Die Ölbergrede steht in Verbindung mit den Aussagen der Offenbarung über das letzte Gericht und mit den letzten vier Kapiteln des Buches Daniel. Sie enthält Aussagen des Herrn, welche sich auf den Verlauf des gesamten Gemeindezeitalters beziehen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Ein Durchgang durch die Ölbergrede bei Matthäus
Kapitel 24, Verse 1-3: Die 3 Fragen der Jünger
Kapitel 24, Verse 4-5: Warnung vor falschen Christussen
Kapitel 24, Verse 6-14: Schwierigkeiten bis ans Ende
Kapitel 24, Verse 15-28: Der Gräuel der Verwüstung
Kapitel 24, Verse 29-31: Die Drangsal jener Tage
Kapitel 24, Verse 32-34: Das Gleichnis vom Feigenbaum
Kapitel 24, Verse 35-44: Ermahnung zur Wachsamkeit
Kapitel 24, Verse 45-51: Das Gleichnis von den guten und bösen Knechten
Kapitel 25, Verse 1-13: Das Gleichnis von den 10 Jungfrauen
Kapitel 25, Verse 14-30: Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten
Kapitel 25, Verse 31-46: Das Gericht vor dem großen weißen Thron
Schlusswort
Einleitung
Die Ölbergrede des Herrn hat unter den Händen der verschiedensten Ausleger unsäglich gelitten. Es erging ihr hierbei sehr ähnlich wie dem Buch Daniel und dem Buch der Offenbarung. Das liegt daran, dass alle drei genannten Teile der Heiligen Schrift untrennbar miteinander verbunden sind. Die Ölbergrede steht in unmittelbarer Verbindung sowohl mit den Aussagen der Offenbarung über das letzte Gericht beim Kommen des Herrn als auch mit den letzten vier Kapiteln des Buches Daniel. Die Rede beschäftigt sich einerseits mit den Dingen, welche bei der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. stattfanden. Andererseits enthält sie auch Aussagen aus dem Mund des Herrn, welche sich auf den Verlauf des gesamten Gemeindezeitalters und auf das letzte Gericht bei seiner Wiederkunft am Ende der Zeit beziehen.
Die verschiedenen Auslegungsversuche sind in den meisten Fällen an zwei Hauptschwierigkeiten gescheitert. Zum einen gab es Ausleger, welche aufgrund einer künstlich eingeführten vollständigen Trennung Israels von der Gemeinde Christi eine ebenso künstliche und nicht schriftgemäße Zerstückelung der Rede herbeiführten, indem sie gewisse Verse ausschließlich der Gemeinde zuordneten, andere wiederum ausschließlich Israel.
Zum anderen gab es Ausleger, welche aufgrund einer nicht schriftgemäßen Eschatologie (Endzeitlehre) zu falschen Schlüssen hinsichtlich der Reihenfolge der in der Rede genannten Ereignisse gelangten. Aufgrund der nicht schriftgemäßen Lehre von einer geheimen Vorentrückung der Gemeinde Christi und einer darauf folgenden siebenjährigen Drangsal für Israel vor der endgültig sichtbaren Wiederkunft Christi gelangten sie zu einer sinngemäßen Verdrehung der einzelnen Abschnitte der Rede sowie zu einer sinngemäß falschen Zuordnung der einzelnen Teile des Textes. So wurde beispielsweise der Gräuel der Verwüstung infolge dieser Auslegungen falsch gedeutet.
Eine streng schriftgemäße Auslegung des Textes in der Synopse mit Daniel und der Offenbarung kommt in konsequenter Unterordnung unter die Aussagen der Schrift zu einer anderen Erklärung. Zunächst wollen wir uns mit dem Hintergrund beschäftigen, auf dem die Jünger und der Herr selbst sich zum Zeitpunkt der Rede befanden. Dies ist entscheidend für das schriftgemäße Verständnis.
Der Herr hatte sich kurze Zeit zuvor vom Tempel abgewandt und war mit den Jüngern aus der Stadt hinaus auf den Ölberg gegangen. Nun sahen die Jünger das atemberaubende Tempelpanorama und stellten dem Herrn ihre Fragen. Der Herr hatte zu den Juden gesagt, dass ein schweres Gericht über die lebende Generation, über die Stadt und den Tempel kommen würde, und dass Er selbst sichtbar wiederkommen würde (Mt 23,39; Mk 13,33). So war es nur völlig klar und logisch, dass sie die folgenden Fragen stellten: „Sage uns, wann wird dies geschehen, und was wird das Zeichen deiner Wiederkunft und des Endes der Weltzeit sein?“ Sie hatten ja alle diese Dinge vom Herrn selbst gehört und trugen sie in ihren Gedanken. Sie wussten auch durch die Belehrungen ihrer Schriftgelehrten, dass der Prophet Sacharja einen großen Angriff auf die Stadt Jerusalem mit einem gewaltigen Erdbeben und mit dem sichtbaren Kommen des Herrn in Verbindung gebracht hatte (Sach 14,1-5).
So gingen sie davon aus, dass dieser Angriff auf die Stadt nun bald nach dem Weggang des Herrn bevorstehen würde, dass der Herr aber zur Rettung der Stadt nach Sach 14,1-5 zusammen mit einem gewaltigen Erdbeben sichtbar erscheinen würde, und dass dies dann zugleich auch das Ende der Weltzeit bedeuten würde. Sie verbanden in ihren Gedanken alle diese Dinge und erwarteten die gleichzeitige Erfüllung in demselben Augenblick. Das war der gedankliche Hintergrund in den Köpfen der Jünger, welchen der Herr natürlich längst kannte, und auf den er auch sehr genau einging. Aus den soeben genannten Dingen ergeben sich drei verschiedene Absichten, die der Herr in seiner Rede verfolgte.
Erstens: Er wollte den Jüngern klarmachen, dass kurz vor der innerhalb einer Generation kommenden Zerstörung Jerusalems und des Tempels falsche Christusse im Land sein würden, welche eine Rettung der Stadt durch den Messias prophezeien würden. Er warnte die Jünger davor, diesen falschen Propheten und Messiassen zu glauben und sich von ihnen verführen zu lassen, denn es würde in Wirklichkeit so sein, dass es diesmal keine Rettung der Stadt geben würde. „Habt Acht, dass euch niemand verführe!“
Zweitens: Er wollte die Jünger darauf hinweisen, dass Kriege, Verwirrungen, Erdbeben, Hungersnöte und Seuchen allgemeine Ereignisse seien, die immer wieder in der Zukunft auftreten würden. Diese Ereignisse würden aber keine direkten Zeichen seiner unmittelbar bevorstehenden sichtbaren Wiederkunft sein, sondern allgemein vorherrschende Zeichen während des gesamten Gemeindezeitalters. Die Wiederkunft des Herrn würde sich plötzlich und ohne Vorzeichen ereignen, wenngleich sie von einem Erdbeben begleitet sein würde. Dieses Erdbeben würde jedoch kein Vorzeichen der Wiederkunft sein, sondern lediglich eine Begleiterscheinung seines Kommens.
Drittens: Er wollte den Jüngern andererseits ein klares und verlässliches Vorzeichen der kommenden Zerstörung des Tempels und der Stadt geben, welches sie deutlich erkennen und darauf reagieren konnten.
