünger gelegt habe,
9 ob er vielleicht doch noch Frucht bringt – wenn nicht, so haue ihn danach ab!“

Jak 3,12: „Kann auch, meine Brüder, ein Feigenbaum Oliven tragen, oder ein Weinstock Feigen? So kann auch eine Quelle nicht salziges und süßes Wasser geben.“

 

Der Feigenbaum, in Markus und Lukas ein Bild für Israel im Alten Testament, muss verdorren, und er wird in Ewigkeit keine geistliche Frucht mehr bringen. Er wird nicht das kostbare Olivenöl des Geistes bringen, denn er trägt keine Oliven. Die trägt nur der Ölbaum Gottes in Römer 11. Dieser Baum trägt Olivenzweige (Gläubige) aus dem irdischen Volk Israel und aus allen anderen irdischen Nationen. Er ist die Gemeinde des neuen Bundes. Die Frucht des Heiligen Geistes (Oliven) wird an ihm gefunden. Hier herrscht Frieden zwischen dem irdischen Israel und allen Nationen dieser Erde. Die Gläubigen sind eins in Christus.

Die Staude stellt uns ebenso das Volk Israel dar. Gott hat sie gepflanzt und gedeihen lassen, so wie er auch seinen Weinberg angelegt hat. Er fand keine Frucht. Die Staude muss wie der Feigenbaum verdorren. Sie wird gefolgt von dem heißen Ostwind und der sengenden Sonne, welche das kommende Gericht über die alte Nation Israel durch die Feinde aus dem Osten und Norden (Assyrien, Babylon, Medopersien) symbolisieren.

Jona will nun zum zweiten Mal sterben. Gott ist wieder mild und geduldig, er stellt wieder die Frage: „Ist es recht, dass du so zornig bist wegen des Rizinus?“ Die Antwort Jonas ist diesmal noch enttäuschender. Er ist zornig bis zum Tod, und er fühlt sich dabei auch noch im Recht (Vers 9)! Jona will lieber untergehen als den Nationen das Heil Gottes zu gönnen. Er hat Mitleid mit einer Pflanze und verdammt die Menschen. Gott hat Mitleid mit den Menschen und lässt die Pflanze verdorren. Wie weit ist Jona von der Gnade entfernt, obwohl er doch selbst so unendlich viel Gnade erfahren hat! Er ist verfinstert am Herzen und am Verstand. Er ist beschnitten an der Vorhaut des Fleisches und unbeschnitten an Herz und Ohren.

Er ist wie die Pharisäer, denen der Herr gegenüberstand, und ebenso sein Zeuge Stephanus. Nicht nur der Herr wurde von den Pharisäern verfolgt, sondern auch seine Zeugen. Sie töteten Stephanus und rannten dem Apostel Paulus durch das halbe römische Reich hinterher, um seinen Dienst zu zerstören und auch den Apostel dem Tod zu überliefern. Paulus war selbst ein Pharisäer gewesen, der von der Hand des Herrn ergriffen worden war. Er war aus dem fanatischen Judaismus heraus zum Glauben an den Herrn Jesus Christus befreit worden. Er musste als Apostel Jesus Christi seine ehemaligen Kollegen hart verdammen.

Apg 7,51-53: „Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr!
52 Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, die vorher das Kommen des Gerechten ankündigten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid
53 – ihr, die ihr das Gesetz auf Anordnung von Engeln empfangen und es nicht gehalten habt!“

Apg 13,45: „Als die Juden jedoch die Volksmenge sahen, wurden sie voll Eifersucht und widersetzten sich dem, was Paulus sagte, indem sie widersprachen und lästerten.“

Apg 14,2: „Die Juden jedoch, die sich weigerten zu glauben, erregten und erbitterten die Gemüter der Heiden gegen die Brüder.“

Apg 14,19: „Es kamen aber aus Antiochia und Ikonium Juden herbei; die überredeten die Volksmenge und steinigten Paulus und schleiften ihn vor die Stadt hinaus in der Meinung, er sei gestorben.“

Apg 17,5: „Aber die Juden, die sich weigerten zu glauben, wurden voll Neid und gewannen etliche boshafte Leute vom Straßenpöbel, erregten einen Auflauf und brachten die Stadt in Aufruhr; und sie drangen auf das Haus Jasons ein und suchten sie, um sie vor die Volksmenge zu führen.“

Apg 21,27: „Als aber die sieben Tage zu Ende gingen, brachten die Juden aus [der Provinz] Asia, die ihn im Tempel sahen, die ganze Volksmenge in Aufruhr und legten Hand an ihn.

Apg 23,12-14: „Als es aber Tag geworden war, rotteten sich etliche Juden zusammen und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus umgebracht hätten.
13 Es waren aber mehr als vierzig, die diese Verschwörung gemacht hatten.
14 Diese gingen zu den obersten Priestern und Ältesten und sprachen: Wir haben uns mit einem Fluch verschworen, nichts zu genießen, bis wir Paulus umgebracht haben.“

Apg 24,5-6: „Wir haben nämlich diesen Mann als eine Pest befunden, als einen, der Aufruhr stiftet unter allen Juden in der ganzen Welt, als einen Anführer der Sekte der Nazarener.
6 Er versuchte sogar, den Tempel zu entheiligen; doch wir ergriffen ihn und wollten ihn nach unserem Gesetz richten.“

