Neues Testament

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Das Ziel der Offenbarung besteht darin, die Gemeinde Christi zu allen Zeiten im Kampf gegen die Kräfte des Bösen zu ermuntern und zu trösten. Die Offenbarung zeigt uns, dass die Dinge nicht so sind, wie sie bisweilen aussehen.


 

Vorwort des Übersetzers

Ich bin jetzt seit etwa 20 Jahren ein Jünger des Herrn Jesus Christus. Von Beginn meines Glaubenslebens an hat mich die Prophetie in der Bibel sehr stark beeindruckt und interessiert, denn sie ist neben der inneren Vollkommenheit der Schriften das Hauptsiegel der göttlichen Inspiration und Glaubwürdigkeit der Bibel, und zwar nicht nur für Christen, sondern gerade auch für Nichtchristen. Das Buch der Offenbarung schien mir hierbei der krönende Abschluss und die Zusammenfassung der Prophetien aus der ganzen Bibel zu sein. Dabei verlegte ich die Aussagen dieses Buches nahezu ausschließlich in die Zukunft. Auch in allen Kommentaren zur Offenbarung fand ich geistlich gesehen den gleichen roten Faden im Denken der Ausleger vor. Da ich in den ersten Jahren ausschließlich mit der dispensationalistisch geprägten Denkweise beschäftigt und vertraut war, verinnerlichte ich dieses System auch selbst immer mehr.

Mit der Zeit fiel mir jedoch zunehmend die Tatsache auf, dass diese Art der Auslegung dazu neigt, die Ereignisse ziemlich kompliziert zu machen. Ich dachte mir: Wie soll ein einfacher Christ, der die Offenbarung liest, ohne anspruchsvolles Wissen jemals einen geistlichen Segen daraus gewinnen können, wenn das ganze Buch so entsetzlich schwierig ist, dass sich sogar die gebildetsten Ausleger die Köpfe darüber heiß reden? Immerhin sagt die Offenbarung selbst sowohl am Anfang als auch am Ende klar aus, dass jeder, der das Buch liest und die Worte bewahrt, glückselig ist. Der Segen dieses Buches kann also nicht in einer unerreichbaren Tiefe liegen, sondern er muss für jeden Leser zugänglich sein. Dieses Buch wurde nicht nur für hochgebildete Bibellehrer im Mitteleuropa und Nordamerika des 20. und 21. Jahrhunderts geschrieben, sondern für alle Gläubigen der letzten 2000 Jahre, und zwar in Europa, Asien, Australien, Afrika und Amerika. Es enthält einen Segen für jeden Leser, und dieser Segen muss auch erreichbar sein, denn sonst ist es gar kein Segen.

Als weitere Tatsache fiel mir immer stärker ins Auge, dass bestimmte Passagen der   Offenbarung in verschiedenen Abschnitten des Buches weitgehend parallel sind (z.B. das Ende von Kapitel 6 und Kapitel 16, oder aber die Posaunen- und Schalengerichte, aber auch andere Passagen), und zwar sowohl hinsichtlich ihrer formalen Gliederung als auch hinsichtlich ihrer inhaltlichen Aussagen. Kein dispensationalistisch geprägter Ausleger trug dieser Tatsache Rechnung.

In dieser Situation fühlte ich mich doch etwas verloren. Schließlich fand ich auf meiner Literatursuche den Kommentar von William Hendriksen. Ohne andere Ausleger beleidigen zu wollen, muss ich doch klar sagen, dass ich diesen Kommentar als eine echte Antwort auf die meisten meiner Fragen empfunden habe. Natürlich erkennen wir alle nur stückweise, und so hat auch Hendriksens Kommentar seine Stärken und Schwächen. Meiner Ansicht nach kommt er aber dem sehr nahe, was Gott uns durch die Offenbarung sagen möchte. Leider liegt der Text nur im englischen Original vor. Er wurde seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1939 im englischen Sprachraum ununterbrochen neu aufgelegt. Wie ich glaube, ist er in vielerlei Hinsicht biblisch fundiert und nachvollziehbar. Er ist meines Erachtens durchgehend im Geist der Unterordnung unter die Aussagen der Heiligen Schrift verfasst. Damit auch Geschwister in Deutschland ihn kennenlernen können, habe ich den Entschluss gefasst, eine kurze Ausarbeitung davon zu schreiben.

Ich möchte betonen, dass ich nicht der Erfinder dieser Dinge bin. Mein Text folgt inhaltlich und strukturell den Aussagen des Buches von William Hendriksen. Darüber hinaus verfolge ich keinerlei persönliche oder gar kommerzielle Interessen. Ich möchte auch keinen Bruder und keine Schwester beleidigen. Wir alle glauben als Menschen fest an die Dinge, welcher wir seit unserer Kindheit gelehrt worden sind. Das Wort der Rettung durch das Evangelium von Jesus Christus soll auch von den folgenden Ausführungen in keiner Weise angetastet werden. Mein Ziel besteht einzig darin, eine andere mögliche Sichtweise darzulegen. Ich bete zum Herrn, dass auch Sie als Leser den geistlichen Segen empfangen können, den der Apostel Johannes jedem gläubigen Leser des Buches verspricht. Eigene persönliche Anmerkungen habe ich folgendermaßen gekennzeichnet: Anmerkung. Ende der Anmerkung.

Trier, am 19.07.2013

 

Einführung

Zielsetzung und Thema des Buches

Die Zielsetzung des Buches der Offenbarung besteht darin, die Gemeinde Christi auf der Erde zu allen Zeiten in ihrem Kampf gegen die Kräfte des Bösen zu ermuntern und zu trösten. Gott sieht ihre Tränen. Ihr Gebet hat Einfluss auf das Weltgeschehen. Der Tod der Gläubigen ist kostbar in Gottes Augen. Ihr Blut wird nicht sinnlos vergossen. Ihr endgültiger Sieg ist sicher. Christus lebt und herrscht ewig. Er lenkt das Weltgeschehen in allen Aspekten sicher und zum Nutzen seiner Gemeinde. Er wird wiederkommen, um seine Braut zu heiraten und das Hochzeitsmahl des Lammes mit ihr zu feiern.

Das Thema des Buches ist der Sieg Christi und seiner Gemeinde über den Satan und seine Helfer. Die Offenbarung zeigt uns, dass die Dinge nicht so sind, wie sie bisweilen aussehen. Das Tier aus dem Abgrund scheint bisweilen wie der große Sieger auszusehen. Aber in Wirklichkeit triumphieren die Gläubigen, und sie werden zusammen mit dem Herrn Jesus Christus für ewig herrschen. Er ist siegreich, und deshalb sind wir es auch, selbst dann, wenn es so aussieht, als seien wir hoffnungslose Verlierer in dieser Welt.

Off 17,14: „Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie besiegen - denn es ist der Herr der Herren und der König der Könige - und mit ihm sind die Berufenen, Auserwählten und Gläubigen.“

 

Die neun Prinzipien der Auslegung

1. Prinzip: Das Buch besteht aus sieben Teilen. Diese sind parallel gesetzt, und jeder Teil überspannt das gesamte Zeitalter der Gemeinde, vom ersten bis zum zweiten Kommen Christi. Diese sieben Teile sind:

a. Christus inmitten der Leuchter (Kapitel 1-3): Jeder Leuchter symbolisiert eine von sieben Gemeinden in der damaligen Provinz Asia, das ist in der heutigen Türkei. Jede Gemeinde ist dabei nicht ein Bild für eine bestimmte Zeitperiode in der Kirchengeschichte (dispensationalistische Sichtweise), sondern beschreibt geistliche Zustände und äußere Bedingungen, welche sich während des gesamten Zeitalters der Gemeinde weltweit in den verschiedensten Ortsgemeinden ständig wiederholen. 1,5 zeigt angedeutet das erste Kommen Christi, 1,7 das zweite Kommen. Dieser Teil überspannt also das gesamte Gemeindezeitalter.

b. Die Vision des Himmels und der Siegel (Kapitel 4-7): Zunächst wird im Himmel der Herr auf dem Thron Gottes gezeigt, wie er als das siegreiche Lamm regiert. Das ist bereits seit der Himmelfahrt des auferstandenen Herrn Jesus ununterbrochen der Fall. Der Himmel regiert! Die Siegel zeigen danach neben Christus die verschiedenen Formen der Verfolgungen und andere Lebensumstände, denen die Gemeinde ausgesetzt ist. Am Ende von Kapitel 6 findet sich ein Hinweis auf das Endgericht. Kapitel 7 zeigt am Ende den Jubel der Erlösten auf der Erde und im ewigen Zustand. Auch hier wieder das ganze Gemeindezeitalter.

c. Die sieben Posaunen (Kapitel 8-11): Sie sprechen von den warnenden Gerichten, welche während des Gemeindezeitalters immer wieder die Verfolger der Christen treffen. Auch hier zum Schluss wieder ein deutlicher Hinweis auf das Endgericht und den Jubel der Erlösten. Das ganze Gemeindezeitalter.

d. Der Drache als Verfolger (Kapitel 12-14): In 12,5 finden wir die Geburt und die Himmelfahrt des Messias im gleichen Vers. Dann werden uns die Verfolger vorgestellt: Der Teufel, die beiden Tiere, die Hure Babylon. Am Ende wieder ein eindringlicher Blick auf das Endgericht im Bild der doppelten Ernte. Das ganze Gemeindezeitalter.

e. Die sieben Zornschalen (Kapitel 15-16): Sie laufen inhaltlich und zeitlich parallel zu den Posaunen: Land, Meer, Flüsse, Sonne und Gestirne, der Abgrund und die Dämonen, der Euphrat, das Endgericht. Am Ende auch hier wieder ein klarer Hinweis auf das letzte Gericht und Harmageddon. Vergleichen Sie das Ende von Kapitel 16 mit dem Ende von Kapitel 6.

f. Der Fall Babylons (Kapitel 17-19): Im Kapitel 17 die Beschreibung der Hure, so wie sie zu allen Zeiten aussieht. Am Ende in Kapitel 19 das zweite Kommen Christi zum Gericht, das Gericht über die Hure, die beiden Tiere und die Menschen, die die Gemeinde verfolgt haben.

g. Die große Auflösung der alten Ordnung (Kapitel 20-22): Das Binden des Satans und sein Absturz zu Beginn des 20. Kapitels (Anfang des Gemeindezeitalters). Am Ende von Kapitel 20 wieder das Endgericht und das Ende des Teufels. In Kapitel 21 und 22 die ewige Ordnung. Auch hier wieder, ebenso wie in e. und f. das gesamte Gemeindezeitalter, dazu ein Ausblick in den erneuerten Weltzustand.

Nun noch einige zusätzliche Bemerkungen zur Parallelität der sieben Teile. Der Teil 3 redet über eine Zeitspanne von 42 Monaten oder 1260 Tagen. Genau die gleiche Zeitperiode finden wir im Teil 4, nämlich 1260 Tage bzw. eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit (das sind dreieinhalb Jahre oder 42 Monate oder 1260 Tage). Beide Teile beschreiben den Kampf des Drachen und seiner Verbündeten gegen Christus und seine Gemeinde, der während des gesamten Evangeliumszeitalters anhält. Die Zeitangaben sind symbolischer Natur, die Abschnitte sind parallel. Die Ereignisse von Kapitel 20 (Teil 7) sind parallel zu den Ereignissen von Kapitel 12 (Teil 4). Sie überspannen das ganze Gemeindezeitalter.

Die Posaunen in Kapitel 8 laufen genau parallel zu den Schalen in Kapitel 16. Erstens die Erde, zweitens das Meer, drittens die Flüsse und Quellen, viertens die Sonne und die Gestirne, fünftens der Abgrund der Dämonen und der Thron des Tieres, sechstens der Euphrat, siebtens das zweite Kommen des Herrn zum Gericht. In Teil 4 stehen die Feinde des Herrn und seiner Gemeinde einer nach dem anderen auf: Erstens der Teufel. Zweitens das Tier aus dem Meer, das ist die politische und wirtschaftliche Verfolgung der Christen während des Gemeindezeitalters, verursacht durch antichristliche Regierungen und Weltsysteme. Drittens das Tier aus der Erde, das ist die religiöse Verfolgung zu allen Zeiten. Viertens die Hure Babylon, das ist die antichristliche Verführung dieser Welt zu allen Zeiten, welche die Christen vom Herrn wegziehen will. In Teil 6 und Teil 7 gehen diese Feinde wieder unter. Auch diese Teile behandeln also den gleichen Zeitraum, nämlich das Gemeindezeitalter von der Himmelfahrt bis zur Wiederkunft Christi.

 

2. Prinzip: Die sieben Teile sind in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe von Kapitel 1-11 besteht aus drei Teilen. Die zweite Gruppe von Kapitel 12-22 besteht aus vier Teilen. Die beiden Hauptgruppen offenbaren eine fortschreitende und zunehmende Intensität des geistlichen Konfliktes. Im ersten Hauptteil finden wir die Gemeinde mit dem innewohnenden Herrn Christus, wie sie von der Welt verfolgt wird. Sie wird jedoch gerechtfertigt, sie wird letztlich geschützt und bleibt siegreich. Im zweiten Hauptteil finden wir den tieferen geistlichen Hintergrund dieses Kampfes. Es handelt sich um einen Konflikt zwischen Christus und dem Drachen, in welchem Christus und deshalb auch seine Gemeinde siegreich ist.

Die Einteilung lautet also hier:

  • Erstens: Der Kampf auf der Erde: Teil 1 (1-3), Teil 2 (4-7), Teil 3 (8-11).
  • Zweitens: Der tiefere geistliche Hintergrund: Teil 4 (12-14), Teil 5 (15-16),
    Teil 6 (17-19), Teil 7 (20-22).

 

3. Prinzip: Die sieben Teile bilden eine vollkommene Einheit. Die Prinzipien menschlichen Verhaltens und göttlicher moralischer Regierung werden schrittweise geoffenbart. Die Leuchter führen zu den Siegeln, die Siegel zu den Posaunen, die Posaunen zu den Schalen, und so weiter.

Obwohl wir zuvor eine klare Aufteilung des Buches in sieben Abschnitte gesehen haben, besteht andererseits eine vollkommene Einheit des Gedankenganges durch die gesamte Offenbarung hindurch. Die Teile des Buches reihen sich in organischer und natürlicher Weise aneinander. Nur wer das gesehen hat, kann das Buch richtig verstehen. Es ist ein fortlaufender Text mit einer klaren Botschaft für jeden Leser. Wir möchten das nun betrachten.

In Kapitel 1 sehen wir die Beschreibung des Herrn. Dieser Herr ist in den Kapiteln 2 und 3 in seiner Gemeinde gegenwärtig. Er tröstet und offenbart verborgene Dinge; er korrigiert Irrtümer und droht mit Strafe für Lügner und Irrlehrer; er erkennt Gutes an und verspricht Belohnung; er mahnt abgeirrte Jünger zur Umkehr. Über dem gesamten Abschnitt steht geistlich der Vers aus Mt 28,20:

Und siehe, ich bin bei Euch bis an das Ende der Weltzeit.

Weiterhin finden wir in jedem der sieben Briefe an die Gemeinden klare Verbindungen zu der Beschreibung des Herrn in Kapitel 1. Auch dies zeigt uns die ständige Gegenwart des Herrn in seiner Gemeinde in besonderer Weise, wenn wir mit offenen Augen und offenem Herzen lesen. Beachten sie bitte die folgenden Parallelen:

 

Offenbarung 1                                                           Offenbarung 2 / 3

  1,13+16                                                         2,1

1,17+18                                                         2,8

1,16                                                                2,12

1,14+15                                                         2,18

1,4+16                                                            3,1

1,5+18                                                            3,7

1,5                                                                  3,14

Das Licht Christi ist also in der Gemeinde anwesend. Je mehr eine Gemeinde nach seinen Geboten lebt, desto stärker scheint dieses Licht in die Welt hinein. Bei Smyrna und Philadelphia ist das Licht sehr hell und klar erkennbar. Bei Sardis ist das Licht fast, bei Laodizea völlig erloschen. Das Licht scheint in der Dunkelheit (Teil 1, Kapitel 1-3 und 6,2), aber die Dunkelheit hasst das Licht und wendet sich mit Verfolgungen dagegen (Teil 2, Kapitel 6). Die Gemeinde muss zu allen Zeiten diese Verfolgungen in unterschiedlicher Härte erleiden. Aber es ist auch so, dass der Herr diese Verfolgungen dazu benutzt, die Gemeinde zu reinigen und zu heiligen. Die Christen brauchen diese Prüfungen, um heranzureifen zum Bild ihres Herrn. Letztlich wirken alle Dinge mit zum Guten der Erlösten.

Um den Gläubigen dieses Bewusstsein klar zu vermitteln, sehen wir in den Kapiteln 4 und 5 zunächst einen Blick auf den Thron. Dass Johannes in seiner Vision durch eine Tür in den Thronsaal eintreten darf, hat mit einer Entrückung der Gemeinde nichts zu tun. Er kommt ja danach auch wieder zurück. Der Text zeigt keine geistliche Verbindung zu anderen Schriftteilen auf, welche diese Deutung zuließe. Sie wird in den Text hinein. Christus sitzt mit seinem Vater auf dem Thron und herrscht über alles. Das Lamm regiert, und zwar seit dem Tag, an dem der Herr Jesus Christus zu seinem Vater in den Himmel gegangen ist. Das Lamm hat das Recht, die Siegel zu öffnen. Das bedeutet, dass alles was geschieht, unter der absoluten Kontrolle Gottes steht, auch dann, wenn es auf der Erde äußerlich ganz anders auszusehen scheint. Auf dieser Grundlage kann der Gläubige zum Herrn sagen: „Ich will Dir dienen in der Welt und Dein Zeuge sein. Die Verfolgungen sind unter Deiner Kontrolle, und sie werden mich nicht von Dir entfernen.“

In Kapitel 6,2 sehen wir demnach den Reiter auf dem weißen Pferd (siehe hierzu die Anmerkung auf S. 21). Er reitet hinaus, um zu siegen, er ist der Überwinder aus Kapitel 5,5. Immer wenn Christus in seiner Gemeinde und durch seine Gemeinde Zeugnis gibt und Menschenherzen erobert, führt dies zu Verfolgungen. Die Gemeinde befindet sich auf einem geistlichen Siegeszug durch die Welt, indem sie das Kreuz trägt und hinter dem weißen Reiter nachfolgt in der Verkündigung des Evangeliums an alle Nationen. Der weiße Reiter trägt hier noch kein Schwert, denn das Evangelium wird nicht mit Gewalt verkündigt, sondern in Demut. Trotzdem ist der Sieg sicher! Die Welt hasst das Evangelium und verfolgt die Gemeinde. Der Reiter unter dem ersten Siegel wird immer gefolgt von dem zweiten Reiter mit dem Schwert und den anderen Reitern, welche die Verfolgungen der Christen durch die Welt symbolisieren. Vergleichen Sie Offenbarung 6,2+4 mit Mt 10,34. Die Siegel symbolisieren jedoch nicht nur Verfolgungen, sondern sie zeigen auch die Dinge an, unter denen die Gemeinde zusammen mit den unerretteten Menschen in der gefallenen Welt zu leiden hat. Wir sind zwar nicht von der Welt, aber immer noch in der Welt. Viele Dinge in dieser Welt betreffen uns genauso wie die nicht erretteten Menschen.

Nach all den Leiden und Verfolgungen unter den ersten vier Siegeln sehen wir dann folgerichtig unter dem fünften Siegel die Gläubigen, die geschlachtet wurden, unter dem Thron stehen. Sie haben den Lauf  vollendet, sie sind angekommen und befragen den Herrn nach dem Tag seiner Rache. Welch ein Trost für die Gläubigen auf der Erde! Ihre Geschwister im Himmel denken an sie und leben mit ihnen, genau wie der Herr! Was auf der Erde geschieht, wird im Himmel gesehen! Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das Ende kommt, und dann wird alles gut. Das sechste Siegel zeigt dann dieses Endgericht und gibt weitere Sicherheit. Im siebten Kapitel sehen wir die Gemeinde aller Erlösten, welche am Ende aus großer Drangsal (der Summe aller Bedrängnisse während des gesamten Gemeindezeitalters) gekommen sind. Die 144.000 (3x4x12x10x10x10, also die symbolische Vollzahl, noch auf der Erde) und die unzählbare Menge im Himmel, sind nun am Ziel.

Die nächste Frage lautet selbstverständlich: Und was ist mit den Verfolgern der Gemeinde? Kapitel 8 gibt die Antwort. Das siebte Siegel zeigt, wie Gott von seinem Altar aus auf die Gebete der Heiligen aller Zeiten mit Gericht über die Verfolger antwortet. Er tut es durch die Gerichte der Posaunen. Gott sendet ständig während des gesamten Evangeliumszeitalters immer wieder Gerichte über die Verfolger, und zwar als Antwort auf die Gebete seiner Gläubigen. Die Gerichte betreffen Land, Meer, Flüsse, Sonne und Gestirne, dämonische Einflüsse, das Schlachtfeld und die Ankündigung des Endgerichts. Sie dienen als Warnsignale an die Verfolger, was ja die Funktion von Posaunen ist. Sie sind jedoch noch nicht endgültig, denn sie zerstören jeweils nur einen dritten Teil.

Anmerkung: Hast Du das auch schon einmal auf Deinem Glaubensweg erlebt, lieber Bruder, liebe Schwester? Ein Mensch hat Dich verfolgt, und Du bist seinem Einfluss entronnen. Einige Zeit später hat der Herr durch ein Gericht zu diesem Menschen gesprochen, um ihn zur Umkehr zu bringen. Ich selbst habe es schon mehrmals erlebt. Leider ist es aber meist so wie in Off 9,21: Die Posaunen der Warnung werden nicht gehört, und die unbußfertigen Menschen gehen mehrheitlich nach einer Zeit wieder weiter auf ihrem gottlosen Weg. Die Mehrheit kehrt leider nicht um. Ende der Anmerkung.

Die nächste Frage: Wie geht es den Gläubigen inmitten der Gerichte, die die ungläubige Welt treffen? Kapitel 10 und 11 geben die Antwort: Die Gläubigen geben weiter Zeugnis (das kleine Büchlein in Kapitel 10 ist das Evangelium) und werden am Ende triumphieren nach einer kurzen Zeit schwerer Verfolgungen, welche auch den Tod bedeuten können (Kapitel 11). Soweit die äußeren Abläufe auf der Erde (Kapitel 1-11, die erste Hauptgruppe).

Zwei Fragen schreien an dieser Stelle des Buches förmlich nach einer Antwort. Die Gläubigen sind auf der Erde und müssen leiden. Frage 1: Warum hasst die Welt die Gläubigen so sehr, was ist der eigentliche Grund für die ganzen Verfolgungen und Leiden?  Frage 2: Was geschieht mit den Unbußfertigen, die trotz der Warnungen der Posaunen noch immer nicht umkehren? Diese beiden Fragen werden im zweiten Hauptteil des Buches (Kapitel 12-22) beantwortet. In diesen Antworten liegt erneut Trost, Hoffnung und Ermunterung für alle Gläubigen zu allen Zeiten an allen Orten. Die Kapitel 1-11 zeigen die Ereignisse an der Oberfläche: Die Gemeinde leuchtet in der Dunkelheit der Welt (Kapitel 1-3). Der Himmel regiert. Die Welt hasst das Licht und verfolgt die Gemeinde, sodass die Seelen der Märtyrer unter dem Altar erscheinen (Kapitel 4-7). Gerichte aller Art fallen auf alle Bereiche der Erde, während die Gemeinde weiterhin ihr Zeugnis gibt, das Kreuz trägt und durch das Evangelium triumphiert, und sei es auch durch den Tod hindurch (Kapitel 8-11).

Die Kapitel 12-14 zeigen uns, was hinter den Kulissen in dem unsichtbaren Bereich abläuft. Kapitel 12 stellt uns den größten Feind vor: Den Teufel, welcher während des gesamten Evangeliumszeitalters die Christen verfolgt (symbolisch ausgedrückt durch die Zahl von 1260 Tagen, was dreieinhalb Jahren entspricht und somit bildlich die Zeit des öffentlichen Dienstes unseres Herrn Jesus Christus auf der Erde repräsentiert; so wie der Herr während seines gesamten Dienstes verfolgt wurde, so wird es auch der Gemeinde allezeit bis zur Wiederkunft des Herrn ergehen; die alttestamentliche Wurzel der Zeit von dreieinhalb Jahren findet sich im Dienst des Elia: auch er wurde zusammen mit dem gläubigen Überrest in Israel unter schwierigsten Umständen für dreieinhalb Jahre verfolgt, bevor Gott am Karmel durch sein Eingreifen direkt aus dem Himmel den Sieg gab).

Kapitel 13 zeigt uns die beiden Tiere: Das Tier aus dem Meer, das ist die politische und wirtschaftliche Verfolgung der Christen während des Gemeindezeitalters, verursacht durch antichristliche Regierungen und Weltsysteme. Das Tier aus der Erde, das ist die religiöse Verfolgung während des Gemeindezeitalters. Dazu kommt noch die Hure Babylon, das ist die antichristliche Verführung dieser Welt zu allen Zeiten, welche während des Gemeindezeitalters besonders die Christen vom Herrn wegziehen will. Kapitel 14 zeigt uns den Sieg der Gläubigen (144.000) sowie einen Hinweis auf den Sieg im Endgericht.

In Kapitel 15 und 16 finden wir die Antwort auf die Frage, was mit den unbußfertigen Menschen aus Kapitel 9,21 geschieht (16,2). Am Ende werden die Zornesschalen über sie ausgegossen. Diesmal ist das Gericht endgültig und total. Es betrifft nicht ein Drittel oder ein Viertel, sondern die ganze Erde, das ganze Meer und so weiter. Es wird auch nicht mehr angekündigt, sondern es kommt ohne Warnung. In 16,9 zeigt sich, dass es nun bei den Menschen auch keine Buße mehr gibt. Sie lästern weiter und kehren nicht um. Diese Dinge finden sich im gesamten Gemeindezeitalter an allen Orten im Leben unbußfertiger Sünder. Zuerst schickt ihnen Gott eine oder mehrere Posaunen der Warnung. Wenn die Warnungen nicht gehört werden, was leider bei der Mehrzahl der Menschen der Fall zu sein scheint, dann kommt am Ende das vernichtende Schalengericht über solche Personen. Das kann eine tödliche Krankheit sein (im Bild der Pestgeschwüre) oder eine Katastrophe zu Land oder zu Wasser oder in der Luft, oder auch ein Unfall, der Wahnsinn (wie zum Beispiel bei Friedrich Nietzsche oder Voltaire), letztlich auch einfach das Lebensende. Am Ende wird es dann natürlich so sein, dass Gott ganz direkt nicht nur über einzelne Menschen oder Gruppen seine Zornschalen ausgießt, sondern über alle unbußfertigen Menschen auf der ganzen Erde.

Die Kapitel 17-20 zeigen uns schließlich, was mit den Verursachern der ganzen Nöte im unsichtbaren Bereich geschieht. Kapitel 17 zeigt uns die Beschaffenheit der Hure Babylon. Kapitel 18 zeigt ihren Untergang. Kapitel 19 zeigt uns den Untergang der beiden Tiere beim Kommen des Herrn und den Triumph der Gemeinde bei der Hochzeit des Lammes. Kapitel 20 zeigt den Untergang des letzten Feindes, des Teufels. Danach dann die Schilderung des Gerichtes über die gottlosen Menschen. Das Buch endet mit einem Ausblick in den ewigen Zustand der Erlösten und einigen abschließenden Ermahnungen.

In der Gesamtschau aller dieser Dinge erkennen wir, dass das ganze Buch eine von Gott inspirierte Handlungslinie vom ersten bis zum letzten Kapitel aufweist. Es ist ein Wunder Gottes. Jeder der sieben Teile kann unter einen oder zwei Leitverse gestellt werden, welche ihn geistlich charakterisieren. Es sind diese:

Kapitel 1-3: Christus inmitten der Leuchter. Mt 28,20: „Und siehe, ich bin mit Euch bis an das Ende der Weltzeit.“ Mt 5,14: „Ihr seid das Licht der Welt.

Kapitel 4-7: Das Buch mit den sieben Siegeln. Joh 16,33: „In der Welt habt ihr Drangsal, doch seid guten Mutes, denn ich habe die Welt überwunden.

Kapitel 8-11: Die sieben Posaunen. Lk 18,7: „Gott aber, wird er nicht seinen Auserwählten Recht schaffen, die Tag und Nacht zu ihm rufen, wenn er auch lange zuwartet mit ihnen?

Kapitel 12-14: Der Drache als Verfolger der Frau. Gen 3,15: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen: Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.

Kapitel 15-16: Die sieben Zornschalen. Rö 2,5: „Aber aufgrund deiner Verstocktheit und deines unbußfertigen Herzens häufst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes.

Kapitel 17-19: Der Fall der großen Hure und der Tiere. 1Joh 2,17: „Und die Welt vergeht und ihre Lust, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.

Kapitel 20-22: Das Gericht über den Drachen, der neue und ewige Zustand. Rö 8,37: „Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat.

 

4. Prinzip: Die sieben Teile sind in einer ansteigenden Intensität angeordnet. Es besteht eine deutliche Steigerung im Hinblick auf die letzten Dinge. Das Endgericht wird zunächst nur angedeutet, dann angekündigt, danach eingeführt und zuletzt in Einzelheiten beschrieben. In gleicher Weise werden der neue Himmel und die neue Erde im ersten Teil nur angedeutet, im letzten Teil wesentlich klarer beschrieben als in den vorangehenden Teilen.

Die Offenbarung führt uns zu dem wahren Verständnis der Geschichte. Sie war in der Vergangenheit genauso aktuell wie sie es gegenwärtig ist und in der Zukunft sein wird. Dies galt und gilt für Afrika, Amerika, Europa, Asien und Australien. Die Prinzipien menschlichen Verhaltens sind stets genauso erkennbar wie die moralische Regierung Gottes. An allen Orten und zu allen Zeiten war es immer so, dass das Evangelium gepredigt wurde und wird, dass es zu Verfolgungen aller Art führte, und dass für den unbußfertigen Menschen die warnenden Posaunengerichte kommen. Wenn der Mensch nach wiederholten Warnungen unbußfertig bleibt, dann folgen schließlich die Zornschalen. Dies ist eine ansteigende Intensität, welche im Leben der gottlosen Menschen erkennbar wurde und wird. Global gesehen wird aber auch die ganze Menschheit zunächst gewarnt. Erst nachdem alle Warnungen und vorläufigen Gerichte wirkungslos geblieben sind, kommt am Ende das vernichtende letzte Gericht.

Im Hinblick auf die Gemeinde ist ebenfalls eine ansteigende Intensität sichtbar. Die Gläubigen werden zunächst auf den Sieg des Herrn hingewiesen. Dann bekommen sie den Trost in der Verfolgung. Weiterhin sehen sie, dass Gott Gerichte über die Verfolger bringt. Am Ende werden sie den Herrn in der Herrlichkeit sehen und dabei sein, wenn er die globalen Endgerichte bringen wird. Danach werden sie die ewige Herrlichkeit der Erlösten mit Ihm verbringen. Auch in dieser Hinsicht zeigt die Offenbarung eine steil ansteigende Folge in der Intensität und Klarheit der Visionen des Sehers Johannes.

 

5. Prinzip: Der Aufbau des Buches besteht aus einer Folge von bewegten Bildern. Die Einzelheiten in den Bildern sollten dabei stets im Einklang mit dem Hauptgedanken interpretiert werden, welchen das jeweilige Bild vermittelt. Zwei Fragen sollten immer gestellt werden. Erstens: Was besagt das Bild als Ganzes? Zweitens: Was ist der Hauptgedanke in dem Bild?

Anmerkung: Die Offenbarung ist größtenteils in symbolischer Sprache geschrieben. Dies ist bereits bei oberflächlichem Lesen an vielen Stellen offensichtlich. Bereits ganz kurz nach ihrer Abfassung wurde sie in den sieben Gemeinden Kleinasiens vorgelesen und in ihrer praktischen Bedeutung verstanden. Danach ging sie als das letzte Buch der Bibel um die ganze Welt. In den letzten knapp 2000 Jahren wurde sie zu allen Zeiten an allen Orten und in allen Kontinenten von Menschen aller Kulturen, Geschlechter, Hautfarben, Sprachen und Bildungsstufen gehört, studiert und verstanden. Es wäre vollkommen unmöglich gewesen, von einem Christen des 4. Jahrhunderts in Europa oder von einem Christen des 16. Jahrhunderts in Amerika oder Asien zu verlangen, dass er Einzelheiten der politischen und geschichtlichen Geschehnisse des 20. und 21. Jahrhunderts in Europa verstehen sollte.

Wie hätte solch ein Christ sich überhaupt für diese Dinge interessieren können? Die oftmals verfolgten und leidenden Christen früherer Jahrhunderte brauchten Hoffnung, Trost und Ermunterung für ihr eigenes schwieriges Leben, in ihren eigenen notvollen und gefährlichen Umständen. Sie hatten beim besten Willen keine Zeit und keine Motivation dafür, über das Leben ihrer Geschwister in kommenden Jahrhunderten zu philosophieren. Gott ist kein weltfremder Theoretiker. Er hat uns alle erschaffen und kennt jeden von uns genau. Er weiß ganz genau, was wir verstehen können, und was nicht.

