Trotz ihrer Kürze von nur wenigen Kapiteln schlägt die Prophetie Joels einen gewaltigen geistlichen Bogen von der damaligen Gegenwart des Propheten über die kommenden Gerichte in Israel während der darauffolgenden Jahrhunderte bis zum Kommen des Messias.


 

Einleitung

Der Dienst des Propheten Joel (der Herr ist Gott) wird von den meisten Auslegern eingeordnet in die Zeit des alten Israel etwa zur Zeit der Assyrer. Joel diente am ehesten während oder kurz nach der chaotischen Zeit der Könige/innen Joram, Ahasja, Athalja und Joas im Südreich sowie der Könige Joram, Jehu und Joahas im Nordreich. Die Bücher der Könige und der Chronika berichten uns über die schweren Erschütterungen im ganzen Land während dieser Zeit.

Trotz ihrer Kürze von nur wenigen Kapiteln schlägt die Prophetie Joels einen gewaltigen geistlichen Bogen von der damaligen Gegenwart des Propheten über die kommenden Gerichte in Israel während der darauffolgenden Jahrhunderte bis zum Kommen des Messias. Der Bogen wird dann weiter gespannt über die Gründung der neutestamentlichen Gemeinde in der Ausgießung des Heiligen Geistes mit nachfolgenden Aussagen über das Gemeindezeitalter. Er endet erst beim zweiten Kommen des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit, wenn der Herr alle Bedränger richten, sein Volk befreien und es in die Herrlichkeit der neuen Schöpfung einführen wird.

Die kurze Prophetie Joels fügt sich somit in die Reihe nahezu aller anderen Prophetien des Alten Testamentes ein. Die Propheten des Alten Testamentes selbst wussten oftmals nicht genau, was die ihnen geoffenbarten Worte in letzter Konsequenz beinhalteten. Joel musste (wie auch andere Propheten Gottes) zum einen Aussagen machen, welche sich in seiner eigenen Zeit erfüllten und ihm bei seinen Zeitgenossen Autorität verliehen. Andererseits musste er einige Prophetien über die Zukunft bekanntgeben, deren Erfüllung in unserer Zeit noch immer auf sich warten lassen. Im Neuen Testament wird diese geistliche Tatsache bestätigt:

 

Apg 3,18-24: „Gott aber hat das, was er durch den Mund aller seiner Propheten zuvor verkündigte, dass nämlich der Christus leiden müsse, auf diese Weise erfüllt.
19 So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn kommen
20 und er den sende, der euch zuvor verkündigt wurde, Jesus Christus,
21 den der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung alles dessen, wovon Gott durch den Mund aller seiner heiligen Propheten von alters her geredet hat.
22 Denn Mose hat zu den Vätern gesagt: »Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern; auf ihn sollt ihr hören in allem, was er zu euch reden wird«.
23 Und es wird geschehen: Jede Seele, die nicht auf diesen Propheten hören wird, soll vertilgt werden aus dem Volk.
24 Und alle Propheten, von Samuel an und den folgenden, so viele geredet haben, sie haben auch diese Tage im Voraus angekündigt.“

1Pe 1,10-12: „Wegen dieser Errettung haben die Propheten gesucht und nachgeforscht, die von der euch zuteilgewordenen Gnade geweissagt haben.
11 Sie haben nachgeforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist des Christus in ihnen hindeutete, der die für Christus bestimmten Leiden und die darauf folgenden Herrlichkeiten zuvor bezeugte.
12 Ihnen wurde geoffenbart, dass sie nicht sich selbst, sondern uns dienten mit dem, was euch jetzt bekannt gemacht worden ist durch diejenigen, welche euch das Evangelium verkündigt haben im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde – Dinge, in welche auch die Engel hineinzuschauen begehren.“

2Pe 1,20-21: „Dabei sollt ihr vor allem das erkennen, dass keine Weissagung der Schrift von eigenmächtiger Deutung ist.
21 Denn niemals wurde eine Weissagung durch menschlichen Willen hervorgebracht, sondern vom Heiligen Geist getrieben haben die heiligen Menschen Gottes geredet.“

 

Erst in der Rückschau vom Standpunkt des Neuen Testamentes aus betrachtet können zahlreiche Aussagen der Propheten besser eingeordnet werden, wobei auch wir heute noch immer sagen müssen, dass bis zur Wiederkunft des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit viele prophetische Aussagen der Heiligen Schrift rätselhaft bleiben werden. Insbesondere bei der Auslegung biblischer Prophetie müssen wir daher eine demütige Stellung vor dem Herrn einnehmen und uns stets der Tatsache bewusst bleiben, dass die Heilige Schrift in ihrer Gesamtheit wie ein weites Meer ist, dessen Tiefen wir als Menschen nur begrenzt ausloten können. Nur Gott der Vater, der Sohn Jesus Christus und der Geist Gottes wissen alles. Nur ihnen gehört unser Vertrauen, nur ihnen gebührt alles Lob, alle Ehre und alle Herrlichkeit von nun an bis in Ewigkeit.

