Wie entsteht neues geistliches Leben? In diesem Artikel wollen wir uns den Vorgang der Neugeburt bzw. Wiedergeburt näher anschauen.
 


Christen sind nicht nur nette Leute, die das natürliche Leben (bios) besitzen, sondern sie sind neue Menschen und besitzen das geistliche ewige Leben (zoe). Das griechische Wort palingenesia (Neugeburt oder Wiedergeburt) kommt in der Bibel nur zweimal vor (Mt 19,28 und Tit 3,5).

Die Bibel redet über Neugeburt oder Wiedergeburt auf dreifache Weise:

  1. Beginn des vom Geist gewirkten geistlichen Lebens im Menschen (Joh 3,3-5)
  2. Die erste sichtbare Manifestation des neuen Lebens (Jak 1,18; 1Pe 1,23)
  3. Erneuerung der ganzen Schöpfung in Herrlichkeit (Mt 19,28; 2Pe 3,13; Off 22,1-4)

 

Die Theologen der neueren Kirchengeschichte haben den ersten Punkt als Wiedergeburt im engeren Sinne bezeichnet, den zweiten Punkt als Wiedergeburt im weiteren Sinne. Die folgende Studie wird sich im Wesentlichen mit dem ersten Punkt beschäftigen. Sie definiert Wiedergeburt wie folgt: Wiedergeburt ist zu definieren als der Akt des Heiligen Geistes (nicht zu trennen von der Predigt des Wortes) durch welchen er eine Person zum ersten Mal in die lebendige Gemeinschaft und Einheit mit Christus bringt, und durch welchen der Heilige Geist das Herz dieser Person so verändert, dass sie vom geistlichen Tod in das ewige geistliche Leben übergeht. Diese Neuschöpfung kann nur Gott bewirken. Sie geschieht in einem Augenblick und hat ewigen Bestand.

Die Bibel lehrt, dass der Mensch durch und durch verdorben und geistlich unfähig ist, sich aus eigener Kraft in rettender Weise Gott zuzuwenden. Er ist in sich selbst tot und blind für das Reich Gottes. Er ist ohne Hoffnung. Daher muss der Heilige Geist Gottes den Menschen berühren und verändern, damit dieser Mensch gerettet werden kann.

 

Jer 13,23: „Kann wohl ein Mohr seine Haut verwandeln, oder ein Leopard seine Flecken? Dann könnt ihr auch Gutes tun, die ihr gewohnt seid, Böses zu tun!“

Joh 6,44: „Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.“

Rö 7,18 und 8,7-8: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten gelingt mir nicht. (…) weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht; und die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen.“

1Kor 2,14: „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss.“

2Kor 5,17: „Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!“

Eph 2,1-5: „… auch euch, die ihr tot wart durch Übertretungen und Sünden, in denen ihr einst gelebt habt nach dem Lauf dieser Welt, gemäß dem Fürsten, der in der Luft herrscht, dem Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt; unter ihnen führten auch wir alle einst unser Leben in den Begierden unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten; und wir waren von Natur Kinder des Zorns, wie auch die anderen. Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr errettet! –“

 

Die Bibel lehrt, dass Gott eine radikale Veränderung im Menschen hervorbringt. Die Arminianer lehren, dass der Glaube der Wiedergeburt zeitlich vorangehen muss. Das ist jedoch nicht der Fall, wie wir bereits gesehen haben.

 

5Mo 30,6: „Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden, dass du den HERRN, deinen Gott, liebst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, damit du lebst.“

Hes 36,25-26: „Und ich will reines Wasser über euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von aller eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres legen; ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben;“ (Wasser als Symbol der inneren Reinigung durch das Werk Gottes)

Mt 7,17 und 15,13: „So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. (…) Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden.“

Joh 1,12-13: „Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er das Anrecht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; die nicht aus dem Blut, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.“ (Fleisch hier nicht im paulinischen Sinn, sondern als der physische Leib)

Joh 3,3: „Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!“ (gennethe anothen: von oben geboren, Passiv; es ist Gottes Werk alleine)

Joh 3,7+31: „Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von Neuem geboren werden! (…) Der von oben kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde; der aus dem Himmel kommt, ist über allen.“

Tit 3,5: „… da hat er uns – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hätten, sondern aufgrund seiner Barmherzigkeit – errettet durch das Bad der Wiedergeburt und durch die Erneuerung des Heiligen Geistes, …“

 

Im ersten Johannesbrief finden wir vieles über das neue Leben des Wiedergeborenen. Er wird nicht mehr permanent in der Sünde verharren. Er wird nicht mehr mit Willen und Vergnügen sündigen. Er wird seine Glaubensgeschwister selbstlos lieben (agapao). Er lebt von nun an aus Glauben, welcher die sichtbare Manifestation seiner Wiedergeburt ist. Er wird von Christus bewahrt, um nicht vom Glauben abzufallen. Er wird nicht mehr aus der Gnade fallen, und der Teufel wird ihm keinen tödlichen geistlichen Schlag mehr versetzen können. Er wird fortwährend die Welt überwinden.