Er hat die Offenbarung nicht in der Sprache hochgebildeter Bibelgelehrter unseres Jahrhunderts geschrieben. Dieses Buch spricht direkt in das Leben aller Christen zu allen Zeiten an allen Orten hinein, damals wie heute. Die einzige Sprache, die diesen Zweck erfüllen kann, ist die symbolische Sprache, welche alle Jahrhunderte, Kontinente, Kulturen, Lebensumstände und natürlichen Sprachen zu überbrücken vermag. In keiner anderen Sprache könnte dieses Buch ein Segen für jeden Christen an jedem Ort und zu jeder Zeit sein, der es liest. Genau dieses ist aber die Verheißung.

Die Bedeutung eines bestimmten Symbols in der Offenbarung ist konstant. Wenn zum Beispiel die Zahl 144.000 im Kapitel 7 und im Kapitel 14 auftaucht, dann bedeutet sie an beiden Stellen das Gleiche. Auch mit der Zahl 1260 Tage oder dreieinhalb Jahre oder 42 Monate verhält es sich so. Wie sollte man sonst das Buch verlässlich auslegen können, wenn das gleiche Symbol oder die gleiche Zahl an einer anderen Stelle des Buches plötzlich etwas anderes bedeuten würde? Das wäre nicht möglich. In der normalen Sprache hat jedes Wort seine Bedeutung. Ansonsten könnte man die Sprache nicht verstehen. Mit der Symbolsprache ist es genauso. Sie kann nur verstanden werden, wenn man sich an jeder Stelle, an welcher ein bestimmtes Symbol auftaucht, auch auf die Bedeutung dieses Symbols verlassen kann. Ende der Anmerkung.

Es ist in der Offenbarung so, als ob auf einer großen Bühne ständig neue Bilder und Szenen wie in einem gigantischen Schauspiel vorbeilaufen. Dabei ist es immer von entscheidender Bedeutung, dass in jedem Bild und in jedem Symbol die grundlegende Bedeutung gesehen wird. In einem Film hängen die einzelnen Bilder  und Szenen ja auch untrennbar miteinander zusammen. Ansonsten würde nämlich überhaupt keine sinnvolle Handlung entstehen. Viele Ausleger sind jedoch so vorgegangen, die einzelnen Elemente von Symbolen oder Szenen bis ins Detail getrennt voneinander zu betrachten und auszulegen. Dabei wird das Symbol bzw. die Szene gewissermaßen zerpflückt und verliert ihre eigentliche Bedeutung.

Anmerkung: Die Offenbarung ist nicht nur für Analytiker geschrieben, obwohl sie auch sehr detailliert ausgelegt werden kann. Sie ist für alle Christen geschrieben. Es muss daher immer gefragt werden: Was ist die Hauptaussage einer Szene oder eines Symbols an sich, und was ist der Hauptgedanke im Hinblick auf die geistlichen Gesamtzusammenhänge des Buches? Warum steht die Szene gerade an dieser Stelle des Buches der Offenbarung, und was trägt sie zu der Gesamtaussage des Buches bei? Nur bei dieser Art der Deutung bewegt man sich biblisch gesehen auf sicherem Boden. Kein Mensch käme im Kino auf die Idee, im Film nur eine einzige Szene von fünf Minuten anzuschauen. Zwar muss jede Szene für sich selbst verstanden werden, aber nur der ganze Film ergibt den vollen Sinn. Ende der Anmerkung.

 

6. Prinzip: Diese Bilder beschreiben in der Regel allgemeine Prinzipien. Siegel, Posaunen, Zornschalen und ähnliche Symbole beziehen sich meist nicht auf spezielle Ereignisse, auf besondere Vorkommnisse oder Details aus der Geschichte. Sie beziehen sich eher auf Prinzipien menschlichen Verhaltens und göttlicher moralischer Regierung, welche in der gesamten Weltgeschichte durchgehend gelten, insbesondere aber während der Zeit der Gemeinde.

Prinzipiell enthält das Buch zwei Hauptarten von Symbolen. Die erste Art, wie zum Beispiel die Frau mit den 12 Sternen in Kapitel 12, bezieht sich in der Tat auf ein einmaliges Ereignis zu Beginn oder am Ende einer bestimmten Periode. Dies ist aus dem Kontext meist klar erkennbar. Ein anderes Beispiel ist die zweifache Ernte am Ende von Kapitel 14.

Die zweite Art, wie zum Beispiel die Siegel, Posaunen und Schalen, können sich nicht auf spezielle Ereignisse beziehen, sondern nur auf Prinzipien, welche während der gesamten Gemeindezeit zwischen dem ersten und zweiten Kommen des Herrn gelten. Das ergibt sich  aus den folgenden Überlegungen: Die Wirkungssphäre der Symbole ist zwar sehr ausgedehnt, aber dennoch nicht klar lokalisierbar. Sie bezieht sich auf ein Drittel oder ein Viertel der Erde, des Meeres, der Flüsse. Oder sogar auf die ganze Erde, das Meer, die Sonne mit den Gestirnen oder auf alle Menschen. Wenn zum Beispiel ein großer brennender Berg ins Meer geschleudert wird, dann kann sich das nicht auf den Meteoriten XY vom Datum XY im Gebiet XY beziehen, sondern es kann nur ein Symbol für Katastrophen auf dem Meer allgemein sein. Keine Ortsangabe oder Zeitangabe möglich! Die Posaunen betreffen alle unbußfertigen Menschen an allen Orten und während der ganzen Gemeindezeit, und nicht nur ein Paar vereinzelte Christen, welche im Mittelalter irgendwelchen Streit mit irgendeinem Papst hatten. Alle derartigen Deutungsversuche verwirren den Leser.

Außerdem kommen die Symbole immer in Gruppen von sieben. Der Symbolcharakter der Zahl 7 ist in der Offenbarung klar erkennbar, denn diese Zahl taucht 54 Mal auf. Meist wird auch eine weitere Einteilung in vier plus drei erkennbar. Der Symbolcharakter des Ganzen ist unverkennbar. Die Zahl 7 steht für göttliche Vollkommenheit und symbolisiert somit das vollkommene Handeln Gottes in der Offenbarung, und zwar im Hinblick auf die Erlösung und im Hinblick auf das Gericht.

Es finden sich noch mehr symbolische Zahlen Die Zahl 12 ist zum Beispiel 3 (Gott) mal 4 (die Welt), und somit symbolisch für Gottes vollkommene Regierung über die Welt. 12 mal 12 ergibt 144: Die Regierung Gottes als Erlöser für Israel und die Nationen, aus welchen zusammengefasst die Erlösten der Gemeinde hervorkommen. Multipliziert man diese Zahl  dreimal nacheinander mit der Zahl 10 (der Zahl des Heiligtums im alten Bund: 10 Ellen hoch, 10 Ellen breit und 10 Ellen lang, also ein vollkommener Würfel), dann kommt man auf 144.000. Dies ist die symbolische Zahl für die Gesamtheit der Heiligen, der Erlösten aus Juden und Heiden, wie sie wiederholt in der Offenbarung gefunden wird. Man beachte, dass die Zahlen aus dem Buch selbst heraus gedeutet werden müssen. Die Schrift wird ausgelegt durch die Schrift. (2Pe 1,20-21).

 

7. Prinzip: Die Offenbarung ist unter anderem auch verwurzelt in zeitgenössischen Geschehnissen und Umständen. Ihre Symbole sollten zunächst einmal ausgelegt werden im Licht der Bedingungen, die zur Zeit der Abfassung des Buches vorherrschend waren.

Die Frage muss hier lauten: Wie konnten die Leser in der ersten Zeit der Gemeinde die Offenbarung verstehen? Das Buch hatte bereits im ersten Jahrhundert eine starke Botschaft für die verfolgten Christen und einen starken Trost für ihre Herzen. Daher finden wir eine Vielzahl von Bezügen zum Alltag der damaligen Christen: Blutvergießen in der Verfolgung, Gefangenschaft, Hunger, wilde Tiere, Hinrichtungen. Antipas wurde getötet in Pergamus, Johannes wurde verbannt. Der Kaiser in Rom verfolgte die Christen (das erste Tier der damaligen Zeit). Er musste angebetet werden (das zweite Tier der damaligen Zeit). Die Stadt Rom selbst war das Zentrum der Weltlichkeit und der Lust (die Hure Babylon der damaligen Zeit), und alle untergeordneten Städte, Herrscher und Reiche trieben Hurerei  mit ihr.

Anmerkung: Alle diese Dinge waren klar erkennbar für die damaligen Gläubigen. Diese Leute waren überhaupt nicht an politischen Ereignissen des Mittelalters oder der Neuzeit interessiert. Das alles hatte für sie keinerlei Bedeutung. Sie brauchten vielmehr Trost, Ermunterung und Hilfe vom Herrn in ihren oft schweren Verfolgungen, und erhielten sie in Fülle durch das Lesen der Offenbarung. Ende der Anmerkung.

 

8. Prinzip: Die Offenbarung ist außerdem verwurzelt in der gesamten Heiligen Schrift, in ihrer Symbolik vor allem im Alten Testament. Sie sollte in Übereinstimmung mit den Lehren der gesamten Bibel ausgelegt werden.

Der Geist des Sehers nahm Dinge wahr, welche in den Schriften des Alten und Neuen Testamentes verwurzelt waren. Diese Zusammenhänge sind auch für uns erkennbar. Zahlreiche Stellen in der Offenbarung nehmen Bezug auf andere Schriftpassagen.

 

Offenbarung   Neues Testament                               Offenbarung   Neues Testament

1,3:                  Mt 24,6; Lk 21,9                                12,9:                Lk 10,18

1,5:                  Kol 1,18                                             13,8:                1Pe 1,19-20

1,7:                  Mt 24,30                                            16,19:              1Pe 5,13

1,16:                Mt 17,2                                              17,14:              1Tim 6,15

2,10:                Jak 1,12                                              18,4:                2Kor 6,17

2,20-24:          Apg 15,28

3,3:                  Mt 24,42                                            18,24:              Lk 11,50

3,5:                  Mt 10,32                                            21,4-5:            2Kor 5,17

6:                     Mt 24; Lk 21                                      22,21:              Eph 6,24

 

Offenbarung (Kapitel und Hauptgedanken)             Altes Testament

1: Der Sohn des Menschen                                       Dan 7; Dan 10; Hes 1; Hes 43,2

2: Die Symbole und Namen                                      Baum d. Lebens, Paradies, Bileam, Isebel

3: Das Buch des Lebens. Schlüssel Davids              Ex 32 und 33; Ps 69; Mal 3,16; Jes 22,22

4: Thron im Himmel, lebendige Wesen                     Jes 6; Hes 1; Hes 10

5: Die Buchrolle. Der Löwe aus Juda                       Hes 2; Sach 5; 1Mo 49; Jes 11

6: Die Rosse und ihre Reiter                                     Ps 45,3-4; Sach 1; Sach 6

7: Versiegelung der Diener. Der Segen                     Hes 9,4; Jes 20+25+31+49; Hes 34,23

8+9: Die Posaunen des Gerichts                               Die Plagen in Exodus 7

10: Der Engel des Schwurs. Das Büchlein               Dan 12,7; Hes 2,9; Hes 3,3

11: Die Messrute. Die zwei Zeugen.                         Hes 40; Sach 2; Sach 4

12: Die Frau, das Kind, der Drache. Michael           Gen 3,15; Dan 10; Dan 12

13: Das Tier aus dem Meer                                       Dan 7; Dan 7

14: Wolke. Sohn des Menschen. Weinkelter            Dan 7; Dan 10; Jes 63,3

15: Das Lied Moses                                                    Ex 15

16: Harmageddon                                                       Ri 5; 2Chron 35

17-19: Babylons Fall. Die Beutevögel.                  Jes 13+14+21+46+47+48; Jes 25+50+51;
                                                                                    Dan 2,7; Hab 3; Hes 27(Tyrus);
                                                                                      Hes 39,17-20

20: Gog und Magog. Bücher des Gerichts               Gen 10; Hes 38; Dan 7+12; Ps 69,28

21: Neuer Himmel, Erde, Jerusalem                          Jes 65+66; Hes 48,30ff

22: Strom des Lebens. Baum des Lebens                 Gen 2; Hes 47

 

In diesen Bildern und in diesen Zusammenhängen muss das Buch der Offenbarung ausgelegt werden. Die Schrift legt die Schrift aus. Das Wort Gottes ist in sich selbst vollkommen. Man muss sich vor eigenen Interpretationen stets hüten, so lange die Bibel selbst klare Aussagen trifft.                  

                       

9. Prinzip: Schlussendlich ist die Offenbarung verwurzelt im Geist Gottes: Gott selbst in Jesus Christus ist der wahre Autor, und somit enthält dieses Buch die Absichten Gottes im Hinblick auf die Geschichte seiner Gemeinde. Dieses neunte Prinzip bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Anmerkung: An diesem Punkt dürfen wir wohl sagen, dass uns bereits das Verständnis der vorgenannten neun Prinzipien tiefe Einblicke in das Buch der Offenbarung gewährt. Weiterhin soll nun noch der Versuch unternommen werden, einen Durchgang durch das gesamte Buch zu machen und dabei verschiedene wichtigere Details anzusprechen. Selbstverständlich kann dies nur in Kurzform geschehen, da man sonst wohl das gesamte Buch von Hendriksen direkt übersetzen müsste. Die Erläuterungen sollen sich also auf wichtige oder strittige Aspekte beschränken. Ende der Anmerkung.

 

Durchgang durch das Buch der Offenbarung

Offenbarung 1: Der Sohn des Menschen

Gott selbst gab seinem Sohn den Plan für die Geschichte der Gemeinde, sowie die Vollmacht, diesen Plan auch bis zum Ende auszuführen. Der Herr Jesus Christus gab diesen Plan durch einen Engel an den Apostel und Seher Johannes weiter. Zuletzt erreichte die Botschaft den Leser des Buches. Hier finden wir also insgesamt fünf beteiligte Personen. Dem Leser wird ein unmittelbarer Segen verheißen: „Glückselig ist (…).“ Dies ist die erste von insgesamt sieben Seligpreisungen in der Offenbarung: 1,3; 14,13; 16,15; 19,9; 20,6; 22,7; 22,14. Der Plan Gottes soll seinen Dienern sofort mitgeteilt werden, denn „die Zeit ist nahe“. Das bedeutet, dass Gott die Ausarbeitung dieses Planes nicht auf die Zeit nach der Gemeinde verschoben hat (wie das der Dispensationalismus lehrt), sondern dass er unmittelbar nach der Verkündigung durch Johannes mit der Verwirklichung begonnen hat. Das ist auch klar, denn die Dinge der Offenbarung galten für die Christen des 1. Jahrhunderts genauso wie für uns. Im Englischen wird es deutlicher: „the time is at hand“, also: sie steht unmittelbar bevor. Gott kündigt den Plan für das Gemeindezeitalter an und beginnt unmittelbar danach mit der Umsetzung. Diese Umsetzung hat kurz nach der Himmelfahrt des Herrn begonnen.

Das Buch ist an die sieben Gemeinden in Asia adressiert, welche damals in der Türkei existierten. Alle sieben Gemeinden bekamen das gleiche Buch zu lesen, es wurde ihnen das Gleiche geoffenbart. Die sieben Gemeinden lagen geographisch etwa auf einer Kreislinie, was den Reisenden am Ende fast zu seinem Ausgangspunkt zurückbrachte. Diese Anordnung ist ein schönes Symbol für den am Ende abgeschlossenen Lauf der Gemeindezeit. Gott vollendet seinen Plan und erreicht sein Ziel.

In Vers 4 kommt die Offenbarung von dem ewigen, Gott, von seinem Sohn und von den sieben Geistern, die vor dem Thron Gottes sind, also von dem Heiligen Geist. In der Gesamtheit sehen wir hier den dreieinigen Gott. Die folgenden Verse zeigen Jesus Christus als den Gestorbenen, den Auferstandenen und den ewigen Herrscher. Vers 5 erwähnt das erste Kommen, Vers 7 das zweite Kommen Christi: (…) und jedes Auge wird ihn sehen“. Die Offenbarung kennt keine verborgene Wiederkunft des Herrn. Auch an anderen Bibelstellen, welche die Wiederkunft des Herrn beschreiben, kann kein verborgener Ablauf gesehen werden. Alles geschieht laut hörbar und deutlich sichtbar mit Posaunenschall, Blitz, Donner, Erdbeben und so weiter. Das Szenario einer weltweiten öffentlichen Wiederkunft wird von der Heiligen Schrift untermauert. Eine verborgene Entrückung ist nirgends zu finden. Sie wird von einem Teil der Ausleger an anderen Stellen der Bibel in den Text hineingelesen.

Das ganze Gemeindezeitalter wird bereits in diesem kurzen Abschnitt umfasst. Die Andeutung des Gerichts ist jedoch noch sehr vage. Erst in den letzten Teilen des Buches wird alles in Einzelheiten geschildert werden. Dieses literarische Steigerungsmittel war in der Zeit des Johannes eine allgemein anerkannte Art des Schreibens. Man nennt es den progressiven Parallelismus.

Der letzte Teil des Kapitels zeigt uns die herrliche Erscheinung des Herrn, der tot war und lebendig ist. Er steht vor Johannes in seiner Würde als Retter der Gläubigen, als Richter der verlorenen Welt, als ewiger Herr und König des Universums. Er hat die Schlüssel des Todes und des Hades. Der Tod ist besiegt (Hebr 2,14-15). Jeder von neuem Geborene wird in die ewige Stadt eingehen. Als Johannes den Herrn erblickt, fällt er zu Boden.

Die Engel der Gemeinden müssen am ehesten als deren Aufseher gedeutet werden. Es wäre wohl kaum sinnvoll, wenn Gott sich die Mühe gemacht hätte, ein ganzes Buch durch einen Menschen aufschreiben zu lassen, um es danach an himmlische Wesen zu verschicken. Es war in jeder Hinsicht auch für die damaligen Gläubigen klar und verständlich, die Buchrolle in sieben Abschriften in die Hand zu nehmen, sie zu den sieben Gemeinden zu bringen und sie dort den Aufsehern in die Hand zu drücken. Siehe hierzu auch: R.C. Trench: Commentary on the Epistles to the seven Churches in Asia, S. 53-58.

 

Offenbarung 2 und 3: Die sieben Leuchter

In diesem Abschnitt, welcher inhaltlich nahtlos an Kapitel 1 anschließt, werden uns nun die sieben Gemeinden, welche den Brief erhalten, näher vorgestellt. Wir erfahren Einzelheiten ihres Glaubenslebens und Probleme aller Art, wie sie an den verschiedenen Orten vorherrschten. Alle diese Dinge sind auch in unserer Zeit noch in den örtlichen Gemeinden weltweit vorhanden: Verlassen der ersten Liebe, schwerste Verfolgung, Eindringen der Welt, unvorsichtiges Handeln mit den Versuchungen der Welt, drohendes geistliches Absterben, helles und klares Zeugnis mit Festhalten am Bekenntnis zum Namen und Wort des Herrn, Lauheit und geistlicher Tod, Gemeinden mit größtenteils nicht wiedergeborenen Mitgliedern. Die einzelnen Gemeinden können nicht als Repräsentanten von Abschnitten der Kirchengeschichte gesehen werden, sondern zeigen allgemeine Prinzipien auf, welche zu allen Zeiten gültig waren und sind.

Anmerkung: Ich bin persönlich der Ansicht, dass in der Geschichte der Gemeinde im Abendland (Europa und Nordamerika) zu bestimmten Zeiten Entwicklungen vorherrschend waren, welche den geistlichen Zuständen der sieben Gemeinden entsprechen. Ich glaube daher, dass es in der Geschichte der Gemeinde Epochen von Ephesus, Smyrna u.s.w. gegeben hat. In den einzelnen Ortsgemeinden aller Epochen war jedoch ebenfalls immer alles gleichzeitig an verschiedenen Orten nebeneinander vorhanden. Das ist auch heute noch der Fall: alle sieben Gemeindeformen sind weltweit vorhanden, obwohl zum Beispiel in Europa und in Nordamerika heutzutage das Prinzip Laodizea in den lauen evangelikalen Gemeindebewegungen eindeutig vorherrscht. So gesehen haben meines Erachtens beide Sichtweisen eine gewisse Berechtigung. Ende der Anmerkung.

Die beiden Kapitel sind eng mit dem Rest des Buches verknüpft: So erscheinen verschiedenste Motive, Namen oder Symbole in anderen Teilen wieder. Der Baum des Lebens kommt wieder in 22,2+14. Der zweite Tod in 20,14. Der neue Name für die Überwinder in 2,17; 3,12 ; 14,1; 22,4; 19,12+13+16. Die Autorität über die Nationen in 12,5 und in 20,4. Der Morgenstern in 22,16. Man könnte noch mehr nennen, aber das soll genügen. Das Buch muss aufgrund dieser inneren Bezüge ausgelegt werden, wenn man schwierige Stellen klären will.

Die sieben Briefe sind nach einem festen Schema von sieben (wie gesagt: die Grundzahl des Buches der Offenbarung) Teilen gegliedert: Grußwort, Vorstellung des Herrn, Lob, Tadel, Warnung, Ermunterung, Verheißung. Auch hier wieder eine weitere Teilung in drei und vier: In drei Briefen kommt die Verheißung vor der Ermunterung, in den anderen vier Briefen danach.

Ephesus war die Heimatgemeinde des Apostels und erhielt daher logischerweise den ersten Brief. Zum Zeitpunkt der Offenbarung war sie etwa 40 Jahre alt. Die erste Liebe war verlassen. Das bedeutet, dass die Gläubigen trotz all ihrer geschäftigen Aktivitäten die innige Beziehung zum Herrn vernachlässigt hatten. Sie arbeiteten, aber nicht mehr mit Agape, ähnlich wie langjährige Ehepartner sich vielleicht noch gegenseitig versorgen, ansonsten aber doch weitgehend nebeneinander her leben. Aktionismus ist kein Ersatz für die persönliche Liebe zum Herrn. Der Effekt ist, dass zuerst die Zeugniskraft verloren geht, danach das ganze Zeugnis.

Smyrna war eine Stadt, welche in all ihrer Pracht von Beginn an in absoluter Treue zum Kaiser in Rom stand. Die Christen dort wurden hart verfolgt. Sie gaben unerschrocken Zeugnis, das Licht ihres Leuchters schien hell und klar! Das bedeutete oft den Verlust der Arbeit mit Folge von gesellschaftlicher Ächtung, Armut und Hungersnot, aber auch oft den Tod in den Arenen der Römer, wo die Christen zur Volksbelustigung hingerichtet wurden. Wahrscheinlich wurde auch Polycarp dort getötet. Gott sagt ihnen, dass sie sehr reich sind! Der Herr ist mitten unter ihnen, er sieht alles und leidet mit ihnen. Sie werden getröstet mit der Verheißung des ewigen Lebens nach diesem Leben.

Pergamus hatte den Äskulapkult und war das Zentrum des Zeuskultes in Kleinasien mit dem großen Zeusaltar. Zeus war der oberste der griechischen Götter, also nach christlichem Verständnis der oberste der Dämonen, der Satan selbst. Die Christen gaben Zeugnis, und Antipas starb sogar für den Herrn. Andererseits gingen einige Christen zu weitreichende Kompromisse mit der Welt ein. Der Herr warnt sie. Wenn ein Christ nur noch in der Welt lebt, dann hat er mit Züchtigung zu rechnen, im schlimmsten Fall sogar bis zum körperlichen Tod. Er hat keinen Nutzen mehr für das christliche Zeugnis, sein Licht leuchtet nicht mehr. Die Überwinder bekommen den weißen Stein mit dem neuen Namen. Siehe hierzu die Parallelstellen in der Offenbarung selbst, wie oben genannt. Einige Ausleger meinen, dass der neue Name sich eher auf die Person bezieht, welche den Stein erhält. Er drückt den wahren inneren Charakter dieses Gläubigen aus. Andere sind eher der Meinung, dass der Name des Herrn Jesus Christus gemeint ist. Er bedeutet, dass der Überwinder eine vollkommene Offenbarung der Süßigkeit der persönlichen Gemeinschaft mit seinem Herrn erhält. Für beide Sichtweisen gibt es biblische Argumente. Wir wollen sie so stehen lassen.

Thyatira war die Handelsstadt und Handwerkerstadt der Region. Wenn man dort etwas gelten wollte, dann musste man in einer Gilde sein und die Götter dieser Gilde verehren. Ausschluss bedeutete Hunger, Bedürftigkeit, Verfolgung. Dazu sagte die Prophetin Isebel: Wenn Du den Satan überwinden willst, dann musst Du ihn erst einmal kennen. Begib Dich in die Tiefen Satans hinein und verehre die Götter der Gilden, dann wirst du siegen. Der Herr sagt dagegen, dass die Überwinder genau das nicht tun sollten; er würde ihnen dann keine weitere Last auferlegen. Man wird kein besserer Christ dadurch, dass man den Satan gut kennt. Die Verheißung ist der Morgenstern, verbunden mit dem Zepter der Autorität.

Sardis lag auf einem kaum einnehmbaren Hügel, und seine Bürger waren arrogant. Als die Offenbarung geschrieben wurde, befand sich die Stadt aber bereits aufgrund ihrer hochmütigen Sorglosigkeit in einem unaufhaltsamen Niedergang. Die Christen hatten sich den übrigen Leuten mit wenigen Ausnahmen angepasst. Sie befanden sich in der gleichen Situation: ihr Name war noch gut, aber die Wirklichkeit war sehr schlecht. Sie hatten den Namen zu leben, aber waren in Wirklichkeit geistlich am Sterben. Ihre Gottesdienste sahen äußerlich noch gut aus, waren aber ohne Inhalt oder Wert für Gott. Sie hatten auch kein Bekenntnis mehr nach außen. Der Herr warnt sie, dass er kommen wird wie ein Dieb, wenn sie nicht umkehren. Plötzlich wird das Unglück über sie kommen. Die Überwinder haben ihre Kleider nicht besudelt. Sie haben den Namen des Herrn bekannt, und deshalb wird er ihre Namen vor dem Vater bekennen und sie nicht löschen aus dem Buch des Lebens.

Philadelphia lag in einem Tal und bekam seinen Namen von Attalus II., der eine sehr große Bruderliebe zu seinem Bruder Eumenes gezeigt hatte. Es war gegründet worden mit dem Ziel, die griechische Sprache in der Region auszubreiten, und so waren seine Bewohner sehr rege in ihren Kontakten untereinander und nach außen. Die kleine und an sich schwache Christengemeinde hatte dieses Verhalten weitergeführt und gab mit großem missionarischem Eifer Zeugnis nach außen, sowohl in der Stadt selbst als auch in der weiteren Umgebung. Gott öffnete ihnen Türen, die niemand schließen konnte. Die Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums wird vom Herrn in den meisten Fällen dadurch belohnt, dass er den Christen viele Begegnungen mit offenen Menschen schenkt, die das Wort hören möchten. Oft muss man dazu auch weiter hinausgehen. Gott gab ihnen die Verheißung, dass er sie vor der Synagoge des Satans (also vor den gottlosen jüdischen Verfolgern) schützen würde, und auch vor der Stunde der Versuchung, welche über den ganzen Erdkreis kommen würde. Diese Verheißung galt direkt den damaligen Christen in Philadelphia, und sie wurde mit Sicherheit auch im Leben dieser Geschwister erfüllt. Eine schriftgemäße Verbindung dieses Verses mit einer Entrückungslehre ist in keiner Weise ersichtlich. Diese Deutung wird von manchen Auslegern in den Text hineingelesen, welche ohnehin schon von einer verborgenen Entrückung ausgehen, und daher den Text ihrer bestehenden Überzeugung anpassen möchten.

Anmerkung: Man muss in diesem Zusammenhang erwähnen, dass es ernstzunehmende Ausleger der Bibel gab und gibt, die davon ausgehen, dass die Aufnahme der Gemeinde in den Himmel erst unmittelbar bei der Ankunft des Herrn zum Gericht geschehen wird. Dies würde bedeuten, dass die Gemeinde Jesu alle Drangsale bis zur öffentlichen Ankunft des Herrn auf der Erde zu durchleben hätte. Auch für diese Auslegung gibt es starke biblische Argumente, welche allerdings in unserem Textzusammenhang aus Platzgründen und Zeitgründen nicht ausführlich dargelegt werden können.

Wenn diese Auslegung zutreffend ist, dann widerspricht sie der in vielen christlichen Kreisen unserer Zeit häufig vertretenen Lehre von der sogenannten Vorentrückung der Gemeinde Jesu vor dem Auftreten des Antichristen und vor dem Beginn seines Reiches. Die Lehre von der Vorentrückung in ihrer neuzeitlichen Form entstammt einer Bewegung, welche um 1820 durch „neue Geistoffenbarungen“ in der Gemeinde des schottischen Predigers Irving begann und von Henry Drummond im Zuge der so genannten Albury-Park-Meetings zunächst in England populär gemacht wurde. Der Dispensationalismus des 19. Jahrhunderts, der in seiner ursprünglichen Form auf John Nelson Darby zurückgeht, und der später von anderen Autoren (z.B. Scofield) weiter verbreitet wurde, übernahm diese Lehre von Irving und Drummond. Sie führte letztlich zu einer Spaltung der Brüder, da einige sie nicht akzeptieren konnten.

Ich selbst bin nach persönlichem Studium (im klaren Bewusstsein der Begrenztheit und Unvollständigkeit meiner eigenen Erkenntnis) der entsprechenden Schriftstellen zusammen mit bekannteren Christen wie z.B. Jonathan Edwards, George Whitefield, den Wesley-Brüdern, Charles Haddon Spurgeon, Martyn Lloyd Jones, Robert Chapman, Georg Müller und anderen der Meinung, dass die Gemeinde Jesu auf der Erde auszuharren hat bis zu dem Tag, an welchem der Herr kommt zum Gericht über die beiden Tiere und über den Teufel. Das bedeutet, dass die dann noch lebenden Christen in der Tat erst bei der letzten Posaune (Off 11,15) verwandelt werden und zusammen mit den auferstandenen Gläubigen aus früherer Zeit in den Himmel gehen werden. Es soll jedoch an dieser Stelle niemandem meine persönliche Ansicht aufgedrängt werden. Unter Glaubensgeschwistern sollte es zwar immer wieder einen lebendigen Gedankenaustausch über das Wort Gottes geben, aber keine Lehrstreitereien. Ende der Anmerkung.

Und nun zu der letzten der sieben Gemeinden. Laodizea war eine steinreiche Stadt mit vielen Banken, mit pharmazeutischer Industrie und lauwarmen Quellen. Die Bewohner lebten in sorglosem Luxus. Die „Christen“ zogen es vor, nicht groß aufzufallen, und eigneten sich in vollem Umfang die gleiche laue Lebensweise an. Ihr Zeugnis war nicht mehr vorhanden. Sie glaubten alles zu wissen und reich zu sein in geistlicher Hinsicht und in jeder Hinsicht.

Anmerkung: Die meisten Mitglieder der Gemeinde, wenn nicht alle, waren überhaupt nicht wiedergeboren, denn der Herr sagt, dass er draußen steht! Ich sehe vor mir eine charismatische, schwerreiche Megachurch des Wohlstandsevangeliums, deren Prediger nicht mehr über Sünde, Gerechtigkeit, Gericht und geistliche Segnungen redet, sondern nur noch über seelische Probleme und Problemchen des Alltags. Wahrscheinlich ist es sogar so, dass das positive Denken ala Norman Vincent Peale, Robert Schuller oder Joyce Meyer derart im Vordergrund steht, dass der einzelne Gemeindebesucher überhaupt nicht mehr auf die Idee kommt, dass mit ihm eventuell etwas nicht stimmen könnte. Alle sind sehr glücklich über sich selbst, über ihre „tollen“ Lebensumstände und ihre „tolle“ Gemeinde, welche geistlich so leer ist wie ein Eimer, aus dem man das Wasser herausgeschüttet hat. Ende der Anmerkung.

Der Herr findet das Ganze zum Ausspeien. Er muss mit einzelnen Leuten aus diesen „Gemeinden“ harte Wege der Überführung und Züchtigung gehen, damit sie überhaupt noch gerettet werden können. Die Mehrheit ist verloren. Sie glauben, gute Christen zu sein, dabei sind sie noch nicht einmal von neuem geboren. Sie haben kein ewiges Leben und sind bettelarm. Keiner von Ihnen tut etwas. Sie suchen Gott nicht einmal, weil sie ja so fest glauben, ihn schon zu haben. Der Herr muss die Initiative nehmen und anklopfen! Das Öffnen der Tür bedeutet dabei persönliche Umkehr. Die Wiedergeburt nach Joh 3,3ff und Apg 16,14 geschieht erst dadurch, dass der Herr durch die geöffnete Tür eintritt nach Joh 14, 23. Den Überwindern wird dennoch ein Segen gegeben, denn der Herr ist gnädig.