 

 

Prinzipien zur Auslegung alttestamentlicher Prophetie

Bevor wir an den eigentlichen Text herangehen, möchten wir zunächst einen kurzen Blick auf die wesentlichen Prinzipien alttestamentlicher Prophetie werfen. Sie werden uns das Verständnis auch des Buches Joel deutlich erleichtern.

Erstens: Ein Prophet in der Bedeutung des Wortes ist ein Mensch, der das Wort eines Anderen an dessen Stelle oder in dessen Auftrag verkündet. So wie in der Bibel die falschen Propheten im Namen des Feindes dessen irreführende Worte und falsche Botschaften verkündigten, so verkündigten die echten Propheten Gottes das wirkliche Gotteswort. Oftmals standen sie dabei als kleine Gruppe oder sogar als Einzelpersonen vor einer zahlenmäßigen Übermacht. Nur selten wurden sie respektiert. Meist wurden sie hart angegriffen, ja sogar verfolgt und umgebracht. Es war im Alten Testament keine Leichtigkeit, ein Prophet Gottes zu sein, sondern es war ein sehr schwerer Dienst.

Zweitens: Es gab im Alten Testament handelnde, redende und schreibende Propheten, welche entweder im Auftrag Gottes gewisse Symbolhandlungen durchzuführen hatten, gewisse Worte verkündigten, Visionen empfingen und/oder die Bücher der Heiligen Schrift für die Nachwelt verfassten. Die Propheten handelten, redeten oder schrieben ihre Bücher dabei unter der unmittelbaren Einwirkung des Heiligen Geistes, welcher sie antrieb und ihnen ihre Handlungsanweisungen erteilte, sowie ihnen ihre Visionen oder Wortprophetien eingab.

Dabei wussten die Propheten Gottes nicht immer genau, was ihre eigenen Worte letztlich beinhalteten, sondern sie fragten sich selbst, zu welcher Zeit und auf welche Art und Weise die Erfüllung kommen sollte. Teilweise Erfüllungen ihrer Prophetien durften sie zwar erleben, große Teile lagen jedoch in der näheren oder ferneren Zukunft. Ebenso waren sie sich oftmals nicht dessen bewusst, dass ihre Prophetien einmal als Teile der gesamten Heiligen Schrift in engem Zusammenhang stehen würden. Sie waren ja meist in ihrem eigenen Wirken durch Raum und Zeit voneinander getrennt.

Das Neue Testament sagt uns deutlich, dass alle schreibenden Propheten von Jesaja (sogar von Samuel) bis Maleachi in unterschiedlicher Weise über den Messias Israels und der Welt sowie über die Gemeinde der Gläubigen des neuen Bundes geschrieben haben. Wir haben die betreffenden Schriftstellen bereits angeführt. Es ist daher keinesfalls so, dass die Gemeinde des Neuen Testamentes im Alten Testament nicht erwähnt wird. Es ist vielmehr so, dass die Worte der alten Propheten unmittelbar in unsere heutige Situation hineinsprechen, und dass die Christen bei richtigem Verständnis dieser Prophetien Belehrung, Trost und Hoffnung zum standhaften Ausharren empfangen können.

 

Rö 15,4: „Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen.“

 

Drittens: Alle damaligen Propheten standen zu ihrer Zeit zunächst einmal fest auf dem Boden der Realität. Gott berief sie aus der konkreten Situation ihres eigenen Lebens heraus zum Dienst. Die Berufung der Propheten war teilweise dramatisch wie etwa bei Jesaja oder Hesekiel, welche zuerst ihren Gott in seiner ganzen Herrlichkeit kennenlernen mussten, bevor sie dazu in die Lage versetzt wurden, ihren Dienst tun zu können. In ihren Prophetien hatten sie dann zunächst die konkreten Umstände im Volk Gottes und in der Welt zu analysieren, um danach das Handeln Gottes in Bezug auf diese Umstände zu verkünden.

Diese Verkündigung stieß meist auf Unverständnis und heftigen Widerstand der Zuhörer, denn sie deckte grobe Mängel im Leben des Volkes Gottes auf. Gott selbst legitimierte seine Propheten dadurch, dass er ihnen zu Beginn größtenteils Prophetien für die nähere Zukunft gab, welche sich dann auch vor den Augen des Volkes erfüllten. Infolge dieser Erfüllungen hatten die Propheten gottgegebene Autorität und konnten in einem weiteren Schritt Prophetien verkündigen, welche zum Teil weit in die Zukunft des Volkes und weit über ihr eigenes Leben hinausreichten. Diese Prophetien wurden dann von den gläubigen Menschen im Volk angenommen, und ihre Erfüllung als Wort Gottes wurde über Generationen hinweg treu erwartet.