Der Herr hatte seit seinem öffentlichen Auftreten als Messias Israels etwa dreieinhalb Jahre gedient. Nun saß er exakt in der Mitte der letzten Jahrwoche Daniels auf dem Ölberg und musste seinen Jüngern das Schicksal der Stadt und des Tempels nach seinem Weggang erklären, also die Ereignisse, welche in Dan 12 angesprochen werden. Bereits in Mt 23,31-36 hat er den Pharisäern die Verwüstung des Tempels ankündigen müssen, aber hier nun musste er direkt zu seinen Jüngern reden und ihnen die Dinge klar auf den Tisch legen. Wenige Tage später würde die Kreuzigung stattfinden, und Israel würde als Nation „die Übertretung zum Abschluss bringen“ (Dan 9,24) durch die Ermordung des Messias. Der Herr musste hier in seiner Rede zu den Jüngern sagen, dass als Folge davon der Tempel bis auf den letzten Stein zerstört werden würde, und dass die damals lebende Generation in Israel alle diese Dinge miterleben müsse.
Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 70 n.Chr. markierte einen absoluten Meilenstein in der Weltgeschichte, denn sie bedeutete das Ende der nationalen Existenz Israels und die Zerstreuung der Juden über die gesamte Erde. Die Ermordung des Messias durch sein eigenes Volk ist und bleibt das gewaltigste Verbrechen in der Geschichte des Universums, und die Konsequenzen aus der Sicht Gottes waren für Israel als Nation verheerend und endgültig. Der alte Bund wurde durch den neuen und ewigen Bund ersetzt, das irdische Israel nach dem Fleisch wurde durch das geistliche Israel des neuen Bundes ersetzt, nämlich durch die Gemeinde der Gläubigen, bestehend aus Juden und Nichtjuden. Der irdische Tempel wurde ersetzt durch den Tempel des neuen Bundes, das ist der Leib Christi, die Gemeinde. Das irdische Jerusalem und der irdische Berg Zion wurden ersetzt durch den himmlischen Berg Zion (Hebr 12,22) und durch das himmlische Jerusalem, welches die Gemeinde ist. Im alten Bund war alles irdisch: Die Stadt, das Land, das Volk, das Heiligtum, der Opferdienst. Im neuen und ewigen Bund ist alles geistlich: Die Stadt, das Land, das Volk, das Heiligtum, der Opferdienst.
Daniel der Prophet, den der Herr selbst im Verlauf seiner Rede erwähnte, hatte in Kapitel 9,24-27 auf diese Dinge hingewiesen. Es war eine der größten Prophetien im AT, nämlich die Vorhersage des Kommens des Messias, seines Werkes, seines Todes und der Konsequenzen seines Todes. Der Herr kam nun auf die Dinge zu sprechen, welche sich in den letzten Tagen des alten Israel ereignen würden, von denen Daniel 12 geredet hatte. Die Zeit der Drangsal, über welche der Herr in Mt 24,21 redet, ist dieselbe Zeit, über welche auch Jer 30,7 und Dan 12,1 reden. Der Herr hatte wiederholt – sogar während seines Leidens – das Volk und die Führer des Volkes auf die kommende Zerstörung hinweisen müssen. Ihm selbst war die kommende Verwüstung ein tiefer Schmerz, der ihn sogar zum Weinen brachte. Der Herr weinte über sein halsstarriges und ungläubiges Volk, aber es gab keinen anderen Weg (Mt 23,32-39; Lk 13,34; Lk 19,41-44; Lk 23,28-31). Schon im AT hatte Israel sich so versündigt, dass es zuletzt keine andere Möglichkeit mehr gab als das Gericht der Gefangenschaft, und auch damals hatte Gott trotz des Gerichtes mit seinem Volk gelitten (2Chr 36,14-17; Jes 63,9; Klgl 3,33).
In Jes 51 finden wir eine zentrale Prophetie auf die Erlösung, die Entstehung der Gemeinde und das Gericht über Jerusalem durch die Römer. In den Versen 5-11 redet der Geist über ewige Rettung und Gerechtigkeit, über Menschen in deren Herz das Gesetz ist, über das Heil für alle Nationen und über die ewige Freude der Erlösten. Diese Dinge werden heute durch die Sammlung der Erlösten des neuen und ewigen Bundes erfüllt. Die Prophetie spricht von der Gemeinde. Nach Apg 3,18-24 haben alle Propheten, und nicht nur Jesaja, über die Zeit der Gemeinde geschrieben. Es ist nicht so, dass die Propheten des AT keine Sicht auf die Zeit der Gemeinde hatten. Eine solche Lehre ist eine Fehldeutung der Schriften. In Jes 51,17-23 redet der Geist dann zu Jerusalem. Er sagt zwei Dinge. Erstens: Es wird eine erbarmungslose Verwüstung über die Stadt und das Volk kommen. Zweitens: Die Stadt und das Volk werden danach nie wieder einen derartig bitteren Kelch zu trinken haben. Auch hier wird gesagt, dass die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr., von welcher hier die Rede ist, niemals wieder kommen wird. Die bis hierhin angedeuteten Dinge stellen den ersten Schwerpunkt der Rede dar.
Es wird so sein, dass der Erde in Zukunft noch Drangsale in verschiedenster Form bevorstehen. Der Herr hat sie angekündigt, inklusive der Stunde der Versuchung. Es ist jedoch so, dass der Herr in seiner Ölbergrede diese Drangsale von der großen Drangsal über Jerusalem getrennt hat. Die Drangsale des Gemeindezeitalters und die Ereignisse in Verbindung mit der Wiederkunft des Herrn stellen den zweiten Schwerpunkt der Rede dar. Wir kommen auf die Drangsale der Zukunft später noch einmal zurück. Wir möchten nun einen Gang durch die Ölbergrede bei Matthäus unternehmen, um zu einer klaren Zuordnung der einzelnen Abschnitte und zu einem ebenso klaren Verständnis der gesamten Rede zu gelangen.
Ein Durchgang durch die Ölbergrede bei Matthäus
Die Ölbergrede bei Matthäus umfasst zwei volle Kapitel, nämlich Kapitel 24 und 25. In Kapitel 24 werden zunächst die von den Jüngern gestellten Fragen vom Herrn beantwortet. In Kapitel 25 folgen die Gleichnisse von den zehn Jungfrauen und von den anvertrauten Talenten, um die Erklärungen von Kapitel 24 weiter zu vervollständigen und zu erläutern. Schließlich finden wir noch die Prophetie des Herrn über das letzte Gericht bei seinem zweiten Kommen in Macht und Herrlichkeit. Wir gehen nun Schritt für Schritt durch alle Abschnitte hindurch und werden dabei erkennen, dass die Wege des Herrn nicht verschlungen sind, sondern gerade.
Kapitel 24, Verse 1-3: Die 3 Fragen der Jünger
1 Und Jesus trat hinaus und ging vom Tempel hinweg. Und seine Jünger kamen herzu, um ihm die Gebäude des Tempels zu zeigen. 2 Jesus aber sprach zu ihnen: Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird kein Stein auf dem anderen bleiben, der nicht abgebrochen wird! 3 Als er aber auf dem Ölberg saß, traten die Jünger allein zu ihm und sprachen: Sage uns, wann wird dies geschehen, und was wird das Zeichen deiner Wiederkunft und des Endes der Weltzeit sein?
Die Jünger stellen ihre Fragen: „Sage uns, wann wird dies geschehen, und was wird das Zeichen sein, wenn dies alles (das ist die Zerstörung der Stadt und des Heiligtums, über welche der Herr in Anwesenheit seiner Jünger öffentlich zu den Pharisäern geredet hatte) vollendet werden soll?“ Die Frage ist sehr klar: „Herr, sage uns doch, an welchem Zeichen wir klar erkennen können, dass die Stadt angegriffen wird, und dass Du dann auch kommst um die Stadt zu befreien und das Ende des Zeitalters zu bringen?“ Diese Frage besteht aus drei Untereinheiten, und sie beruht auf den bereits besprochenen Voraussetzungen, über die wir uns klar sein müssen, wenn wir die Ölbergrede verstehen wollen.