 

Offenbarung 4-7: Die sieben Siegel

Wann immer die Gemeinde Zeugnis gibt, kommt es auf die eine oder andere Art zu Verfolgungen. Das ist heute so, und es war auch in früheren Zeiten so. Darüber hinaus sind die Christen zwar nicht mehr von der Welt, aber noch immer in der Welt. Das bedeutet, dass sie von vielen allgemeinen Schwierigkeiten und Leiden genauso betroffen sind wie die unerretteten Menschen. Manchmal denken und handeln wir auch als Christen so, als ob die Kontrolle der Welt in den Händen der Menschen läge. Dann vergessen wir, wie die wirklichen Machtverhältnisse aussehen. In solchen Momenten brauchen wir genauso wie die Gläubigen aller früheren Zeiten einen Blick in die lebendige Gegenwart unseres Gottes. Diesen Blick finden wir in Offenbarung 4 und 5.

Johannes wird aufgefordert, durch eine geöffnete Tür vor den Thron Gottes zu kommen. Das hat mit einer allgemeinen Entrückung nichts zu tun. Die Deutung wird in den Text hineingelesen von Auslegern, die persönlich an eine Vorentrückung glauben. Auch ist Johannes hier nicht in erster Linie ein Apostel, sondern er ist als ein Seher „im Geist“. Er sieht eine Vision in Symbolen, und nicht Dinge aus einer materiellen Welt. Ebenso hat er nicht einen Blick in den gesamten Himmel. Er sieht zum einen den Thron Gottes, zum anderen wird ihm eine Vision der bald kommenden Ereignisse aus der Sicht des Thrones gegeben. Wenn wir als Christen in den Himmel schauen, dann haben wir zwar Hoffnung, ohne jedoch ein Verständnis für die Bedeutung unserer heutigen Umstände zu gewinnen.

Wenn Gott uns aber die Dinge auf der Erde aus der Sicht seines Thrones erklärt, dann verstehen wir auf einmal viel besser, warum wir hier und heute so und nicht anders leben, und was unser Ziel ist. Wir sehen hier, dass das ganze Universum vom Thron Gottes und des Lammes aus regiert wird, und zwar nicht erst seit der Himmelfahrt unseres Herrn. Alle Versuchungen und Verfolgungen unseres Lebens sind in diesem Regierungshandeln des Lammes inbegriffen, und sie dienen zu unserem Besten. Der Herr öffnet die Siegel, und er hat die Buchrolle in der Hand. Er führt alle Ereignisse der Geschichte und das letzte Gericht herbei. Das gibt wirklich Mut und Hoffnung. „Was bald geschehen muss“ bedeutet hierbei auch nicht: „was nach dem Ende der heutigen Dispensation geschehen muss“, sondern es bedeutet, dass diese Dinge in Kürze starten. Was wir unter den Siegeln finden werden, spielt sich schon seit fast 2000 Jahren immer und immer wieder neu auf der Erde ab, und es wird gipfeln in einem letzten globalen Endgericht unter dem sechsten Siegel.

Die Ältesten sind ein Bild für die Gesamtheit aller Gläubigen aus dem Alten und Neuen Testament. Die Cherubim sind schon im Alten Testament beschrieben, und zwar in aller Ausführlichkeit im Buch Hesekiel. Sie dienen ebenso wie die Ältesten und die anderen himmlischen Heerscharen dazu, die überragende Größe und Majestät des Thrones hervorzuheben. Die Anbetung gilt dem allmächtigen Souverän des Universums, der in Güte, Liebe und Gerechtigkeit regiert, und der alle seine Pläne zum Abschluss bringen wird. Gott und das Lamm sitzen auf dem Thron und regieren.

Ein Wort zur Buchrolle in der Hand des Vaters: Sie repräsentiert Gottes ewigen Plan. Wenn sie geöffnet ist, dann kommen alle Pläne und Wege Gottes zur Ausführung. Wenn sie aber verschlossen bleibt, dann bleibt Gottes Plan auf der Strecke. Es gibt keine Bewahrung in den bitteren Versuchungen der Christen, keine Gerichte über die Verfolger, keinen endgültigen Triumph der Gläubigen, keinen neuen Himmel und keine neue Erde, kein unvergängliches Erbe. Soll es denn immer so weitergehen wie bisher? Johannes weint sehr. Aber ein Ältester, also einer von denen die wissen, was Versuchung und Leiden bedeuten, tröstet ihn.

 

Das Lamm hat überwunden auf Golgatha. Das Lamm ist würdig, die Siegel zu öffnen. Alles was sich unter den Siegeln ereignet, ist völlig unter seiner Kontrolle und dient seinem Ziel. Durch das Lamm Christus, welches zugleich das Haupt der Gemeinde ist, bringt Gott seine Gläubigen durch die böse Weltzeit mit allen Versuchungen und Verfolgungen hindurch. Das Lamm regiert, und deshalb brauchen die Gläubigen sich nicht zu fürchten in Zeiten von Bedrängnis, Verfolgung und Not. Die Herrschaft Christi in Zeit und Ewigkeit ist der Lohn des Vaters für alle Leiden seines Sohnes. Der Herr hat sich dieses Recht verdient und erworben. Am Ende des 5. Kapitels erhält er die verdiente Anbetung aller sichtbaren und unsichtbaren Bereiche und Wesen des gesamten Universums. 

Die Siegel selbst beginnen nun mit dem Auszug des weißen Reiters in die Welt hinein. Dieser Auszug beginnt unmittelbar nach der Öffnung des ersten Siegels. Da der Herr die Siegel sofort öffnet, nachdem er den Thron bestiegen hat, liegt diese Öffnung in der Vergangenheit, denn das Lamm sitzt bereits seit fast 2000 Jahren auf dem Thron. Die Ereignisse unter den Siegeln überspannen somit das gesamte Gemeindezeitalter, denn sie beginnen mit dem Auszug Christi auf dem weißen Pferd und seiner Botschaft, und enden mit dem Weltgericht.

Das erste Siegel zeigt das weiße Pferd und seinen Reiter. Die Farbe Weiß ist immer ein Symbol für Heiligkeit und Reinheit. Daher kann der Reiter nicht der Antichrist sein. Er hat eine Krone, genau wie der Herr in Kap 14,14 eine goldenen Krone trägt. Er zieht aus, um zu siegen („to conquer“). Dieses Wort bezieht sich in der gesamten Offenbarung mit zwei Ausnahmen (11,7 und 13,7, wo der Kontext es erklärt), auf Christus selbst und auf die Gläubigen. In 3,21 und 5,5 zum Beispiel ist es Christus, aber auch an anderen Stellen. In Johannes 16,33 bezieht es sich ebenfalls auf Christus. Außerdem passt es nahtlos in den Kontext der Offenbarung. Wir haben Christus gesehen inmitten seiner Gemeinde. Wo immer sein Licht durch die Gemeinde erstrahlt, reagiert der Satan mit Widerstand. In den Kapiteln 4 und 5 haben wir das Lamm gesehen, das überwunden („conquered“) hat. Warum sollte der Überwinder auf dem weißen Pferd plötzlich ein anderer sein?

Das Symbol des Überwinders auf dem weißen Pferd ist auch in vollkommener Harmonie mit dem Bild aus Kapitel 19. Außerdem ist es genau passend zu dem gesamten Thema des Buches, welches wir in Kap 17,14 finden (siehe oben). Bitte lesen Sie folgende Verse: Offenbarung 1,13ff; 2,26+27; 3,21; 5,5; 6,16; 11,15; 12,11; 14,1ff; 14,14ff; 17,14; 19,11. Des Weiteren ist die Stelle in Übereinstimmung mit Mt 10,34:

„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert!“

Auf den weißen Reiter folgt der rote Reiter mit dem Schwert. Auch in dem eindeutig messianischen Ps 45,3-5 beschreibt Gott einen Reiter, der überwindet und siegt. In der Septuaginta wird an dieser Stelle sogar der Bogen erwähnt, den er trägt. Vergessen wir nicht das Prinzip Nummer 8: Die Offenbarung ist gewurzelt in den Schriften des Alten Testamentes. Auch Stellen wie Sach 1,8ff kommen hinsichtlich der Reitersymbolik in Betracht.

Anmerkung: Ich finde es persönlich etwas schwierig, den weißen Reiter genau zu deuten. Mit der soeben gegebenen Deutung von Hendriksen kann ich leider nicht voll übereinstimmen. Wenn ich den Reiter genauer betrachte, dann steht er in einer Reihe mit den anderen drei Reitern. Er erhält genauso wie diese den Auftrag: „Komm!“. Das kann ich nicht auf den Herrn selbst beziehen, denn dem Herrn ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Er empfängt keine Anweisungen von irgendjemandem im Universum, sondern er selbst erteilt alle Befehle.

Meiner Ansicht nach handelt es sich um das Zeugnis des Evangeliums, welches durch die Christen mit der Hilfe des Heiligen Geistes auf der ganzen Erde gegeben wird. Der Herr hat gesagt, dass er den Heiligen Geist, den Tröster oder den Fürsprecher senden wird, und er hat die Christen beauftragt, mit dem Evangelium hinauszugehen bis an die Enden der Erde. Wenn sie dieses Zeugnis geben, dann resultieren daraus die Verfolgungen, welche unter den drei nachfolgenden Reitern zu sehen sind. Dieses Prinzip, nämlich die Verfolgung des Evangeliums und seiner Zeugen durch die Welt, beginnt nicht erst im 19. Jahrhundert, sondern es durchzieht das gesamte Gemeindezeitalter und gilt für alle Christen. Es entspricht somit der grundlegenden Verheißung des gesamten Buches: „Glückselig ist, der die Worte der Weissagung liest, und die sie hören und bewahren, was darin geschrieben steht!“ (Kapitel 1,3) und: „Glückselig wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt!“ (Kapitel 22,7). Trotz aller Verfolgungen und Schwierigkeiten ist es aber am Ende doch so, dass das Evangelium den Sieg davonträgt. Paulus sagte:

2Kor 2,14: „Gott aber sei Dank, der uns allezeit in Christus triumphieren lässt und den Geruch seiner Erkenntnis durch uns an jedem Ort offenbar macht!“

 

Exkurs: Der Antichrist, das Tier, der falsche Prophet
Wir haben es hier mit einem komplizierteren Thema zu tun, als es zunächst den Anschein haben mag. Bereits während der frühen Kirchengeschichte haben Ausleger wie Barnabas, Justinus Martyr, Irenaeus, Hippolyt, Origenes und Augustinus damit gerungen. In späteren Epochen war es nicht anders. Die mittelalterlichen Ausleger wie Adso, Albertus Magnus, Thomas von Aquin und andere hatten ebenfalls Mühe damit. Auch unter den Reformatoren, unter den Puritanern und unter den neuzeitlichen Auslegern verschiedenster christlicher Denominationen existieren große Meinungsunterschiede. Alle genannten Gruppen hatten Schwierigkeiten, die grundlegenden Aussagen der Schrift zu dem Thema in die richtige Beziehung sowohl zueinander als auch zu den Weltereignissen ihrer jeweiligen Zeitepochen zu bringen.

Die Schwierigkeiten gründeten hauptsächlich darin, dass die in unserer Überschrift genannten Begriffe nicht voneinander getrennt betrachtet werden können, sondern dass sie in einem schriftgemäßen Zusammenhang ausgelegt werden müssen, um zu richtigen Erkenntnissen zu gelangen, welche einer biblischen Prüfung standhalten und für welche wir uns am Tag des Herrn nicht werden schämen müssen. Hinzu kommt, dass sich die Auslegung nicht auf das Neue Testament beschränken darf, sondern dass wir auch im Alten Testament verfügbare Zeugnisse sammeln und in unseren Gedankengang miteinbeziehen müssen. Wir möchten daher unter den Augen des Herrn und unter der Leitung seines Wortes den Versuch unternehmen, ein für den Leser / die Leserin möglichst verständliches und nachvollziehbares Bild zu entwerfen. Dabei werden wir uns nicht an den Lehren menschlicher Autoritäten orientieren, sondern möglichst konsequent darum bemüht sein, den Linien des Wortes Gottes zu folgen.


Der Antichrist
Viele eschatologische Lehrsysteme in der heutigen Christenheit sehen den Antichristen als eine Person an, welche die Weltherrschaft an sich reißen, einen siebenjährigen Vertrag mit den Juden in Israel schließen und in einer Zeit der „großen Drangsal“, welche für dreieinhalb oder vielleicht auch sieben Jahre anhalten wird, die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzen wird. Diese letzten sieben Jahre werden aus der Weissagung Daniels in Kapitel 9,24-27 abgeleitet, welche nach Meinung besagter Ausleger, insbesondere der Dispensationalisten, der noch zukünftigen siebzigsten Jahrwoche Daniels entsprechen. Das ganze Geschehen liegt also nach dieser Sichtweise noch in der Zukunft. Um den Begriff näher einzugrenzen, möchten wir zunächst einmal sehen wo er in der Bibel überhaupt vorkommt. Es gibt nur einen Autor, welcher den Antichristen namentlich erwähnt, nämlich den Apostel Johannes. Es sind insgesamt so wenige Verse, dass wir sie hier alle zitieren können:
 
1Joh 2,18: „Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind nun viele Antichristen geworden; daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist.
1Joh 2,22: „Wer ist der Lügner, wenn nicht der, welcher leugnet, dass Jesus der Christus sei? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet!
1Joh 4,3: „Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Antichrists, von welchem ihr gehört habt, dass er kommt; und jetzt schon ist er in der Welt.
2Joh 7: „Denn viele Irrlehrer sind hinausgegangen in die Welt, die nicht bekennen, dass Jesus der im Fleisch gekommene Christus ist; das ist der Irrlehrer und der Antichrist.

Johannes sagt uns, dass die Christenheit sich bereits zu seiner Zeit in der letzten Stunde befand. Bereits damals waren viele menschliche Antichristen in die Welt ausgegangen, um die Christen zu verführen. Diese Antichristen waren einzelne Personen. Auch in unserer Zeit gibt es zahlreiche Personen, welche man als Antichristen bezeichnen könnte. Alle diese Personen repräsentierten während des gesamten Evangeliumszeitalters ein bestimmtes geistliches Prinzip, eine ganz spezielle Irrlehre. Den Geist hinter dieser Irrlehre bezeichnet Johannes als den Antichristen.

Der Antichrist ist somit zunächst einmal keine Person, sondern ein Geist, welcher sich zahlreicher Personen in der Geschichte bedient hat und noch bedienen wird. Letztlich ist es der Geist der Selbstvergöttlichung des Geschöpfes, der die Gottheit Christi leugnet, also der Geist des Teufels oder des Drachen. In der letzten Zeit vor dem Kommen des Herrn Jesus Christus wird er die ganze Welt beherrschen wie noch niemals zuvor. Was ist nun das Charakteristikum dieses Geistes? Er ist ein Lügner, ein Verleugner, ein Täuscher und ein Verführer. Er leugnet den Vater und den Sohn. Er bekennt nicht, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist. Er belügt die Menschen sowohl hinsichtlich der Person als auch hinsichtlich des Werkes des Herrn Jesus Christus. Alle Menschen, die sich in seinen Dienst gestellt haben und noch stellen werden, bezeichnet die Bibel als Antichristen. Auch diese Menschen sind dann Täuscher, Lügner, Verleugner und Verführer.

Der Antichrist ist somit zunächst ein Bedränger, welcher von innen heraus die Gemeinde Christi verderben will. Er manifestiert sich immer wieder innerhalb der Gemeinschaften der Gläubigen weltweit in Gestalt von Irrlehrern und falschen Propheten, welche die Gemeinde ganz bewusst spalten, irreleiten und zerstören möchten. Johannes erkannte das Problem bereits zu seiner eigenen Lebenszeit und musste die Gemeinden des ersten Jahrhunderts davor warnen.

Die Bedrohung bleibt jedoch nicht auf das Innenleben der Gemeinde Christi begrenzt. Sie wird in dem Augenblick auch zu einer äußeren Bedrohung, in welchem sie sich weltlicher Machtstrukturen und menschlicher Herrscher bedient, um die Gemeinde Christi zu schädigen. Der Satan (der Teufel, der Drache, die alte Schlange, der Leviathan im Meer) möchte nämlich in der Welt selbst die Position Gottes einnehmen und wie Gott selbst angebetet werden. Außerdem möchte er die Gemeinde Gottes in der Welt nicht nur von innen heraus verderben, sondern er möchte sie durch äußere Macht vernichten. So wie er einerseits durch Verführung arbeitet, so hat er es andererseits im Verlauf der Geschichte auch immer wieder mit Gewalt versucht. Er ist nicht nur der Engel des Lichts nach 2Kor 11,13-14, sondern auch der brüllende Löwe nach 1Pe 5,8.

Die Gemeinde Christi sieht sich somit bis zum Kommen des Herrn einer zweifachen Bedrohung durch den Antichristen gegenüber. Zum einen bedroht er sie geistlich von innen heraus, indem er immer wieder einzelne menschliche Antichristen als falsche biblische Lehrer oder falsche Propheten benutzt. Zum anderen bedroht er sie leiblich von außen, indem er immer wieder staatlich gelenkte Christenverfolgungen in der Welt herbeiführt. Die antichristlichen Gewalten und Reiche der Weltgeschichte bezeichnet die Bibel an verschiedenen Stellen als Tiere. Das führt uns zu unseren weiteren Begriffen.


Das Tier, die Zahl des Tieres, das Malzeichen des Tieres
Unsere Erläuterung dieser Begriffe muss im Alten Testament beginnen. Der Prophet Daniel gibt uns grundlegende Informationen, welche das Neue Testament weiterentwickelt und erklärt. In Daniel 2 finden wir den Traum Nebukadnezars. Der König sieht die Abfolge der heidnischen Mächte in Form einer gewaltigen Statue. Auf dem Höhepunkt der heidnischen Weltmacht wird die Statue des Heidentums von einem einfachen Stein getroffen. Das Bild stürzt ein, es wird zu Staub der Sommertennen und kann nicht mehr gefunden oder gar wiederhergestellt werden. Der Stein nimmt die ganze Erde ein. So ist es geschehen. Der einfache Stein steht im Gegensatz zu den kostbaren Materialien der Statue und ist doch mächtiger als die gesamte Statue. Von der Herrlichkeit der alten Weltreiche redet heute kaum noch jemand, aber das Reich Gottes ist weltweit verbreitet. Die Statue repräsentiert nicht alleine das römische Weltreich sondern sie ist weit mehr als Rom. Sie wurde zwar historisch betrachtet in den Tagen Roms vom Stein des Christentums getroffen, als Ganzes repräsentiert sie jedoch die Gesamtheit der heidnischen Weltsysteme.

In Daniel 3 sehen wir den Versuch Nebukadnezars, in seinem Hochmut die Statue zu erbauen, von der er geträumt hat. Er will die Anbetung seiner eigenen Person im Bild der Statue erzwingen. Hier erkennen wir bereits deutlich das allgemeine biblische Prinzip. Der Teufel macht Nebukadnezar zum Repräsentanten des antigöttlichen Geistes in alttestamentlicher Zeit. Nicht der Gott Israels soll Gott sein, sondern der Mensch Nebukadnezar. Das Bildnis und der König führen uns zu der Zahl 666. Das Bildnis ist 6 Ellen breit und 60 Ellen hoch. Es repräsentiert eine zweifache 6 oder eine 66. Nebukadnezar selbst ist die dritte 6 in dieser Konstellation, denn die Zahl 6 ist in der Bibel die Zahl des Menschen und seiner Erschaffung am sechsten Tag. In der Gesamtbetrachtung haben wir an dieser Stelle zum zweiten Mal in der Bibel die Zahl 666. Zum ersten Mal finden wir sie bei Salomo in 1Kö 10,14, wo er 666 Talente Gold pro Jahr einnimmt. So wie Nebukadnezar sich der Selbstvergötterung widmete, so gab Salomo sich völlig den Reichtümern dieser Welt hin. Salomo führte auch das ägyptische Hexagramm, die graphische Repräsentation der Zahl 666, in den Götzendienst Israels ein. Es ist bis heute das „Siegel Salomos“. Mit David hat es nichts zu tun.

Der Geist des Antichristen (der Satan) gibt seine Macht dem mächtigen Menschen, welcher das Reich Satans (des Teufels, des Drachen) in der sichtbaren Welt aufbaut. Die Zahl dieses Menschen ist die 666, und sie bezeichnet gewissermaßen die „vollkommene Unvollkommenheit“ dieses Menschen. Der menschliche Herrscher im Dienst Satans strebt wieder und wieder und wieder (6 und 6 und 6) nach göttlicher Macht und Verehrung, ohne sie jemals erreichen zu können. Anstatt zu der Vollkommenheit Gottes zu gelangen, welche in der Bibel durch die Zahl 7 dargestellt ist, bleibt er trotz all seiner Bemühungen immer wieder auf der menschlichen Ebene der Zahl 6 stecken. Egal was er auch tun mag, er bleibt doch immer ein Mensch und sein Reich bleibt menschlich und vergänglich. Er versucht vergeblich eine Grenze zu überschreiten, welche ihm verschlossen bleibt. Das Reich des Steines aus Daniel 2, das Reich Gottes, steht über dem Reich des Menschen Nebukadnezar. So ist es auch heute, und so wird es ewig bleiben. Obwohl die Christen in dieser Welt in das Feuer der Versuchung geraten können und auch geraten sind, bleiben sie doch in Ewigkeit siegreich, und sei es auch durch den Tod hindurch.

Alle menschlichen Weltreiche unter der Führung einzelner Despoten zeigen bis in unsere Zeit hinein immer wieder dieses gleiche Prinzip. In Ägypten war Pharao der Gott des Reiches, und seine Aussprüche wurden als göttliche Worte angesehen. Sein Wille wurde widerstandslos ausgeführt. In Assyrien war es der jeweilige Herrscher. In Babylon waren es Nebukadnezar und seine Nachfolger. In Persien, Griechenland und Rom waren es die Könige und Kaiser. Sie alle forderten von ihren Untertanen teilweise unter Androhung der Todesstrafe bestimmte mündliche Bekenntnisse und/oder kultische Handlungen zur gottgleichen Verehrung ihrer eigenen Person. In unserer Zeit ist das gleiche Prinzip erkennbar bei Leuten wie etwa Hitler, Stalin oder Mao.

In Daniel 7 findet sich schließlich eine Vision, welche unser alttestamentliches Bild vervollständigt. Gott zeigt Daniel die menschlichen Weltreiche in ihrer geistlichen Qualität als Tiere, von denen das letzte das schlimmste ist. Nach der Herrschaft der Tiere kommt der Sohn des Menschen, der hier zu den Tieren im gleichen Gegensatz steht wie der Stein in Nebukadnezars Traum zu den Materialien der großen Statue in Daniel 2. Es wird einmal so sein, dass die irdischen und zeitlichen Reiche der Nationen durch ein ewiges und himmlisches Reich ersetzt werden, welches im Himmel von Gott in die Hand des Sohnes des Menschen gegeben wird.

Abschließend können wir festhalten: Die menschlichen Weltreiche sind Tiere, welchen ihre Zeit festgesetzt ist. Diese Reiche werden gelenkt von Herrschern, welche in ihren unaufhörlichen Versuchen der Selbstvergöttlichung die Zahl 666 repräsentieren. Die Zahl dieser Tiere ist auch die Zahl der menschlichen Herrscher. Das Reich Gottes ist hingegen nicht ein Tier, sondern das ewige Reich des Sohnes des Menschen, des Sohnes Gottes, des Herrn Jesus Christus. Dieser Herr ist zu gleicher Zeit wahrhaftig Mensch und wahrhaftig der ewige Gott. Er trägt die Zahl 7, wie wir es an unzähligen Schriftstellen erkennen können, an welchen diese Zahl immer wieder mit Gott verbunden ist.

Wir kommen nun zum Neuen Testament. Das Buch der Offenbarung erklärt uns die Visionen Daniels weiter und bringt uns zu einem besseren Verständnis der noch zukünftigen Dinge. In Off 12 und Off 20 finden wir den Sturz Satans, des Teufels, des Drachen, der alten Schlange, aus dem Himmel auf die Erde, sowie seine geistliche Bindung im Angesicht der Gemeinde Christi auf der Erde, welche er nicht überwältigen kann. Nicht einmal die winzige Keimzelle der Gemeinde in Jerusalem konnte er vernichten, geschweige denn die heutige weltweite Gemeinde der Christen in der Welt. Er hat laut Off 12,12 einen großen Zorn. Er weiß, dass er am Kreuz von Golgatha von dem Herrn Jesus Christus besiegt und zum Tode verurteilt worden ist. Er weiß, dass seine Zeit nur noch kurz bemessen ist.

In Off 13 erkennen wir dann, auf welche Weise der Satan in der Welt wirkt. Er tut es durch zwei Tiere, welchen er seine Macht gibt. Das erste Tier repräsentiert politische, wirtschaftliche und militärische Macht, das zweite Tier religiöse und geistliche Macht. Diese Mächte arbeiten zusammen, und sie konzentrieren ihre äußere Erscheinung in einem Menschen. Letztlich sind die beiden Tiere ein einziges Tier, und sie werden äußerlich in der Welt durch einen Menschen repräsentiert. Die Zahl des Tieres ist die Zahl eines Menschen, und es ist auch hier wieder die Zahl 666 (Off 13,18). In heutiger Sprache handelt es sich hier um die staatlich verordnete und erzwungene gottgleiche Verehrung eines einzelnen menschlichen Herrschers, welche von den säkularen und von den religiösen Mächten des betreffenden Reiches herbeigeführt und aufrechterhalten wird. Während es bei den Tieren im Buch Daniel noch um einzelne historische Weltreiche ging, haben wir es hier mit einem Tier zu tun, welches in sich selbst die Kennzeichen der Tiere Daniels vereinigt, nämlich den Panther, den Bären und den Löwen. Mit anderen Worten: Das Tier beziehungsweise die beiden Tiere in Off 13 repräsentiert/repräsentieren nicht ein bestimmtes historisches Weltreich der Vergangenheit, sondern die Gesamtheit aller menschlichen Reiche der Geschichte mit ihren Verfolgungen des Volkes Gottes und der Selbstvergöttlichung ihrer jeweiligen Herrscher.

Der Apostel Johannes konnte zu seiner Zeit dieses Prinzip in der Verehrung der römischen Kaiser erkennen. Er dachte mit Sicherheit zurück an den Kaiser Nero, dessen Name in der Gematrie sogar die Zahl 666 ergibt. Nero hatte die Apostel Petrus und Paulus hingerichtet und war inzwischen bereits selbst tot. Die Christenverfolgung bestand jedoch unter Neros Nachfolgern weiter und Johannes befand sich zum Zeitpunkt der Abfassung der Offenbarung als eines ihrer Opfer in der Verbannung auf Patmos. Die Weltmenschen, denen das Leben auf dieser Erde wichtiger war als das ewige Leben im Reich Gottes, nahmen in ihrem Verhalten geistlich gesprochen das Malzeichen des Tieres an, indem sie sich der Verehrung des römischen Reiches und seines Kaisers hingaben. Sie brachten dem Kaiser Räucherwerk dar und bekannten dadurch öffentlich, „dass der Kaiser Gott ist“ und nicht der Herr Jesus Christus. Die Christen taten dies nicht. Bereits zur Zeit des Johannes war es vielen Christen im römischen Reich unmöglich, am normalen Wirtschaftsleben teilzunehmen, denn ohne die öffentliche Anbetung des Kaisers waren sie davon ausgeschlossen. Das Tier machte, dass niemand kaufen oder verkaufen konnte, wenn er nicht das Malzeichen besaß (vgl. Off 13,17). Das Wort aus Off 13 darf somit nicht nur auf die Zukunft bezogen werden, sondern es war bereits zur Zeit des Apostels Johannes gelebte Realität für die verfolgten Christen.

Auch während der weiteren Geschichte der Gemeinde Christi trugen die Weltmenschen zu allen Zeiten das Malzeichen des Tieres an ihrer Stirn (in ihrem Denken) und an ihrer rechten Hand (in ihrem praktischen Handeln). Sie orientierten sich infolge dieses geistlichen Malzeichens nicht an den Geboten Gottes, sondern am Gebot der jeweiligen Umstände ihrer Zeit sowie an dem mündlichen Gebot jeweiliger weltlicher Herrscher. Sie führten gehorsam die Handlungen aus, welche die Welt und die Herrscher von ihnen forderten, und zwar bis hin zur gottgleichen Anbetung dieser Herrscher. Sie wollten gut und ungestört leben können. Den römischen Kaisern wurde geräuchert und Anbetung dargebracht. Den Diktatoren späterer Jahrhunderte wurde in verschiedenster Form gehuldigt. Leute wie Stalin, Mao oder Hitler genossen nicht nur den Jubel der Massen, sondern auch die Anbetung ihrer eigenen Person als Erlöser und Retter. Für sie wurden Lobeshymnen geschrieben und Verehrungsrituale von gottesdienstartigem Charakter durchgeführt. Widerspruch oder gar Zuwiderhandeln war tödlich.

Bei den Christen war und ist es anders. Sie trugen das geistliche Malzeichen des Tieres weder in ihrem Denken (Stirn) noch in ihrem Handeln (rechte Hand). Sie orientierten sich an den Geboten Gottes und taten die Werke welche Gott von ihnen erwartete. Wenn weltliche Machtsysteme oder menschliche Herrscher Dinge von ihnen forderten, welche dem Wort Gottes widersprachen, dann gehorchten die Christen diesen Geboten nicht. Vor allen Dingen beteten sie einzig und allein Gott den Vater und den Herrn Jesus Christus an. Niemals brachten sie einem menschlichen Gewaltherrscher gottähnliche Verehrung dar. Weder räucherten sie für den römischen Kaiser noch brachten sie den Despoten späterer Jahrhunderte solche Verehrung dar. Das bedeutete für viele von ihnen damals wie heute Armut, Ausgrenzung, Verfolgung und Tod.

Wenn ein eventuell noch kommender antichristlicher Weltherrscher eine äußere rituelle Handlung, ein mündliches oder schriftliches Bekenntnis beziehungsweise eine äußere Kennzeichnung als Beweis der persönlichen Loyalität zu ihm selbst sowie als Zeichen der gottähnlichen Verehrung seiner Person einfordern wird, dann werden die Christen dieses äußere Zeichen ebenso ablehnen wie ihre Glaubensgeschwister vergangener Zeiten. Die Christen werden auch in der Zukunft weder das geistliche noch das äußerliche Malzeichen des Tieres annehmen, weil sie bereits das geistliche Malzeichen des Herrn Jesus Christus angenommen haben. Sie sind versiegelt mit dem Siegel Gottes, nämlich mit dem Heiligen Geist, der das Unterpfand der ewigen Errettung der Gläubigen ist. Sie werden in Off 14,1 als solche gesehen, welche das Zeichen des Lammes an ihren Stirnen tragen und mit ihm auf dem himmlischen Berg Zion stehen. Das Zeichen des Lammes ist in der Symbolsprache der Offenbarung ein überaus deutlicher Antitypus (Gegenbild) zu dem Malzeichen des Tieres. Seine alttestamentliche Wurzel finden wir in Hes 9,4. Diese Gläubigen haben die Welt, den Teufel und sein Malzeichen überwunden, und sei es auch durch den Tod hindurch. Wir kommen nun zu unseren drei letzten Begriffen.


Der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der falsche Prophet

Am Ende unseres Exkurses bleibt noch die Beantwortung der Frage, ob es nach den Aussagen der Bibel tatsächlich einen einzigen menschlichen Weltherrscher geben wird, welcher die Christen wie niemals zuvor in der Geschichte weltweit verfolgen wird. Ich halte es zwar für möglich, jedoch nicht unbedingt für wahrscheinlich. Am Ende des Textes kommen wir mit einem alternativen Szenario noch einmal auf diesen Gedanken zurück. Zunächst möchten wir uns aber mit der von zahlreichen Auslegungssystemen gelehrten Möglichkeit beschäftigen, dass tatsächlich ein persönlicher Antichrist erscheinen wird. Paulus würde dann diesen jetzt noch zukünftigen Menschen als den "Menschen der Sünde" bezeichnen, den "Sohn des Verderbens" (2Thess 2,1-12). Johannes würde ihn in Off 20,10 als den "falschen Propheten" bezeichnen. Gleichzeitig bestünde auch eine Verbindung zu dem Tier und dem letzten König in Offenbarung 17. Wir möchten das nun näher betrachten, indem wir die Annahme eines persönlichen Antichristen zunächst einmal voraussetzen und das entsprechende Szenario schildern.


Zunächst zu Offenbarung 17. Hier sehen wir das Tier mit seinen sieben Köpfen und seinen zehn Hörnern. Johannes redet über sieben Köpfe, welche sieben Berge und sieben Könige sind. Fünf sind gefallen, einer ist und einer muss noch kommen für eine sehr kurze Zeit. Im ersten Jahrhundert konnten die Leser der Offenbarung hierbei zunächst an sieben konkrete Weltreiche denken, welche der Apostel sah: Ägypten, Assyrien, Babylon, Medopersien, Griechenland, Rom und schließlich das noch zukünftige letzte Reich. Alle vergangenen Reiche hatten das Volk Gottes schwer misshandelt, und auch das letzte Reich würde das Gleiche wieder tun. Wir sehen außerdem Babylon die Große, welche mit allen Königreichen der Erde verbunden ist, und welche bis zum Ende besteht. Babylon die Große symbolisiert in der Offenbarung die Gesamtheit der Verführung des gottlosen Weltsystems, welches die Gläubigen zu allen Zeiten vom Herrn ablenken will. Babylon die Große repräsentiert alles, was im Alten Testament durch die beiden Städte Babylon und Tyrus vorgeschattet ist.