Viertens: Aus dem bisher Gesagten folgt unmittelbar, dass die Prophetien des Alten Testamentes verschiedene Deutungsebenen aufweisen, welche von der Zeit ihrer Entstehung bis in unsere eigene Zeit hinein anwendbar geblieben sind. Wir können heute auf die Jahrtausende zurückblicken. Wir kennen historische Hintergründe der Prophetien, und wir können auch auf bereits erfüllte Prophetien in der Geschichte zurückschauen. Oftmals ist es so, dass die Propheten in ihren Aussagen Zeit und Raum transzendieren. Manchmal hat genau das gleiche Wort, welches in der Zeit des jeweiligen Propheten konkret gültig war, eine ebenso konkrete Gültigkeit für uns heute. Dies betrifft sowohl Aspekte der christlichen Lehre als auch praktische Aspekte unseres täglichen Wandels im Glauben und unserer täglichen äußeren Umstände.

Beachtenswert ist zudem die heilsgeschichtliche Bedeutung zahlreicher alttestamentlicher Prophetien. Dies betrifft natürlich auch den Propheten Joel, welcher über die Situation Judas und Israels im Alten Testament mit Gericht und teilweiser Wiederherstellung bis zur ersten Ankunft des Messias in Israel ebenso geredet hat wie über die Entstehung der neutestamentlichen Gemeinde, sowie die Ankunft des Herrn in Macht und Herrlichkeit zum Endgericht und über den ewigen Zustand am Ende der Wege Gottes. Wir hoffen das alles noch zu erkennen.

Bevor wir mit unserer Auslegung beginnen, soll noch ein formaler Aspekt angesprochen werden. In manchen Bibelübersetzungen (z.B. unrevidierte Elberfelder Übersetzung) ist das Buch wie folgt eingeteilt: Kapitel 1 mit 20 Versen, Kapitel 2 mit 32 Versen und Kapitel 3 mit 21 Versen. Andere Übersetzungen (z.B. Schlachterbibel Version 2000) haben die folgende Gliederung: Kapitel 1 mit 20 Versen, Kapitel 2 mit 27 Versen, Kapitel 3 mit 5 Versen und Kapitel 4 mit 21 Versen. Mit anderen Worten: In der letztgenannten Gliederung ist das zweite Kapitel in zwei Abschnitte aufgeteilt, wobei die fünf letzten Verse quasi wie ein Einschub das dritte Kapitel bilden. Da unser Text die Schlachterbibel zitiert, wird er auch der dortigen Verszählung folgen. Dies wird sich jedoch nicht auf die Deutung auswirken.

 

 

Diskrepanzen bei der Auslegung des Buches Joel

Hört man die meist kurzen Erklärungen dispensationalistisch geprägter Bibellehrer zum Buch Joel, so beginnen diese immer am Ende unserer Zeit mit dem großen Tag des Herrn. Dieser Tag wird als das sichtbare Kommen des Herrn zum Gericht über die jetzige Erde angesehen. Darauf folgt dann gemäß dieser Deutung das Millennium oder Tausendjährige Reich, welches in den letzten Kapiteln des Buches gesehen wird.

Im Gespräch mit dispensationalistisch gelehrten und geprägten Glaubensgeschwistern über das Buch Joel macht man nahezu ohne Ausnahme dieselbe Beobachtung: Es wird immer wieder über die Vision der Heuschrecken in Kapitel 1 und über die Prophetie aus Kapitel 3 geredet. Diese Teile des Buches werden aus dem Kontext herausgenommen und in das Lehrgebäude des Dispensationalismus eingefügt. Die übrigen Teile des Buches scheinen überhaupt nicht zu existieren. Diese Haltung findet man nicht nur bei den einfachen Geschwistern, sondern gerade auch bei denjenigen, welche als die Lehrer des Wortes angesehen werden. In meinem nunmehr fast dreißigjährigen Glaubensleben habe ich noch keine einzige Predigt über Joel 2 oder Joel 4 gehört. Es waren immer nur die Heuschrecken, der Tag des Herrn und Kapitel 3.

Wenn wir uns jedoch die einleitend gegebenen Prinzipien zur Auslegung alttestamentlicher Prophetie vergegenwärtigen, dann ist die soeben angesprochene Auslegung nicht haltbar, und zwar aus drei Gründen:

 

  1. Sie widerspricht dem Prinzip der Verankerung der Prophetien im Leben des jeweiligen Propheten.
  2. Sie widerspricht dem Prinzip der Erklärung alttestamentlicher Prophetie durch die Erfüllungen im Neuen Testament.
  3. Sie harmoniert nicht mit dem Aufbau und der Entwicklung der Heilsgeschichte im Wort Gottes.