- Erstens: Wann wird dieses alles geschehen?
- Zweitens: Was wird das Zeichen deiner Wiederkunft sein?
- Drittens: Was wird das Zeichen des Endes der Weltzeit sein?
In der Wortwahl des Herrn bei seiner Antwort finden wir den entscheidenden Schlüssel für das Verständnis und die Einteilung der gesamten Rede. Er liegt in einem kleinen Detail.
- In seiner Antwort auf die erste Frage redet der Herr über „dieses“ oder „alles dieses“ oder „diese Dinge“. Er nennt den Gräuel der Verwüstung, an welchem die Jünger die unmittelbar bevorstehende Erfüllung der Zerstörung erkennen können. Auch sagt der Herr, dass „alles dieses“ erfüllt sein wird, bevor die damals lebende Generation gestorben sein würde. Außerdem: „Siehe, ich habe es euch alles vorhergesagt.“
- In der Antwort auf die zweite und dritte Frage redet der Herr hingegen über „jene Tage“ und „jene Drangsal“, um seine Antwort klar von der Antwort auf die erste Frage abzugrenzen. Dieser Unterschied in der Wortwahl des Herrn ist von großer Bedeutung, denn er hilft uns bei der Gliederung der Rede.
Kapitel 24, Verse 4-5: Warnung vor falschen Christussen
4 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Habt acht, dass euch niemand verführt! 5 Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Christus! Und sie werden viele verführen.
Wir wissen, dass der Herr den Jüngern deutlich machen musste, dass es für die Stadt keine Rettung geben würde, und dass sie sich nicht von falschen Christussen und falschen Propheten verführen lassen sollten, welche genau diese Rettung voraussagen würden. Bereits kurz nach der Himmelfahrt des Herrn gab es die ersten falschen Christusse im Land. Auch unmittelbar vor der Zerstörung der Stadt im Jahr 70 waren solche falschen Christusse unterwegs. Sie sagten dem Volk, dass die Stadt durch die Macht Gottes geschützt sei, und dass es keiner Macht der Welt gelingen werde, den Tempel Israels noch einmal zu zerstören, nachdem er wieder aufgebaut worden war. Die Jünger des Herrn sollten diese falschen Propheten erkennen und abweisen. Nach der Zerstörung der Stadt und des Tempels ging es weiter mit diesem Problem. Auch die Generation nach den Aposteln war mit falschen Christussen konfrontiert. Der letzte von ihnen war schließlich Bar Kochba, dessen Revolte gegen die Römer schließlich zum völligen Untergang der alten Nation Israel im Jahr 136 n.Chr. mit anschließender weltweiter Zerstreuung der Juden führte. Aber auch in unserer Zeit gibt es wieder viele falsche Christusse. Es wird so bleiben, bis der Herr kommt. Er wird mit dem Hauch seines Mundes den letzten und größten von ihnen beseitigen, nämlich den Antichristen. Die Warnung des Herrn war also einerseits direkt an die Apostel gerichtet, andererseits geht sie auch an uns.
Kapitel 24, Verse 6-14: Schwierigkeiten bis ans Ende
6 Ihr werdet aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören; habt acht, erschreckt nicht; denn dies alles muss geschehen; aber es ist noch nicht das Ende. 7 Denn ein Heidenvolk wird sich gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden hier und dort Hungersnöte, Seuchen und Erdbeben geschehen. 8 Dies alles ist der Anfang der Wehen. 9 Dann wird man euch der Drangsal preisgeben und euch töten; und ihr werdet gehasst sein von allen Heidenvölkern um meines Namens willen. 10 Und dann werden viele Anstoß nehmen, einander verraten und einander hassen. 11 Und es werden viele falsche Propheten auftreten und werden viele verführen. 12 Und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe in vielen erkalten. 13 Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. 14 Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden, zum Zeugnis für alle Heidenvölker, und dann wird das Ende kommen.
Die Jünger mussten lernen, dass die kommende Zerstörung Jerusalems und des Tempels, ja der Nation Israel, nicht das Ende der Weltzeit bedeuten würde und dass es auch danach noch viele Kriege, Erdbeben, Hungersnöte, Seuchen und andere Katastrophen in der Welt geben würde, welche aber allesamt nicht als direkte Zeichen der Wiederkunft des Herrn zu sehen sein würden. In diesem Abschnitt redete der Herr deshalb zum einen über allgemeine Zeichen des Gemeindezeitalters bis zu seiner Wiederkunft.
Diese Zeichen sollten nicht dazu dienen, den Zeitpunkt der Wiederkunft zu berechnen, sondern die reine Tatsache ihres Vorhandenseins sollte den Jüngern immer wieder zeigen, dass sich die Welt in den Wehen befindet, die der Wiederkunft vorangehen. Für die Jünger Jesu sollten diese Zeichen keine Zeiger auf der Weltenuhr sein, sondern vielmehr die Garantie dafür, dass der Herr wiederkommt, denn er selbst hatte diese Zeichen vorhergesagt. Das gleiche gilt auch noch für uns heute. Die Häufung von Erdbeben, Kriegen oder Seuchen erlaubt uns keine Berechnungen, aber sie garantiert uns, dass der Herr einmal kommen wird.
Zum zweiten sagte der Herr den Jüngern, dass auch sie selbst infolge ihres Zeugnisses vor Gerichte und hohe weltliche Autoritäten gestellt würden, um dort unter der Führung des Geistes furchtlos Zeugnis zu geben. Das Evangelium müsse zuerst bis an die Enden der ganzen Erde verkündigt werden, bevor der Herr wiederkommen würde. Auch dies gilt unverändert bis in die heutige Zeit hinein. Die Jünger geben unter Verfolgung ihr Zeugnis bis zur Ankunft des Herrn. Das Evangelium des Reiches in Vers 14 ist hierbei genau dasselbe wie das Evangelium in Mk 13,10. Die beiden Begriffe sind synonym, es gibt keinen Unterschied.
Kapitel 24, Verse 15-28: Der Gräuel der Verwüstung
15 Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel geredet wurde, an heiliger Stätte stehen seht (wer es liest, der achte darauf!), 16 dann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist; 17 wer auf dem Dach ist, der steige nicht hinab, um etwas aus seinem Haus zu holen, 18 und wer auf dem Feld ist, der kehre nicht zurück, um seine Kleider zu holen. 19 Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! 20 Bittet aber, dass eure Flucht nicht im Winter noch am Sabbat geschieht. 21 Denn dann wird eine große Drangsal sein, wie von Anfang der Welt an bis jetzt keine gewesen ist und auch keine mehr kommen wird. 22 Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen sollen jene Tage verkürzt werden. 23 Wenn dann jemand zu euch sagen wird: Siehe, hier ist der Christus, oder dort, so glaubt es nicht! 24 Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. 25 Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. 26 Wenn sie nun zu euch sagen werden: »Siehe, er ist in der Wüste!«, so geht nicht hinaus; »Siehe, er ist in den Kammern!«, so glaubt es nicht! 27 Denn wie der Blitz vom Osten ausfährt und bis zum Westen scheint, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. 28 Denn wo das Aas ist, da sammeln sich die Geier.