Bei der schriftgemäßen Auslegung dieses Kapitels geht es jedoch nicht nur um die Berechnung von Zahlen, sondern auch um die Betrachtung der Zahlensymbolik im Buch der Offenbarung. Die Zahl der sieben Köpfe, sieben Berge und sieben Könige weist nicht nur auf eine rein historische Abfolge hin. Das wäre zu kurz gegriffen, denn die Offenbarung wurde nicht nur für die Christen des ersten Jahrhunderts geschrieben, sondern für alle Christen bis zur Wiederkunft des Herrn. Die Zahl sieben repräsentiert hier die Vollkommenheit der Pläne und Wege Gottes mit allen Weltreichen der Geschichte. Denken wir hierbei auch an Psalm 2. Alle Reiche dieser Welt werden kommen und gehen bis zum Ende, und zwar genauso wie Gott es geplant hat. Zwar wird keines von ihnen fehlen, aber auch keines von ihnen wird ewig bestehen. Die Zahl der zehn Hörner (Hörner als Symbol für Herrscher und Herrscherhäuser in der Bibel) weist darauf hin, dass Gott in der gesamten Weltgeschichte seine völlige Kontrolle über alle menschlichen Herrscher der Weltreiche ausübt, obwohl diese Herrscher von dem Drachen ihre Macht erhalten haben. Das ist das Erste.

Das Zweite ist, dass die Anwesenheit der soeben dargestellten Konstellation aus Tier, Köpfen, Königen und Hörnern bis zum Ende bestehen wird, denn alle genannten Mächte werden nach Off 17,14 gegen das Lamm (den Herrn Jesus Christus) kämpfen und von ihm endgültig besiegt werden. Hier wird nun auch die geistliche Verbindung zu 2Thess 2,1-12 erkennbar. Paulus sieht die Person des Menschen der Sünde, des Sohnes des Verderbens, welchen der Herr Jesus Christus vernichten wird durch den Hauch seines Mundes bei seiner Ankunft. Dieser eine Mann könnte als offizieller Repräsentant der hinter ihm stehenden teuflischen Macht an der Spitze des letzten menschlichen Weltreiches am Ende des christlichen Zeitalters stehen. Er würde dann die Gemeinde Christi weltweit in noch nie zuvor dagewesener Art und Weise innerlich verführen und äußerlich verfolgen. Er wäre der letzte und größte falsche Christus der Geschichte, der letzte und größte von allen Antichristen der Weltgeschichte. Er wäre der letzte große Irrlehrer, welcher in Zeichen und Wundern der Lüge auftreten und die Gemeinde Christi von innen heraus verderben würde. Wenn er kommt, dann wird er sich geistlich gesprochen in den neutestamentlichen Tempel Gottes setzen, welcher nach Joh 2,19-21, Off 11, 1Kor 3,16 und 2Kor 6,16 die Gemeinde Christi ist. Dieser Mann wird in Off 20,10 der falsche Prophet genannt. Es gab zwar in der Geschichte viele falsche Propheten, aber dieser Mann wird der letzte und größte von ihnen sein, der falsche Prophet schlechthin.

Sein allumfassendes letztes Weltreich wird das Tier schlechthin sein, nämlich das letzte und größte, das zusammenfassende von allen Tieren (gottlosen Weltreichen) der Geschichte. Die Gemeinde Christi wird unmittelbar vor dem Kommen des Herrn zum ersten und letzten Mal in der Geschichte einer buchstäblich weltumspannenden Staatsdiktatur gegenüberstehen, welche ebenso weltweit die gottgleiche Verehrung des einen Mannes an ihrer Spitze erzwingen wird. Der falsche Prophet wird auftreten wie etwa Ludwig XIV von Frankreich es in der Geschichte getan hat. Dieser König hatte gesagt: „Ich bin der Staat!“ (L`état, c`est moi!). So wird es auch der falsche Prophet tun. Er wird nicht nur das Weltreich lenken, sondern er wird sagen: „Ich bin dieses Reich! Ich bin das Tier!“ In diesem Sinne wird der falsche Prophet zu dem Tier selbst werden. In Off 17 verschwimmen diese einzelnen Begriffe mehr und mehr, sie sind am Ende nicht mehr klar voneinander zu trennen.

In der Geschichte waren die Reiche Satans trotz ihrer Schrecklichkeit doch immer nur regional begrenzt. Am Ende wird das eine Reich des Teufels die ganze Erde umfassen. Die Weltmenschen werden das Reich und seinen Herrscher bewundern, denn sie werden nicht fassen können, dass in unserer fortschrittlichen Zeit noch einmal ein derartiges Reich entstehen konnte, und dass noch einmal ein einzelner Mann zu einer solchen Machtfülle gelangen konnte. Sie werden dem Tier (dem Mann Satans und den Ordnungen seines Weltreiches) hinterherlaufen, welches sich nach vielen Jahrhunderten von seiner Todeswunde erholt haben wird.

Ein weiterer Gedanke ist hier ebenfalls von Bedeutung, wenn wir weiter über die Todeswunde des Tieres nachdenken. Wir lesen in Judas 9, dass der Satan nach dem Tod Moses mit dem Engel Michael einen Streit um den Leib Moses hatte. Gott hatte seinen großen Diener selbst begraben (5Mo 34,5-6), damit kein Mensch auf der Erde den Ort wissen konnte, an welchem der Leib lag. Kein Mensch konnte den Leib Moses finden, um ihn für irgendwelche bösen Zwecke in Besitz nehmen zu können. Der Satan wusste jedoch den Ort, denn er hatte in der unsichtbaren Welt beobachten können, wo Gott ihn begraben hatte. Er wollte nun selbst den Leib Moses in Besitz nehmen. Der Grund könnte evtl. gewesen sein, dass der Satan eine Reliquien-Verehrung des Leichnams Moses im Volk hervorrufen wollte. Einige gehen sogar so weit zu behaupten, dass der Satan den Leib Moses wiederbeleben wollte, um als falscher Mittler des Volkes in der leiblichen Gestalt Moses zum Volk zurückzukehren und es ins Verderben zu führen. Ob dies tatsächlich möglich gewesen wäre, sei dahingestellt. Der Engel Michael verhinderte jedenfalls dieses Vorhaben Satans.

In der Zukunft könnte es geschehen, dass der Satan als Geist tatsächlich in den Leib seines letzten Weltherrschers hineinkommen und ihn in Besitz nehmen wird. Wie wäre das möglich? Es könnte evtl. so sein, dass der falsche Prophet zur ersten Zeit seiner Herrschaft in einen todesähnlichen Zustand oder in einen Scheintodzustand kommen könnte, sei es durch eine schwere Verletzung, durch einen Unfall oder auch durch ein Attentat. Die Nachricht würde sich sehr schnell weltweit verbreiten und alle Menschen würden glauben dass er tot ist. Der Satan würde sich aber des Leibes bemächtigen und somit vor den Augen aller Welt eine gefälschte Auferstehung inszenieren. Die Welt würde diesem scheinbar vom Tod auferstandenen Mann nun bedingungslos folgen. Satan selbst würde in leiblicher Gestalt des falschen Propheten weiter vorangehen und zum Angriff auf alle noch lebenden Christen der Erde schreiten.

Die letzte Christenverfolgung wird alles je Dagewesene übertreffen. Der Satan wird jetzt nach Off 20,7-8 aus seinem Gefängnis losgelassen sein und alle Nationen der Welt, den Gog und den Magog von den vier Enden der Erde, gegen die Gemeinde Christi aufbieten. Wir finden in der Offenbarung eine feste Ordnung von drei Zeiten, welche in Harmonie mit dieser Deutung ist. Erstens das lange Zeitalter des Evangeliums, die 42 Monate oder tausend Jahre, die Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit, die 1260 Tage (Off 11,2-3; 12,6+14; 13,5; 20,2-5). Zweitens eine sehr kurze Zeit von symbolischen dreieinhalb Tagen, in welcher das Evangelium zum Schweigen gebracht ist und die zwei Zeugen tot auf der Straße liegen (Off 11,7-9; 13,7; 20,7-10). Drittens den Tag des Gerichts mit dem zweiten Kommen des Herrn (Off 11,11,12+16ff; 14,14ff; 20,11ff). Der Geist des Antichristen, der Satan, wird ganz am Ende durch die Hand des falschen Propheten global herrschen und die Christen mächtig unter Druck setzen. Während der ganz kurzen dreieinhalb Tage nach dem Ende der dreieinhalb Jahre wird er die Heiligen durch die Hand des letzten Weltherrschers töten und das Zeugnis des Evangeliums für kurze Zeit weltweit zum Schweigen bringen (Off 11,7).

Als Christen müssen wir uns umso mehr mit dem Gedanken einer unter Umständen auch uns selbst betreffenden harten Verfolgung auseinandersetzen, je näher das Kommen des Herrn heranrückt. Sacharja 14 beschreibt einen harten Angriff der Nationen auf das Jerusalem Gottes (die Gemeinde Christi) zur Zeit des Endes. Dieser Angriff wird auf allen Ebenen unseres Lebens erfolgen. Der Satan wird am Ende losgelassen werden und unter der Zulassung Gottes unsere Fluchtwege versperren. Es wird andererseits nach Lk 17,26-30 auch so sein wie in den Tagen Noahs und Lots. Das bedeutet, dass die Welt (abgesehen von der Verfolgung der Christen, die man in den Medien ausblenden und im Bewusstsein der unbekehrten Menschen totschweigen wird) ihre ganz offen gottlose Betriebsamkeit nicht nur weiterführen, sondern noch erheblich steigern wird. Könnte es sein, liebe Geschwister, dass wir bereits in unserer Zeit die ersten Vorstufen dieser schrecklichen letzten Dinge erleben müssen? Weltweit sterben so viele Christen wie niemals zuvor, und zahllose werden vertrieben. Die Medien berichten über alles Mögliche, nur nicht darüber. Es scheint den Weltmächten mehr und mehr gleichgültig zu sein, wie viele Christen in allen Teilen der Welt unter Ausschluss der Öffentlichkeit ermordet werden.

Bei der Ankunft des Herrn wird das alles zu seinem endgültigen Ende kommen. Der Satan (der Drache mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern, der Teufel, die alte Schlange, der Leviathan im Meer), das Tier (das letzte weltumspannende Reich des Drachen, oder anders gesagt alle menschlichen und teuflischen Machtstrukturen dieser Welt) und der falsche Prophet (der menschliche Herrscher dieses letzten Reiches, der letzte und größte aller menschlichen Antichristen, der letzte und größte aller falschen Propheten der Geschichte) werden in den Feuersee geworfen in Off 20,10.


Wir kommen nun zur alternativen Deutung des Antichristen. Im ersten Teil des Textes haben wir betont, dass der Antichrist nach den Aussagen der Schrift zunächst einmal ein Geist ist, welcher sich in der Welt durch zahlreiche menschliche „Antichristen“ manifestiert. Diese Menschen verbreiten seine Gedanken und verwirklichen seine Ziele. In Anbetracht dieser Tatsache soll nun der personengebundenen Deutung eine mehr geistliche Deutung hinzugefügt werden. Diese geistliche Deutung ist ebenso gut möglich wie die personengebundene Deutung. Möglicherweise kommt nämlich die von Menschen geplante Einsetzung eines persönlichen Antichristen (und seines Machtsystems in der Welt) gar nicht zustande. Der Herr Jesus Christus hat gemäß Psalm 2 jederzeit die Macht, die satanischen Aktivitäten in der Welt zuzulassen oder zu beenden. Anstelle der satanischen Aktivitäten könnten dann ganz andere Pläne zur Ausführung kommen.

Bereits zur Zeit des Apostels Johannes war der antichristliche Geist in der Welt und in den Gemeinden wirksam. Durch die apostolische Autorität wurde er bald aus den Gemeinden der ersten Zeit verbannt. Nach dem Tod der Apostel drang er jedoch umso stärker wieder in die Gemeinden ein. Im Verlauf der Jahrhunderte kam es an verschiedenen Orten zu einem geistlichen Kreislauf aus Degeneration, Verfall, Abfall, Gericht und schließlich Wiederherstellung in Erweckungen. Dieser geistliche Kreislauf ist ein Prinzip des neutestamentlichen Gemeindezeitalters, welches bis zum Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit gelten wird. Im Verlauf der Kirchengeschichte gelang es dem Antichristen immer wieder, sich in der Gemeinde Gottes breitzumachen und große Zerstörungen anzurichten. Und immer wieder brachte der Herr daraufhin Züchtigung über die Gemeinde, verbunden mit Gerichten über die menschlichen Antichristen und über die gottlose Welt.

Die Merkmale des Antichristen waren immer dieselben: Lügen über die Menschheit und Gottheit des Herrn Jesus Christus, über sein Kommen im Fleisch, über sein Werk am Kreuz, über seine Auferstehung und Verherrlichung. Lügen über das Reich Gottes, über die Errettung, die notwendige Heiligung und endgültige Verherrlichung der Gläubigen. In der Neuzeit schließlich Erhöhung des geschaffenen Menschen über Gott (zum Beispiel in der Renaissance und im Humanismus: der Mensch ist das Maß aller Dinge): Selbstwert, Selbstbewusstsein, Selbstvergöttlichung, fehlende Gottesfurcht, Zerstörung der Ordnung der Geschlechter, ungezügeltes Sexualleben, gottlose Philosophien, Ideologien und religiöse Systeme. Hass, Ausgrenzung und Verfolgung der Kinder Gottes. Am Ende dann politische Ideologien (Nationalsozialismus, Marxismus, Kommunismus, Neomarxismus, Anarchie) und sogar totale Verleugnung Gottes (Atheismus).

Gemäß dieser Sichtweise könnte es kurz vor dem Ende der heutigen Welt dazu kommen, dass der Geist des Antichristen in nie dagewesener Weise die gesamte Erde einnehmen wird. So wie die Christen in Christus zu einem neuen Menschen gemacht worden sind (Eph 2,15), ebenso könnte dann die gesamte gottlose Menschheit zu einem „Menschen der Sünde“ (2Thess 2,4) vereint werden. Dieser "Mensch der Sünde" würde auf der ganzen Erde seine Sündhaftigkeit und Verdorbenheit in schrecklicher Weise zur Schau stellen. Denken wir hierbei besonders an Rö 1,18-32 und 2Tim 3,1-9.

Auch in die Christenheit des Endes würde dieser „Mensch der Sünde“ ungehemmt eindringen und sie verderben. Der Geist des Antichristen würde durch seine Agenten (die menschlichen Antichristen innerhalb der Gemeinde) die weltweit sichtbare Gemeinde geistlich und praktisch übernehmen. Er würde sich in die Gemeinde, welche ja der Tempel Gottes im neuen Bund ist (1Kor 3,16; 2Kor 6,16), hineinsetzen und sich selbst als Gott verehren lassen. In der Praxis würde das bedeuten, dass alle vorgenannten Eigenschaften des Antichristen in der Gemeinde nicht nur Fuß fassen, sondern sogar das Geschehen weltweit beherrschen würden. Das Jerusalem Gottes, nämlich die Gemeinschaft der wirklichen Gläubigen, wäre in einer solchen Christenheit von allen Seiten umstellt und nicht mehr handlungsfähig. Das Heerlager der Heiligen in der Welt könnte dann einzig und allein auf die Hand des Herrn hoffen und vertrauen. Die fast vollständig christuslos (und letztlich auch gottlos) gewordene Namenschristenheit des Endes würde dem endgültigen Gericht bei der Wiederkunft des Herrn entgegentaumeln, welches am letzten Tag völlig unerwartet käme.

In dieser Betrachtungsweise wäre nicht zwingend ein letzter Weltkrieg vonnöten, ebenso keine weltweite Schreckensherrschaft eines einzelnen Menschen. Die Zahl 666 würde weiterhin das menschliche Streben nach Selbstvergöttlichung repräsentieren. Die 666 wäre außerdem die Repräsentation der ganzen gottlosen Menschheit in ihrem Streben nach Göttlichkeit, verbunden mit ihrer gottlosen Gesinnung (Malzeichen an der Stirn) und ihrem gottlosen Handeln (Malzeichen an der rechten Hand). In dieser Deutung würde das erste Tier die Gesamtheit der menschlichen Ideologien und Denksysteme mit den daraus resultierenden politischen Herrschaftsformen repräsentieren. Das zweite Tier würde die Gesamtheit der Systeme der religiösen Unterdrückung der Menschheit im Dienst der politischen Systeme repräsentieren. Der falsche Prophet wäre die Gesamtheit der religiösen Verführungen des antichristlichen Geistes.

In unserer Zeit treten die soeben genannten Dinge in der Tat weltweit zutage, und zwar in nie dagewesener Stärke. Die sichtbare Christenheit unserer Tage ist überwiegend vom Geist des Antichristen kontrolliert und verdient den Namen nicht mehr, welchen sie noch immer trägt. Die unerrettete Welt steigert ihre Gottlosigkeiten immer weiter. Die Zuchtrute der Neuen Weltordnung (NWO) schwebt heute über dem abtrünnigen Volk Gottes, ebenso wie die Macht des Assyrers oder des Babyloniers zu alttestamentlicher Zeit. Die abgefallene Christenheit geht (ebenso wie das Volk Gottes im AT) einer Züchtigung entgegen. Die gottlose Welt hingegen geht (ebenso wie die alten Weltmächte) einem Gericht entgegen.

Niemand vermag zu sagen, in welcher Art und Weise der Herr mit seiner Herde und mit der gottlosen Welt handeln wird. Wird es ein schrecklicher Weltkrieg sein? Wird es ein wirtschaftlicher Zusammenbruch sein, Revolutionen, Anarchie, Umsturz von Regierungsstrukturen, ein moralischer Umschwung, ein gewaltiges geistliches Umdenken auf der ganzen Erde, oder eine Kombination aus den genannten Dingen? Werden die bevorstehenden Veränderungen die letzten in der Weltgeschichte sein und das Kommen des Herrn zum Weltgericht unmittelbar einläuten, oder wird es danach noch einmal eine Zeit der Gnade mit einer gewaltigen Frucht für das Evangelium unter den Juden und den anderen Nationen der Erde geben? Kein Mensch kann es wissen.

Als Christen sollen wir daher den Glauben und die Hoffnung standhaft festhalten, und zwar durch die auch uns eventuell bevorstehenden Drangsale hindurch. Wir werden geprüft werden, das ist wohl klar. Wie diese Prüfung allerdings aussehen wird und zu welchem Ausgang sie am Ende führen wird, das dürfen wir getrost dem Herrn Jesus Christus überlassen. Wir sollen ausharren im Gebet für die Bewahrung und Heiligung der Gläubigen, aber auch für die Rettung der Verlorenen auf der ganzen Erde, und zwar aus den irdischen Juden und Nichtjuden. Wir sind Gottes Kinder, und der Vater gibt seinen Kindern, wenn sie ihn bitten. – Amen.

Ende der Anmerkung.

 

So kommen wir nun zu den andern Reitern. Stellen wie Hes 5,17; 14,21 oder Sach 1,8ff kommen hier in Betracht. Sie lassen uns vermuten, dass Gott bestimmte Abfolgen von Dingen oder Geschehnissen benutzt, wobei die nachfolgenden Dinge im Dienst des ersten zu stehen scheinen. Da scheint auch hier der Fall zu sein. Die weiteren Reiter sind die Nachfolger des ersten Reiters.

Das zweite Siegel zeigt das rote Pferd und seinen Reiter. Er hat ein Schwert (griechisch: „machaira“, das Opferschwert). Er symbolisiert religiöse Verfolgung. Sobald der Herr mit seinem Wort und seinem Geist Einzug hält, kommt hinterher das Schwert der Verfolgung. Die Stelle harmoniert mit Mt 10,34 (auch hier: machaira). Drittens ist von Schlachten die Rede. Vergleiche hierzu: 1Joh 3,12; Off 5,6+9+12; 6,9; 13,15; 18,24. An allen diesen Stellen werden Gläubige getötet. Unter dem fünften Siegel sehen wir vor dem Thron diejenigen stehen, die unter dem zweiten Siegel geschlachtet wurden. Der Textzusammenhang ist sehr klar. Als letztes soll gesagt werden, dass Johannes zu Gläubigen spricht, die buchstäblich geschlachtet wurden in jener Zeit. Er sprach direkt in ihr Leben hinein. Weitere Stellen: Mt 5,10-11; Lk 21,12; Apg 4,1; 5,17. Der rote Reiter ist nicht eine bestimmte Person, sondern er repräsentiert ein Prinzip, welches während des gesamten Gemeindezeitalters gilt: Das klare Bekenntnis zu dem Herrn Jesus Christus bringt sehr oft das Schwert.

Das dritte Siegel zeigt das schwarze Pferd und seinen Reiter. Dieses Symbol weist auf wirtschaftlichen Druck hin, welcher die Christen unter vielen Regimen getroffen hat. Viele verloren ihre Arbeit und waren zur Armut verurteilt, während die Reichen sorglos ihr Öl und ihren Wein genossen. Auch die armen und verfolgten Gläubigen des ersten Jahrhunderts konnten diese Botschaft gut verstehen. Somit gehört der dritte Reiter zu dem zweiten, denn beide zeigen verschiedenen Formen der Verfolgung. Der unterdrückte Gläubige fühlt jedoch umso stärker seine Abhängigkeit von Gott und wird so in seinem Glauben gestärkt.

Das vierte Siegel zeigt das fahle Pferd und seinen Reiter. Es symbolisiert Krankheit und Tod im Allgemeinen. Diese betreffen Gläubige und Ungläubige, sie kommen durch das Schwert, durch Hunger, Pest und die wilden Tiere der Erde. Der Hades folgt ihm nach und schluckt die Toten. Das Gericht betrifft aber nur ein Viertel der Erde. Gott hat alles unter Kontrolle, und die Gewalt ist begrenzt. Viele sterben auch einen friedlichen Tod, und Gott hat unter den Gläubigen immer seinen Überrest. Das Schwert ist hier „romphaia“, also das große Kampfschwert. Hier geht es nicht mehr um religiöse Verfolgung, sondern allgemein um Krieg. Die alttestamentliche Wurzel dieser Passage ist zu finden in Hes 14,21-22.

Das fünfte Siegel zeigt die Seelen derer, die um des Wortes willen hingeschlachtet wurden. Sie schreien um Rache für das vergossene Blut, und zwar zur Verherrlichung Gottes. Sie sehnen sich nach dem Ende der Ungerechtigkeit. Sie werden von Gott bekleidet und erhalten die Zusicherung, dass endgültige Gerechtigkeit kommen wird.

Das sechste Siegel führt uns dann in dieses Endgericht hinein. Es zeigt uns die letzte globale Katastrophe mit einem zusammenbrechenden Universum und einer heillos erschreckten ungläubigen Menschheit. Hier finden wir die erste 666 des Buches: Unter dem sechsten Siegel kommt das Gericht auf sechs verschiedene Bereiche der Schöpfung und betrifft sechs Gruppen von Menschen in der ungläubigen Welt. Die sechs Dinge sind: Ein großes Erdbeben. Die Sonne wird schwarz wie Sacktuch. Der Mond wird wie Blut. Die Sterne fallen zur Erde wie reife Feigen. Der Himmel selbst wird aufgerollt wie ein Buch. Berge und Inseln verschwinden völlig. Die sechs Gruppen von Menschen: Die Könige der Erde. Die Fürsten. Die Generäle. Die Reichen. Die Starken. Die Sklaven und Bürger.

Anmerkung: Hier beschäftigt mich schon seit längerer Zeit eine Übereinstimmung mit Jes 34,4 und 1Mo 1,14-17. Gott hat eine Ausdehnung und ein Firmament geschaffen, an welchem er die Sterne befestigt hat. Wenn ich das lese, dann bekomme ich den Eindruck, dass es sich hierbei um ein uns umschließendes gigantisches Gewölbe handelt, welches so weit von der Erde entfernt ist, dass wir es als Menschen nicht erreichen können. An diesem Gewölbe hängen die Sterne. Könnte es eventuell so sein, dass sich jenseits dieses Gewölbes der Bereich Gottes befindet? Von Zeit zu Zeit öffnet Gott eine kleine Luke, und die Wissenschaftler „entdecken einen neuen Stern“, wenn das Licht Gottes durch die Luke in unsere Dunkelheit hineinscheint.

Unsere Astronomen reden über etwa 13 Milliarden Lichtjahren und zeigen uns die Aufnahmen des Hubble-Teleskops. Ich kann mich an einen Christen erinnern, der bei einem Vortrag das „Hubble-Universum“ wie eine Pizza in der Hand hielt. Können wir so etwas überhaupt verstehen, oder spielen wir Gott, wenn wir so etwas tun? Ich habe manchmal den Eindruck, dass der Herr am letzten Tag den Himmel zusammenrollen wird wie eine Buchrolle, nachdem er zuvor die Sterne von der Zeltplane abgeschüttelt hat. Genauso sagt es nämlich sein Wort. Dann werden wir vielleicht alle eine gewaltige Überraschung erleben. Ende der Anmerkung.

In dem Augenblick, wo man das siebte Siegel erwarten würde, ändert sich dann plötzlich die Szene. Alle warten auf den großen letzten Schlag, aber Gott lässt zuerst seine Leute auf der Erde versiegeln. Ein Siegel schützt, es markiert Eigentum, und es bezeugt Echtheitscharakter. Alle Christen sind in diesem dreifachen Sinn versiegelt (Mt 27,66; Off 5,1; Eph 1,13; Rö 8,15).

Die Zahl der Versiegelten ist 144.000. Dies ist Symbolik: Gott (3) führt sein Werk der Errettung auf der Erde (4) aus, und zwar im Alten und im Neuen Testament. Im Alten Testament sehen wir daher die 12 Patriarchen der Stämme Israels (3x4). Im neuen Testament sind es die 12 Apostel (3x4). Die Gesamtheit aller Gläubigen auf der Erde in beiden Zeitaltern sehen wir daher in der Zahl 144 (12x12). Das neue Jerusalem hat 12 Tore, auf denen die Namen der 12 Stämme Israels stehen und 12 Grundlagen, auf denen die Namen der 12 Apostel des Lammes stehen. Auch hier wieder 144 (12x12) Die Mauer ist 144 Ellen hoch. Das ist kein Zufall, sondern klare Zahlensymbolik. Bei unserem Siegel wird die Zahl 144 noch mit 1000 multipliziert. Dies ist 10x10x10, also die Zahl des vollkommenen Würfels im Heiligtum der Stiftshütte und des Tempels. Sie zeigt dreifache Vollkommenheit an. 144.000 ist somit die symbolische Zahl für die Summe aller Erlösten des Gemeindezeitalters auf der Erde im Bild des irdischen Israel. Dass es Symbolik ist, erkennt man auch daran, dass der Stamm Dan nicht genannt wird, und dass die Namen nicht in der Reihenfolge der Geburt genannt werden. Es beginnt mit Juda, dem Stamm des Messias. In Kapitel 14 findet man diese 144.000 wieder, auch dort sind sie versiegelt. Im neuen Zustand am Ende findet sich wieder die versiegelte Menge. Überall wo die 144.000 in der Offenbarung auftaucht, symbolisiert sie die Gesamtheit aller Erlösten. Das Symbol ändert sich nicht, es bedeutet nicht an einer anderen Stelle desselben Buches plötzlich etwas anderes, denn es wäre dann nicht mehr zu deuten.

Das siebte Kapitel schließt mit einem Blick auf das Bild der bei Gottes Thron versammelten Heiligen des Gemeindezeitalters, welche den irdischen Lauf schon vollendet haben. Hier sehen wir die Erlösten der Gemeinde nicht mehr auf der Erde, sondern im Himmel. Es ist die unzählbare Menge, welche die Ewigkeit mit dem Vater und dem Lamm verbringen wird. Hier sehen wir, dass die Zahl der 144.000 auf der Erde auf eine unzählbare Menge im Himmel und in der Ewigkeit hindeutet. Die Zahl der Erlösten im Himmel ist erheblich größer als die Zahl derer, die sich noch auf der Erde befinden. Von den Himmlischen wird gesagt, dass sie aus großer Drangsal kommen. Das ist im Buch der Offenbarung die große und gewaltige Summe aller Bedrängnisse während des gesamten Gemeindezeitalters, welche unter den ersten vier Siegeln die Gläubigen betroffen haben.

Anmerkung: Der Textzusammenhang weist meines Erachtens auf diese Deutung hin. Auch an anderen Stellen der Bibel wird das Wort Drangsal erwähnt. Es bedeutet aber dort nicht genau dasselbe wie hier. Entscheidend ist wie ich glaube der Kontext, und dieser spricht hier von Erlösten des Gemeindezeitalters, welche vor dem Thron stehen. Deshalb muss sich der Begriff der großen Drangsal nach meiner Überzeugung hier auf das gesamte Gemeindezeitalter beziehen. Wenn man das Wort „Drangsal“ in anderen Büchern der Bibel liest, dann muss man genau nachsehen, was es im dortigen Kontext bedeutet. Man kann nicht ein Wort aus Jeremia oder Matthäus nehmen und es ohne den dortigen Textzusammenhang, welcher aus einem ganz anderen Buch stammt, einfach wie einen Puzzlestein in die Offenbarung einsetzen. Der Puzzlestein passt nämlich nicht genau. Die Regeln einer gesunden Textauslegung fordern meines Erachtens die vorgenannte Deutung. Die englische KJV-Bibel übersetzt sogar in Vers 14: „(…) diese sind es, welche aus großer Drangsal (nicht: aus der großen Drangsal) kommen.“ Dieses letzte große Bild schließt gewissermaßen den Abschnitt von Kapitel 4-7 endgültig ab. Erst nach diesem Ausblick, welcher auch die Sicherheit der Gläubigen (das Siegel Gottes) zeigt, wendet sich das Geschehen im nächsten Abschnitt des Buches wieder der Erde zu.

Anmerkung: Hendriksen war ein Vertreter der so genannten „Replacement-Theology“, welche davon ausgeht, dass die Gemeinde des neuen Bundes nur die Fortsetzung Israels sei, und dass Israel keine Zukunft mehr hat. Diese Ansicht teile ich nicht. Ich stimme der Auslegung der Zahlensymbolik des siebten Siegels zu. Andererseits möchte ich aber dieses sagen: Im alten Bund war der irdische Segen und die irdische Gemeinschaft mit Gott auf das Volk Israel begrenzt. Die Nationen gingen ihre eigenen Wege ohne Gott, während Israel das irdische Volk Gottes war. Die Heiden waren fern von den Verheißungen, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt. Als Christus kam, ging das Heil Gottes, welches aus den Juden kommt (Joh 4,22), auf die Nationen über. Somit gibt es heute auf der Erde drei große Gruppen von Menschen: Erstens das Volk der nicht messiasgläubigen Juden/Israelis, das Israel nach dem Fleisch. Zweitens die ungläubige Masse aus den Nationen. Drittens die Gemeinde des neuen Bundes, bestehend aus gläubigen Juden/Israelis (dem Israel Gottes) und Gläubigen aus den Nationen, beide zu einem Leib in Christus vereint. Auch die heutigen Juden haben bereits jetzt in der Gegenwart eine wunderbare Hoffnung, nämlich dann, wenn jeder von ihnen sich ganz persönlich zu dem wahren Messias Israels, zu dem Herrn Jesus Christus, bekehrt. Auch im gegenwärtigen Israel steht für jeden einzelnen Menschen die Tür zum Reich Gottes offen. Durch die Wiedergeburt zum neuen und ewigen Leben wird jeder Mensch, ob Jude oder Heide, Teil der Gemeinde Christi. Diese Gemeinde ist das Israel im Geist des Neuen und Ewigen Bundes. Es ist die wahre Beschneidung, die Beschneidung des Christus. Hier ist weder Jude noch Grieche, sondern alle sind eins in Christus. Ende der Anmerkung.

 

Offenbarung 8-11: Die sieben Posaunen

So sind nun die Gläubigen in Kapitel 7 versiegelt und sicher. Die sieben Posaunen in Kapitel 8 und 11 weisen hin auf Serien von Ereignissen, die als schwere Bedrängnisse immer wieder während des gesamten Gemeindezeitalters an den verschiedensten Orten auftreten. Sie laufen parallel zu den Siegeln. Gott warnt wiederholt die Ungläubigen und die Verfolger der Christen, um sie zur Umkehr zu bringen. Die ersten vier beschädigen die gottlosen Menschen körperlich: Erde, Meer, Flüsse, Sonne und Gestirne. Die letzten drei betreffen den seelischen und geistlichen Bereich: Heuschrecken, Dämonen, Verzweiflung und Zorn. Die Posaunen dienen zur Warnung, die Gerichte sind noch nicht endgültig. Es wird immer nur ein dritter Teil zerstört. Dieser geistliche Charakter wird auch klar aus der Tatsache, dass die Posaunen sehr ähnlich sind den Gerichten über Ägypten. Auch dort wollte Gott die Ägypter noch zur Umkehr bringen, aber es geschah nicht. Auch dort wurden immer zuerst zwei Gerichtsserien angekündigt (wie Siegel und Posaunen), die dritte Serie kam ohne Warnung (wie Schalen).