 

Die Prophetie Joels beginnt, wie bei allen anderen alttestamentlichen Propheten, in der Lebensrealität des Mannes Gottes zu seiner Zeit. Joel beginnt sein Buch mit Dingen, an welche seine Zuhörer in der damaligen Gegenwart Israels anknüpfen konnten. Es wäre geistlich nicht zu begründen, dass bereits die ersten Worte Joels über das Ende der Welt reden. Kein Mensch im damaligen Israel hätte auf diesem Hintergrund die Worte Joels verstehen können. Das Buch Joel wäre für das damalige Volk Gottes weltfremd und sinnlos geblieben. Gerade die Tatsache, dass Joel zunächst über Dinge der Gegenwart oder der näheren Zukunft redete, verlieh ihm Autorität.

Das Neue Testament gibt uns zudem im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte einen deutlichen heilsgeschichtlichen Orientierungspunkt für die schriftgemäße Auslegung der Prophetie Joels. Das gesamte Buch Joel ist gewissermaßen an Apostelgeschichte 2 aufgehängt (wie wir noch zu erkennen hoffen). Joel 3 stellt das heilsgeschichtliche Zentrum des Buches dar, denn es redet über das Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten und die Folgen dieses Kommens. Die ersten beiden Kapitel des Buches laufen auf diesen Punkt zu, während uns das vierte Kapitel in die Herrlichkeiten einführt, welche als Folge der Ankunft des Heiligen Geistes angesehen werden können. Auf diesem Hintergrund, den uns das Wort Gottes selbst vorgibt, wird die Struktur des gesamten Buches klar und deutlich.

Der Bußruf des Propheten im Angesicht des kommenden Gerichts als auch die zu erwartenden Segnungen für ein bußfertiges Volk Gottes besaßen nicht nur in materieller Hinsicht für das Volk Israel im alten Bund Gültigkeit, sondern sie haben auch eine ebenso klare geistliche Bedeutung für das Volk Gottes im neuen Bund, also für die Gemeinde Jesu Christi. Es geht hier um materielle oder geistliche Bedrängnisse im alten und neuen Bund, um drohende Gerichte Gottes, den Ruf zur Umkehr, die praktischen Anweisungen Gottes hinsichtlich dieser Umkehr, die äußere und innere Wiederherstellung im alten und neuen Bund, die Gabe des Heiligen Geistes für das Volk Gottes im neuen Bund und die Zusage des endgültigen und ewigen Sieges in der Ewigkeit. Alle diese Dinge werden von Gott gewirkt. Gott selbst ist die Hauptperson in diesem Buch.

Auf dem soeben geschilderten Hintergrund möchten wir nun in die Auslegung einsteigen. Wir möchten uns möglichst kurzfassen, um die geistliche Linie des Buches deutlich zu zeichnen und uns nicht in der allzu ausführlichen Besprechung von Einzelheiten zu verlieren.

 

 

Kapitel 1

Als Joel seinen Dienst begann, war (nach Auffassung des Schreibers des vorliegenden Textes) in Israel die Zeit der großen Könige David, Salomo, Asa und Josaphat vorbei. Auf einen entsprechenden Datierungsvorschlag soll gleich noch etwas näher eingegangen werden. Wir haben bereits in unserer Einleitung die Namen der Könige und Königinnen (Athalja) genannt, welche etwa zu Joels Zeit oder auch kurz davor lebten und starben. Es war eine Zeit erbitterter Machtkämpfe in Israel, in welcher der wahre Dienst für Gott immer mehr in den Hintergrund geriet und vom Götzendienst abgelöst wurde. Es war eine Zeit, in welcher Gott Gericht ankündigen und auch vollziehen musste.

Hier sieht nun der Prophet die Vision von den Heuschrecken. In der Bibel lesen wir an verschiedenen Stellen über Heuschrecken. Bereits im alten Ägypten musste Gott in 2Mo 10 als eine der zehn Plagen eine Heuschreckenplage über das Land senden. Alles grüne Kraut und alle Bäume der Ägypter wurden abgefressen, die Nahrung war dahin. Nur im Volk Israel gab es keinen Hunger, denn sein Wohnort Gosen blieb verschont. In unserem Kapitel wird nun das Volk Gottes selbst in seinem Land von der Plage bedroht. Kurze Zeit später trat im Nordreich unter Jerobeam II der Prophet Amos auf, welcher ebenfalls über diese Plage redete und sie auch zusammen mit einem Erdbeben (damals noch zukünftig innerhalb von 2 Jahren) als bereits geschehenes Gericht Gottes (Amos 4,9) wie auch als weiterhin noch kommendes Gericht (Amos 7,1) ankündigte.