 

1Joh 2,15; 3,9; 4,7; 5,1: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. (…) Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde; denn Sein Same bleibt in ihm, und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist. (…) Geliebte, lasst uns einander lieben! Denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. (…) Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist aus Gott geboren; und wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der aus Ihm geboren ist.“

 

Das eigentliche Wesen der Wiedergeburt ist ein tiefes Geheimnis Gottes. Wir können nur ihre Auswirkungen beobachten, nicht jedoch ihre eigene Substanz. Sie ist eine augenblickliche Veränderung, welche für immer weiterbesteht.

 

Eph 2,5: „… auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr errettet! …“

Apg 16,14: „Und eine gottesfürchtige Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; und der Herr tat ihr das Herz auf, sodass sie aufmerksam achtgab auf das, was von Paulus geredet wurde.“

 

Sie ist eine ebenso übernatürliche wie radikale Veränderung. Es geschieht nicht eine charakterliche Verbesserung, sondern eine völlige Erneuerung. Die Wiedergeburt bedeutet die Einpflanzung von neuem geistlichem Leben, welches ewig ist und von Gott selbst kommt. Die Veränderung betrifft die gesamte Person mit allen ihren Eigenschaften. Sie findet zudem im Unterbewussten statt. Sie wird im Augenblick ihres Geschehens nicht bewusst wahrgenommen, sondern lediglich ihre Folgen sind für den Betroffenen selbst und für andere erkennbar.

 

Rö 8,7-8: „… weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht; und die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen.“

Kol 2,13: „Er hat auch euch, die ihr tot wart in den Übertretungen und dem unbeschnittenen Zustand eures Fleisches, mit ihm lebendig gemacht, indem er euch alle Übertretungen vergab;“

 

Calvinisten vertreten die Heilslehre der TULIP:

  • Total depravity
  • Unconditional election
  • Limited Atonement
  • Irresistible grace
  • Perseverance of the saints

 

Der Begriff der unwiderstehlichen Gnade (irresistible grace) wurde vielfach angefochten. Vergewaltigt Gott nicht unseren Willen bei unserer Errettung? Diese Frage muss verneint werden mit dem Hinweis auf das, was wir unter der Überschrift der wirksamen Berufung besprochen haben. Die Erneuerung unseres Willens bei der Wiedergeburt ist vergleichbar damit, dass man einen Menschen maschinell beatmet, der selbst nicht mehr atmen kann. Wir brauchen einfach Gottes Hilfe. Dies ist keine Vergewaltigung des alten Willens, sondern die Erschaffung eines ganz neuen Willens und somit ein Wunder Gottes. Gottes wirksame Berufung ist so mächtig, dass man ihr nicht zu widerstehen vermag und dennoch so liebevoll, dass sie jede Gewaltanwendung ausschließt.

Redet die Bibel denn nicht davon, dass einige dem Heiligen Geist widerstanden (Apg 7,51)? Die Arminianer benutzten den Begriff der unwiderstehlichen Gnade, den sie von den Jesuiten übernommen hatten, auf der Synode von Dordrecht (1618-1619). In neuerer Zeit haben die Theologen jedoch lieber den Begriff der unbesiegbaren oder unüberwindlichen Gnade (invincible or unconquerable grace) verwendet um damit auszudrücken, dass der Mensch zwar Widerstand gegen Gottes Gnade leisten kann, dass sie aber so ausharrend ist, dass die Erwählten ihr am Ende nicht mehr widerstehen sondern vor ihr kapitulieren. Cornelius Plantinga schreibt:

„Am Ende kann niemand die Gnade Gottes aussitzen. Niemand kann ihn überdauern. Am Ende wird jede auserwählte Person aufgeben und zugeben, dass Gott Gott ist.“

Wiedergeburt und wirksame Berufung: Beide sind eigentlich identisch. Beide beschreiben den Übergang vom geistlichen Tod zum geistlichen Leben in unterschiedlichen Bildern. Die Gabe der Fähigkeit, auf das Evangelium im Glauben zu reagieren (wirksame Berufung) oder die Gabe des neuen Lebens (Wiedergeburt). Beides sind Neuanfänge, welche das geistliche Wachstum einleiten.