Zuvor wird aber das siebte Siegel geöffnet. Wir sehen dadurch, dass die Posaunen geistlich gesehen aus den Siegeln hervorkommen. In der Praxis laufen sie parallel: die Siegel der Verfolgung haben als praktische Konsequenz die Posaunen der Warnung. Werden auch diese nicht beachtet, dann folgen in letzter Konsequenz ohne weitere Warnung die Schalen des Zorns (siehe Kap. 16). Das gilt für einzelne Menschen, für Gruppen, aber letztlich auch für die ganze Welt.

Es entsteht eine große Stille. Das Universum steht in unaussprechlicher Bewunderung wie gebannt vor dem allmächtigen Richter. Was wird geschehen? Ein Engel tritt hervor. Er bringt ein Räucherwerk (nach 2Mose 30 ein klares Bild für die Herrlichkeit des Herrn Jesus) zusammen mit den Gebeten der Heiligen auf dem Altar dar. Es wird völlig klar: Die Gebete der verfolgten und leidenden Gemeinde steigen von der Erde nach oben. Sie werden durch den Heiligen Geist und die herrliche Vermittlung des Herrn Jesus Christus vor dem Vater annehmlich gemacht. Dann antwortet Gott mit Posaunengerichten über die Verfolger. Liebe Geschwister: Unser Gebet „Wie lange noch, Herr?“ und alle anderen Gebete bleiben nicht ungehört. Gott reagiert darauf, sie haben Einfluss auf das Weltgeschehen im Sinne der Förderung der Sache des Herrn und seiner Gemeinde.

Die erste Posaune bringt Hagel, vermischt mit Blut. Dies zeigt zerstörerischen Charakter an. Verschiedenste Katastrophen zu Lande treffen die Verfolger. Die zweite Posaune bringt einen großen brennenden Berg, der ins Meer geworfen wird. Dies ist nicht ein bestimmter Meteorit, sondern das Symbol für Katastrophen auf dem Meer, von welchen die ungläubige Welt immer wieder getroffen worden ist und noch wird. Die dritte Posaune bringt mit dem Stern Wermut Katastrophen im Bereich der Seen, Flüsse und Wasserquellen. Denken Sie hierbei an Fluten, Überschwemmungen, Trinkwasservergiftungen, aber auch Trockenzeiten. Der Wermut symbolisiert die extrem bitteren Folgen für die Menschen, wenn sie betroffen werden. Die vierte Posaune betrifft Sonne, Mond und Gestirne. Auch atmosphärische Katastrophen haben immer wieder negative Auswirkungen auf die Erde gehabt. Bei vielen Ungläubigen haben sie Furcht bewirkt. Kehrt um! Der fliegende Engel am Himmel kündigt noch Schlimmeres an!

Die fünfte Posaune zeigt einen Stern, der vom Himmel gefallen ist, und dem der Schlüssel zum Abgrund gegeben wird. Es heißt in Lk 10,18:

Da sprach er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ 

Apollyon, der Verderber, und seine Dämonen werden unter der Zulassung Gottes losgelassen. Bereits normale Heuschreckenschwärme können unfassbare Zerstörungen der Vegetation verursachen. Die Heuschrecken unter der fünften Posaune sind jedoch Dämonen, die ihre quälende Kraft in den Seelen und im Geist der unerretteten Menschen entfalten. Anmerkung: Nach meiner Ansicht leben wir heute mehr und mehr in diesem dämonisierten Zeitalter, welches dem Gericht vorangeht. Die Menschen in der Welt haben kein Licht mehr, keine Gerechtigkeit und Heiligkeit, keine Freude, keinen Frieden, keine Weisheit und kein Verständnis mehr. Trotzdem wollen die meisten von ihnen noch immer nicht umkehren (Kap 9,21). Ende der Anmerkung.

Unter der sechsten Posaune werden die Dämonen immer teuflischer, und sie haben jetzt auch die Gewalt, den dritten Teil der Menschen zu töten. Kriege mit gewaltigen Heeren (ausgedrückt in der symbolischen Zahl 200 Millionen) werden angekündigt. Dies ist zum einen auf die großen Kriege der Vergangenheit anzuwenden, in denen zum Teil ganze Landstriche entvölkert werden. Es deutet andererseits darauf hin, dass gegen Ende der Zeit eine immer mehr zunehmende Zahl schrecklicher Kriege mit ebenso schrecklichen Waffen geführt wird, zuletzt global ausgedehnt. Die Dämonen sind schwer bewaffnet, und somit auch Symbole für Kriegsmaschinen aller Art. Außerdem kommen sie aus dem Bereich des Euphrats. Dieser Fluss repräsentiert die Gebiete von Babylon und Assyrien, im Bild also die gesamte böse Welt. Kriege furchtbaren Ausmaßes werden hier gezeigt.

Die letzte Wehe der siebten Posaune muss jetzt noch kommen. Sie wird angekündigt durch einen gigantischen Engel, der uns in seinem Erscheinungsbild sehr stark an den Herrn selbst erinnert. Er brüllt mit der Stimme eines Löwen, und die sieben gewaltigen Donner antworten ihm. Johannes wird es nicht erlaubt, die Rede aufzuschreiben. Es gibt Dinge im Universum, die wir als Menschen nicht wissen dürfen. Sie sind einfach zu hoch für uns. Gott regiert nach seinen eigenen Wegen, und er macht uns nicht alles bekannt. Vieles bleibt bei ihm selbst und ist uns allen verborgen. Nur so viel sagt der Engel: Es wird jetzt keinen Aufschub mehr geben.

Alle erwarten in diesem Moment die letzte Posaune. Doch sie kommt noch immer nicht. Genauso wie zwischen dem sechsten und siebten Siegel ein wunderbarer Ausblick auf die überwindende Gemeinde gegeben wurde, um die Gläubigen zu trösten und zu ermuntern, so wird auch hier eine Einschaltung gegeben, welche uns herrliche Dinge zeigt. Wieder werden die Gläubigen gestärkt, bevor die schwersten Gerichte über die gottlosen Menschen hereinbrechen.

Johannes erhält von dem Engel eine kleine Buchrolle, die er essen muss. In seinem Mund ist sie süß wie Honig, in seinem Bauch aber bitter. Dieses Bild ist verwurzelt in drei alttestamentlichen Stellen: Ps 119,103; Jer 15,16; Hes 2,9 und 3,1ff. In der Zusammenschau können wir sagen: Die Rolle ist das Wort Gottes. Der Zeuge Gottes muss es essen. Es bringt ihm eine süße Botschaft, aber auch bitteres Gericht für die Welt. Wenn er es verdaut hat, muss er es auch an andere weitersagen. Jeremia und Hesekiel mussten das tun unter sehr schwierigen Umständen, aber sie konnten nicht schweigen. Das Zeugnis kann sehr bittere Erfahrungen nach sich ziehen. Die Süße des Wortes Gottes hat in Form der Verfolgungen oft bitteren Nachgeschmack. So auch hier: Die Verkündigung des Wortes Gottes in unserer Zeit des Evangeliums darf auch das Gericht nicht verschweigen, und es bringt auch für die Gemeinde bittere Verfolgungen, aus denen die Gläubigen letztendlich aber als Überwinder hervorgehen werden, und sei es auch durch den Tod hindurch. Diese Tatsachen werden uns im 11. Kapitel klar vor Augen gestellt, denn das 11. Kapitel steht in untrennbarem Zusammenhang mit Kapitel 10, wie 10,11 zeigt.

Johannes muss mit einer Rute den Tempel Jerusalems messen. Den Vorhof soll er nicht messen. Die Stadt wird von den Heiden zertreten werden für 42 Monate. Das ist das Bild. Was bedeutet es? Der Tempel Gottes in der Gemeindezeit ist die Gemeinde selbst (1Kor 3,16; 2Kor 6,16). Sie wird hier gemessen, so wie sie in Kapitel 7 gezählt wurde. Die echten Gläubigen sind gemessen und gezählt, sie stehen unter Gottes ewigem geistlichem Schutz. Nach ihrem äußerlichen Leben in der Welt, repräsentiert durch den Vorhof, stehen sie jedoch nicht unter diesem Schutz. Die Gemeinde, das geistlich gemessene und sichere Heiligtum Gottes, wird von der Welt zertreten, sie ist äußerlich verwundbar, ohne jedoch jemals ganz unterzugehen. Dies dauert an für 42 Monate, also während des Gemeindezeitalters. So ist auch Jerusalem bzw. die große Stadt in diesem Bild in der Offenbarung eine Darstellung der ganzen ungläubigen Welt, die die Gemeinde verfolgt. In 11,8 kommt es klar und deutlich zum Ausdruck: Es ist die große Stadt (das ist: die ganze Welt), die im geistlichen Sinn Sodom und Ägypten heißt (wieder die Bosheit der Welt), wo auch unser Herr gekreuzigt worden ist (der Herr ist von der Welt ans Kreuz gebracht worden; er selbst gehörte nicht zu dieser Welt, welche durch Jerusalem repräsentiert wurde; deshalb starb er außerhalb der Stadt; siehe hierzu auch Hebr 13,11-14).

Dann kommen die zwei Zeugen, und auch sie dienen für 1260 Tage, das sind die 42 Monate, und somit ein Bild für das gesamte Evangeliumszeitalter. Wer sind sie? Im Alten Testament sehen wir sie vorgeschattet in Mose und Elia, aber genauso auch in Elia und Elisa. Elia tat den Dienst des Gesetzes, Elisa den Dienst der Gnade. Die Erfüllung des Bildes kam in Johannes dem Täufer und dem Herrn Jesus selbst: Johannes mit dem Dienst der Buße unter dem Gesetz, der Herr selbst mit dem Dienst der Gnade und Wahrheit. Der Herr sagt selbst: „Wenn ihr es glauben wollt: Elia ist schon gekommen.“ Er sprach von Johannes dem Täufer.

So hat auch die ganze Bibel zwei Zeugen, nämlich das Alte und das Neue Testament. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament kommen entscheidende Stellen vor, an denen über zwei Zeugen geredet wird: 5Mo 17,6; 5Mo 19,15; Mt 18,16; 2Kor 13,1. Sehr auffällig ist, dass es genau 2 x 2 Stellen sind. Das Zeugenprinzip hat also sehr stark mit der Zahl zwei zu tun, und es ist untrennbar mit dem Evangelium verknüpft, denn auch der Herr sendete seine Jünger immer wieder zu zweit aus (Lk 10,1-2), um das Evangelium zu verkünden. Es sind im Evangelium auch immer zwei Gruppen: die Zeugen und die Hörer.

Wenn wir in Sach 4 die zwei Ölbäume (die zwei Söhne des Öls, also die Zeugen des Heiligen Geistes) sehen, dann sind sie dort untrennbar mit sieben Lampen verbunden. Auch dieses Bild weist klar auf die Verkündigung des Evangeliums im neuen Bund hin. In Off 2 und 3 sehen wir sieben Leuchter als Bilder der sieben Gemeinden Kleinasiens. Die Gemeinden selbst sind die äußere Darstellung des Evangeliums in der Welt, sie werden gesehen. Ihr geistliches Licht kann aber nur leuchten, wenn sie das Öl der beiden Ölbäume, also das Öl des Zeugnisses Gottes durch den Heiligen Geist, besitzen.

In der Gesamtschau aller dieser Dinge ist es somit klar, dass die zwei Zeugen in Off 11 ein Bild für das Zeugnis des Evangeliums in der Welt sind, gegeben durch die Gemeinde, und zwar während des gesamten Evangeliumszeitalters, symbolisch dargestellt durch die 1260 Tage oder 42 Monate, was dreieinhalb Jahren entspricht und somit die Zeit des öffentlichen Dienstes unseres Herrn Jesus Christus auf der Erde darstellt. So wie der Herr während seines gesamten Dienstes verfolgt wurde, so wird es auch der Gemeinde allezeit bis zur Wiederkunft des Herrn ergehen: Verfolgung während des gesamten Zeitalters. Die alttestamentliche Wurzel der Zeit von dreieinhalb Jahren findet sich im Dienst des Elia. Auch er wurde zusammen mit dem nahezu unbekannten gläubigen Überrest in Israel unter schwierigsten Umständen für dreieinhalb Jahre verfolgt, bevor Gott am Karmel durch sein Eingreifen direkt aus dem Himmel den Sieg gab.

So wie aus dem Mund der zwei Zeugen tödliches Feuer hervorgeht, so ist auch das Evangelium für die Gottlosen ein Geruch des Todes zum Tode. Die Verkündigung des wirklichen Evangeliums in seiner vollen Bedeutung verurteilt den Sünder im Namen des heiligen Gottes zum Tod, bringt ihn gewissermaßen in das Feuer des Gerichts hinein. In diesem Sinne geht tödliches Feuer aus dem Munde der beiden Zeugen hervor. Für diejenigen aber, welche das Evangelium annehmen, ist es ein Geruch des Lebens zum ewigen Leben.

Und noch mehr: wenn die Botschaft der Missionare abgelehnt wird, ja wenn man sie gar verfolgt, dann haben die Christen schon heute die ganz reale Macht, durch Gebet die Hilfe Gottes herbeizurufen. Siehe hierzu das siebte Siegel. Gott ist in dem Ganzen immer anwesend. Er wird auf das Gebet seiner Heiligen hin Posaunen der Warnung über die Verfolger schicken. Wenn sie auf diese nicht hören wollen, dann kommen letztendlich die Zornschalen. Diese Gebetskraft der Gemeinde ist nicht eingebildet oder angemaßt, sondern sehr real. Schon viele Verfolger der Christen mussten das erfahren.

Die Zeit des Evangeliums wird jedoch auch einmal enden. Wenn der Herr kommen wird, dann wird es womöglich nur noch wenige Gläubige auf der Erde geben (Lk 18,8). Diesem Tag wird eine kurze Zeitspanne vorangehen (in 11,9 symbolisiert als dreieinhalb Tage, also sehr kurz im Vergleich zu den dreieinhalb Jahren des Evangeliumszeitalters), in welchem das Zeugnis zum Schweigen gebracht wird. Es wird tot sein für kurze Zeit. Die Zeugen im Bild von Offenbarung 11 liegen tot auf der Straße der großen Stadt, des geistlichen Sodom und Ägypten, in welcher der Herr so wie sie auch getötet wurde. Der antichristliche Geist und seine Mächte werden weltweit die Oberhand haben. Die gottlosen Menschen der Welt werden jubeln und sich beschenken, weil sie nicht mehr durch das Wort der lästigen Zeugen des Evangeliums und durch die Androhung des Gerichtes Gottes durch Feuer gequält werden. Aber ihre Freude kommt zu früh: nach einer sehr kurzen Zeit, in welcher alles verloren erscheint, kommt die Auferstehung der Gläubigen bei der Wiederkunft des Herrn. Auch hier finden wir wieder das letzte Erdbeben, welches bei der Ankunft des Herrn geschieht. Die 7000 Toten repräsentieren die vollkommene Zahl derer, welche in diesem Gericht Gottes weltweit umkommen werden, denn Jerusalem ist in diesem Kapitel ein Bild für die Welt. Die Überlebenden erwarten mit Furcht und Schrecken das Endgericht, sie geben sogar Gott Ehre.

Und nun kommt endlich die siebte Posaune. Diesmal wird das Gericht nicht nur beschrieben, sondern es wird tatsächlich eingeführt. Der Tag des Herrn ist gekommen! Lange Zeit hat es so ausgesehen, als ob der Teufel und seine Gehilfen die Oberhand hätten. Nun aber ist es endlich zu Ende. Der Herr kommt und zeigt seine Macht. Jahrhunderte hat er geschwiegen, aber jetzt gibt es kein Halten mehr. Die Bundeslade wird sichtbar: Es gibt ein Heiligtum im Himmel, und der Himmel hat die ganze Zeit über regiert! Jetzt endlich wird der Herr seine Macht in der Öffentlichkeit zum Durchbruch bringen. Die Engel und die Gläubigen singen den Lobpreis Gottes. Die Gerichtsschläge beginnen mit Blitz und Donner, Erdbeben und Hagelsturm.

 

Offenbarung 12-14: Christus gegen den Drachen und seine Verbündeten

Wir sind jetzt im zweiten großen Hauptteil des Buches angelangt. Während das Thema des gesamten Buches der Sieg Christi und der Gemeinde über den Teufel und seine Helfer ist, haben wir im ersten Teil die äußerlich sichtbaren Abläufe dieses Kampfes gesehen. Der zweite Teil bringt uns nun die geistlichen Hintergründe im unsichtbaren Bereich vor den Blick. Es wird zuerst die Frage beantwortet: „Warum die ganzen Verfolgungen?“ In Kapitel 12-14 werden uns die Feinde Christi und der Gemeinde vorgestellt: Der Drache, die beiden Tiere, die Hure Babylon, die Menschen ohne Gott.

Zunächst sehen wir in Kapitel 12 die Frau mit der Sonne, dem Mond und den Sternen. Sie wird gedeutet als die Kirche oder Gemeinde. Anmerkung: Hendriksens Deutung wird von mir nicht geteilt. Die Frau ist meines Erachtens in Zusammenhang mit 1Mo 37,9-11 Israel. Die Frau Israel hat den Messias hervorgebracht, den männlichen Sohn nach Psalm 2, der alle Nationen mit eiserner Rute regieren wird. Das Heil ist aus den Juden (Joh 4,22). Es ist allerdings so, dass die Urgemeinde nur aus Juden bestand, denn das Evangelium wurde zuerst den Juden verkündigt. Diese Gemeinde wurde nach der Himmelfahrt in die Wüste geführt, wo die während 1260 Tagen oder dreieinhalb Jahren oder 42 Monaten (also während des gesamten Evangeliumszeitalters) von dem Herrn vor dem Teufel geschützt wird. Als sie in die Wüste gehen musste, war sie noch ganz das Israel Gottes, also die Frau aus unserem Bild. In späterer Zeit kamen dann die Heiden in großer Zahl hinzu. Deshalb sehen wir auch am Ende der Offenbarung nicht mehr die Frau mit den 12 Sternen, sondern die Frau des Lammes, das neue Jerusalem oder die Gemeinde, bestehend aus Gläubigen der Juden und Nationen. Ende der Anmerkung.

Wir sehen hier, wie der Drache vor der Frau steht und ihr Kind zu verschlingen versucht. Er hat dazu auch ein Drittel der Dämonen mit sich auf die Erde gezogen (im Bild den dritten Teil der Sterne). Der Same der Frau aus 1Mo 3,15 wird durch den Teufel bedroht. Während des gesamten Alten Testamentes hatte der Satan schon versucht, die Geburt dieses Kindes zu verhindern, indem er die Linie der Verheißung unterbrechen wollte. Es gelang ihm nie. Durch die Nephilim versuchte er die Menschheit zu verderben. In der Flut rottete Gott alle vom Teufel verdorbenen Menschen mit Ausnahme Noahs und seiner Familie aus, welche direkte Nachkommen von Seth waren und unter Gottes Schutz standen.

Durch ein Wunder wurden Abraham und Sarah die Eltern Isaaks. Gott verhinderte zudem die Opferung Isaaks. Auch die Geburt von Esau und Jakob kam als ein Wunder, denn Rebekka war ebenfalls unfruchtbar. Unter Mose wurde das Volk in Ägypten wunderbar bewahrt, herausgeführt und zurück in Richtung des Heiligen Landes gebracht. In der Königszeit versuchte der Teufel mehrmals, David zu töten bzw. seine Linie zu unterbrechen, um die Geburt des Messias zu verhindern. Im Perserreich versuchte der Satan einen Holocaust an den Juden und scheiterte erneut. Als der Herr geboren wurde, versuchte der Teufel wiederholt, ihn vorzeitig umzubringen. Alles misslang. Der Herr vollführte seinen irdischen Dienst in Vollkommenheit und erlöste uns. Danach ging er in den Himmel. 12,5 zeigt die Geburt und die Himmelfahrt des Herrn.

Unmittelbar nach der Himmelfahrt des Herrn sehen wir, wie im Himmel ein Kampf entsteht zwischen Michael mit seinen Engeln und dem Drachen mit seinen Dämonen. Beachten wir hier, dass Michael der Angreifer ist, und nicht der Drache! Der Drache wird aus dem Himmel hinausgeworfen in 12,7. In Vers 10-12 wird eindeutig gesagt, dass zu diesem Zeitpunkt der Verkläger der Brüder auf die Erde gestürzt ist. Er fährt zwar noch fort mit seinen Anklagen, aber er kann die Gläubigen nicht mehr wirksam verklagen. Sie haben ihn überwunden um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod (Vers 11). Römer 8,33: „Wer wird Anklage erheben gegen Gottes Auserwählte?“ Rö 8,1: „So ist nun keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus sind.“ Der Teufel reagiert in Vers 12 mit großer Wut, denn er weiß, dass er nur noch „wenig Zeit“ hat, nämlich bis zum sichtbaren zweiten Kommen des Herrn. Dann wird er nicht nur aus dem Himmel hinausgeworfen werden, sondern auch noch von der Erde weggeschleudert werden in den Feuersee, wo er die Ewigkeit verbringen wird.

Anmerkung: Der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus haben dem Satan die Macht des Todes über alle Erlösten genommen (Hebr 2,14-15). Sie haben die völlige Rechtfertigung aller Gläubigen gebracht, und zwar nicht nur im Himmel, sondern schon auf der Erde. Dies wird nicht erst in der Zukunft der Fall sein, sondern es ist der Fall seit der Himmelfahrt des Herrn. Unsere Erlösung und unser geistlicher Sieg über den Drachen ist keine Zukunftsmusik, sondern Gegenwart. Das war auch schon bei den ersten Gläubigen der Fall; sie befanden sich geistlich in genau derselben Stellung wie wir. Sie konnten die Wahrheit dieser Bibelstelle für ihr persönliches Leben schon im ersten Jahrhundert für sich persönlich in Anspruch nehmen und Trost und Ermunterung daraus gewinnen. In ihrem mächtigen und furchtlosen Zeugnis zeigten sich die gewaltigen Ergebnisse der Erlösung schon auf der Erde.

Alle diese Dinge wurden bereits im Alten Testament angekündigt, und sie wurden im Leben und Dienst unseres Herrn auf der Erde deutlich sichtbar. In Jes 49,24-25 wird gesagt, dass dem Starken die Beute entrissen wird, und dass die Kinder Gottes errettet werden. Das gesamte Kapitel spricht im Kontext über den Dienst des kommenden Messias Israels, also des Herrn Jesus. Als der Herr in der Wüste dem Satan gegenüberstand (Mt 4 und Lk 4), überwand er den Feind. Inmitten einer verlorenen Welt und vor dem Angesicht des Drachen ging der Herr als Mensch auf seinem vollkommenen Weg des Dieners und des siegenden Königs unaufhaltsam voran. Er hatte in der Wüste den Starken überwunden, weil er selbst noch unendlich viel stärker ist. Er heilte alle Kranken, trieb einen Dämon nach dem anderen aus und verkündigte das Reich Gottes an allen Orten. Der Drache musste machtlos zuschauen, wie der Herr der Herren ihm eine Bastion nach der anderen wegnahm. Der Herr sagte das auch in Mt 12,25-29 zu den Pharisäern. Er selbst würde auf seinem eigenen Weg in das Haus des Starken (des Teufels) eindringen und ihn binden. Er selbst war die Erfüllung des Wortes aus Jesaja 49.

In Lk 10,18 lesen wir ebenfalls etwas sehr wichtiges: Der Herr hatte seine 70 Jünger zu zweit (wir erinnern uns: Das Evangelium und die Zahl 2) hinausgeschickt um zu heilen, die Dämonen auszutreiben und das Evangelium zu verkündigen. Sie waren zurückgekommen und verkündigten glücklich die Ergebnisse ihres Dienstes. Die Dämonen waren den Jüngern im Namen Jesu Christi untertan gewesen, das Reich Gottes wuchs in der Gegenwart des Satans und seiner Dämonen mitten in der Welt. Der Herr sagte zu den frohen Jüngern dieses: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen“. Dieses Wort weist unmittelbar auf Off 12,10 hin. Die Verkündigung des Evangeliums in der Welt durch die Jünger Jesu steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Satan in geistlicher Hinsicht bereits gebunden ist, und dass er bereits aus dem Himmel hinausgeworfen wurde.

Es geht ihm wie einem bissigen Hund an einer starken Kette. Wenn die Kette genau zwei Meter lang ist, dann kann er nur in einem Umkreis von genau zwei Metern zubeißen. Den Bereich außerhalb kann er nicht erreichen. Übrigens finden wir genau dieses Bild der Kette wieder in Kapitel 20; wir kommen dort noch einmal darauf zurück. Geistlich gesehen ist die Gemeinde der Todesmacht Satans entzogen. Die Verfolger können noch den Leib töten, aber das ewige Leben in Christus können sie nicht mehr antasten. Auch die Existenz und das Wachstum der Gemeinde Christi kann der Satan nicht mehr verhindern, denn er ist in dieser Hinsicht hinausgeworfen und gebunden. Der Herr hat dies angekündigt in Mt 16,18:

„(…) und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten des Totenreichs sollen sie nicht überwältigen.“

Der Herr hat alle diese Dinge während seines Dienstes klar gesagt, und auf Golgatha hat er sie endgültig ausgeführt. In Johannes 12,31-33 heißt es:

Jetzt ergeht ein Gericht über diese Welt. Nun wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden; und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Dies sagte er aber um anzudeuten, durch welchen Tod er sterben werde.“

Auf Golgatha wurde der Fürst dieser Welt hinausgeworfen. Bereits vor 2000 Jahren ist er aus dem Himmel hinausgeflogen auf die Erde! Jetzt zieht der Herr durch das Evangelium und den Dienst des Heiligen Geistes alle Glaubenden zu sich, und zwar mitten aus der Welt heraus, vor den Augen des zornigen, geistlich gebundenen und entmachteten Drachen. Ende der Anmerkung.

In Kapitel 12,13-17 sehen wir die weiteren Angriffe Satans gegen die Gemeinde, nachdem er auf die Erde geworfen worden ist. Die Gemeinde wird von Gott auf den Flügeln des Adlers (Schutz und Bewahrung) in die Wüste gebracht und dort für „dreieinhalb Jahre“ bewahrt und ernährt. Der Drache gibt nicht auf und will sie überschwemmen mit einem Strom von Wasser aus seinem Maul. Da wir aus Eph 5 wissen, dass das Wasser das Wort Gottes darstellt, können wir das Bild an dieser Stelle wie folgt deuten: Der Teufel kann Christus nicht mehr antasten. Er kann auch die Gemeinde als Ganzes nicht vernichten, sie wird niemals untergehen. Daher hat er zu allen Zeiten (die „dreieinhalb Jahre“ des Evangeliumszeitalters) versucht, die Christenheit mit Strömen von falschem Wasser aus seinem Maul zu ertränken. Es gab immer falsche Lehren, Philosophien, Utopien, pseudowissenschaftliche Dogmen und religiöse „Ismen“, mit denen die Christen getäuscht werden sollten. Paulus warnt die Gläubigen in Kol 2,8 eindringlich vor diesem falschen Wasser des Teufels. Letztlich hat der Drache aber auch damit keinen Erfolg. So richtet er seinen Zorn gegen „die übrigen von ihrem Samen, welche die Gebote Gottes befolgen und das Zeugnis Jesu Christi haben.“ Das sind die einzelnen Christen. Die Gemeinde kann der Teufel nie mehr zerstören, aber er kann noch versuchen, das Leben einzelner Christen zu ruinieren. Er versucht es für 1260 Tage, also bis kurz vor der Ankunft des Herrn.

Nun noch ein ausführlicheres Wort zu den dreieinhalb Jahren. Wir finden in der Offenbarung wiederholt diese Zeit von symbolischen dreieinhalb Jahren, während derer die Gemeinde auf der Erde ist, und während derer sie verfolgt wird. Die dreieinhalb Jahre repräsentieren das gesamte Evangeliumszeitalter, denn sie beginnen an verschiedenen Stellen mit der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn und enden ganz kurz vor seinem zweiten Kommen. Der Drache, die beiden Tiere und die ungläubigen Massen sind während dieser Zeitspanne durchgehend aktiv. Am Ende der dreieinhalb Jahre gewinnen sie die Oberhand, und es folgt eine ganz kurze Spanne von „dreieinhalb Tagen“, während welcher das Zeugnis des Evangeliums (die zwei Zeugen aus Kapitel 11, wie wir bereits gesehen haben), völlig zum Erlöschen gebracht worden ist. Die zwei Zeugen liegen tot auf der Straße der großen Stadt (der Welt). Dann, wenn alles verloren erscheint, kommt der Herr zum letzten Gericht.

Wir finden also durchgehend in der Offenbarung eine feste Ordnung dieser drei Zeiten, welche sowohl innerhalb des Buches als auch mit anderen Teilen der Heiligen Schrift harmoniert.

  • Erstens das lange Zeitalter des Evangeliums, die 42 Monate oder tausend Jahre (wie wir noch sehen werden), die Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit, die 1260 Tage (Off 11,2-3; 12,6+14; 13,5; 20,2-5).
  • Zweitens eine sehr kurze Zeit von „dreieinhalb Tagen“, in welcher das Evangelium zum Schweigen gebracht ist und die „zwei Zeugen“ tot auf der Straße liegen (Off 11,7-9; 13,7; 20,7-10).
  • Drittens den Tag des Gerichts mit dem zweiten Kommen des Herrn (Off 11,11- 12+16ff; 14,14ff; 20,11ff). Dieses Zeugnis der Offenbarung ist überaus stark, und es hat auch eine klare Entsprechung im Alten Testament. Wir erinnern uns daran, dass gemäß den Prinzipien der Auslegung das Buch der Offenbarung in den Schriften des Alten und des Neuen Testamentes verwurzelt ist. 

Die Entsprechung findet sich in 1. Könige in der Geschichte von Elia. Auch Jak 5 weist sehr deutlich darauf hin, denn dort werden die dreieinhalb Jahre wörtlich genannt. Dort handelt es sich buchstäblich um drei Jahre und sechs Monate, während es in der Symbolsprache der Offenbarung bildlich gedeutet werden muss. Elia wurde zusammen mit dem gläubigen Überrest in Israel unter schwierigsten Umständen für dreieinhalb Jahre verfolgt, bevor Gott am Karmel durch sein Eingreifen direkt aus dem Himmel den Sieg gab. Es gab eine Zeit von dreieinhalb Jahren, in der Elia in der Stille sein Zeugnis gab und in der Ahab ihn nicht erwischen konnte, obwohl er es versuchte. Auch Elia rief wiederholt Feuer vom Himmel, und zwar sowohl auf die Baalspriester als auch auf die Soldaten Ahabs (religiöse und politische Mächte dieser Welt). Elia wurde durch Gottes Macht in der Einsamkeit wundersam ernährt.

Auch im Buch Daniel finden sich die dreieinhalb Jahre: Dan 7,25; 12,7. Es ist dort die Zeit des Feindes. Aus 1Joh 4,3 geht hervor, dass der Geist des Antichristen während des gesamten Zeitalters des Evangeliums in der Welt ist. Die dreieinhalb Jahre sprechen im Licht auch der Danielstelle in Harmonie mit den anderen Stellen im symbolisch zu deutenden Kontext der Offenbarung über das gesamte Zeitalter des Evangeliums, wenn das Wort Gottes in Anwesenheit des Teufels und gegen seinen Widerstand in der Welt verkündigt wird. Der Geist des Antichristen wird ganz am Ende herrschen. Während der ganz kurzen „dreieinhalb Tage“ nach dem Ende der „dreieinhalb Jahre“ wird er die Heiligen töten und das Zeugnis des Evangeliums für kurze Zeit weltweit zum Schweigen bringen (siehe Off 11,7).

Wir kommen jetzt zu Kapitel 13. Dieser Abschnitt bringt uns zunächst die beiden Tiere. Das erste Tier steigt aus dem Meer heraus, es ist der politische, wirtschaftliche und militärische Arm des Satans inmitten des Völkermeeres (vgl. Jes 17,12: das Meer als Bild der Völker). Es vereinigt die Merkmale aller vier Tiere aus dem Buch Daniel, so dass es die Gesamtheit der Verfolgungsmacht des Satans repräsentiert, welche im gesamten Gemeindezeitalter in den Nationen und ihren Regierungen wirksam war und ist. Weltliche Macht, wann immer sie in der Geschichte gegen den Herrn und die Gemeinde auftritt, ist durch dieses Tier dargestellt. Es hat sieben Köpfe und nimmt im Lauf der Geschichte verschieden Formen an. Einmal ist es Babylon, dann Ägypten, dann Medien-Persien, Griechenland, Rom und so weiter.