Am 1,1: „Dies sind die Worte, welche Amos, der unter den Hirten von Tekoa war, über Israel geschaut hat in den Tagen von Ussija, dem König von Juda, und in den Tagen von Jerobeam, dem Sohn des Joas, dem König von Israel, zwei Jahre vor dem Erdbeben.“

Am 4,9: „Ich schlug euch mit Getreidebrand und mit Vergilben; wenn eure Gärten und eure Weinberge, eure Feigenbäume und eure Ölbäume viel hervorbrachten, fraß es die Heuschrecke ab. Dennoch seid ihr nicht zu mir umgekehrt!, spricht der HERR.“

Am 7,1: „Dies ließ GOTT, der Herr, mich schauen: Siehe, er bildete Heuschrecken, als das Spätgras zu wachsen begann; und siehe, es war das Spätgras nach der Heuernte des Königs.“

Am 8,8-9: „Sollte das Land deswegen nicht erbeben und jeder trauern, der darin wohnt? Da wird das ganze [Land] emporsteigen wie der Nil, es wird aufwogen und sich wieder senken wie der Strom Ägyptens.
9 Und es soll geschehen an jenem Tag, spricht GOTT, der Herr, da will ich die Sonne am Mittag untergehen lassen und über die Erde Finsternis bringen am lichten Tag.“

 

Im übertragenen Sinn wird der Begriff der Heuschrecke ebenfalls in der Bibel verwendet, und zwar im Alten und im Neuen Testament. Zunächst reden Jesaja und Jeremia darüber:

 

Jes 33,4: „Da wird man eure Beute wegraffen, wie die Heuschrecken wegraffen; wie die Käfer rennen, so rennt man darauflos.“

Jes 40,22: „Er ist es, der über dem Kreis der Erde thront und vor dem ihre Bewohner wie Heuschrecken sind; der den Himmel ausbreitet wie einen Schleier und ihn ausspannt wie ein Zelt zum Wohnen;“

Jer 51,14: „Der HERR der Heerscharen hat bei sich selbst geschworen: Ich will dich mit Menschen füllen wie mit Heuschrecken, die sollen ein Triumphgeschrei über dich anstimmen!“

Jer 51,27: „Richtet das Kriegsbanner auf im Land, stoßt in die Posaune unter den Heiden! Heiligt die Völker gegen sie, beruft die Königreiche Ararat, Minni und Aschkenas gegen sie! Bestellt Heerführer gegen sie, lasst Pferde anrücken, borstigen Heuschrecken gleich!“

 

Dann redet der Prophet Nahum über das Volk der Stadt Ninive. Er kündigt den Untergang der Stadt an und vergleicht das Volk, seine Kaufleute und seine Soldaten mit Heuschrecken.

 

Nah 3,15-17: „Dort wird das Feuer dich verzehren, das Schwert dich ausrotten; es wird dich verzehren wie Heuschrecken; magst du auch zahlreich sein wie die Heuschrecken, magst du auch zahlreich sein wie das Heupferd!
16 Deine Kaufleute sind zahlreicher geworden als Sterne am Himmel; wie Heuschrecken breiten sie sich aus und fliegen davon.
17 Deine Söldner sind wie die Heupferde, und deine Würdenträger gleichen den Grashüpfern, die sich an kalten Tagen an den Mauern lagern; wenn aber die Sonne aufgeht, so fliegen sie davon, und niemand weiß, wohin sie gekommen sind.“

 

Auch das Buch der Sprüche redet über Heuschrecken und vergleicht die Organisation der Heuschreckenschwärme mit der Lebensweise des Volkes Gottes.

 

Spr 30,27: „… die Heuschrecken – sie haben keinen König, und doch ziehen sie alle in geordneten Scharen aus;“

 

Im Neuen Testament redet die Offenbarung in symbolischer Deutung über ein Heer von Heuschrecken, welches aus dem Abgrund heraufkommt und die Menschen quält. Hier handelt es sich um „geistliche Heuschrecken“, welche satanische und dämonische Mächte und Aktivitäten darstellen.