Apg 25,2-3: „Da wurden der Hohepriester und die Vornehmsten der Juden bei ihm vorstellig gegen Paulus und redeten ihm zu,
3 und sie baten es sich als eine Gunst gegen ihn aus, dass er ihn nach Jerusalem holen ließe; dabei planten sie einen Anschlag, um ihn unterwegs umzubringen.“

1Thes 2,14-16: „Denn ihr, Brüder, seid Nachahmer der Gemeinden Gottes geworden, die in Judäa in Christus Jesus sind, weil ihr dasselbe erlitten habt von euren eigenen Volksgenossen wie sie von den Juden.
15 Diese haben auch den Herrn Jesus und ihre eigenen Propheten getötet und haben uns verfolgt; sie gefallen Gott nicht und stehen allen Menschen feindlich gegenüber,
16 indem sie uns hindern wollen, zu den Heiden zu reden, damit diese gerettet werden. Dadurch machen sie allezeit das Maß ihrer Sünden voll; es ist aber der Zorn über sie gekommen bis zum Ende!“

 

Die Pharisäer und die ungläubige Mehrheit des Volkes Israel wollten damals lieber untergehen als den Nationen das Heil Gottes zu gönnen. Innerhalb von 40 Jahren kamen zwar hunderttausende von Israeliten zum Glauben, aber die Mehrheit lehnte das Evangelium ab. Sie blieben bei dem Dienst des Tempels in Jerusalem. Im Jahr 70 n.Chr. kamen sie in der schrecklichen Katastrophe der römischen Eroberung ums Leben. Leider erleben wir gerade in unseren Tagen innerhalb des talmudistischen und kabbalistischen Judentumes weltweit ein Wiederaufflammen desselben pharisäischen Geistes. Wir sollten daher als Jünger Jesu für die Juden in aller Welt beten, dass der Herr ihnen die „Decke Moses“ von den Augen nimmt und noch viele von ihnen errettet.

Wir wissen nicht, ob Jona in seinem späteren Leben noch umgekehrt ist. Wir dürfen es aber hoffen. Es könnte gut möglich sein, dass er selbst gegen Ende seines Lebens das Buch Jona geschrieben hat. Möglicherweise hat in Israel bis zur Niederschrift des Buches kaum jemand etwas von seinem Dienst mitbekommen. Das ganze Geschehen spielte sich ja in weiter Entfernung vom Land Israel ab. Es kann sein, dass Gott alle diese Dinge mit Jona quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit Israels getan hat, um die Person Jonas zu schonen. Wenn die Rettung Ninives infolge seines prophetischen Wortes in Israel zu frühzeitig herausgekommen wäre, dann hätte er in der damaligen Zeit durchaus auch als ein Landesverräter gelten können. Wie dem auch sei. Zum Abschluss unserer Auslegung geht angesichts des Verhaltens Jonas auch eine Frage an uns.

Gott hat uns in dem Herrn Jesus Christus mit unverdienter Gnade überschüttet. Unsere Sünden sind vergeben. Wir haben das ewige Leben und den Heiligen Geist empfangen. Uns erwartet ein ewiges und über alle Maßen herrliches Erbe in der zukünftigen neuen Schöpfung. Wir werden keinen Tod und kein Leid mehr sehen, keine Schmerzen, keine Einsamkeit, keine Krankheit, keinen Abschied mehr. Wir werden in der Gemeinschaft des Herrn und aller Gläubigen leben.

Gibt es auch in unserem Leben und in unseren Gedanken problematische oder vielleicht in der Tat fürchterlich böse Menschen, denen wir dieses Heil nicht gönnen würden? Würden wir uns weigern, ihnen das Evangelium zu sagen, wenn wir ihnen gegenüberständen? Unser Fleisch ist sündig, und es ist dazu in der Lage, uns zu solchem Denken zu verführen. Wir haben aber auch den Heiligen Geist, der uns in die Lage versetzt, das Fleisch mehr und mehr zu besiegen. Wir dürfen den Herrn bitten, dass er uns helfen möge, in der Kraft des Heiligen Geistes zu überwinden und treue Zeugen zu sein.

1Tim 2,1-4: „So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen darbringe für alle Menschen,
2 für Könige und alle, die in hoher Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Gottesfurcht und Ehrbarkeit;
3 denn dies ist gut und angenehm vor Gott, unserem Retter,
4 welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“

2Tim 4,1-5: „Daher bezeuge ich dir ernstlich vor dem Angesicht Gottes und des Herrn Jesus Christus, der Lebendige und Tote richten wird, um seiner Erscheinung und seines Reiches willen:
2 Verkündige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen; überführe, tadle, ermahne mit aller Langmut und Belehrung!
3 Denn es wird eine Zeit kommen, da werden sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben;
4 und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden zuwenden.
5 Du aber bleibe nüchtern in allen Dingen, erdulde die Widrigkeiten, tue das Werk eines Evangelisten, richte deinen Dienst völlig aus!“

2Tim 4,17-18: „Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Verkündigung völlig ausgerichtet würde und alle Heiden sie hören könnten; und so wurde ich erlöst aus dem Rachen des Löwen.
18 Der Herr wird mich auch von jedem boshaften Werk erlösen und mich in sein himmlisches Reich retten. Ihm sei die Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

Off 22,21: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen! Amen.“

 

 

Weiterführende Literatur

Desmond T. Alexander: Jonah. TOTC Volume 26, 1988.

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