Die Zahl sieben bedeutet auch hier nicht eine konkrete Abfolge von genau sieben Reichen (Anmerkung: Ich glaube persönlich, dass diese Deutung ebenfalls möglich ist. Ende der Anmerkung.) sondern symbolisiert als Zahl der Vollkommenheit die Gesamtheit aller satanischen Reiche in der gesamten Geschichte. Zur Zeit des Apostels war es repräsentiert durch die sieben Berge Roms. Die Hörner des Tieres sind gekrönt, und nicht seine Köpfe. Das zeigt an, dass der Teufel immer wieder weltliche Herrscher als seine Agenten benutzt hat, welche seine Macht nach außen ausgeübt haben. Die Herrscher der Weltreiche waren immer die praktischen Repräsentanten des Teufels und seine Gehilfen in der Welt. Sie trugen die Kronen, die sie vom Teufel bekommen hatten. Sie setzten sich auf den Thron und maßen sich die Macht zu, welche eigentlich Gott gehört, genau wie der Satan selbst in Jesaja 14. Kurz vor dem Kommen des Herrn wird es so sein, dass das Tier die ganze Erde beherrschen wird und die zwei Zeugen töten wird (siehe 11,7 und 13,7+8).

Das zweite Tier steigt aus der Erde empor. Nach Jak 3,15 kommt die teuflische Weisheit aus der Erde, während die Weisheit Gottes von dem Vater der Lichter kommt. Es arbeitet perfekt mit dem ersten Tier zusammen und vollbringt Zeichen und Wunder. Außerdem bringt es die Menschen dazu, das erste Tier anzubeten, was deutlich auf religiöse Macht hinweist. Es ist der falsche Prophet, es entspricht aller falschen Religion mit Ihrer Macht über die Menschen und aller falschen Philosophie während des gesamten Gemeindezeitalters. Es sieht sehr unschuldig aus, aber seine Rede ist die Rede des Teufels. Es war zu allen Zeiten so, dass die großen politischen Autoritäten aller Machtbereiche mit den religiösen Autoritäten kooperierten, um die Menschen in die Irre zu führen.

So wie die Nachfolger des Herrn an ihren Stirnen versiegelt sind (also in ihrem gesamten Denken die Dinge des Herrn zeigen und anwenden), so werden die Nachfolger der Tiere an ihren Stirnen (in den Gedanken und im Charakter) und an ihrer rechten Hand (in ihrem praktischen Handeln) mit dem Zeichen des Tieres markiert. Das zweite Tier, also die falsche Religion der Lüge, bringt die Menschen dazu, das erste Tier, also den jeweiligen politischen Herrscher so sehr und so lange anzubeten und zu verehren, bis sie verblendet werden.

Anmerkung: Alle großen Herrscher der Geschichte ließen sich als Götter verehren, auch noch Leute wie Hitler, Mao oder Stalin im 20. Jahrhundert. Das ist heute nicht anders als früher. In der Zukunft wird es möglicherweise einmal so sein, dass ein einzelner Mensch, nämlich der letzte große Weltherrscher des Bösen, alle politische Macht der Erde auf sich vereinigen wird. Ende der Anmerkung.

Die Menschen werden schließlich so verblendet sein, dass sie in ihrem ganzen Denken und Handeln die Kennzeichen des Satans zeigen werden. Sie werden nicht mehr umkehren können, denn sie werden das Malzeichen des Tieres in ihren Gedanken (Kopf), in Ihrem Charakter und ihrem Handeln (rechte Hand) verinnerlichen. In dieser Zeit werden die Christen nicht mehr kaufen und verkaufen können. Sie werden von allen politischen und wirtschaftlichen Prozessen ausgeschlossen sein und schließlich sogar umgebracht werden, und bei der Ankunft des Herrn wird es nur noch wenige geben. Auch diese Ausgrenzung und Ermordung der Gläubigen gab es zu allen Zeiten der Gemeinde unter allen weltlichen Herrschern, aber am Ende des Zeitalters könnte es global sein, und viele werden enthauptet werden.

Nun noch ein Wort zu der Zahl 666. In der Bibel ist die Zahl 7 die Zahl der Vollkommenheit Gottes. Die Zahl 6 hingegen ist die Zahl des Menschen. Der Mensch erreicht nicht die Herrlichkeit Gottes, er verfehlt sie. Die 6 bedeutet daher das Stehenbleiben auf dem Niveau des Menschen, letztlich ein Verfehlen des Zieles. Die 7 bedeutet die Vollkommenheit und den Sieg. Beides ist den Gläubigen in dem Herrn Jesus geschenkt. Der Satan hingegen setzt auf den Menschen. Sein Plan wird trotz der beiden Tiere misslingen. Der Mensch im Dienst Satans, der Antichrist oder auch das Tier genannt, wird versagen. Die Zahl des Tieres ist somit die Zahl eines Menschen, das ist die 666, also in geistlicher Deutung: Versagen über Versagen über Versagen.

Anmerkung:

Exkurs: Das Malzeichen des Tieres

Das Malzeichen des Tieres in diesem Sinn gedeutet, ist die satanische Verblendung im Denken und im Handeln der gottlosen Menschen. Sie werden zu Verfolgern der Christen, welche nicht auf die Posaunen der Warnung hören, und welche auch unter den endgültigen Schalengerichten nicht mehr umkehren können, sondern mit ihren Lästerungen und Verfolgungen weitermachen müssen.

Es ist nach meiner Ansicht jedoch nicht völlig auszuschließen, dass ein zukünftiger antichristlich geprägter Weltherrscher oder ein Weltsystem bestrebt sein wird, diese geistliche Kennzeichnung durch eine körperliche Kennzeichnung zu imitieren, um die Christen zu täuschen oder wirtschaftlich auszuhungern. Es würde dann tatsächlich eine sichtbare Markierung, ein Brandmal oder eine Tätowierung an der Stirn oder an der rechten Hand erfolgen.

Die Bibel sagt: „Wer sich auf sein eigenes Herz verlässt, ist ein Narr; wer aber in Weisheit wandelt, der wird entkommen“ (Spr 28,26). Das bedeutet für uns als Christen, dass wir gerade in der Auslegung von Gottes Wort nicht den Regungen unseres eigenen Herzen folgen dürfen, sondern dass wir immer auf dem festen Boden der Weisheit des Wortes stehen müssen. Wir dürfen die Schriften nicht verdrehen zu unserem eigenen Verderben (2Pe 3,15). Keine Auslegung der Schrift ist von eigenmächtiger Deutung (2Pe 1,20-21). Gerade hinsichtlich des Malzeichens gewinnt diese Überlegung eine überragende Bedeutung.

Wie bereits zuvor gesagt, ist die Offenbarung in einer ganz besonderen Sprache geschrieben, welche sich sogar in ihrem Namen widerspiegelt. Es ist dies die sogenannte apokalyptische Sprache, welche zur Zeit des Apostels Johannes ein weit verbreitetes Stilmittel unter verschiedenen Autoren darstellte. Johannes hat die Wahrheit Gottes in diesem dramatischen und hochgradig symbolträchtigen Schriftstil zum Ausdruck gebracht, welcher zu seiner Zeit unter den Lesern allgemein bekannt war und auch gut verstanden werden konnte. Dies geschah zum einen dazu, den Kampf zwischen Gott, seiner Gemeinde, dem Teufel und seinen Anhängern in möglichst eindringlichen Bildern und Farben zu zeichnen, um sie den vor allem gläubigen Lesern des Buches in der damaligen Zeit möglichst gut verständlich zu machen. Das Ziel bestand ja nicht darin, die Wahrheiten zu verbergen, sondern gerade darin, sie offenbar zu machen!

Zum anderen stellte die Offenbarung zur Zeit ihrer Niederschrift das große Bindeglied zwischen den Prophetien des Alten und Neuen Testamentes dar. In diesem Buch wurden die Dinge des Alten Testamentes ans Licht gebracht, welche zum Beispiel Daniel noch nicht hatte klar sagen können. In dem Sohn Gottes, dem Messias Jesus Christus, sind die Prophetien Daniels erfüllt, und daher erklärt uns die Offenbarung nicht nur dieses Buch des Alten Testamentes, sondern sie rundet die Aussagen auch aller übrigen Propheten ab. Die Stellung der Offenbarung im Schriftkanon hat sich bis heute nicht geändert. Gottes Wort ist ewig.

Die Symbolsprache der Offenbarung, auf welche bereits im allerersten Vers des Buches („(…) in Zeichen kundgetan (…)“) ganz ausdrücklich hingewiesen wird, ist daher – wie alle andere neutestamentliche Symbolik – tief verwurzelt in der Symbolsprache des Alten Testamentes. Die Bedeutung von Symbolen in der Bibel wird nicht durch unsere eigene Phantasie oder durch außerbiblische Informationsquellen erklärt, sondern durch die Bibel selbst.

Das erste und grundlegende Prinzip jeder Schriftauslegung lautet: Sola scriptura (allein die Schrift). Wenn wir also mit dem Symbol des Malzeichens in Offenbarung 13 konfrontiert werden, dann müssen wir uns zunächst zwei Dinge klar vor Augen halten:

Erstens: Das Malzeichen ist ein Symbol, und es darf nicht buchstäblich ausgelegt werden. Die gesamte Offenbarung redet in Symbolsprache.

Zweitens: Das Symbol des Malzeichens muss – wie alle anderen Symbole in der Bibel – aus der Schrift heraus gedeutet werden. Die Deutung muss mit anderen Schriftstellen harmonieren, sonst ist sie nicht zuverlässig. Die Schrift legt die Schrift aus.

Betrachten wir nun das Malzeichen aus Offenbarung 13:

Und es (das zweite Tier) bewirkt, dass allen, den Kleinen und den Großen, den Reichen und den Armen, den Freien und den Knechten (hier sechs Gruppen; sechs ist die Zahl des gottlosen Menschen), ein Malzeichen gegeben wird auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn, und dass niemand kaufen oder verkaufen kann als nur der, welcher das Malzeichen hat oder den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist Weisheit! Wer das Verständnis hat, der berechne die Zahl des Tieres, denn es ist die Zahl eines Menschen, und seine Zahl ist 666.“ (Off 13,16-18)

Wenn wir uns nun in der Schrift auf die Suche nach einer korrespondierenden Stelle machen, dann ist das nicht einfach ein interessanter Ausflug durch die Bibel. Es ist vielmehr unsere Pflicht, das zu tun, denn so müssen wir die Schrift auslegen, wenn wir sie nicht verdrehen wollen. Den ersten Teil der Erklärung finden wir im Alten Testament, und zwar im Buch des Propheten Hesekiel. In Hes 9,4-6 heißt es:

Und der Herr sprach zu ihm (zu dem Schreiber im leinenen Gewand): Gehe mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem und mache ein Zeichen auf die Stirn der Leute, die seufzen und jammern über all die Gräuel, die in ihrer Mitte verübt werden! Zu den anderen (den Gerichtsengeln) aber sprach er vor meinen Ohren: Geht hinter ihm her durch die Stadt und erwürgt; euer Auge soll nicht verschonen und ihr dürft euch nicht erbarmen. Tötet, vernichtet Greise, junge Männer und Jungfrauen, Kinder und Frauen! Von denen aber, die das Zeichen tragen, rührt niemand an! Und bei meinem Heiligtum sollt ihr anfangen! Da fingen sie bei den Ältesten an, die vor dem Tempel waren.

Wir sehen hier eine geistliche Kennzeichnung an der Stirn, welche Gott denen gibt, die ihm inmitten des großen Abfalls in Israel nachgefolgt sind. Sie kommen nicht ins Gericht. Hier haben wir einen überaus klaren Antitypus zu dem, was in Offenbarung 13 gesagt wird. Dort werden nämlich diejenigen an der Stirn gekennzeichnet, welche gottlos sind. Das Prinzip ist deutlich geoffenbart. Um es noch deutlicher zu machen, müssen wir die dritte Stelle hinzunehmen, welche klare Angaben macht. Die Schrift hat immer zwei oder drei Zeugen!! (5Mo 17,6; 5Mo 19,15. Hier bereits zwei Zeugen in einem Buch!). Sie findet sich in Off 14, und zwar wieder an zwei Stellen. Zunächst Vers 1, danach die Verse 9-11:

Vers 1: „Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion, und mit ihm hundertvierundvierzigtausend (12 mal 12 mal 10 mal 10 mal 10, die Zahl der Gesamtheit aller Erlösten des alten und neuen Bundes nach Gottes Plan), die trugen den Namen seines Vaters auf ihren Stirnen geschrieben.

Verse 9-11: „Und ein dritter Engel folgte ihnen, der sprach mit lauter Stimme: Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und das Malzeichen auf seine Stirn oder auf seine Hand annimmt, so wird auch er von dem Glutwein Gottes trinken, der unvermischt eingeschenkt ist in dem Kelch seines Zornes, und er wird mit Feuer und Schwefel gepeinigt werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und die das Tier und sein Bild anbeten, haben keine Ruhe Tag und Nacht, und wer das Malzeichen seines Namens annimmt.

Hesekiel hatte eine geistliche Vision. Später in seinem Buch sah er in einer weiteren Vision, wie die Herrlichkeit Gottes sich vom Tempel abhob und über den Ölberg in Richtung Osten aus Jerusalem hinweg ging. Keiner der Bewohner der Stadt bekam von diesen Dingen auch nur das Geringste mit. Auch von der visionären Kennzeichnung der Treuen Jerusalems in Kapitel 9 bemerkte kein einziger Bewohner Jerusalems irgendetwas. Es handelte sich um eine geistliche Kennzeichnung, welche für das physische Auge nicht wahrnehmbar war. Allerdings zeigten die Gekennzeichneten Gottes in ihrem Denken, in ihrem Reden und Handeln gegenüber ihren Mitbewohnern in Jerusalem klar erkennbar die Charakterzüge eines göttlichen Lebens. Dies war für die Leute sehr wohl wahrnehmbar. Es käme jedoch kein Leser der Bibel ernsthaft auf den Gedanken, dass die Leute Gottes in Jerusalem damals mit einem Stirntattoo herumgelaufen seien. Gott hatte es im Gesetz Moses den Israeliten verboten, sich tätowieren zu lassen!

3Mo 19,28: Ihr sollt keine Einschnitte an eurem Leib machen für eine abgeschiedene Seele, und ihr sollt euch keine Zeichen einätzen! Ich bin der Herr!

Auch beim Lesen der Offenbarung ist diese Überlegung bedeutsam. Leider zwingt man sich oftmals selbst dazu, aufgrund falscher hermeneutischer (die Schriftauslegung betreffender) Voraussetzungen, alles buchstäblich deuten und in die Zukunft verlegen zu müssen. Wenn ein Leser so vorgeht, dann wimmelt es im Buch der Offenbarung von vielköpfigen Wesen, unheimlichen Kreaturen und gewaltigen Zahlen, die man auf den Punkt genau abzählen muss. In Offenbarung 11 findet man zudem zwei Feuerspucker, welche jeden umbringen, der sie anzugreifen wagt. An den himmlischen Engelbahnhöfen herrscht Hochbetrieb, die ganzen am Himmel fliegenden Engelkolonnen müssen aufpassen, dass sie nicht ständig mit der zivilen Luftfahrt kollidieren! Ansonsten gibt es am Himmel mehr Feuerexplosionen als Wolken. Es ist unschwer zu erkennen, dass die buchstäbliche Auslegung eines symbolischen Buches gewaltige Irrtümer in sich birgt.

Ein kleines Beispiel aus unserem Alltag mag dies weiter verdeutlichen: Wenn ich von einem Tischbein oder von einer Baumkrone rede, dann versteht jeder die wörtliche (also dem klaren Sinn des Wortes entsprechende) Bedeutung davon. Es wird jedoch niemand eine buchstäbliche Deutung annehmen, denn sonst hätte der Tisch plötzlich vier Beine aus Fleisch und Blut, der Baum einen oberen Teil aus Gold, Silber und Edelsteinen. Das ist der semantische Unterschied zwischen wörtlich (dem Sinn in einer definierten Sprache entsprechend) und buchstäblich. Gottes Wort ist in allen Teilen wörtlich zu nehmen, denn es wird sich nach seinem Sinn und somit nach den Gedanken Gottes genauso erfüllen, wie es gegeben wurde. Aber was hat Gott wirklich gemeint, als er die konkreten Worte aufschreiben ließ, welche auf den Seiten seines Buches stehen? Wenn man in der Offenbarung alles buchstäblich nimmt, dann verfehlt man die eigentlich gemeinte wörtliche Bedeutung der Sprache. Dazu kommt noch die ausgeprägte Symbolik, welche die wirklich gemeinten Dinge nochmals auf eine andere Bedeutungsebene verlagert, und welche unbedingt mit berücksichtigt werden muss, wenn man sich der wirklichen Bedeutung dieses Buches annähern möchte.

In letzter Konsequenz entspricht die streng buchstäbliche Auslegung der Offenbarung nach ihrer sinnhaften Bedeutung nicht mehr dem eigenen Wort des Herrn Jesus Christus, welches er an anderen Stellen der Bibel offenbart hat. Zahlreiche Bücher und computeranimierte Filme in unserer Zeit, sind angefüllt mit apokalyptischen Kreaturen. Wir sollen alle daran glauben, dass bald eine Zeit kommen wird, in welcher Gott die physikalischen Gesetze dieser Welt genauso auf den Kopf stellen wird, wie es im Kino gezeigt wird.

Der Herr selbst hat aber in Lk 17 genau das Gegenteil gesagt. Es wird bei seinem Kommen so sein wie in den Tagen Noahs. Das Leben in der Welt wird abgesehen von der Verfolgung der Christen ganz normal vonstattengehen. Die nicht erretteten Menschen werden ungehemmt in allen ihren Gottlosigkeiten leben. Niemand wird es merken bis zu dem Tag, an dem die letzte Posaune ertönt und der Herr Jesus Christus selbst den Himmel zerreißt. Allein die Aussage des Herrn in Lk 17, welche nach den Gesetzen der Schriftauslegung mit allen anderen Stellen der Bibel harmonieren muss (also auch mit allen Aussagen der Offenbarung) zeigt klar, dass es in der Offenbarung um eine bildliche Darstellung geistlicher Zusammenhänge gehen muss. Die buchstäbliche Auslegung ergibt zum einen keinen echten Sinn, zum anderen bricht sie das Gesetz der Harmonie der Schriften.

Das Buch der Offenbarung vermittelt also eine geistliche Botschaft in Symbolen an die Christen. Das war bereits im ersten Jahrhundert so. Die Christen der damaligen Zeit hatten kaum Schwierigkeiten, es zu verstehen, denn es sprach in ihr eigenes Leben machtvoll hinein. Auch damals gab es das erste Tier, die politische und wirtschaftliche Macht der Welt, welche damals durch den römischen Kaiser und sein Reich repräsentiert war. Auch damals gab es das zweite Tier, nämlich die Macht des religiösen, philosophischen, ideologischen und pseudowissenschaftlichen Betrugs, welche durch verschiedenste heidnische Denkweisen und Versuchungen die Christen von ihrem Herrn abzuziehen versuchte.

Unter den Kaisern bis auf Konstantin war es zahlreichen Christen verboten, zu arbeiten. Sie konnten keine Stelle finden und waren somit von den wirtschaftlichen Kreisläufen ausgeschlossen. Sie konnten weder kaufen noch verkaufen, solange sie nicht dazu bereit waren, die religiösen Überzeugungen und die gesellschaftlichen Gesetze der Heiden zu akzeptieren. In den römischen Arenen wurde den vergnügungssüchtigen und grausamen Massen großes Theater geboten, in welchem die Christen die Hauptdarsteller waren. Sie wurden im wahrsten Sinne des Wortes den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen, weil sie die Verehrung des ersten Tieres (des römischen Gottkaisers) und des zweiten Tieres (der kulturellen, gesellschaftlichen und ideologischen Prinzipien ihrer Zeit) verweigert hatten.

Im Mittelalter war es nicht anders, und heute ist es auch nicht anders. In den letzten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg hat weltweit die Christenverfolgung erneut dramatisch zugenommen. In einigen Ländern ist es besonders schrecklich, aber auch bei uns im Westen nimmt es allmählich immer mehr zu. Man bekommt bisweilen den Eindruck, dass Satans kleine Weile kurz vor dem Kommen des Herrn, in welcher er wieder losgelassen wird, bereits begonnen hat. Man merkt immer deutlicher, wie die ungläubige Welt die Verkündigung des christlichen Evangeliums (die zwei Zeugen in Off 11) zu ersticken versucht. Kurz vor dem sichtbaren Kommen des Herrn wird es wahrscheinlich sogar gelingen, die Christen und ihr Zeugnis weltweit zu Boden zu zwingen. Machen wir uns da nichts vor.

Auch in unserer Zeit wird es immer deutlicher werden, wer in seinem Denken, Reden (Malzeichen an der Stirn) und Handeln (Malzeichen an der rechten Hand) der Welt des Teufels angehört, und wer nicht. Auch in unseren Ländern werden die beiden Tiere (politisch-wirtschaftliche Weltmacht und religiös-ideologisch-philosophisch-pseudowissenschaftliche Weltmacht) immer aggressiver ihren Tribut und ihre Anbetung einfordern. Es könnte eine Zeit kommen, in welcher es Gott einem Weltdiktator im Dienst Satans erlauben wird, für kurze Zeit die Macht zu übernehmen. Das entsprechende System befindet sich in unseren Tagen in den letzten Stadien seiner Fertigstellung (siehe hierzu das Buch "Der Drache kommt"). Dann wird vielleicht auch für uns Christen in der westlichen Welt noch einmal der Tag kommen, wo wir nur unter großen äußeren Verlusten, vielleicht auch mit Verlust des irdischen Lebens, die Treue zum Herrn aufrechterhalten können. Wir dürfen jedoch in allen Umständen fest darauf vertrauen und es wissen, dass der Herr die Seinen durch die Drangsal hindurch hineinretten wird in sein ewiges Reich. Ende der Anmerkung.

Wir kommen zu Kapitel 14. Vor dem siebten Siegel haben wir einen Blick auf die Erlösten geworfen in Kapitel sieben. Vor der siebten Posaune wurde uns der gleiche Blick gewährt in Kapitel 10 und 11. Hier ist es wieder so: Vor den sieben letzten Schalengerichten finden wir in Kapitel 14 einen Blick auf die Erlösten und auf die Regierungswege Gottes. Dies dient wie an den beiden anderen Stellen wieder zur Ermutigung und Tröstung für die Gläubigen.

In den ersten Versen sieht Johannes den Berg Zion, welcher nach Ps 125,1 und Hebr 12,22 den Himmel darstellt. Die Stimme kommt auch aus dem Himmel. Wir sehen das Lamm und die 144.000, die von der Erde losgekauft sind, und die nicht das Zeichen des Tieres angenommen haben. Sie stehen im krassen Gegensatz zu allen, welche das Zeichen angenommen haben und verloren sind. In 7,1-8 sahen wir sie im Bild Israels als kämpfende Heilige auf der Erde, wo sie auch schon an ihren Stirnen versiegelt wurden, in 7,9-17 als triumphierende Heilige im Himmel. Hier sehen wir die gleiche Menge, also die Gesamtheit der Erlösten, in ihrer himmlischen Segnung und Heiligkeit. Sie haben die Lüge Satans nicht akzeptiert und sind fleckenlos in Christus, dem Lamm, das mit ihnen dasteht (2Mo 12,5; 3Mo 1,3+9; Mt 5,48). Sie sind die Erstlingsfrucht, welche ein Bild für die Gemeinde ist. Sie singen vor dem Thron Gottes und des Lammes ein neues Lied, das niemand außer ihnen lernen kann, denn sie singen über eine neue Erfahrung, welche nur sie machen konnten. Es handelt sich hier nicht um eine Gruppe von Superheiligen, sondern um die Gesamtheit der Erlösten des Gemeindezeitalters, denn jeder Gläubige ist mit dem Siegel Gottes im Heiligen Geist versiegelt.

Nun werden die letzten Gerichte angekündigt durch drei Engel. Der erste spricht zu denen, welche auf der Erde wohnen. Das sind all die gleichgültigen und gottlosen Weltmenschen, die überhaupt nicht mit Gottes Handeln rechnen und nach Lk 17,26ff einfach weitergehen, bis es zu spät ist. Ihnen gilt der Ruf: „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen.“ Der zweite Engel kündigt den kompletten und endgültigen Fall Babylons an, und zwar so, als ob er schon geschehen wäre. Er steht ja auch unmittelbar bevor. Die Welt als Verführerin der Menschen wird völlig vernichtet werden; alles wird weggenommen werden. Der dritte Engel kündigt in feierlichen Worten an, dass jeder der das Malzeichen des Tieres trägt, unwiderruflich verloren gehen wird. Alle Diener des Satans werden den Zornkelch Gottes trinken müssen. Es wird keine Möglichkeit zur Umkehr mehr geben.

Nach diesen Worten wird Gott nun zur Tat schreiten. Die zweifache Ernte der Erde wird eingebracht. Zuerst kommt der Herr selbst (siehe auch Dan 7,13 und Off 1,13). Er hat eine scharfe Sichel in der Hand und erntet die Erde ab. Der Herr hat es selbst gesagt: Er wird kommen und seinen Weizen in die Scheune einbringen. Danach folgen zwei weitere Engel. Sie bringen mit dem Winzermesser die Traubenernte der Erde ein, welche anschließend in der Kelter des Zornes zertreten wird. Dies ist ein Symbol für das Gericht über die Weltmenschen. So wie in Hes 47 ein Strom von Wasser entsteht, in dem man nicht mehr stehen kann, so entsteht hier in Strom von Blut, der alles wegreißt. Die 1600 symbolisiert die Vollkommenheit des Gerichts über die Nationen, denn 1600 ist viermal vier (Erde und Universum) mal 10 mal 10 (doppelte Vollständigkeit).

 

Offenbarung 15 und 16: Die sieben Schalen

Im Evangeliumszeitalter werden durch den Dienst der Gläubigen Gemeinden gegründet (Kapitel 1-3). Immer wieder werden sie von der Welt verfolgt und müssen in dieser Welt mitleiden (Kapitel 4-7). Wieder und wieder sendet Gott warnende Gerichte über die Verfolger, aber sie kehren nicht um. Die Gemeinde gibt währenddessen weiter ihr Zeugnis (Kapitel 8-11). Immer wieder deutet dieser äußerliche Konflikt auf einen tieferen geistlichen Hintergrund (Kapitel 12-14). Es erhebt sich die Frage: Was geschieht in der Geschichte der Gemeinde immer wieder mit denen, die trotz aller Warnungen nicht umkehren wollen? Lässt Gott das alles ungestraft durchgehen bis zum letzten Tag? Die Antwort lautet: Wann immer im Lauf der Geschichte die Unbußfertigen trotz aller Warnungen nicht hören wollen, dann wird Gott endlich einmal ohne weitere Warnung seinen Zorn über sie ausgießen. Dieses Gericht über solche Menschen war und ist dann immer endgültig. Schon bevor ein Mensch von diesem Zorn getroffen wird, kann es sein, dass er bereits die Todeslinie überschritten hat, ohne es selbst zu wissen. Erst bei den letzten Gerichten über die ganze verdorbene Menschheit unmittelbar vor dem zweiten Kommen des Herrn wird der Zorn dann auch weltweit endgültig sein. Die gesamte gottlose Menschheit wird bereits einige Zeit zuvor die Todeslinie überschritten haben, ohne es gemerkt zu haben (Lk 17,26ff).

So betrachtet, laufen die Zornesschalen sowohl in dem Leben des einzelnen Menschen als auch in der Geschichte der gottlosen Menschheit parallel zu den Posaunen der Warnung und zu den Siegelgerichten. Sie betreffen alle das gegenwärtige Zeitalter. Die Vision von den Schalen endet genauso wie die vorherigen Teile des Buches mit einer Endgerichtsszene. Die Vision in 15,1 beginnt mit den gleichen Worten wie die Vision in 12,1. In 12,1 befinden wir uns am Anfang des jetzigen Zeitalters. Es wäre nur vernünftig anzunehmen, dass wir uns dann auch in 15,1 am gleichen Zeitpunkt befinden. Die Schalen werden auf die Menschen ausgegossen, welche das Malzeichen des Tieres haben. Dies ist eine sehr allgemeine Charakterisierung der Gottlosen des gesamten Zeitalters. Schließlich haben wir in dieser fünften Vision dieselben Kräfte wie in der vierten Vision. Dort überspannt ihre Aktivität aber eindeutig das gesamte Gemeindezeitalter. So auch hier. Der Geist des Antichristen offenbart sich zum Ende des Zeitalters immer mehr und ist schließlich weltweit beherrschend. Daher sind die Zornschalen in ihrer Bedeutung einerseits auf das Leben aller Gottlosen anzuwenden, haben aber andererseits eine hervorgehobene Bedeutung im Hinblick auf die letzte Zeit unmittelbar vor dem zweiten Kommen des Herrn (progressiver Parallelismus).

Bevor die sieben letzten Engel eingeführt werden, sehen wir wieder die Gläubigen. Eine siegreiche Menge steht am Ufer eines gläsernen Meeres und singt das Lied Moses und des Lammes. Dies weist deutlich zurück auf das Volk Israel unmittelbar nach dem Durchzug durch das Rote Meer in 2Mo 15. Auch damals stand ein siegreiches Volk am Meeresufer und sang. Der Sieg Israels über die Ägypter ist ein Schattenbild für den Sieg des Lammes und der Erlösten über den Teufel und die beiden Tiere. Das Meer ist aus Glas vermischt mit Feuer, es symbolisiert Gottes klar sichtbare und durchblickende Gerechtigkeit im ganzen Völkermeer, geoffenbart im feurigen Gericht über die Feinde.

Nun wird der himmlische Tempel mit der Bundeslade geöffnet. Aus dem Heiligtum kommen die sieben Engel hervor, um Gottes ganz eigenen Zorn über die Menschheit auszugießen. Die Schalen sind golden, denn sie zeigen den Zorn Gottes. Sie sind gefüllt bis zum Rand, denn sie zeigen das volle Ausmaß dieses Zornes an. Niemand kann das Heiligtum mehr betreten, bis die sieben letzten Plagen vorbei sind. Das heißt, dass jetzt keinerlei Fürsprache mehr möglich sein wird. Wenn ein Mensch nicht gehört hat auf die Posaunen, so wird er jetzt gerichtet. Wenn die Menschheit am Ende dieses Zeitalters nicht gehört haben wird auf die Warnungen, so wird sie gerichtet werden. Die Schalen zeigen dabei eine erstaunliche Ähnlichkeit zu den Plagen über Ägypten.

Die erste Schale bringt ein böses Geschwür. Das war nicht nur das Gericht über den König Herodes Agrippa, der sich als Gott verehren lassen wollte, sondern es wird am Ende die ganze gottlose Menschheit treffen. Siehe auch: 2Mo 9,10; 5Mo 28,27; Apg 12,23. Die zweite Schale benutzt das Meer als Zerstörungsinstrument. Siehe auch: 2Mo 7,17-21; 2Mo 15,1; Ps 48,7; Ps 78,53. Die dritte Schale bringt den Fluch über Flüsse und Wasserquellen. Siehe auch: 2Mo 7,24; 1Kö 17,1; 1Kö 18,5+40. Unter dem fünften Siegel riefen die Seelen der gerechten nach der Vergeltung Gottes. Hier nun in 16,7 antwortet ihnen vom Altar her einer: „Ja o Herr Gott Du Allmächtiger, wahrhaftig und gerecht sind deine Gerichte!“. Die vierte Schale bringt die sengende Sonne. Siehe auch: 5Mo 28,22. Die fünfte Schale gießt Gottes Zorn über den Thron des Tieres aus. Immer wieder in der Vergangenheit sind die großen Herrscher am Ende hinuntergestürzt. Das wird beim Fall des antichristlichen Weltreiches genauso sein. Siehe auch: Nah 3,1; Hab 3,12-14. Beachten Sie, dass die Schalen endgültige Gerichte bringen. Sie zerstören nicht nur den dritten oder vierten Teil, sondern alles.

Die sechste Schale bringt Harmageddon hervor. Dieses Symbol ist gewurzelt in Richter 4 und 5. Dort ist Israel in äußerstem Elend. Der König Jabin und sein Feldherr Sisera sind dabei, das Volk Israel mit einer hoffnungslosen Übermacht zu vernichten. Gar nichts mehr kann getan werden. Dann kommen Deborah und Barak der Richter. Barak bedeutet „Blitz“. Der Richter kommt wie ein Blitz. So wie der Blitz von Osten nach Westen leuchtet, so wird die Ankunft des Herrn bei der letzten Schlacht sein. In Richter 5 wird beim Berg von Megiddo (Har-Mageddon) gekämpft, und Gott selbst kämpft mit. Er greift vom Himmel her ein und besiegt die Feinde. Ri 5,20: „Die Sterne am Himmel kämpften mit, von ihren Bahnen aus kämpften sie gegen Sisera.