Hier kommt nun das konkrete Zeichen für die unmittelbar bevorstehende Zerstörung der Stadt Jerusalem. Was würde das Zeichen zur Flucht sein? Der Herr bezeichnet es gegenüber den Jüngern als den Gräuel der Verwüstung, von dem der Prophet Daniel geredet hatte. Die Jünger würden diesen Gräuel der Verwüstung mit eigenen Augen sehen, und zwar nicht nur in Jerusalem, sondern auch in Judäa. Dies bedeutet, dass der Gräuel noch zu Lebzeiten der Jünger kommen würde. Was genau würde nun dieser Gräuel sein? Die Lösung dieser Frage ist erstaunlich einfach, und sie erschließt sich durch einen Textvergleich der drei synoptischen Evangelien. Wir werden daher die drei Verse nebeneinander stellen. Bevor wir dies tun, möchten wir aber noch Daniels Worte anführen. Die Prophetie lautet wie folgt:
Dan 9,24-27: „Über dein Volk (Daniels Volk, also Israel) und deine Stadt sind 70 Wochen bestimmt, um der Übertretung ein Ende zu machen und die Sünden abzutun, um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit herbeizuführen, um Gesicht und Weissagungen zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben. So wisse und verstehe: Vom Erlass des Befehls zur Wiederherstellung und zum Aufbau Jerusalems bis zu dem Messias, dem Fürsten, vergehen 7 Wochen und 62 Wochen (shavuot = „Siebener“. Im Textzusammenhang ist die Rede von Jahren, also hier: 7 mal 7 Jahre und 62 mal 7 Jahre); Straßen und Gräben werden gebaut, und zwar in bedrängter Zeit. Und nach den 62 Wochen wird der Messias ausgerottet werden, und ihm wird nichts zuteilwerden (andere Übersetzungen: „und er wird nichts haben“); die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk des zukünftigen Fürsten zerstören, und sie geht unter in der überströmenden Flut; und bis ans Ende wird es Krieg geben, fest beschlossene Verwüstungen. Und er wird mit Vielen den Bund bestätigen eine Woche lang; und in der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen, und wegen der überströmenden Gräuel wird er es (das Heiligtum) verwüsten, und zwar bis zur Zerstörung, und das Beschlossene wird über das Verwüstete ausgegossen werden.“
Und nun zum Vergleich die drei entscheidenden Verse aus den Evangelien.
Mt 24,15-16: „Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel geredet wurde, an heiliger Stätte stehen seht, wer es liest, der beachte es, dann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist;…“
Mk 13,14: „Wenn ihr aber den Gräuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel geredet wurde, da stehen seht, wo er nicht soll, wer es liest, der achte darauf, dann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist;…“
Lk 21,20-21: „Wenn ihr aber Jerusalem von Kriegsheeren belagert seht, dann erkennt, dass seine Verwüstung nahe ist. Dann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist,…“
Gott hat uns die drei synoptischen Evangelien gegeben, damit wir in der Zusammenschau Fragen wie diese nach dem Gräuel der Verwüstung unmissverständlich beantworten können. Es geht um einen einfachen Textvergleich. Matthäus und Markus reden über den Gräuel und raten bei seinem Anblick zur unmittelbaren Flucht. Lukas gibt genau den gleichen Rat, aber er gibt als Anlass für die sofortige Flucht in klaren Worten an, was die beiden anderen Evangelisten mit dem Gräuel gemeint haben. Der Gräuel der Verwüstung aus Matthäus und Markus ist nichts anderes als das Heer des Titus, welches durch Judäa hindurch auf die Stadt Jerusalem zur Belagerung marschierte. Wer dieses Heer in Judäa (also an heiliger Stätte, nämlich im Heiligen Land) sah, der musste wissen, dass es soweit war, und musste unmittelbar die Flucht ergreifen. Der weitere Hinweis, dass dies der Gräuel sei, von dem Daniel der Prophet geredet hatte, macht unmittelbar klar, dass auch Daniel über die Zerstörung der Stadt im Jahr 70 n.Chr. geredet hatte. Die logische Verbindung ist bei objektivem Vergleich der Textpassagen zwingend.
Außerdem sollten die Jünger darum beten, dass ihre Flucht nicht auf einen Sabbat fallen würde. Auch dies ist ein klarer Hinweis dafür, dass zu der Zeit der Flucht noch das jüdische Zeremonialgesetz im Land gelten würde. Dies konnte nur vor der Zerstörung sein, denn danach war es vorbei mit dem Tempel und den Sabbatopfern. Die einfache Logik der Schriften beantwortet somit die erste Frage der Jünger. Der Herr sagte in unmittelbarer Verbindung mit der Fluchtaufforderung erneut, dass dies die Tage der Rache sein würden, und dass eine Drangsal kommen würde, wie sie seit Beginn der Welt und danach nie wieder sein würde. Dieses Wort verbindet die Ereignisse des Jahres 70 n.Chr. untrennbar mit dem Begriff der Drangsal. Auch hier ist die logische Verknüpfung zwingend. Die Zerstörung im Jahr 70 n.Chr. war die Drangsal für Jerusalem. Es ist erfüllt. Auch das Wort in Jes 9,19-20 wies bereits im AT auf das schauerliche Ausmaß der Verwüstung und der Bedrängnisse hin.
Äußerst bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass Lukas (im Gegensatz zu Matthäus und Markus) nicht im Geringsten über eine damals noch kommende große Drangsal für die Juden in der fernen Zukunft redet, obwohl er von genau denselben Dingen spricht wie die beiden anderen Evangelisten. Er identifiziert nicht nur den Gräuel der Verwüstung mit den römischen Heeren, die aus heutiger Sicht schon längst ihren Feldzug vollendet haben, sondern wir wissen durch seine Aussagen auch, dass dieser Gräuel für uns in der weiten Vergangenheit liegt und in der Zukunft nicht mehr zu erwarten ist.
Der Herr will es unmissverständlich klar machen, dass die Verwüstung, von welcher Daniel geredet hat, genau die Verwüstung ist, welche die Römer bringen würden. Die Jünger konnten Daniel 9 lesen und es einfach mit den Aussagen des Herrn vergleichen, um den kommenden Gräuel, nämlich die römischen Armeen, klar identifizieren zu können. Es musste für die damaligen Gläubigen absolut klar sein, denn es würde in der konkreten Situation auch absolut lebensrettend sein. Ebenso einfach ist es daher auch für uns.
Das Wort Gräuel an sich kann irgendetwas Abscheuliches bedeuten. Es wird jedoch hier mit dem Begriff der Verwüstung fest verbunden. Der Gräuel sollte an einem heiligen Ort stehen. Im Griechischen steht hier das Wort „topos“, welches ganz einfach eine bestimmte Stelle bedeutet. Diese Stelle muss kein Tempel oder Heiligtum sein, sondern sie kann sich überall befinden. Der Gräuel der Verwüstung war somit einfach das Instrument in der Hand Gottes, mit dessen Hilfe er die Verwüstung herbeiführen würde. Es waren die Heere der Römer. Sie standen an heiliger Stätte, nämlich im Heiligen Land Israel. Somit konnten sie auch ohne Schwierigkeiten im Land Judäa gesehen werden.
Als letztes kann noch gesagt werden, dass sowohl Matthäus als auch Markus durch ihren Zusatz „wer es liest, der beachte es“ zu erkennen gaben, dass es sich um einen Ausdruck handelte, welcher nur von den jüdischen Gläubigen und Jüngern richtig verstanden werden sollte. Die ungläubigen Juden würden es nicht verstehen. Lukas hingegen schrieb vorwiegend für Gläubige aus den Nationen, welche hinsichtlich des Zeichens keine „Geheimsprache“ benötigten. Daher fehlt in Lukas die Ermahnung: „wer es liest, der achte darauf“. Das Zeichen wird einfach klipp und klar genannt.