 

Wiedergeburt und Bekehrung: Die Wiedergeburt führt zur Bekehrung (Buße und Glauben) und leitet ein Leben im Gehorsam und Dienst für Gott ein. Die Bekehrung ist die erste äußerlich erkennbare Folge der Wiedergeburt. Obwohl die Wiedergeburt selbst natürlich die kausale Priorität hat, geschieht die Bekehrung natürlich im selben Augenblick, wie bereits gesagt wurde (Apg 16,14).

 

Wiedergeburt und Heiligung: Die definitive Heiligung geschieht im Augenblick der Wiedergeburt. Wir sterben der Sünde und auferstehen mit Christus. Dadurch sind wir in Ewigkeit für ihn abgesondert (heilig). Die fortschreitende Heiligung des Gläubigen ist ein lebenslanger Prozess. Die Wiedergeburt ist somit der erste Schritt in der Heiligung. Die Heiligung geschieht weiterhin im Umgang mit anderen Gläubigen und mit nicht erretteten Menschen (Gal 6,10; 1Pe 1,22-2).

 

Wiedergeburt und Taufe: Das Neue Testament bringt beides miteinander in Verbindung. Die Lehre von der Wiedergeburt durch die Taufe ist jedoch unbiblisch. Es ist vielmehr so, dass die Taufe nicht das neue Leben hervorbringt, sondern dass sie die Wiedergeburt als äußeres Bild darstellt. Die Taufe zeigt in einer körperlichen Handlung, was bei der Wiedergeburt geistlich geschehen ist: Untertauchen im Wasser ist Sterben mit Christus und Abwaschen der Sünden, so wie die Wasserfluten des Gerichtes Gottes über Christus hinweggegangen sind und so wie unsere Sünden durch sein Blut weggewaschen worden sind. Auftauchen aus dem Wasser ist das sichtbare Zeichen der Auferstehung mit Christus zum ewigen Leben und zu einem Wandel mit Christus in der Heiligung und in seiner Kraft (Ps 69,3; Rö 6,3-4; Kol 2,11-12; 1Pe 3,21).

 

Wiedergeburt und der Prediger: Der Prediger hat nicht die Fähigkeit, neues Leben hervorzubringen, sondern nur das Wort Gottes hat diese Fähigkeit. Gott hat es so verordnet, dass der Heilige Geist das neue Leben unter der gehörten oder gelesenen Predigt seines Wortes schafft. Und dazu ist eben die Predigt notwendig. Der Prediger ist gewissermaßen der Bote Gottes, ein Werkzeug in Gottes Hand, welche allein das neue Leben und den Glauben hervorbringt. Er hat die Verantwortung, das Wort des Evangeliums vollständig, wahrheitsgemäß und lebendig weiterzugeben, damit – infolge seiner echten Verkündigung – auch echte Bekehrungen stattfinden. Genauso hat auch der Herr selbst gepredigt. Das Evangelium wird als der Same der Wiedergeburt bezeichnet, sei es, dass es gepredigt, gelehrt oder gelesen wird. Der Prediger muss seinen Dienst tun im Wissen um seine eigene Ohnmacht und im Wissen um Gottes Allmacht. Er muss die Hörer ermahnen, die gewaltigen Dimensionen des neuen Lebens aus Gott und die schrecklichen Konsequenzen einer Ablehnung der Botschaft zu bedenken. Wenn er sich vor dem Herrn in dieser geistlichen Stellung befindet, dann wird er davor bewahrt sein, eine verkürzte, falsche oder hörerfreundliche Verkündigung mit Ergebnisorientierung zu bringen. Allerdings wird er nicht immer vor Verfolgung bewahrt sein. Der Herr selbst wurde verfolgt bis in den Tod (Mt 9,6; Joh 3,3-7; Rö 7,6; Rö 10,14; Apg 3,28; Apg 5,20; Apg 16,30-31; Jak 1,17-18; 1Pe 1,22-23,25).

Als neugeborene Kinder Gottes wandeln wir im Licht. Wir sind von nun an bis in alle Ewigkeit ein Teil von Gottes neuer und ewiger Schöpfung. Das bedeutet nicht sündlose Vollkommenheit, aber es bedeutet Neuheit. Die Vollkommenheit werden wir in der Herrlichkeit der Auferstehung des Leibes erlangen.

 

Joh 3,21: “Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zum Licht, damit seine Werke offenbar werden, dass sie in Gott getan sind.”

Rö 13,12: “Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber ist nahe. So lasst uns nun ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts!”

2Kor 5,17: “Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!”

Gal 6,15: “So lasst uns nun, wo wir Gelegenheit haben, an allen Gutes tun, besonders aber an den Hausgenossen des Glaubens.”

Eph 2,10: “Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.”

1Joh 1,7: “… wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.”