So wird es auch sein, wenn der Herr den letzten noch lebenden Christen auf der Erde in ihrer absolut hoffnungslosen Unterlegenheit vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht (den Sternen) zu Hilfe kommen wird. Somit ist Harmageddon in der Offenbarung ein Symbol dafür, dass der Herr in Situationen zu Hilfe kommt, in denen für die Gläubigen alles absolut aussichtslos zu sein scheint. Allein seine Macht zerstört den Feind. Die 185.000 Assyrer mussten das vor Jerusalem erfahren. Auch einzelne Gläubige haben das in der Geschichte erfahren, als sie in absolut aussichtslosen Situationen vom Herrn selbst oder von einem Engel herausgerettet wurden. Das wirkliche und wahre letzte Harmageddon wird dabei zeitlich zusammenfallen mit Satans kleiner Weile aus Kapitel 20, mit den dreieinhalb Tagen aus Kapitel 11, wenn er losgelassen wird, um die ganze Erde zu stürmen.

Anmerkung: Wenn wir uns heute in der Welt umschauen, in welcher wir leben, dann könnte es sehr wohl so sein, dass Satans kleine Weile schon begonnen hat. Das gesamte Weltgeschehen trägt immer deutlicher seine Handschrift. Niemand als nur Gott selbst weiß, wie lange diese Zeit dauern wird, und wie weit sich die Verfolgung der Gemeinde Gottes noch steigern wird. In den Ländern der Dritten Welt und auch in einigen anderen Gebieten (China, Nationen des Islam, Nordkorea und andere) ist sie schon in furchtbarem Ausmaß angestiegen. Sie könnte innerhalb kurzer Zeit auch Europa erreichen. Ich persönlich bin nach nüchterner Überlegung leider der Ansicht, dass es so geschehen wird. Ende der Anmerkung.

Die letzten Gläubigen werden in dieser Welt einer schier überwältigenden antichristlichen Macht gegenüberstehen und ohne Ausweg sein. Wenn diese Zeit nicht verkürzt würde, so würde keiner von ihnen überleben. Aber um der Auserwählten willen wird sie verkürzt werden. Nur „dreieinhalb Tage“. Man sieht auch, dass die sechste Schale über den Euphrat ausgegossen wird, genau wie die sechste Posaune in Kapitel 9 den Euphrat betrifft. Der Euphrat steht für Assyrien und Babylon, also für die gottlose Welt. Es wird kaum etwas über die eigentliche Schlacht gesagt. Das kommt in 19,11ff und 20,7ff. Wenn alles verloren erscheint, kommt der Herr wie ein Dieb in der Nacht, wie ein Blitz (Mt 24,29ff; 1Thess 5,4; 2Thess 2,8ff; 2Pe 3,10). Der Abschnitt der Schalen schließt ebenso wie die vorherigen Abschnitte mit dem Schrecken des Endgerichts. Das Erdbeben, der Hagel. Der endgültige Fall Babylons, das ist der völlige Untergang des gesamten verführerischen Weltsystems. Die äußerste Verzweiflung, das namenlose Entsetzen der Gottlosen bei der Ankunft des Herrn.

 

Offenbarung 17-19: Der Untergang der Helfer des Drachen

Dieser Abschnitt zerfällt in drei Teile. Kapitel 17 zeigt uns das Wesen und die Geschichte der großen Hure Babylon. Kapitel 18 zeigt uns den vollständigen Fall Babylons in seinem unwiderruflichen Charakter. Kapitel 19 zeigt uns das Kommen des Herrn, die Freude im Himmel über den Fall Babylons und über die Hochzeit des Lammes.

Johannes wird in die Wüste gebracht, wohin in Kapitel 12 die Frau fliehen musste (siehe dort). Genau dort befindet sich auch das Tier mit einer anderen Frau auf seinem Rücken. Diese Hure ist klar und deutlich Babylon (17,5+18; 19,2+3). Hier haben wir also das Bild einer Verführerin und einer riesigen Weltstadt zusammengefasst, die zudem noch auf dem Tier der Verfolgung durch die politisch-wirtschaftlich-militärischen Kräfte der Welt sitzt. Die Beschreibung Babylons in unserem Abschnitt ist fast identisch mit der Beschreibung von Tyrus in Hesekiel 27 und 28. Das zeigt uns, dass es hierbei um das Bild der Welt als Ganzes geht, und zwar als dem Zentrum der antichristlichen Kultur und Verführung zu allen Zeiten, besonders aber im Gemeindezeitalter.

Das erste Tier war zur Zeit des Johannes anwesend in Form der politischen und militärischen Macht Roms. Das zweite Tier war anwesend in dem religiösen Kult Roms, der die Kaiser vergötterte und viele Dämonen verehrte. Die Hure war zur selben Zeit anwesend in der Form der Vergnügungssucht, des Luxus und der kulturellen Welt Roms. Alles war in dieser Stadt auf Vergnügung und Luxus ausgerichtet. Sogar die Christen wurden zum Vergnügen der Leute in den Arenen geschlachtet. Das Blut der Heiligen fand sich im Becher der Hure, und sie war betrunken davon. Das Tier verfolgte die Christen politisch, die Hure versuchte sie durch Verführung vom Herrn wegzulenken. Dieses Prinzip galt in allen Weltreichen, und es gilt auch heute noch. Im großen antichristlichen Weltreich wird es seine Herrschaft weltweit entfalten. Das Tier trägt die Hure, aber immer nur so lange, bis es die Hure zu hassen beginnt und sich gegen sie wendet. Auch das wird am Ende des antichristlichen Weltreiches geschehen. Anmerkung: In der Geschichte wurde das Tier immer wieder sichtbar: Ägypten, Assyrien, Babylon, Persien, Griechenland, Rom, Tyrus. Die großen Reiche des Mittelalters und der Neuzeit, heute vor allem die USA, aber auch die Systeme Russlands, Chinas, Europas und aller anderen Weltblöcke trugen oder tragen dieselben Kennzeichen. Alle hatten oder haben sie ihre Herrschaftsform (das erste Tier), ihre religiösen Systeme (das zweite Tier) und ihre verführerischen Weltprinzipien (die Hure). Ende der Anmerkung.

Zum einen sehen wir in den sieben Köpfen des Tieres eine zeitliche Abfolge der Reiche (fünf sind gefallen: Ägypten, Assyrien, Babylon, Persien, Griechenland; einer ist: Rom zur Zeit des Apostels; einer muss noch kommen: das antichristliche Weltreich). Zum anderen sind die sieben Köpfe auch sieben Berge, was eindeutig auf Rom als Vertreterin der Tiere und der Hure zur Zeit des Johannes hindeutet. Das Prinzip ist immer wieder das gleiche: Das Tier ist selbst der achte, es ist von den sieben, und es geht ins Verderben. Die Reiche kommen und gehen, sie werden im Verlauf der Geschichte immer wieder vom Herrn zerstört. Die Könige regieren zusammen mit dem Tier immer nur eine Stunde. Am Ende wird es auch mit dem antichristlichen Reich so gehen. Der Antichrist wird zusammen mit 10 anderen Königen für eine ganz kurze Zeit (eine Stunde) die Weltherrschaft haben und dann untergehen. Kurz vor dem Untergang ist es immer so, dass die Tiere sich gegen die Hure wenden und sie verwüsten. Das bedeutet, dass die Menschen, welche die ganze Zeit in ihrer sorglosen Genusssucht gelebt haben, sich irgendwann bewusst werden, was für Dummköpfe sie gewesen sind. Es geht ihnen wie Judas Iskariot. Er erlebte eine völlige Ernüchterung, als ihm seine Geldgier bewusst wurde. Umkehren konnte er aber nicht mehr, weil er vom Satan besessen war. Es blieb ihm nur noch der Untergang. Anmerkung: So ging es immer und so wird es immer gehen, und zwar auf persönlicher Ebene wie auch im großen Rahmen. Die großen Reiche waren kurz vor ihrem Untergang dadurch gekennzeichnet, dass eine allgemeine Ernüchterung und eine schnelle Verschärfung aller Umstände auftraten. In unserer Zeit ist das auch wieder der Fall, diesmal aber global. Ende der Anmerkung.

Kapitel 18 bringt uns den Fall Babylons. Bevor es fällt, werden die Gläubigen dazu aufgefordert, es zu verlassen. Das bedeutet nicht immer eine direkte räumliche Trennung (obwohl auch das manchmal sein muss) der Christen von den sie umgebenden Systemen, denn die ist oft gar nicht möglich. Und sie ist auch nicht nötig. Wir sind nicht von der Welt, aber wir sind noch in der Welt. Es bedeutet vielmehr eine konsequente innere Distanzierung von den Prinzipien der Welt, welche dann auch im Denken und Handeln der Gläubigen sichtbar werden soll. Bestimmte Dinge werden sie nicht mitmachen können. Wenn solch ein Christ ein klares Bekenntnis hat, dann hat er immer auch mit Verfolgung in der einen oder anderen Art zu rechnen. Hinaus aus Babylon! Wenn nicht, dann werden wir teilhaftig ihrer Plagen. Christen, die sich allzu sehr mit der Welt einlassen, müssen das erfahren.

Die Bestrafung Babylons ist das Doppelte gemäß ihren Sünden. Das bedeutet nicht, dass jede Sünde zweifach bestraft wir, sondern es handelt sich bei der Strafe um das genaue Gegenstück zur Sünde, gewissermaßen um ihr Duplikat („das Doppelte“). Alles wird weggenommen, und zwar endgültig: Die Macht und der Handel auf dem Meer, die Reichtümer, der Schmuck, der Luxus, ja sogar das Handwerk und die Kunst. Dies entspricht im Bild einem vollständigen Untergang des gesamten von Menschen aufgebauten Weltsystems in allen seinen imponierenden und verführenden Aspekten bei der Wiederkunft des Herrn. Die Demütigen werden das Land besitzen. Es werden sechs Dinge genannt, die Zahl des Menschen und seiner Systeme: Die Stadt selbst. Die Musiker. Die Handwerker aller Art. Der Mühlstein. Das Licht der Lampe. Die Liebesbeziehungen zwischen Menschen. Babylon hat alle Propheten und Heiligen der Erde geschlachtet. Allein schon deshalb muss es die ganze Welt repräsentieren. Aber nun ist es vorbei. Der Herr wird eine ganz neue Erde gründen.

Jetzt kommt Freude auf im Himmel. Die Hure, die falsche Braut, ist endgültig weggetan. Der Herr tritt die Königsherrschaft an und die Hochzeit des Lammes ist gekommen. Die Braut war auserwählt vor Grundlegung der Welt. Die Hochzeit wurde das gesamte Alte Testament hindurch angekündigt. Der Herr nahm Fleisch und Blut an, und die Verlobung fand statt. Der Herr erwarb die Braut mit dem Opfer seines eigenen Blutes und seines Lebens auf Golgatha. Und nun, nach der fast 2000 Jahre dauernden Verlobungszeit des Gemeindezeitalters kommt der Bräutigam in Begleitung seiner heiligen Engel zurück zur Erde. Er nimmt seine Braut endgültig zu sich in den Himmel, wo das Hochzeitsfest stattfindet. Das Halleluja im Himmel ist vollständig. Doch nun kommen wir noch einmal zurück auf die Erde. Die Hure ist schon vernichtet. Jetzt werden wir sehen, was mit den beiden Tieren geschieht. Wir befinden uns jetzt auf der Erde im Augenblick der Wiederkunft des Herrn.

Jetzt kommt der Reiter auf dem weißen Pferd aus Kapitel 2 wieder, aber diesmal nicht als Reiter des Zeugnisses inmitten seiner Gemeinde, sondern als der große Sieger aller Zeitalter, als der König der Könige, der Herr der Herren, als das Wort Gottes und als der Treue und Wahrhaftige. Dieses Mal hat er ein Schwert, und er kommt zum Krieg. Er schlägt die Nationen mit eisernem Stab (12,5 und 2,27). Er bringt Gottes Strafe (Mt 25,31; Joh 5,22; Apg 17,31). Nun wird er von jedem gesehen und erkannt, niemand kann ihm mehr ausweichen oder widerstehen. Wenn das nur heute schon alle Verächter des Glaubens und alle Gleichgültigen dieser Welt wüssten. Sie werden erschrecken. Die beiden Tiere werden in den Feuersee geworfen. Die gottlosen Menschen werden geschlachtet und den Tieren zum Fraß vorgeworfen. Das ist im Bild das große Harmageddon auf dieser Erde Es wird nicht ein Kampf sein, der sich zäh entwickelt, sondern mit dem Hauch seines Mundes wird der Herr bei seiner Ankunft die Feinde vernichten (2Thess 2,8). Der Herr wird sich nach Jahrtausenden der Geduld von einer Seite zeigen, die noch niemals jemand auf der Erde erlebt hat.

 

Offenbarung 20-22: Sieg durch Christus

Wenn wir diesen Abschnitt betrachten, dann bewegen wir uns natürlich zunächst auf dem gleichen Boden wie in den anderen sechs Abschnitten auch, nämlich in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen des Herrn. Dass diese Betrachtungsweise gerechtfertigt ist, zeigt ein Vergleich zwischen unserem jetzigen Abschnitt und den Kapiteln 12-14.

  • Erstens: In 12,5-12 wird der Satan aus dem Himmel geworfen in Zusammenhang mit Christi Geburt, Tod, Himmelfahrt und Krönung. Er kann die Gläubigen nicht mehr verklagen. In 20,1-3 wird der Satan gebunden und in den Abgrund geworfen. Seine Macht über die Nationen wird gebrochen. Anstatt dass die Nationen wie in früheren Zeiten die Gläubigen erobern, beginnt jetzt die Gemeinde damit, die Nationen zu erobern.
  • Zweitens: In 11,2-6 und 12,14ff finden wir eine lange Periode von Kraft und Zeugnis der Gemeinde, welche fern vom Angesicht des Drachen ernährt wird. Der Einfluss des Satans ist gebrochen. In 20,2 finden wir eine lange Zeit der Kraft für die Gemeinde, weil der Satan gebunden ist. Er bleibt gebunden für symbolisch gesehen „1000 Jahre“, das ist für das gesamte Evangeliumszeitalter. Im Himmel leben und regieren die Seelen der Erlösten mit Christus.
  • Drittens: In 11,7ff und 13,7 finden wir eine sehr kurze Zeit schwerster Verfolgung. Dies ist Satans kurze Zeit: die schrecklichste und allerletzte Manifestation der Verfolgungsmacht des Antichristen. In 20,7 findet sich eine sehr kurze Zeit schwerster Verfolgung. Der Teufel führt die Armee von Gog und Magog gegen die Gemeinde herauf.
  • Viertens: In 11, 17+18 und 14, 14ff finden wir die einzige Wiederkunft Christi zum Gericht. In 20, 11 finden wir die einzige Wiederkunft Christi zum Gericht.

Mit dieser Reihenfolge der Ereignisse ist klar, dass das erste Kommen Christi von einer sehr langen Zeitperiode gefolgt ist, während welcher Satan aus dem Himmel geworfen und an einer Kette gebunden ist, die ihm nur noch begrenzte Tätigkeit gestattet. Diese lange Zeit wird dann gefolgt von Satans kurzer Zeit, wenn er von der Kette losgelassen wird und die letzte weltweite Verfolgung der Gemeinde inszeniert. Danach kommt dann der Herr zum zweiten Mal. Er kommt nicht verborgen zu einer Entrückung, sondern sein zweites Kommen spielt sich als einmaliges Ereignis in Gegenwart der letzten hoffnungslos unterdrückten Christen auf der Erde und der Übermacht des Antichristen öffentlich unter weltweiter Entfaltung kolossaler Machtzeichen ab. Donner, Blitz, Erdbeben, Posaunen, sein Zeichen am Himmel. Jedes Auge wird ihn sehen und jedes Ohr wird ihn hören. Aus dem Textzusammenhang des 20. Kapitels geht hervor, dass die „tausend Jahre“ in den Versen 1-7 zeitlich vor dem Kommen des Herrn mit dem Gericht anzusetzen sind, welches sich erst in Vers 11 zeigt.

Zunächst möchten wir das Binden Satans betrachten. Ein Engel überwältigt den Satan, bindet ihn mit einer Kette und wirft ihn für 1000 Jahre in den Abgrund. Diese Vision ist ein Symbol, vergessen wir das nicht. Was ist die Bedeutung davon, und was war die Bedeutung für die Gläubigen zur Zeit des Johannes? In jener Zeit stand das verschwindende Häuflein der ersten Christen in ihren vergleichsweise kleinen Gemeinden einer gewaltigen heidnischen Übermacht an allen Orten gegenüber. Sollte das immer so weitergehen? Sollte der Teufel seine Übermacht über die Seelen und Leiber der Nationen, die er im Alten Testament hatte, für immer behalten dürfen? Die Antwort steht in Ps 2,7-8:

„Ich will den Ratschluss des Herrn verkünden. Er hat zu mir gesagt: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Erbitte von mir, so will ich dir die Heidenvölker zum Erbe geben und die Enden der Erde zu deinem Eigentum.“

Weitere Stellen: Ps 72,8-11+17; 1Mo 12,3; Am 9,11; Mi 4,12. Die geistliche Finsternis über den Nationen wird nicht bleiben.

Christus wird geboren und wächst unter dem Schutz des Vaters heran. In der Wüste überwindet er den Teufel und beginnt damit, ihn zu binden. Er treibt Dämonen aus und drängt das Reich Satans immer weiter zurück. In Lk 10,17-18 kündigt er gegenüber den evangelisierenden Jüngern den Sturz Satans aus dem Himmel an, als ob er schon stattgefunden hätte. Der Fall Satans aus dem Himmel wird hier klar verbunden mit der Missionstätigkeit der Jünger! In Johannes 12 sagt der Herr klar, dass der Satan auf Golgatha hinausgeworfen wird. Es ist hier dieselbe Wortwurzel wie das Herabwerfen in den Abgrund in Kapitel 20. Kol 2,15 zeigt deutlich, dass der Satan auf Golgatha entwaffnet wurde. Kapitel 12,5ff zeigt klar, dass der Hinauswurf Satans ein direktes Ergebnis der Krönung Christi im Himmel war. Diese Krönung fand bereits vor 2000 Jahren unmittelbar nach der Himmelfahrt des Herrn statt. Das Binden und der Absturz Satans sind mit dem ersten Kommen Christi verbunden, und nicht mit dem zweiten Kommen. Während der symbolischen tausend Jahre des Evangeliumszeitalters ist die Gemeinde auf dem Siegeszug durch die Nationen, und nicht der Satan. Die Gemeinde erobert durch das Evangelium die Welt, und nicht umgekehrt. Das geht so weiter bis zum Ende der „1000 Jahre“ oder der „1260 Tage, dreieinhalb Jahre, 42 Monate“, wenn der Satan für eine kurze Zeit losgelassen wird. Dann kehrt sich die Situation um, und es entsteht eine beispiellose weltweite Verfolgung der Gemeinde, welche zur Ausrottung aller Christen auf der Erde führen würde, wenn der Herr nicht durch sein zweites Kommen in Macht und Herrlichkeit eingreifen würde. 

Anmerkung: Deswegen kann man auch nicht wie die Dominionisten behaupten, dass die Gemeinde Christi die ganze Welt erobern wird und sie Christus bei seinem zweiten Kommen nur noch zu übergeben hat. Diese Leute sind im Irrtum, denn sie arbeiten ohne es zu wissen für den Antichristen. Gegen Ende des heutigen Zeitalters wird es für das wahre Evangelium Jesu Christi nicht immer besser aussehen, sondern im Gegenteil: kurz vor dem Kommen des Herrn wird es ganz schlecht werden. Ende der Anmerkung.

Die Geschehnisse in 20,1-3 beschreiben die mehr irdischen Aspekte, während wir in den Versen 4-6 wieder in den Himmel blicken. Das Binden des Satans steht mit der Herrschaft der himmlischen Heiligen in unmittelbarem Zusammenhang. Die Seelen der gestorbenen Heiligen regieren mit Christus droben (siehe auch: 3,21). Dieses Bewusstsein war für die grausam verfolgten Christen der ersten Zeit der Gemeinde genauso von zentraler Bedeutung wie für die verfolgten und gequälten Christen unserer Zeit. Kapitel 20 sagt es allen leidenden Geschwistern: Hier unten auf der Erde ein paar Jahre des Leidens; oben im Himmel beim Herrn Leben und Herrschaft für „tausend Jahre“. Die Leiden der Gegenwart sind es nicht wert, verglichen zu werden mit der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden wird (Rö 8,18).

Nun kommt die wichtige Frage, wann und wo sich diese „tausend Jahre“ ereignen. Noch einmal: es ist ein symbolischer Ausdruck. Man kann drei Dinge dazu sagen:

  • Erstens: Die tausend Jahre finden dort statt, wo die Throne stehen. Das ist im Himmel.
  • Zweitens: Sie finden dort statt, wo sich die von ihren Leibern getrennten Seelen der Märtyrer befinden. Johannes sieht keine Leiber, sondern Seelen, und zwar die Seelen derer, die enthauptet worden waren. Solche Seelen herrschen bereits während der gesamten Evangeliumszeit mit Christus im Himmel. Dies bleibt so bis zum zweiten Kommen des Herrn. Danach werden es keine bloßen Seelen mehr sein, die mit Christus herrschen, sondern nur noch auferstandene Gläubige mit verherrlichten Leibern. Die Seelen herrschen also in der gegenwärtigen Zeit mit Christus im Himmel für „tausend Jahre“.
  • Drittens: Die tausend Jahre finden dort statt, wo Jesus lebt, denn „sie lebten und herrschten mit Christus“. Auch das ist im Himmel der Fall. Zusammengefasst muss daher gesagt werden, dass die „tausend Jahre“ im Himmel stattfinden, und zwar während des gesamten Evangeliumszeitalters. Somit kann die Zahl tausend hier nur ein symbolischer Ausdruck für das Evangeliumszeitalter sein.

Was ist der Charakter dieser Herrschaft?

  • Erstens ist es das Richten mit Christus. Die Seelen sitzen zusammen mit Ihm auf dem Thron (natürlich symbolisch, denn sonst wäre dort wohl ziemlich wenig Platz).
  • Zweitens ist es das Leben mit Christus.
  • Drittens ist es das Teilen der Königswürde mit Christus. Die Gläubigen sind gemacht zu Königen und Priestern (1,6; 5,10). Ihre Seelen (nicht ihre Leiber, denn diese ruhen im Grab) sind Mitherrscher und Anbeter des Christus „tausend Jahre“, das ist während der gesamten Evangeliumszeit.
  • Viertens ist es „die erste Auferstehung“. Die erste Auferstehung ist der Übergang der Seele des Gläubigen vom Tode zum ewigen Leben bei der Wiedergeburt in den himmlischen Bereich Christi, um dort mit ihm zu sein. Glückselig sind alle, welche an der ersten Auferstehung teilhaben, denn sie gehören dem Herrn und sind in seine ewige Gegenwart gebracht. Beim zweiten Kommen Christi folgt dann die zweite Auferstehung, das ist die Auferstehung des gestorbenen Leibes und seine Wiedervereinigung in verherrlichtem Zustand mit der Seele. Diejenigen Christen, die bei der Ankunft des Herrn noch auf der Erde leben, werden verwandelt und gehen ohne zu sterben direkt ein zum Herrn.

Anders verhält es sich mit denen, welche im Unglauben gestorben sind. Sie nehmen nicht an der ersten Auferstehung teil, denn ihre Seelen gehen in das Totenreich ein. Das ist der erste Tod. Dort müssen sie bleiben bis zum zweiten Kommen des Herrn auf die Erde, im Bild also die ganzen „tausend Jahre“ des Gemeindezeitalters. Ihre Seelen herrschen nicht mit Christus. Wenn der Herr wiederkommt, dann werden ihre Leiber aus den Gräbern hervorkommen und mit den Seelen aus dem Totenreich vereinigt werden. Sie nehmen nur an der zweiten, leiblichen Auferstehung teil. Sie werden wieder als ganze Menschen vor dem Gerichtsthron des Herrn stehen. Dort wird der Herr sie verurteilen und mit Leib und Seele in den Feuersee werfen. Das ist der zweite und ewige Tod, der Feuersee.

Wir betrachten jetzt den letzten Kampf auf der Erde. Wenn die „tausend Jahre“ (das Evangeliumszeitalter) beendet sind, dann wird der Satan für eine kurze Zeit losgelassen. Satan mobilisiert Gog und Magog zum letzten Kampf. Die alttestamentliche Wurzel liegt im Buch Hesekiel, wo Gog und Magog auf Antiochus Epiphanes hinweisen. Er herrschte von Antiochia am Orontes im Osten bis jenseits des Tigris, im Norden bis Mesech und Tubal, zwei Distrikte in Kleinasien. Die Offenbarung benutzt diese Zeit der Unterdrückung Israels durch den letzten und grausamsten aller Seleuziden als ein Bild für die letzte und grausamste Attacke der antichristlichen Horden auf das irdische Volk Gottes. Dazu vier weitere Aspekte.

  • Erstens: Die Attacke von Antiochus Epiphanes (Gog vom Lande Magog) war der letzte große Angriff, den das Volk Israel im alten Bund zu ertragen hatte. Deshalb ist es ein gutes Symbol für den letzten Angriff der jetzigen Zeit vor dem Kommen des Herrn.
  • Zweitens: Die Seleuzidenarmeen waren ungeheuer zahlreich. Auch das ist ein gutes Bild für die riesigen antichristlichen Heere der letzten Tage.
  • Drittens: Die Drangsal unter Antiochus Epiphanes war äußerst schwerwiegend, aber auch nur von sehr kurzer Dauer. Auch hier ein gutes Bild für Satans „kleine Weile“. 
  • Viertens: Die Zerstörung der Seleuzidenarmee war sehr plötzlich, sehr unerwartet und total. Gog und Magog werden außerdem identifiziert mit den Nationen von den vier Enden der Erde. Das ist ein Symbol für die globale Ausdehnung des Konfliktes. Die Verfolger werden die Gläubigen weltweit vernichten. Nur das Kommen des Herrn selbst wird sie retten können, sonst nichts mehr.

Anders gesagt haben wir es hier in 20,7-10 mit der gleichen Schlacht zu tun wie in 16,12ff und 19,19. In allen drei Fällen heißt es im Grundtext: „die Schlacht“, was auf denselben Konflikt hindeutet. Es ist der letzte weltweite Großangriff aller antichristlichen Mächte auf die Gemeinde. Wir erfahren nun, was mit dem Satan selbst nach dieser Schlacht geschieht. Der Herr kommt blitzschnell und vollkommen unerwartet. Der Satan wird in den Feuersee geworfen und dort für ewig gepeinigt.

Als nächstes sehen wir den großen weißen Thron, den Gerichtsthron Christi. Die Erde und der Himmel werden erneuert (gr.: „kainos“), nicht neu geschaffen (gr.: „neos“). Es wird eine Wiedergeburt sein, eine Wiederherstellung aller Dinge (2Pe 3,10; Mt 19,28; Apg 3,21; Rö 8,21). Alle Menschen, die jemals gelebt haben, werden die zweite (leibliche) Auferstehung mitmachen und vor dem Thron gesehen. Die Toten werden gerichtet nach ihren Werken, und auch das Buch des Lebens wird geöffnet. Diejenigen, die im Buch des Lebens verzeichnet sind, werden in die Herrlichkeit Gottes und des Lammes eingehen. Die ganze Bibel lehrt nur eine einzige leibliche Auferstehung, das ist die zweite Auferstehung, oder auch Auferstehung der Leiber aller Menschen, also der Gläubigen und der Ungläubigen, welche am letzten Tag geschehen wird (Joh 5,28ff; Joh 6,39f+44). Sie werden alle zugleich vor dem Gerichtsthron des Lammes stehen und an diesem Tag für ewig voneinander getrennt werden. Die Gläubigen werden mit ihren auferstandenen und verherrlichten Leibern und mit ihren Seelen in das ewige Leben eingehen. Die Ungläubigen werden mit Leib und Seele in den Feuersee geworfen werden. Nirgends in der Bibel finden wir eine leibliche Auferstehung der Gläubigen, welche erst 1000 Jahre später von einer leiblichen Auferstehung der Ungläubigen gefolgt wird.

 

Anmerkung:

Exkurs: Offenbarung 20

Hendriksen vertrat die Ansicht, dass es auf der Erde kein tausendjähriges messianisches Reich mit Israel als geographischem Mittelpunkt der Welt geben wird, er war also ein so genannter Amillennialist. Dieser Ansicht stimme auch ich zu. In den vorangegangenen Passagen seines Kommentars sagt er, dass es nur eine einzige sichtbare Wiederkunft Christi zum Gericht geben wird, also auch keine Vorentrückung der Gemeinde. In diesem Punkt kann ich ihm ebenfalls aus verschiedenen Gründen zustimmen.

Die derzeitigen Entwicklungen in der Weltpolitik scheinen meiner Ansicht nach ziemlich deutlich die These zu unterstützen, dass das heutige Israel noch durch schwere Kämpfe zu gehen hat. Hendriksens Deutung von Gog und Magog als Antiochus Epiphanes scheint mir hier nicht zutreffend zu sein. Auch stimme ich Hendriksen nicht zu, wenn er sagt, dass die Gemeinde einfach die Fortsetzung Israels ist. Ich glaube darüber hinaus, dass die Gemeinde Christi auf der Erde auszuharren hat bis zum sichtbaren Kommen des Herrn Wenn der Herr dann kommt, wird er alle Feinde richten und die Erde erneuern.

Ich vertrete somit in der Summe die Ansicht einer einzigen leiblichen Auferstehung für alle Menschen am letzten Tag, sowie der weltweit sichtbaren Entrückung der Gläubigen an diesem selben Tag. Dann das Gericht über die Welt. Danach kein messianisches Friedensreich, sondern die Ewigkeit des neuen Himmels und der neuen Erde mit der Stadt Gottes, dem neuen Jerusalem, als gesegnetem Mittelpunkt und der Gemeinde Christi als seiner mit ihm herrschenden Frau.

In diesem Zusammenhang muss noch ein Wort zu 2Pe 3,10 gesagt werden. Dort antwortet Petrus auf einen Vorwurf der Welt gegenüber den Christen. Die Welt sagt: „Wo bleibt denn euer Messias? Ihr habt nun schon Jahrhunderte lang auf ihn gewartet, und nichts ist geschehen! Alles läuft wie immer! Alles Blödsinn, Ihr seid nur Narren!“ Beachten Sie hierzu auch die Aussage des Herrn selbst in Lukas 17, dass es vor seiner Ankunft sein wird wie in den Tagen Noahs, wo die Menschen gedankenlos und gottlos lebten. Petrus will die Gläubigen trösten in dieser Situation. Er sagt gewissermaßen: „Lasst sie nur spotten. Der Herr wird ihnen allen die Wirklichkeit seiner Macht zeigen, wenn er kommt. Erwartet nur seinen Tag und heiligt euch. Sein Tag wird kommen wie ein Dieb in der Nacht, und er wird alles gut machen. Ein neuer Himmel und eine neue Erde!“

Dazu sind einige Fragen zu stellen. Wie kann die Welt über einen Messias spotten, der zuvor 1000 Jahre lang auf seinem Thron der Herrlichkeit gesessen und die ganze Welt absolut beherrscht hat? Wie können die jetzigen Himmel und die jetzige Erde für das Gericht durch Feuer aufbewahrt werden, wenn zuerst noch eine Periode von 1000 Jahren dazwischengesetzt ist, während welcher alles eben gerade nicht mehr wie jetzt sein soll, sondern ganz umgestaltet? Wieso erwähnt Petrus die 1000 Jahre an dieser Stelle überhaupt nicht, so wie auch Paulus, auf dessen Schriften Petrus in dieser Passage hinweist, sie an keiner Stelle erwähnt? Denken wir daran: Es gilt, was da steht.

Es erhebt sich zudem die Frage: Wieso werden wir Christen in unserer Zeit von Petrus dazu aufgefordert, genau diesen großen Tag des Feuers in Heiligung unseres Lebens zu erwarten und sogar sein Kommen zu beschleunigen, wenn wir überhaupt keine Chance haben, ihn zu erleben, weil wir 1000 Jahre davor schon in den Himmel gehen sollen? Wie kann dieser Tag für die Welt und auch für uns kommen wie ein Dieb in der Nacht, wenn er zuvor durch eine 1000-jährige Herrschaft des Messiaskönigs auf der ganzen Erde im großen Stil angekündigt und vorbereitet worden ist? Können die Menschen während dieser ganzen Zeit gedankenlos und gottlos gelebt haben? Völlig undenkbar. Die gesamte Logik hinsichtlich 2Pe 3 weist eindeutig von einem Millennium weg.

Bevor wir nun auch noch zu den Einwänden aus Off 20 selbst kommen, muss erneut darauf hingewiesen werden, dass nicht nur das Buch der Offenbarung, sondern die gesamte Heilige Schrift eine Einheit ist. Wir dürfen nicht eine Stelle in einer bestimmten Art und Weise auslegen, wenn es an anderen Schriftstellen Aussagen gibt, welche unserer Auslegung widersprechen. Genauso dürfen wir bei der Auslegung unklarer oder schwieriger Stellen nicht auf die ergänzenden Aussagen verzichten, welche die Schrift an anderen Stellen macht. Wir müssen sie mit einbeziehen, wenn wir zu einer richtigen Deutung gelangen wollen.