Paulus hatte bereits im Römerbrief von einem Überrest der Juden nach Wahl der Gnade geredet (Rö 11,5). Dieser Überrest bildete sich in Israel in der Zeit zwischen Pfingsten und der Zerstörung. Gott gab der Nation noch einmal eine letzte Zeit der vollkommenen Erprobung, nämlich genau 40 Jahre von der Kreuzigung des Messias bis zum endgültigen Untergang der Nation. 40 Jahre in der Wüste und 40 Jahre unter dem Evangelium. Im Jahr 70 n.Chr. wurden schließlich mehrere hunderttausend Christen bewahrt, weil sie das angekündigte Zeichen erkannt hatten und über den Jordan nach Pella geflohen waren. Auch in unserer Zeit bildet sich wieder ein Überrest unter den Juden, welche als messianische Juden bezeichnet werden. Sie werden beim Kommen des Herrn bewahrt werden, denn sie gehören zum Leib Christi, der einen Gemeinde der Gläubigen aus den Juden und aus den Heiden.
Die Worte in Jeremia 30,5-7 beziehen sich ebenfalls auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. Sie beziehen sich nicht auf die Zerstörung durch Nebukadnezar. Insbesondere die Worte: „groß ist dieser Tag, und keiner ist ihm gleich“ in Verbindung mit dem Begriff der Drangsal machen klar, dass es sich um dieselbe Drangsal handelt, welche auch Daniel 12,1 erwähnt, und über welche auch der Herr selbst in Mt 24,21 redet. Es muss sich bei allen drei Schriftstellen um dieselbe Sache handeln, denn es gibt eben nur eine Drangsal, der keine andere gleich ist. Nach der Zerstörung, von welcher Jeremia in den Versen 5-7 geredet hat, ist es dann auch so, dass eine Rückkehr der Nation von allen Ländern der Erde aus erfolgt. Das setzt eine weltweite Vertreibung voraus, welche sich genauso in der Zerstörung des Jahres 70 n.Chr. ereignete.
Die große Drangsal in Off 7 redet über die Bedrängnisse der Gläubigen in der Zeit der Gemeinde zwischen Pfingsten und der sichtbaren Wiederkunft des Herrn. Die Gläubigen im Himmel werden als solche gesehen, welche „aus großer Drangsal“ (kein Artikel in verschiedenen Übersetzungen, wie etwa der englischen KJV) auf der Erde in den Himmel gekommen sind. Man kann also die Drangsal in Mt 24,21, bei Jeremia und Daniel nicht mit der Drangsal in der Offenbarung identifizieren. Es handelt sich um verschiedene Dinge. Es handelt sich bei den Heiligen in Off 7 auch nicht um eine besondere Klasse von „Heiligen der Drangsal“. Diese Deutung muss zurückgewiesen werden. Die Gemeinde aller Erlösten Gottes ist eine Einheit, und keine Mehrklassengesellschaft. Schon Abraham war unser Vater im Glauben, wir sind seine Nachkommen. Siehe hierzu auch Hebr 12,22ff.
In den Versen 26-28 warnt der Herr die Jünger dann nochmals davor, in der Zeit vor der Zerstörung der Stadt auf Zeichen für sein Kommen zu warten. Er würde nicht in der Wüste oder in den Kammern sein, sondern sein Kommen würde am Ende des Zeitalters mit einem gewaltigen Lichtblitz am gesamten Himmel geschehen. Die Jünger konnten sich somit nicht irren, wenn sie einfach im Glauben bleiben würden.
Kapitel 24, Verse 29-31: Die Drangsal jener Tage
29 Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden. 30 Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden sich alle Geschlechter der Erde an die Brust schlagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit. 31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.
Hier ändert sich die Sprache des Herrn in bemerkenswerter Weise. Wir erinnern uns an den Detailschlüssel, über den wir bereits gesprochen haben. Der Herr redet über eine Drangsal, aber über eine Drangsal „jener Tage!“ Damit gibt er den Jüngern unmissverständlich zu verstehen, dass er nicht über ihre Frage nach der Zerstörung des Tempels redet. Das hat er ja gerade getan, und er hat ihnen klar gesagt, dass er die Zerstörung des Tempels nicht durch seine Wiederkunft verhindern wird. Er redet vielmehr über eine Drangsal in der Zukunft, an deren Ende er dann nämlich sehr wohl wiederkommen wird. Das muss somit eine andere Drangsal sein als die Drangsal im Jahr 70. Der logische Textzusammenhang ist auch hier zwingend. Der Herr beantwortet jetzt die Fragen der Jünger nach seiner Wiederkunft und nach dem Ende der Weltzeit. Wie wir bereits gesehen haben, werden die allgemeinen Zeichen des Gemeindezeitalters nicht unmittelbar auf das Ende hindeuten. Das Zeichen das nun genannt wird, wird jedoch nicht nur auf das Ende hindeuten, sondern es wird das Ende sein! Unmittelbar nach der „Drangsal jener Tage“ wird es auftreten. Es wird eine Verfinsterung der Himmelskörper sein, verbunden mit dem Blitz am Welthimmel und dem Zeichen des Herrn am Himmel.
Deswegen bezeichnet der Ausdruck „die Drangsal jener Tage“ in Vers 29 nicht die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr., sondern die Drangsale der Christen während des Gemeindezeitalters und die Drangsale der letzte großen Christenverfolgung kurz vor der sichtbaren Wiederkunft des Herrn zum Weltgericht. Die Offenbarung verdeutlicht uns diesen Zusammenhang.
Johannes erhält in Off 10 von dem Engel eine kleine Buchrolle, die er essen muss. In seinem Mund ist sie süß wie Honig, in seinem Bauch aber bitter. Dieses Bild ist verwurzelt in drei alttestamentlichen Stellen: Ps 119,103; Jer 15,16; Hes 2,9 und 3,1ff. In der Zusammenschau können wir sagen: Die Rolle ist das Wort Gottes. Der Zeuge Gottes muss es essen. Es bringt ihm eine süße Botschaft, aber auch bitteres Gericht für die Welt. Wenn er es verdaut hat, muss er es auch an andere weitersagen. Jeremia und Hesekiel mussten das tun unter sehr schwierigen Umständen, aber sie konnten nicht schweigen. Das Zeugnis kann sehr bittere Erfahrungen nach sich ziehen. Die Süße des Wortes Gottes hat in Form der Verfolgungen oft bitteren Nachgeschmack. So auch hier: Die Verkündigung des Wortes Gottes in unserer Zeit des Evangeliums darf das Gericht nicht verschweigen, und es bringt auch für die Gemeinde bittere Verfolgungen, aus denen die Gläubigen letztendlich aber als Überwinder hervorgehen werden, und sei es durch den Tod hindurch. Diese Tatsachen werden uns im 11. Kapitel klar vor Augen gestellt, denn das 11. Kapitel steht in untrennbarem Zusammenhang mit Kapitel 10, wie 10,11 zeigt.