 

Off 9,3: „Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken hervor auf die Erde; und es wurde ihnen Vollmacht gegeben, wie die Skorpione der Erde Vollmacht haben.“

Off 9,7: „Und die Gestalten der Heuschrecken glichen Pferden, die zum Kampf gerüstet sind, und auf ihren Köpfen [trugen sie] etwas wie Kronen, dem Gold gleich, und ihre Angesichter waren wie menschliche Angesichter.“

 

Alle diese Deutungsmöglichkeiten müssen wir zumindest einmal in Betracht ziehen, wenn wir die Heuschreckenplage Joels deuten möchten. Zunächst zur ersten Möglichkeit. Wir wissen – abgesehen von den Berichten der Bücher der Könige – historisch gesehen nicht allzu viel über Naturereignisse in Joels Zeit. Es könnte sehr wohl möglich sein, ja es ist anhand der Aussagen des Propheten Amos sogar wahrscheinlich, dass Gott das Land in jener Zeit durch eine oder sogar mehrere Heuschreckenplagen züchtigen musste. Diese Plagen können sich innerhalb eines oder mehrerer Jahre ereignet haben. Dies passt gut zu der wörtlichen Deutung, wie wir sie bei Amos angedeutet finden. Amos 4,9 stellt in dieser Hinsicht eine mögliche, wenn nicht sogar wahrscheinliche chronologische Verbindung innerhalb der Bibel zur Datierung des Buches Joel dar.

Wie wir wissen, sind sich die verschiedensten Ausleger der Bibel bis in unsere Zeit hinein uneinig über die Datierung, denn ihre Vorschläge reichen von etwa 900 v.Chr. bis etwa 300 v.Chr. Etliche dieser Datierungsvorschläge sind an biblischen oder außerbiblischen historischen Ereignissen festgemacht, welche sich in Israel abgespielt haben. Wir möchten jedoch an dieser Stelle nur solche Möglichkeiten in Betracht ziehen, welche sowohl mit der Geschichte Israels anhand der Aussagen der Bibel als auch mit der möglichen Deutung der Heuschrecken anhand der Bibel harmonieren. Wenn wir diese innerbiblischen Zeugnisse miteinander kombinieren, dann bleiben nach Ansicht des Schreibers und gemäß dem Grundsatz: „Die Schrift erklärt die Schrift“ nur wenige Möglichkeiten übrig, eventuell sogar nur noch eine einzige.

Wie bereits gesagt, diente der Prophet Amos unter dem König Jerobem II in Israel, und er redete deutlich darüber, dass Gott das Land durch Heuschreckenplagen schwer gezüchtigt hatte (Am 4,9). Diese Plagen müssen noch sehr klar im Bewusstsein der Leute gewesen sein, denn sonst hätte der Prophet nicht zur Begründung seiner eigenen Botschaft darauf zurückgegriffen. Die Propheten verankerten ihre Botschaften zunächst einmal in der Lebensrealität ihrer Zuhörer. Das ist ein Prinzip biblischer Prophetie. Die Plagen müssen sich demnach historisch gesprochen kurze Zeit zuvor im Land Israel ereignet haben. Dies ist ein starker Hinweis darauf, dass Joel sehr gut kurze Zeit vor Amos gedient haben kann. Joel kündigt die Heuschrecken an, über die Amos später im Rückblick redet. Hinzu kommt noch eine andere Deutungsmöglichkeit, welche sich auf eine sehr auffällige Parallelität der Prophetien Joels und Daniels bezieht, und welche eine innerhalb der Bibel begründbare Deutung der vier verschiedenen Heuschrecken als vier verschiedene Reiche mit ihrer Herrschaft über Israel nahelegt. Wir kommen in Kürze noch ausführlicher darauf zu sprechen.

Im übertragenen Sinne könnten die Heuschrecken andeuten, dass das Land Israel immer wieder von fremden Heerzügen durchzogen werden wird, welche es teilweise oder auch gänzlich zerstören werden. Auch diese Deutung hat ihre Berechtigung, denn in der Geschichte Israels geschah genau das. Israel hatte nicht nur mit den Großmächten zu tun, sondern es hatte auch immer wieder Kriege und kleinere Scharmützel mit seinen unmittelbaren Nachbarvölkern auszutragen, welche zeitweise zu erheblichen Verlusten führten und das Land bisweilen an den Rand des Untergangs brachten.

Die dritte Deutungsmöglichkeit der dämonischen Einflüsse in Israel war ebenfalls in der Zeit Joels deutlich erkennbar, denn Herrscherpersönlichkeiten wie Athalja im Südreich hatten mit Sicherheit dämonische Wesenszüge an sich, indem sie die Königslinie Davids auslöschen wollten. Weitere derartige Herrscher sollten sowohl im gottlosen Norden bis zum Untergang als auch im Süden noch folgen und das Volk plagen. Denken wir nur etwa an Leute wie Manasse oder Amon. Nach meiner persönlichen Überzeugung steht diese Deutungsweise jedoch etwas mehr im Hintergrund.

Eine letzte Möglichkeit scheint mir aus der Sicht Joels und des Neuen Testamentes wieder deutlich mehr Berechtigung zu haben, denn sie harmoniert sowohl mit dem Kontext des Buches Joel selbst, als auch mit der Weltgeschichte und der Heilsgeschichte. Darüber hinaus läuft sie parallel zu den Aussagen des Propheten Daniel. Dies soll nun noch etwas näher erläutert werden.