Und nun zu Off 20: Johannes sieht einen Engel aus dem Himmel herabkommen, er blickt also in den Himmel. Dort sieht er Throne. Im gesamten Buch der Offenbarung stehen die Throne niemals auf der Erde, sondern immer im Himmel. Das ist eine äußerst bedeutsame Tatsache. Johannes sieht überhaupt keine irdische Szene, sondern eine Szene im Himmel! Es ist hier gar nicht die Rede von den Juden, von Israel, von Jerusalem, vom Tempel oder von der Erde. Die alttestamentlichen Aussagen über kommende Ereignisse in Israel werden von den Auslegern in dieses Kapitel hineininterpretiert, um das himmlische Geschehen auf die Erde herunter zu ziehen. Die Ausleger verbinden Dinge miteinander, die der Seher Johannes überhaupt nicht miteinander verbindet. Das ist bei korrekter Schriftauslegung jedoch nicht statthaft.

Dann sieht Johannes, wie der Engel den Satan an eine Kette legt. Man ist noch bereit zuzugeben, dass der Satan ein Geistwesen ist. Seltsam ist dann aber die Tatsache, dass man nicht mehr bereit ist zuzugeben, dass man einen Geist nicht an eine materielle Kette legen kann, und dass somit das gesamte Bild ein Symbol sein muss. Denken wir an Kapitel 1: In Zeichen kundgetan. Auch die Zahl 1000 ist somit eine symbolische Zahl, denn sie symbolisiert im symbolischen Kontext der Offenbarung dreifache Vollständigkeit: 10 x 10 x 10. Das bedeutet einen langen Zeitraum, der in den Plänen Gottes vollständig ist. Die Auslegung sagt also in symbolischer Sprache das Folgende: Es wird eine sehr lange Zeit geben, während welcher ein mächtiger Engel den Geist Satan geistlich bindet und in seiner Aktivität entscheidend einschränkt, so dass er nicht mehr ungehindert wirken kann. Er kann nämlich die Nationen nicht mehr verführen, und er kann die Gemeinde nicht auslöschen. Auch hier müssen wir mit anderen Schriftstellen vergleichen. Jes 49,24-26 sagt klar aus, dass dem Starken die Beute genommen werden wird, und dass der Herr selbst als der Messias (von dem Jes 49 als Ganzes redet) seine Kinder erretten wird. Jes 49,6 sagt, dass der Messias nicht nur zu Israel kommen werde, sondern dass er das Licht der Nationen werden würde.

Psalm 22 spricht von der großen Gemeinde aus allen Nationen und von den Enden der Erde, die den Messias nach seiner Auferstehung und Verherrlichung anbeten werden. Das ist seit der Himmelfahrt der Fall. In Mt 12,29 sagt der Herr selbst, dass er in das Haus des Starken eindringen und ihn binden werde. Das geschah während seines Dienstes auf der Erde. Er schickte die Jünger zu zweit los und ließ sie im Angesicht des geistlich gebundenen Satans evangelisieren. Als sie zurückkehrten, sagte er in Lk 10,18, dass er den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen sah. Schließlich noch das Wort des Herrn aus Joh 12,31-32:

Jetzt ergeht ein Gericht über diese Welt. Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden. Dies sagte er aber um anzudeuten, durch welchen Tod er sterben würde.“

Im Dienst des Herrn auf der Erde wurde der Satan also geistlich gebunden, und kurz nach Golgatha, nämlich bei der Himmelfahrt des Herrn, wurde der Satan aus dem Himmel hinausgeworfen. Diese beiden Dinge hängen nach den Aussagen der Schrift unmittelbar mit dem ersten Kommen des Herrn zusammen. Beides finden wir genauso in Off 20 wieder: Der starke Engel kommt, bindet den Satan und wirft ihn aus dem Himmel hinab. Und damit noch nicht genug. Off 12,7-12 zeigt uns, wie der Teufel vom Erzengel Michael besiegt und aus dem Himmel hinausgeworfen wird. Dies geschieht im Kontext von Kap. 12 unmittelbar im Anschluss an die Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn in 12,5. Der starke Engel könnte somit Michael selbst sein.

In der Gesamtschau aller dieser Dinge möchte ich Ihnen daher in Bescheidenheit und im klaren Bewusstsein der Begrenztheit meiner eigenen Erkenntnis den folgenden Deutungsvorschlag für Off 20,1-6 unterbreiten: Vor dem Kommen des Herrn waren nur dem Volk Israel die Aussprüche Gottes anvertraut, nur dieses Volk lebte im Licht und unter der Führung Gottes. Über den Nationen lag völlige geistliche Finsternis, und sie wurden vom Satan verführt, indem er sie in allen Variationen des heidnischen Götzendienstes festhielt. Im irdischen Leben des Herrn Jesus Christus wurde der Satan geistlich gebunden. Im Tod und in der Auferstehung des Herrn wurde der Satan völlig entmachtet. Er wurde nach der Himmelfahrt des Herrn von dem starken Engel Michael aus dem Himmel hinausgeworfen auf die Erde. Da er geistlich gebunden ist, kann er die Nationen nun nicht mehr verführen, und er kann auch die Gemeinde Christi nicht auslöschen. Der Dienst des Herrn hat das Evangelium ans Licht gebracht, welches nun bis zu den Enden der Erde läuft und von den Nationen angenommen wird. Die Nationen sind nun nicht mehr durch den Satan verblendet und verführt, sondern sie folgen dem Licht des Herrn. Dies wird für eine lange Zeit von symbolisch 1000 Jahren so sein, nämlich während des vollständigen Evangeliumszeitalters.

Am Ende dieser langen Zeit wird der Satan losgelassen für eine kurze Zeit, was in unserer Zeit möglicherweise schon geschehen ist. Er wird den Teufel und seine Leute dazu befähigen, ein Weltreich aufzurichten, in welchem für kurze Zeit die Verkündigung des Evangeliums kaum noch oder gar nicht mehr möglich sein wird, und in welcher die wenigen noch auf der Erde verbliebenen Gläubigen zuletzt einer hoffnungslosen Übermacht von Menschen im Dienst des Satans gegenüberstehen werden, welche so zahlreich wie der Sand des Meeres sein werden. Aus diesem Grund geht die lange Zeit der symbolischen 1000 Jahre im Kontext von Off 20 dem Gericht voraus. Die Reihenfolge müsste nach prämillennialistischer Lehre an dieser Stelle genau umgedreht werden, um die Lehre aufrecht zu erhalten. Dies würde jedoch den Kontext des Kapitels völlig zerstören und ist somit im Hinblick auf eine korrekte Schriftauslegung nicht gestattet.

Des Weiteren sieht Johannes in 20,4 außer den Thronen auch noch die Seelen derjenigen, welche um des Zeugnisses Jesu willen enthauptet worden waren. Er sieht keine menschlichen Körper, sondern Seelen, welche von ihren Körpern getrennt im Himmel bei Christus sind. Sie wurden enthauptet um des Zeugnisses Jesu willen. Auch hierzu wieder einige Fragen. Wann wird das Zeugnis Jesu verkündigt? Antwort: Im heutigen Zeitalter der Gemeinde Jesu. Wann werden Menschen enthauptet, weil sie das Zeugnis Jesu geben? Antwort: Im heutigen Zeitalter der Gemeinde Jesu. Dies geschah bereits zum Zeitpunkt der Niederschrift der Offenbarung, und es wird auch weiterhin geschehen, bis der Herr wiederkommt. Wann befinden sich die Seelen der getöteten Jünger Jesu getrennt von ihren Leibern im Himmel bei Christus? Antwort: Im heutigen Zeitalter der Gemeinde Jesu. Übrigens befinden sich die Seelen aller in Christus Gestorbenen heute bei Christus. Paulus sagte, dass er Lust habe abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser.

Die Gesamtschau aller dieser Dinge lässt Off 20,1-6 bei rein textorientierter Schriftauslegung ohne Zusatzannahmen nur einen einzigen Schluss zu: Die symbolischen 1000 Jahre in Off 20 stellen das Zeitalter der Gemeinde Jesu dar, währenddessen die Christen auf der Erde verfolgt und getötet werden wegen ihres Zeugnisses für Jesus. Der Satan ist geistlich gebunden und kann die Nationen geistlich nicht mehr uneingeschränkt verführen. Das Evangelium geht zu den Nationen und viele Menschen nehmen es an. Sie werden zu Zeugen Jesu im Angesicht Satans. Der Satan kann zwar noch ihre Leiber töten, aber nicht mehr ihre Seelen. Nach ihrem Tod gehen ihre Leiber ins Grab. Ihre Seelen gehen in den Himmel und sitzen dort mit Christus in den himmlischen Örtern (Epheser 1), wo sie auf Thronen sitzend (Off 3,21) herrschen mit Christus, und wo sie wie die gesamte Schöpfung die Erlösung des Leibes erwarten. Diese Erlösung des Leibes wird sich bei der leiblichen Auferstehung am Tag des zweiten Kommens Christi ereignen. Nur diese eine Deutung erscheint möglich, wenn man alle Textstellen betrachtet und in einfach textgebundener Weise auslegt, ohne Zusatzannahmen einzuführen, welche der Text selbst nicht bietet. Somit redet Off 20 nach meiner bescheidenen Ansicht ganz eindeutig nicht über ein 1000-jähriges Reich auf der Erde.[1]

Zuletzt noch ein kurzes Wort zur Auferstehung am letzten Tag. In 1Thess 4,17 heißt es:

„Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zusammen mit ihnen (das ist mit den früher gestorbenen und jetzt ganz kurz zuvor auferweckten Christen des Gemeindezeitalters) entrückt werden (harpazo: hinwegreißen) in Wolken, zur Begegnung mit dem Herrn, in die Luft (eis apantesin kyriou eis aera: zur Abholung des Herrn in der Luft), und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.“

Zu dem Begriff der Abholung des Herrn sagt Prof. F.F. Bruce (ein weltweit anerkannter Neutestamentler, der den Brüdergemeinden in England angehört) folgendes (in Brockhaus, Kommentar zur Bibel, Band 4, S. 442): „Wenn in hellenistischer Zeit ein Würdenträger (der Regierung) einer Stadt einen offiziellen Besuch („parousia“) abstattete, zogen ihm die führenden Bürger entgegen, um ihn willkommen zu heißen und auf dem letzten Stück der Reise zu geleiten. Das nannte man die „apantesis“. Das Wort wird mit ähnlichem Sinn in Mt 25,6 und Apg 28,15 gebraucht. Es ist ein sprechendes Bild: Der Herr wird von den Seinen das letzte Stück zur Erde begleitet, wobei die jetzt erst von den Toten Auferweckten und die, die am Leben geblieben waren, vereinigt werden.“ (Zitat aus: Manfred Schäller: „Siehe, Er kommt mit den Wolken“. Jota-Publikationen, Hammerbrücke, S. 91).

Nach dieser Auslegung sagen die Verse 1Thess 4,16-17 folgendes aus: Der Herr wird bei der letzten Posaune, am letzten Tag, aus dem Himmel herabkommen in die Wolken. Die entschlafenen Gläubigen des Gemeindezeitalters werden auferweckt in einem Nu. Ihre auferstandenen und verherrlichten Leiber werden mit ihren Seelen vereinigt. Danach werden die noch lebenden Gläubigen leiblich verherrlicht, ebenfalls in einem Nu, und auch sie werden mit verherrlichten Leibern und ihren Seelen da stehen. Dann werden alle Gläubigen hochgerissen in die Wolken zu dem Herrn, der sie dort erwartet. Vor den Augen des Fürsten der Gewalt der Luft, des Satans, werden die Gläubigen im Luftraum dem Herrn begegnen. Sie werden ihn dort abholen („eis apantesin kyriou eis aera“). Sie werden ihn auf dem letzten Stück seines Weges aus den Wolken herab zur Erde begleiten. Die Entrückung der Gläubigen wird sich somit nicht in verborgener Weise ereignen, sondern vor den Augen aller Ungläubigen der Welt unter Entfaltung kolossaler Machtzeichen bei der Ankunft des Herrn. Zu dieser Auslegung würden auch die wiederholten Aussagen des Herrn selbst passen (Joh 5,28-29; 6,39+40+44+54), nach welchen die Gläubigen und die Ungläubigen am letzten Tag gleichzeitig auferweckt werden.

Ich möchte dem Leser dieser Ausarbeitung auf keinen Fall eine der möglichen Ansichten aufdrängen, welche soeben geschildert wurden. Sie sind ja nicht heilsnotwendig. Ich habe lediglich versucht, eine bescheidene Darstellung möglicher Ereignisse und Auslegungen anzubieten. Den Stein der Weisen habe ich nicht gepachtet, und ich möchte auch keinen Streit unter Geschwistern vom Zaun brechen. Das wäre nicht im Sinne des Herrn. Alle Erlösten haben den gleichen rettenden Glauben an den Sohn Gottes und an sein Opferblut, das er als Lamm Gottes für die Sünden der Welt vergossen hat (Joh 1,29). Wir alle glauben an seinen Tod am Kreuz für unsere Sünden und an seine Auferstehung am dritten Tag nach den Schriften zu unserer Rechtfertigung (Rö 4,25; 1Kor 15,1-4). Dieser Glaube vereinigt uns, indem Gott uns den Heiligen Geist gegeben und uns in einen einzigen Leib hineingetauft hat (1Kor 12,13). Wir alle sollten miteinander im Geist der geschwisterlichen Liebe ohne Spaltungen nach der Wahrheit suchen. Ende der Anmerkung.

Wir kommen nun zu der schrittweisen Beschreibung des endgültigen Sieges Gottes und des ewigen Zustandes, so wie sie von Hendriksen gesehen wurde. Die Offenbarung hat zahlreiche Parallelen zum Buch 1Mo, was die Einheit der Schrift klar bezeugt.

  • 1Mo spricht über die Erschaffung von Himmel und Erde, die Offenbarung über den neuen Himmel und die neue Erde.
  • In 1Mo wurden die Gestirne erschaffen, in der Offenbarung braucht man keine Sonne und Gestirne mehr.
  • 1Mo beschreibt ein verlorenes Paradies, die Offenbarung ein neu gewonnenes Paradies.
  • 1Mo beschreibt die bedrohliche Macht Satans, die Offenbarung seine Niederlage.
  • 1Mo beschreibt die Flucht des Menschen von Gott, die Offenbarung seine Rückkehr in die innige Gemeinschaft mit Gott.
  • 1Mo zeigt, wie dem Menschen der Zugang zum Baum des Lebens versperrt wird, in der Offenbarung hat er freien Zugang zu diesem Baum.

Somit zeigt sich auch hier wieder das große Thema der Offenbarung: Das was verloren erschien, ist in vollem Umfang von Gott wiederhergestellt worden, ja noch weit mehr. Die Gläubigen sind mehr als Überwinder, denn sie sind in eine Gemeinschaft hineingestellt, welche sich Adam nicht hätte träumen lassen.

Als nächstes stellt sich die Frage nach dem Inhalt und der Bedeutung der Beschreibung von Kap 21,1 bis 22,5. Hier müssen wir sehr genau darauf achten, dass es sich um symbolische Sprache in Visionen und Bildern handelt, welche der Seher Johannes im Geist sieht. Es handelt sich hier um eine symbolische Darstellung des erlösten Universums der Zukunft, wie es geistlich bereits heute in der Gemeinde Christi vorgeschattet ist. Alles, was in der Zukunft in Vollkommenheit vorhanden sein wird, kann heute bereits in Ansätzen in der Gemeinde sichtbar werden, denn Christus lebt schon jetzt in der Gemeinde, er ist schon jetzt ihr König, ihr Lamm und ihr Licht. Bereits heute ist die Gemeinde ein Haus, eine Stadt mit Toren und Mauern, und so weiter. „Gott selbst wird mit Ihnen sein, und wird ihr Gott sein.“ Im Alten Testament finden wir diese Verheißung schon im Hinblick auf die Erlösung und die Gemeinde. Stellen wie Jes 65,17; Jes 66,22; 1Mo 17,7-8; 2Mo 20,2; 5Mo 5,2f; Jer 24,7; Jer 30,22; Jer 31,33; Hes 11,20; Sach 13,9; Mt 13,17; Rö 4,22; 2Kor 6,16 kommen hier in Betracht. Es ist heute schon alles geistliche Wirklichkeit im Leben der Gemeinde Christi, und in der Zukunft wird es sichtbare vollkommene Wirklichkeit sein.

Aus dem großen Feuer der Reinigung und des Gerichts sind ein neuer Himmel und eine neue Erde hervorgegangen. Alle Spuren der Sünde sind ausgebrannt. Es heißt hier im Original „kainos“ (eine neue, erneuerte), nicht „neos“ (eine neue, ganz andere) Welt. Das deutet auf eine komplette Umgestaltung und Renovierung hin und nicht auf eine komplette Neuschöpfung. Die alte Ordnung ist vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Das bedeutet in der Symbolsprache der Offenbarung, dass es völligen Frieden zwischen den Völkern geben wird, und nicht mehr das unruhige Brausen der Nationen (Jes 17,12). Es wird auch keinen finsteren Bereich mehr geben, aus welchem die bösen Mächte aufsteigen (Off 13,1). Das neue Jerusalem kommt vom Himmel herab. Dies ist ein klares Bild der Gemeinde, welche sogar schon im Alten Testament unter dem Bild einer Stadt gesehen wurde (Jes 26,1; Ps 48). Die Gemeinde wird als die Braut, die Frau des Lammes gesehen (Jes 54,5; Eph 5,32). Die Stadt bringt den Gedanken an eine bleibende Wohnung, viele Einwohner, Sicherheit, Vertrauen, Gemeinschaft und Schönheit. Alle diese Dinge werden bereits heute in der Gemeinde gefunden. Sie kommt aus dem Himmel von Gott, denn sie ist von oben geboren durch den Geist Gottes (3,12; 21,9ff; Gal 4,26; Hebr 11,10+16; Hebr 12,22).

Man gewinnt den Eindruck, dass die Hochzeit des Lammes überhaupt nicht mehr zu Ende geht. Das Lamm ist der Hirte. Gott wischt jede Träne von ihren Augen. Sie beten ihn unaufhörlich an in seinem Heiligtum. Sie sitzen mit ihm auf seinem Thron, und er hält mit ihnen das Mahl. Die ewige Gemeinschaft Gottes mit seinem Volk wird dargestellt. Anders ausgedrückt: Weil der Tod die ewige Trennung von Gott ist, wird hier durch das Bild der Gemeinschaft mit Gott das ewige Leben in einem lieblichen und schönen Bild dargestellt. Kein Tod mehr, keine Trauer, kein Geschrei, kein Schmerz, denn das Alte ist vergangen. Dann ertönt Gottes Stimme: Und siehe, ich mache alles neu! Nur er kann das. Kein menschliches Utopia, und sei es noch so gut und global organisiert, kann das jemals vollbringen. Das Wasser des Lebens, das umsonst gegeben wird, bezieht sich auf das ewige Leben, also die vollständige und kostenlose Errettung. Es ist dies die Verwirklichung aller früheren Verheißungen. Diese Verheißungen durchziehen die ganze Heilige Schrift wie ein goldener Faden. Die Erfüllung beginnt bereits heute im Leben des Gläubigen, dann aber wird sie in vollem Umfang verwirklicht sein und ewig.

Wir kommen jetzt noch näher zur Beschreibung des neuen Jerusalem. Es ist dies die zukünftig verwirklichte ideale Gemeinde Gottes, wie sie bereits in unseren Tagen in „idealen“ Gemeinden Gottes vorgeschattet ist. Ist Johannes wird im Geiste, nicht in der Realität auf einen hohen Berg gebracht. Von dort aus sieht er nicht eine kleine örtliche Gemeinde, sondern eine symbolische Vision des Großen und Ganzen, die er nur von einem derart erhöhten geistlichen Standpunkt aus überhaupt zu erfassen vermag. Die Stadt ist die Braut, also die Gemeinde. Diese Gemeinschaft (im Bild der Stadt) ist heilig, das Zusammenleben ist heilig und bleibend, und es wird von einer unzählbaren Menge genossen. Die heutige Gemeinde weltweit kommt uns hier in den Blick, aber sie ist nur ein schwacher Schatten der zukünftigen Wirklichkeit. Sie gehört zum Himmel, aber sie wohnt bei den Menschen. Es ist die Gemeinschaft von Menschen, die vorherbestimmt waren zu einer neuen und ewigen innigen Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Babylon ist „groß und alt“, Jerusalem ist „heilig und neu“. Die Stadt ist pures Gold, durchsichtig wie Glas. Dies symbolisiert den reinen, heiligen, lieblichen, gnädigen und strahlenden Charakter der Gemeinschaft zwischen Gott und seinem Volk. Außerdem ist die Stadt ein perfekter Würfel, sie hat symbolisch die Maße des Heiligtums.

Anmerkung: Gott wird uns in der Ewigkeit wohl kaum in einen Würfel einschließen. Es handelt sich hier um eine symbolische Darstellung der heiligen Vollkommenheit der Gemeinde aller erlösten Menschen. Wir sind als Menschen hier auf der Erde überhaupt nicht dazu in der Lage, Gottes kommende Herrlichkeit in einem unserer Vorstellung entsprechenden irdischen Bild zu erfassen. Stelle Dir einmal vor, Du hättest vielleicht ein kleines Zimmerchen genau am Rand des Würfels. Wo würdest Du denn hinsehen? Nach draußen in eine schwarze Leere? Würdest Du vielleicht auch einmal eines Tages Angst bekommen, durch einen Schaden in der durchsichtigen Goldglaswand nach außen zu fallen? Wohl eher kein gutes Bild für vollkommene Geborgenheit. Deshalb betone ich nochmals: Es handelt sich um ein Symbol. Trotzdem glaube ich daran, dass es in der Ewigkeit eine Stadt Gottes auf der neuen Erde geben wird, in welcher die Erlösten wohnen, auch wenn diese Stadt nach meiner bescheidenen Ansicht nicht genau die Form eines Würfels haben wird. Ende der Anmerkung.

12.000 Stadien in jeder Dimension. Was bedeutet das? 12.000 ist 3x4x10x10x10. Diese Zahl symbolisiert das vollständige und vollkommene Ergebnis (10x10x10) der Rettungsmacht des dreieinigen Gottes (3) im gesamten Universum (4). Diese Gemeinschaft wird in jeder Richtung und in jeder Hinsicht vollständig und vollkommen sein. Heute erleben wir allenfalls einen Schatten davon. Heute ist dies in seiner Fülle für uns noch nicht vorstellbar.

Als Braut des Lammes wird diese Stadt (diese Gemeinde, und somit auch jeder einzelne Gläubige in dieser Gemeinde) eine innige und bleibende Liebesbeziehung zu Gott und dem Lamm haben. Das ist das Größte von allen Dingen. Die Stadt (die Gemeinde) ist erleuchtet von der Herrlichkeit Gottes und des Lammes. Das Lamm gibt uns die wahre und rettende Gotteserkenntnis, bleibende geistliche Freude, eine gerechtfertigte Stellung und eine Heiligung des Wesens. Christus, das wahre Licht, vertreibt die Dunkelheit der Unwissenheit, des Elends, der Schuld und der moralischen Verschmutzung. Dieses Licht leuchtet heute schon schwach in der Gemeinde, dann aber in Vollkommenheit. Der Herr Gott der Allmächtige ist ihr Tempel, und das Lamm. Seine Herrlichkeit ist nicht an eine bestimmte Stelle gebunden, sondern sie erfüllt jeden Winkel der Stadt (der Gemeinde) vollkommen. Kein äußerliches Heiligtum wird benötigt, um in Gemeinschaft mit Gott zu kommen. Sie wird ununterbrochen und vollkommen für jeden Gläubigen und für die Gläubigen untereinander vorhanden sein. Unvorstellbares Wunder!

Die Stadt hat eine mächtige Mauer: Die Gemeinde hat die Gemeinschaft mit Gott für immer und ewig sicher, sie ist geschützt. Niemand wird sie aus seiner Hand rauben (Joh 10,28). Die Mauer hat 12 Grundlagen mit den Namen der 12 Apostel. Durch ihr Zeugnis im Leben und in der Heiligen Schrift konnten alle anderen Gläubigen in die Gemeinde kommen. Der Eckstein, also die Grundlage von allem, auch für den Dienst der Apostel, ist der Herr Jesus selbst. Außerdem hat sie 12 Tore, welche 12 Perlen sind, mit den Namen der 12 Stämme Israels auf ihnen, und in jeder Himmelsrichtung sind drei Tore. Der Zugang zu dieser Stadt ist das Kostbarste was einem Menschen passieren kann. In der Tat ist jedes Tor eine Perle. Glückselig sind, die in die Stadt eintreten können, die durch das Evangelium aus dem Völkermeer gerettet sind. Übrigens entsteht die Perle auch im Meer, und sie ist in Mt 13 ein Symbol für die Gläubigen aus den Nationen, die der Herr erkauft hat.

Auch der Umstand, dass in jeder Himmelsrichtung drei Tore sind, weist im Bild auf die Rettung von Gläubigen aus allen Nationen, von den vier Enden der Erde, hin. Gläubige aus Israel und aus den Nationen gehören zu dieser Stadt (Gemeinde). Das Heil ist aus den Juden (Joh 4,22), die aus den 12 Stämmen bestehen. Die Tore sind niemals geschlossen. Dieses Bild weist auf unsere heutige Zeit, wo noch jeder die Möglichkeit hat, durch die reichlich vorhandenen Zugangswege in die Stadt zu gelangen, wenn er an das Evangelium glaubt. Jedes Tor hat auch einen Engel. Die Boten Gottes (Engel oder auch menschliche Missionare) weisen noch immer die Menschen auf den richtigen Eingang hin. In der Ewigkeit wird nichts Unreines mehr in die Stadt eingehen können, denn dann werden die Engel die Tore bewachen.

Die Stadt (Gemeinde) hat breite Straßen aus Gold, durchsichtig wie Glas. Hier gibt es einen ununterbrochenen und freien Zugang zum Thron. Der Weg ist immer offen. Außerdem hat sie Ströme von Wasser des Lebens, die vom Thron Gottes und des Lammes herausfließen. Die Errettung wurde hervorgebracht durch den souveränen Gott, und sie wurde in die Tat umgesetzt und erworben durch das Blut des Lammes. Das ewige Leben der Gemeinde (also das Wasser des Lebens in der Stadt) kommt einzig aus dieser Quelle hervor. Das Wasser ist kristallklar: Nichts wird unsere Gemeinschaft mit Gott und dem Lamm trüben. Der Strom ist angefüllt, er ist kein schwaches Rinnsal: Der Segen und die Gemeinschaft sind immer in Fülle vorhanden.

Zwischen dem Strom und der goldenen Straße gibt es ein Paradies mit dem Baum des Lebens darin, der jeden Monat seine Frucht gibt, und dessen Blätter zur Heilung der Nationen sind. Sowohl der Begriff „Baum des Lebens“ als auch die Begriffe „Straße“ und „Strom“ sind Sammelbegriffe. Wenn wir diese Stelle lesen, dann bedeutet das nicht, dass es nur einen Baum, eine Straße und einen Strom geben wird in der ganzen Stadt. Dann würde vielleicht sogar noch ein gewisses Gedränge um die Frucht entstehen. Die Stadt ist voll von Bäumen, Straßen und Strömen (Kanälen des Segens) für alle Bewohner. Jeder Gläubige hat freien Zutritt zu dem Baum des Lebens im Paradies Gottes (siehe 2,7), zu dem Strom und zu allen Straßen der Stadt. Es handelt sich also hier um ein geistliches Bild für die überreichliche Fülle unserer Errettung, das absolut volle Maß der gesegneten und beständigen (immer neue Frucht vom Baum) Gemeinschaft mit Gott, in welche jeder Gläubige (jeder Bewohner der Stadt) gebracht ist. In 1Mo wurde der Mensch aus dem Garten hinausgetrieben. Seitdem hat er sich immer wieder nach diesem Ort zurückgesehnt. Jetzt ist es schon so, dass Gott in seiner Gemeinde wohnt durch den Heiligen Geist, der bereits jetzt alle Segnungen zu geben vermag. In der Zukunft wird es alles in Vollkommenheit sein. Der Mensch ist nicht mehr vom Garten getrennt, sondern der Garten ist mitten in der Stadt (in der Gemeinde).

Anmerkung: Es ist in diesem Zusammenhang eine wunderbare Tatsache, dass der Herr Jesus nach seiner Kreuzigung in einem Garten begraben wurde. Das wies bereits klar und deutlich hin auf die kommende selige Gemeinschaft der Erlösten mit ihrem auferstandenen Herrn in der Ewigkeit. Ende der Anmerkung.

Schließlich steht in der Stadt auch noch der Thron Gottes und des Lammes. Das bedeutet im Bild, dass in der Gemeinde Gottes (heute noch in Schwachheit, aber dann in ewiger Vollkommenheit) Gottes Majestät und Souveränität geoffenbart wird. Dies wird auch außerhalb der Stadt wahrgenommen, denn es ist letztlich auch den Verlorenen offenbar. Sie können aber nicht mehr eintreten. In der Stadt gehorchen alle Bewohner (heute in Schwachheit, dann in ewiger Vollkommenheit) dem Willen Gottes. Sein Wille ist ihr Verlangen. Sie sehen sein Angesicht, sie genießen seine Gemeinschaft, sie beten ihn an. Sein Name ist an ihren Stirnen (dieses Symbol wurde bereits erklärt), sie sind sein Eigentum. Er herrscht, und sie herrschen mit ihm.

Der Schluss des Buches gibt noch einige Ermahnungen und Ausblicke. Diese sollen nicht mehr groß kommentiert werden. Die Offenbarung ist göttlichen Ursprungs, sie kommt von Gott und von dem Lamm selbst, von dem Alpha und Omega, dem glänzenden Morgenstern, der bald am Himmel erscheinen wird. Die Zeit ist nahe („the time is at hand“): Die Dinge, welche Johannes gesehen hat, werden in Kürze beginnen. Wie wir gesehen haben, sind sie schon seit der Niederschrift des Buches vor nunmehr fast 2000 Jahren in vollem Gange.

Die ernste Ermahnung lautet:

„Wer Unrecht tut, der tue weiter Unrecht, und wer unrein ist, der verunreinige sich weiter, und der Gerechte übe weiter Gerechtigkeit, und der Heilige heilige sich weiter. Und siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, um einem jeden so zu vergelten, wie sein Werk sein wird. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte.“

Anmerkung: Bitte lesen Sie die letzten Verse des Buches unkommentiert in der Gegenwart des Herrn selbst. Ich hoffe und habe auch zu dem Herrn gebetet, dass die vorliegende kleine Ausarbeitung ein Segen für den Leser werden möge. Lasst uns alle das Kommen des Herrn erwarten und ihn durch Zuruf darum bitten: „Komm, Herr Jesus!“ Lasst uns alle zusammen ausharren, auch wenn es noch durch große Bedrängnisse hindurchgehen sollte. Der endgültige Sieg ist uns allen völlig gewiss. Ich wünsche allen Glaubensgeschwistern die Gnade und den Segen unseres bald kommenden Herrn Jesus Christus. Ende der Anmerkung.heit und erlöste uns. s Heiligen landes gebracht. und u

 


[1] Im griechischen Text heißt es an allen Stellen in Offenbarung 20, 1-6: „chiliabeziehungsweisechilioi. Es handelt sich hierbei um einen so genannten Plural unbestimmter Affinität, welcher ohne ein Zahlenpräfix dasteht. Mit Präfix würde es eine konkrete Zahl andeuten, wie etwa: heis chilias = 1000; dischilioi = 2000; trischilioi = 3000, und so weiter. Ohne Präfix bedeutet es aber gerade nicht die konkrete Zahl 1000, sondern eine sehr große nicht bekannte Zahl, welche durch den Begriff „tausend“ ausgedrückt wird. Ein ähnliches Phänomen finden wir zum Beispiel in Psalm 50,10: „Denn mir gehören alle Tiere des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen“. Es geht in diesem Vers nicht um eine konkrete Zahl von genau 1000 Bergen, sondern das „chilias“ drückt aus, dass dem Herrn eine riesige Zahl von Bergen gehört, nämlich alle Berge. In unserer Alltagssprache kennen wir das gleiche Phänomen, wenn zum Beispiel eine Mutter ihr Kind kritisiert mit den Worten: „Das sollst Du nicht tun, das habe ich Dir doch schon tausendmal gesagt!“ Auch hier erkennt man sofort, dass die Mutter es zuvor nicht genau 999 Mal gesagt hat, sondern bereits unzählige Male. Die Auslegung einiger auch von mir sehr geschätzter Bibellehrer unserer Zeit, dass es sich in Offenbarung 20,1-6 um eine Zeit von genau 1000 Jahren handele, ist daher nach meiner Ansicht nicht richtig. Es handelt sich vielmehr um einen sehr langen Zeitraum von unbekannter Dauer, der durch das Wort „tausend“ („chilioi“) ausgedrückt werden soll. Es ist – wie bereits zuvor gesagt – eigentlich ein anderer Begriff für das sehr lange Zeitalter der christlichen Gemeinde zwischen dem ersten und zweiten Kommen des Herrn, dessen genaue Dauer niemand angeben kann.

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