Johannes muss im 11. Kapitel mit einer Rute den Tempel messen. Den Vorhof soll er nicht messen. Die Stadt wird von den Heiden zertreten werden für 42 Monate. Das ist das Bild. Was bedeutet es? Der Tempel Gottes in der Gemeindezeit ist die Gemeinde selbst (1Kor 3,16; 2Kor 6,16). Sie wird hier gemessen, so wie sie in Off 7 gezählt wurde. Die echten Gläubigen sind gemessen und gezählt, sie stehen unter Gottes ewigem geistlichem Schutz. Nach ihrem äußerlichen Leben in der Welt, repräsentiert durch den Vorhof, stehen sie jedoch nicht in jeder Hinsicht unter diesem absoluten Schutz. Die Gemeinde, das geistlich gemessene und sichere Heiligtum Gottes, wird von der Welt zertreten, sie ist äußerlich verwundbar, ohne jedoch jemals ganz unterzugehen. Dies dauert an für symbolische 42 Monate, also während des gesamten Evangeliumszeitalters. So ist auch die große Stadt in diesem Bild in der Offenbarung eine Darstellung der ganzen ungläubigen Welt, die die Gemeinde verfolgt. In 11,8 kommt es klar und deutlich zum Ausdruck: Es ist die große Stadt (das ist: die ganze Welt), die im geistlichen Sinn Sodom und Ägypten heißt (wieder die Bosheit der Welt), wo auch unser Herr gekreuzigt worden ist (der Herr ist von der Welt ans Kreuz gebracht worden; er selbst gehörte nicht zu dieser Welt, welche durch Jerusalem repräsentiert wurde; deshalb starb er außerhalb der Stadt; siehe hierzu auch Hebr 13,11-14).
Dann kommen die zwei Zeugen, und auch sie dienen für 1260 Tage, das sind die 42 Monate, und somit wieder ein Bild für das gesamte Evangeliumszeitalter. Wer sind sie? Im Alten Testament sehen wir sie vorgeschattet in Mose und Elia, aber genauso auch in Elia und Elisa. Elia tat den Dienst des Gesetzes, Elisa den Dienst der Gnade. Die Erfüllung des Bildes kam in Johannes dem Täufer und dem Herrn Jesus selbst: Johannes mit dem Dienst der Buße unter dem Gesetz, der Herr selbst mit dem Dienst der Gnade und Wahrheit. Der Herr sagt selbst: „Wenn ihr es glauben wollt: Elia ist schon gekommen.“ Er sprach von Johannes dem Täufer.
So hat auch die ganze Bibel zwei Zeugen, nämlich das Alte und das Neue Testament. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament kommen entscheidende Stellen vor, an denen über zwei Zeugen geredet wird: 5Mo 17,6; 5Mo 19,15; Mt 18,16; 2Kor 13,1. Sehr auffällig ist, dass es genau 2 x 2 Stellen sind. Das Zeugenprinzip hat also sehr stark mit der Zahl zwei zu tun, und es ist untrennbar mit dem Evangelium verknüpft, denn auch der Herr sendete seine Jünger immer wieder zu zweit aus (Lk 10,1-2), um das Evangelium zu verkünden.
Wenn wir in Sach 4 die zwei Ölbäume (die zwei Söhne des Öls, also die Zeugen des Heiligen Geistes) sehen, dann sind sie dort untrennbar mit sieben Lampen verbunden. Auch dieses Bild weist klar auf die Verkündigung des Evangeliums im neuen Bund hin. In Off 2 und 3 sehen wir sieben Leuchter als Bilder der sieben Gemeinden Kleinasiens. Die Gemeinden selbst sind die äußere Darstellung des Evangeliums in der Welt, sie werden gesehen. Ihr geistliches Licht kann aber nur leuchten, wenn sie das Öl der beiden Ölbäume, also das Öl des Zeugnisses Gottes durch den Heiligen Geist, besitzen.
In der Gesamtschau aller dieser Dinge ist es somit klar, dass die zwei Zeugen in Off 11 ein Bild für das Zeugnis des Evangeliums in der Welt sind, gegeben durch die Gemeinde, und zwar während des gesamten Evangeliumszeitalters, symbolisch dargestellt durch die 1260 Tage oder 42 Monate, was dreieinhalb Jahren entspricht und somit symbolisch die Zeit des öffentlichen Dienstes unseres Herrn Jesus Christus auf der Erde darstellt. So wie der Herr während seines gesamten Dienstes verfolgt wurde, so wird es auch der Gemeinde allezeit bis zur Wiederkunft des Herrn ergehen: Verfolgung während des gesamten Zeitalters. Die alttestamentliche Wurzel der Zeit von dreieinhalb Jahren findet sich im Dienst des Elia. Auch er wurde zusammen mit dem nahezu unbekannten gläubigen Überrest in Israel unter schwierigsten Umständen für dreieinhalb Jahre verfolgt, bevor Gott am Karmel durch sein Eingreifen direkt aus dem Himmel den Sieg gab.
So wie aus dem Mund der zwei Zeugen tödliches Feuer hervorgeht, so ist auch das Evangelium für die Gottlosen ein Geruch des Todes zum Tode. Die Verkündigung des wirklichen Evangeliums in seiner vollen Bedeutung verurteilt den Sünder im Namen des heiligen Gottes zum Tod, bringt ihn gewissermaßen in das Feuer des Gerichts hinein. In diesem Sinne geht tödliches Feuer aus dem Munde der beiden Zeugen hervor. Für diejenigen aber, welche das Evangelium annehmen, ist es ein Geruch des Lebens zum ewigen Leben.
Die Zeit des Evangeliums wird jedoch einmal enden. Wenn der Herr kommen wird, dann wird es womöglich nur noch wenige Gläubige auf der Erde geben (Lk 18,8). Diesem Tag wird eine kurze Zeitspanne vorangehen (in Off 11,9 symbolisiert als dreieinhalb Tage, also sehr kurz im Vergleich zu den ebenfalls symbolischen dreieinhalb Jahren des Evangeliumszeitalters), in welcher das Zeugnis zum Schweigen gebracht wird. Es wird tot sein für kurze Zeit. Die Zeugen im Bild von Off 11 liegen tot auf der Straße der großen Stadt, des geistlichen Sodom und Ägypten, in welcher der Herr so wie sie auch getötet wurde. Der antichristliche Geist und seine Mächte werden weltweit die Oberhand haben. Die gottlosen Menschen der Welt werden jubeln und sich beschenken, weil sie nicht mehr durch das Wort der lästigen Zeugen des Evangeliums und durch die Androhung des Gerichtes Gottes durch Feuer gequält werden. Aber ihre Freude kommt zu früh: nach einer sehr kurzen Zeit, in welcher alles verloren erscheint, kommt die Auferstehung der Gläubigen bei der Wiederkunft des Herrn.
Wir finden durchgehend in der Offenbarung eine feste Ordnung dieser drei Zeiten, welche sowohl innerhalb des Buches als auch mit anderen Teilen der Heiligen Schrift harmoniert.
- Erstens das lange Zeitalter des Evangeliums, die 42 Monate oder tausend Jahre (in der Symbolik von Off 20), die Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit, die 1260 Tage (Off 11,2-3; 12,6+14; 13,5; 20,2-5).
- Zweitens eine sehr kurze Zeit von „dreieinhalb Tagen“, in welcher das Evangelium zum Schweigen gebracht ist und die „zwei Zeugen“ tot auf der Straße liegen (Off 11,7-9; 13,7; 20,7-10).
- Drittens den Tag des Gerichts mit dem zweiten Kommen des Herrn (Off 11,11+12+16ff; 14,14ff; 20,11ff). Dieses Zeugnis der Offenbarung ist überaus stark, und es hat auch eine klare Entsprechung im Alten Testament. Wir erinnern uns daran, dass gemäß den Prinzipien der Auslegung das Buch der Offenbarung in den Schriften des Alten und des Neuen Testamentes verwurzelt ist.