So wie der Prophet Daniel über vier Weltreiche redet, bevor das Volk des alten Bundes dem Messias begegnen und in sein ewiges himmlisches Reich eintreten kann, so redet der Prophet Joel über vier verschiedene Arten von Heuschrecken, bevor er nach der Aufforderung zur Buße in Kapitel 2 dann in Kapitel 3 das Kommen des Heiligen Geistes und des Reiches Gottes ankündigt mit den Worten: „Und nach diesem wird es geschehen…“. Wir haben hier alle vier Heuschrecken in einem Vers.

 

Joel 1,4: „Was der Nager (gazam) übrig ließ, das hat die Heuschrecke (arbe) gefressen, und was die Heuschrecke übrig ließ, das hat der Fresser (jelek) verzehrt, und was der Fresser verschonte, das hat der Verwüster (chasil) aufgefressen.“

 

Zuerst kommt der „gazam“, eine Heuschrecke mit schneidenden Mundwerkzeugen, ein Fresser, welcher dazu in der Lage ist, schwere Verwüstung anzurichten. Prophetisch und historisch betrachtet ist dieses Tier am ehesten mit den Heeren der Assyrer und Babylonier gleichzusetzen, welche das alte Reich zunächst verwüsteten und es dann in zwei Etappen in die Gefangenschaft brachten. Daniel redet über die Macht und Kraft des babylonischen Löwen, welche dieser Zerstörung entspricht.

Als nächstes kommt der „arbe“, ein Insekt, das sich gewaltig vermehrt und ebenfalls schwere Belastung für das Land darstellt. Es hat zwar nicht ganz die Verwüstungskraft des ersten Insektes, aber es liegt dennoch schwer auf dem Land. Diese Heuschrecke entsprach in der Prophetie Daniels dem Bären des medopersischen Reiches, welches zwar die Rückkehr des Überrestes nach Jerusalem und den Bau des Tempels erlaubte, welches aber dennoch weiterhin das Volk bedrückte und es letztlich sogar auszurotten versuchte. Siehe hierzu auch das Buch Esther.

Die dritte Heuschrecke ist der „jelek“, der schnelle Hüpfer, welcher prophetisch am ehesten dem schnellen Leoparden Daniels und historisch dem Reich Griechenlands entspricht. So schnell wie er gekommen ist, so schnell verschwindet er auch wieder. Das Leben und die Herrschaft Alexanders des Großen spiegeln diese Eigenart wider.

Das letzte und schlimmste Insekt ist schließlich der „chasil“, der Verwüster oder Zerstörer. Wo dieses Tier hindurchgezogen ist, da ist alles beendet. Dieser Verwüster hinterlässt nur noch verbrannte Erde und ein Niemandsland. So geschah es in der Geschichte durch das schreckliche vierte Tier Daniels, welches historisch betrachtet dem römischen Reich entspricht. Die Römer sorgten letztendlich im Jahr 70 n.Chr. für den endgültigen Untergang Israels und die Zerstreuung der alten Nation über die ganze Erde.

Bezeichnend bei Daniel ist die Tatsache, dass in der Zeit des letzten Reiches, welches in Daniel 2 dem unteren Anteil der Statue Nebukadnezars entspricht, das ewige Reich Gottes gegründet wird. Der Stein ohne Hand trifft die Statue der heidnischen Weltreiche und bringt sie zu Fall. Das ewige Reich Gottes wird durch den Tod und die Auferstehung des Steines, des Messias und Herrn Jesus Christus aus Daniel 2 und 9 gegründet und nimmt die ganze Erde ein. (Siehe hierzu unseren Text: „Daniel besser verstehen: Der innere Zusammenhang seiner Visionen“ unter www.dieletztestunde.de).

Ebenso bezeichnend ist bei Joel die Tatsache, dass „nach diesem“, also nach dem Kommen der vier verwüstenden Tiere in Kapitel 1 und nach dem Bußruf des Propheten Joel in Kapitel 2, gerade zu Beginn von Joel 3 der Heilige Geist ausgegossen wird. Nach der Verwüstung durch die vier Heuschrecken Joels, nach der Buße des gläubigen Überrestes im Volk unter dem Ruf des Propheten Johannes des Täufers, kommt im Neuen Testament in den Evangelien der große heilsgeschichtliche Umschwung. Johannes der Täufer ernährt sich bezeichnenderweise in der Wüste von Heuschrecken und wildem Honig. Johannes „frisst den Fresser“ und „in seinem Mund ist Süßigkeit“ (siehe auch Richter 14,14). Auf seinem Fuß folgt der Messias Daniels, der Herr Jesus Christus, und er gründet noch unter der äußerlichen Macht des letzten Fressers Joels, des römischen Tieres Daniels, das ewige Reich Gottes.