Unmittelbar nach der kurzen Zeit schlimmster Bedrängnis am Ende des Evangeliumszeitalters kommt der Herr wieder. Die „Drangsal jener Tage“ ist somit, nach dem klaren Zeugnis der Offenbarung, in erster Linie diese letzte Zeit der schlimmsten Christenverfolgung unmittelbar vor der Wiederkunft des Herrn. Der Kontext von Mt 24 redet dann auch in den darauffolgenden Versen über die Einsammlung der Gläubigen durch die Engel bei der letzten Posaune (vergleiche hierzu auch 1Thess 4,13-18 und Off 11,15-18). In zweiter Linie ist es zwar auch die Christenverfolgung während des gesamten Evangeliumszeitalters, aber am Ende wird es kulminieren.
Kapitel 24, Verse 32-34: Das Gleichnis vom Feigenbaum
32 Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon saftig wird und Blätter treibt, so erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. 33 Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, dass er nahe vor der Türe ist. 34 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist.
Hier haben wir das Gleichnis vom Feigenbaum und von allen Bäumen. Der Herr nimmt vielleicht sogar einen Zweig von dem Feigenbaum, unter dem sie sitzen und zeigt ihn den Jüngern. Es ist die Zeit des Passahs, also die Frühlingszeit in Israel, Der Feigenbaum und alle Bäume sind bereits dabei, Blätter zu treiben. Diese Situation in der Natur greift der Herr auf, um den Jüngern die Situation Israels vor der kommenden Zerstörung der Stadt und des Tempels zu illustrieren. So nahe wie das Erblühen dieses Zweiges ist, so nahe würde die kommende Zerstörung der Stadt und der Nation sein. Sie war gewissermaßen direkt vor der Tür. Nach nur 40 Jahren kam die schreckliche Erfüllung. Sie kam noch für die damals lebende Generation. Dieses kurze Intermezzo in der Rede dauert nur drei Verse. Der Herr gibt gewissermaßen noch einmal eine kurze zusammenfassende Erinnerung und Ermahnung bezüglich der kommenden schrecklichen Ereignisse für die Generation der Jünger. Dann wendet er sich endgültig der Zukunft zu.
Kapitel 24, Verse 35-44: Ermahnung zur Wachsamkeit
35 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. 36 Um jenen Tag aber und die Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, sondern allein mein Vater. 37 Wie es aber in den Tagen Noahs war, so wird es auch bei der Wiederkunft des Menschensohnes sein. 38 Denn wie sie in den Tagen vor der Sintflut aßen und tranken, heirateten und verheirateten bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging, 39 und nichts merkten, bis die Sintflut kam und sie alle dahinraffte, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. 40 Dann werden zwei auf dem Feld sein; der eine wird genommen, und der andere wird zurückgelassen. 41 Zwei werden auf der Mühle mahlen; die eine wird genommen, und die andere wird zurückgelassen. 42 So wacht nun, da ihr nicht wisst, in welcher Stunde euer Herr kommt! 43 Das aber erkennt: Wenn der Hausherr wüsste, in welcher Nachtstunde der Dieb käme, so würde er wohl wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen. 44 Darum seid auch ihr bereit! Denn der Sohn des Menschen kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht meint.
Bereits der Vers 35 wendet den Blick dann wieder auf das Weltende hin, er leitet gewissermaßen von den vorher gesagten Worten des Herrn auf die nun folgenden Erklärungen hin. In Vers 36 folgt dann wieder das Schlüsselwort: „Um jenen Tag“, welches uns eindeutig in die Zeit der Wiederkunft bringt. Jener Tag ist nicht bekannt. Niemand kann ihn wissen, und kein Mensch kann ihn berechnen.
Was der Herr andererseits klar benennt, sind die Lebensumstände in dieser letzten Zeit. Die Menschen werden in den Versen 37-39 sein wie in den Tagen Noahs. Hier ist natürlich die Parallelität zu Lk 17,26-30 auffallend, wo Lukas noch zusätzlich über Lot redet. Das Prinzip ist klar: Es wird eine Zeit sein, in der eine endgültig gerichtsreife Menschheit nur noch in den Tag hineinleben und Gott vergessen wird.
Die Verse 40-42 reden über die Trennung von Gläubigen und Ungläubigen an diesem Tag. Die Hinweggenommenen werden die Gläubigen sein, die Zurückbleibenden werden die Gottlosen sein. Es wird dies der Tag der Entrückung sein, an welchem der Herr zuerst die Toten in Christus auferwecken wird und sie unmittelbar danach mit den verwandelten lebenden Gläubigen zu sich in die Luft ziehen wird (1Thess 4,13-18), um unmittelbar danach das Gericht über die zurückgebliebenen gottlosen Menschen zu bringen. In Vers 43-44 wird gesagt, dass der Tag völlig unerwartet kommen wird wie ein Dieb.
Kapitel 24, Verse 45-51: Das Gleichnis von den guten und bösen Knechten
45 Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den sein Herr über seine Dienerschaft gesetzt hat, damit er ihnen die Speise gibt zur rechten Zeit? 46 Glückselig ist jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, bei solchem Tun finden wird. 47 Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen. 48 Wenn aber jener böse Knecht in seinem Herzen spricht: Mein Herr säumt zu kommen!, 49 und anfängt, die Mitknechte zu schlagen und mit den Schlemmern zu essen und zu trinken, 50 so wird der Herr jenes Knechtes an einem Tag kommen, da er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, 51 und wird ihn entzweihauen und ihm seinen Teil mit den Heuchlern geben. Da wird das Heulen und Zähneknirschen sein.
Hier kommt nun das Gleichnis von den guten und den bösen Knechten. Auch dieses Gleichnis steht in Beziehung zur Trennung der Gläubigen von den Ungläubigen. In den vorangegangenen Versen hat der Herr über die offen gottlose Welt gesprochen. Hier geht es jedoch um etwas anderes. Es geht um die Trennung der echten Gläubigen von den falschen Gläubigen. Die echten Gläubigen, also die guten Knechte, haben ein gerechtes Leben in der gehorsamen Nachfolge des Herrn geführt und so ihren Glauben in der Praxis bestätigt, wie es Jakobus sagt. Sie werden entrückt werden und mit dem Herrn in die Herrlichkeit eingehen. Die falschen Gläubigen, also die bösen Knechte, haben eine Zeitlang ein religiöses Leben geführt, sind aber dann doch vom Weg des Ausharrens abgewichen. Sie haben die Geduld verloren und ihren Unglauben dadurch unter Beweis gestellt, dass sie die Bruderliebe weggeworfen und die wahren Gläubigen geschlagen haben. Sie waren nur religiöse Schauspieler ohne den Heiligen Geist, und der Herr wird sie am letzten Tag richten und verdammen. Sie werden nicht entrückt werden und auf der Erde im Gericht verbrennen.
Kapitel 25, Verse 1-13: Das Gleichnis von den 10 Jungfrauen
1 Dann wird das Reich der Himmel zehn Jungfrauen gleichen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. 2 Fünf von ihnen aber waren klug und fünf töricht. 3 Die törichten nahmen zwar ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit sich. 4 Die klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen mitsamt ihren Lampen. 5 Als nun der Bräutigam auf sich warten ließ, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. 6 Um Mitternacht aber entstand ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht aus, ihm entgegen! 7 Da erwachten alle jene Jungfrauen und machten ihre Lampen bereit. 8 Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen erlöschen! 9 Aber die klugen antworteten und sprachen: Nein, es würde nicht reichen für uns und für euch. Geht doch vielmehr hin zu den Händlern und kauft für euch selbst! 10 Während sie aber hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit; und die Tür wurde verschlossen. 11 Danach kommen auch die übrigen Jungfrauen und sagen: Herr, Herr, tue uns auf! 12 Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht! 13 Darum wacht! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde, in welcher der Sohn des Menschen kommen wird.
Hier finden wir das Gleichnis von den 10 Jungfrauen. Auch hier sehen wir wieder eine klare Trennung bei der Ankunft des Bräutigams. Das Gleichnis von den 10 Jungfrauen sollte nach meiner bescheidenen Ansicht so gedeutet werden, dass es von der Auferstehung und der Entrückung unmittelbar beim Kommen des Herrn handelt. Die Jungfrauen sind eingeschlafen, d.h. sie sprechen bildlich von im Gemeindezeitalter entschlafenen Christen. Fünf Jungfrauen sind bereitet wie die Braut in Off 19,7. Sie wachen auf und sie gehen zu dem Herrn ein (die Auferstehung und die Entrückung) in dem Augenblick seines Kommens. Sie stehen für echte Gläubige, welche bis zur Ankunft des Bräutigams in der Kraft des Heiligen Geistes ausgeharrt haben. Die anderen wachen ebenfalls auf (Auferstehung am letzten Tag), aber für sie alle ist die Tür für immer und ewig verschlossen. Sie stehen für solche, die sich selbst für Gläubige gehalten haben, ohne jedoch wirklich den Heiligen Geist besessen zu haben. Das Gleichnis widerspricht auch der Theorie, dass nach einer geheimen Entrückung vor einer darauffolgenden Drangsal während der noch kommenden Zeit weitere Menschen gerettet werden sollen. Die Entrückung nach den Aussagen der Bibel wird am Ende aller Drangsale erfolgen, am letzten Tag. Danach wird niemand mehr gerettet werden, denn die Tür ist verschlossen.
Kapitel 25, Verse 14-30: Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten
14 Denn es ist wie bei einem Menschen, der außer Landes reisen wollte, seine Knechte rief und ihnen seine Güter übergab. 15 Dem einen gab er fünf Talente, dem anderen zwei, dem dritten eins, jedem nach seiner Kraft, und er reiste sogleich ab. 16 Da ging der hin, welcher die fünf Talente empfangen hatte, handelte mit ihnen und gewann fünf weitere Talente. 17 Und ebenso der, welcher die zwei Talente [empfangen hatte], auch er gewann zwei weitere. 18 Aber der, welcher das eine empfangen hatte, ging hin, grub die Erde auf und verbarg das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit aber kommt der Herr dieser Knechte und hält Abrechnung mit ihnen. 20 Und es trat der hinzu, der die fünf Talente empfangen hatte, brachte noch fünf weitere Talente herzu und sprach: Herr, du hast mir fünf Talente übergeben; siehe, ich habe mit ihnen fünf weitere Talente gewonnen. 21 Da sagte sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht! Du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über vieles setzen; geh ein zur Freude deines Herrn! 22 Und es trat auch der hinzu, der die zwei Talente empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Talente übergeben; siehe, ich habe mit ihnen zwei andere Talente gewonnen. 23 Sein Herr sagte zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht! Du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über vieles setzen; geh ein zur Freude deines Herrn! 24 Da trat auch der hinzu, der das eine Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; 25 und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe, da hast du das Deine! 26 Aber sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe? 27 Dann hättest du mein Geld den Wechslern bringen sollen, so hätte ich bei meinem Kommen das Meine mit Zinsen zurückerhalten. 28 Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! 29 Denn wer hat, dem wird gegeben werden, damit er Überfluss hat; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. 30 Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird das Heulen und Zähneknirschen sein.
Hier wird das Motiv des Knechtes wieder aufgenommen. Dies beweist, dass die beiden Gleichnisse von den Knechten und das dazwischen eingeschaltete Gleichnis von den zehn Jungfrauen letztlich über dieselbe Sache reden, nur aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Hier geht es um Knechte, die zwar vom Herrn mit sehr unterschiedlichen Gaben des Geistes (Talenten) ausgestattet wurden, die aber dennoch alle mit ihren Gaben gearbeitet haben gemäß ihrem Vermögen. Sie haben dem Herrn geglaubt und ihm gehorsam gedient, weil sie wussten, dass der Herr gütig ist und ihren Dienst belohnen wird. Die eine Ausnahme ist der böse und faule Knecht. Er hat sein Talent in der Erde vergraben und nicht damit gearbeitet. Bei der Wiederkunft des Herrn zeigt sich, dass er den Herrn überhaupt nicht gekannt hat, denn er hielt ihn für böse und grausam. Kein Christ würde so denken können. Im letzten Vers sehen wir, dass er auf ewig verloren geht. Das kann nur bedeuten, dass er niemals ein Gläubiger gewesen ist.
Kapitel 25, Verse 31-46: Das Gericht vor dem großen weißen Thron
31 Wenn aber der Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen, 32 und vor ihm werden alle Heidenvölker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet, 33 und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zu seiner Linken. 34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und erbt das Reich, das euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt! 35 Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich beherbergt; 36 ich bin ohne Kleidung gewesen, und ihr habt mich bekleidet; ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht; ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dich gespeist, oder durstig, und haben dir zu trinken gegeben? 38 Wann haben wir dich als Fremdling gesehen und haben dich beherbergt, oder ohne Kleidung, und haben dich bekleidet? 39 Wann haben wir dich krank gesehen oder im Gefängnis, und sind zu dir gekommen? 40 Und der König wird ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan! 41 Dann wird er auch denen zur Linken sagen: Geht hinweg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist! 42 Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben; 43 ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt; ohne Kleidung, und ihr habt mich nicht bekleidet; krank und gefangen, und ihr habt mich nicht besucht! 44 Dann werden auch sie ihm antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder ohne Kleidung oder krank oder gefangen gesehen und haben dir nicht gedient? 45 Dann wird er ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan! 46 Und sie werden in die ewige Strafe hingehen, die Gerechten aber in das ewige Leben.
Hier geht es schließlich um das Gericht des Herrn über die Schafe und Böcke. Es ist das Gericht vor dem großen weißen Thron. Dieser Thron wird nach Ansicht vieler Gelehrte auf der neuen Erde stehen. Es ist aber nicht ganz sicher, denn es gibt hierüber verschiedene Meinungen. Alle Menschen werden dort einmal stehen, die Gläubigen und die Gottlosen, die Gerechten und die Ungerechten in den Augen Gottes. Die Gläubigen, Gerechten und Barmherzigen werden als Schafe des großen Hirten auf ewig errettet, die Gottlosen, Ungerechten und Unbarmherzigen gehen als Böcke verloren für ewig.
Schlusswort
Vielleicht haben manche Leser dieses Textes die soeben geschilderten Dinge zum ersten Mal in ihrem Christenleben gehört und fühlen sich dadurch herausgefordert oder sogar etwas erschreckt. Andere Christen empfinden die soeben dargestellte Lehre vielleicht als eine große Befreiung, denn sie klärt viele Schwierigkeiten auf, welche beim Lesen der Ölbergrede immer wieder aufgetreten sind. Eines möchte ich jedoch zum Abschluss klar zum Ausdruck bringen: Ich habe es mir nicht zum Ziel gesetzt, andere Christen zu beleidigen oder anzugreifen. Ich möchte mich auch nicht lehrmäßig hervortun und über andere Geschwister erheben. Ich habe jedoch die Hoffnung, der Wahrheit der Schrift durch demütige Unterordnung unter die Worte des Herrn möglichst nahe gekommen zu sein. Liebe Geschwister: Ich wünsche jedem Leser des vorliegenden Textes den Segen unseres bald kommenden Herrn Jesus Christus.