Nach dem Tod, der Auferstehung und der Himmelfahrt des Messias und Herrn Jesus Christus kommt am Pfingsttag in Apostelgeschichte 2 der Segen des Heiligen Geistes auf das gezüchtigte Volk Gottes. Genau dort wird dann auch Joel 3 zitiert und durch den Apostel Petrus erklärt. In Joel 4 finden wir abschließend eine Abhandlung über die Herrlichkeiten dieses neuen und ewigen Reiches. Alle diese Dinge fügen sich sowohl in prophetischer als auch in heilsgeschichtlicher Betrachtung harmonisch zusammen. Das geistliche Gefüge der Heiligen Schrift ist in dieser Hinsicht sehr solide und erlaubt nach Überzeugung des Schreibers die Deutung des Buches Joel, welche der vorliegende Text vertritt.

In einem letzten Schritt möchten wir nun einen geistlichen Gang durch das erste Kapitel machen und einige Verse hervorheben und etwas näher beleuchten. Wir werden uns dabei bemühen, weder die Botschaft zu verlieren, noch zu weit auszuufern. Bei der Betrachtung der übrigen drei Kapitel werden wir später ebenso verfahren. Und nun los.

Vers 1 gibt uns den Namen des Propheten. Vers 2 redet zum Volk und zu den Ältesten. Sie sollen in Vers 3 das Gehörte ihren Kindern und Kindeskindern weitersagen. Allein dieser Vers macht klar, dass die nachfolgende Prophetie über die Heuschrecken nicht dem letzten Tag des gegenwärtigen Zeitalters zugeordnet werden kann. Wäre das der Fall, dann gäbe es danach weder weitere Sünden im Volk, noch gäbe es etwas weiterzuerzählen. Es wäre nämlich kein Erzähler mehr da. Vers 4 redet über die vier Insekten, was oben bereits erklärt wurde. In Vers 5 werden die Trunkenen aufgefordert zu erwachen. In den Versen 6, 7 und 10-12 werden die angerichteten Verwüstungen geschildert, während die Verse 8 und 9 die Trauer im Volk und unter den Priestern zeigen. In den Versen 13-14 werden die Priester und das Volk dazu aufgefordert, zu Gott zu schreien und Buße zu tun, denn in Vers 15 kommt der Tag des Herrn. Was hat es mit diesem Tag auf sich?

Der große Tag des Herrn ist in allerletzter Konsequenz der letzte Tag unseres jetzigen Zeitalters, wenn der Herr wiederkommen wird zur Rettung seines Volkes, zum endgültigen Feuergericht über die jetzige Erde und zur Gründung der erneuerten und ewigen Erde. (Siehe hierzu unseren Text über die zwei Zeitalter in der Bibel unter www.dieletztestunde.de). Zahlreiche konkrete Einzelheiten dieses Tages werden uns im Neuen Testament in den Evangelien, in den Briefen und in der Offenbarung geschildert. An diesem Tag wird es eine weltweite Rettung, ein weltweites Gericht und eine weltweite Erneuerung geben. Das wird die letzte und ewige Erfüllung sein.

Diese Erfüllung wird an zahlreichen Stellen im Alten Testament, vor allem in den Propheten, in den Psalmen, an verschiedenen Stellen in den fünf Büchern Mose und in den historischen Bibelbüchern, vorgeschattet. Das Neue Testament hat in Christus die Wirklichkeit, das Alte Testament zeigt uns in seinen historischen Ereignissen und prophetischen Bildern die Vorschattung.

 

Kol 2,16-17: „So lasst euch von niemand richten wegen Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate,
17 die doch nur ein Schatten der Dinge sind, die kommen sollen, wovon aber der Christus das Wesen hat.“

 

Im alttestamentlichen Sinn könnte man daher sagen, dass der Begriff des Tages des Herrn ganz allgemein einen Tag bezeichnet, an welchem der allmächtige Gott entscheidend in den Lauf der Welt, in das Leben und in das Schicksal der Nationen und seines eigenen Volkes eingreift. Dies kann geschehen zur Züchtigung, zum Gericht oder zur Rettung. Jedenfalls ist es immer so, dass an einem solchen Tag eine entscheidende und bleibende Änderung aller Umstände eintritt. Hier bei Joel ist es ein drohender Gerichtstag, ein Tag der Verwüstung. Zur Zeit Joels war dieser Tag für das damalige Volk Gottes, das Volk im irdischen Land Israel nahe herbeigekommen.

Dies führt uns weiter zur geistlichen Deutung im Hinblick auf das heutige Volk Gottes, die Gemeinde Jesu Christi auf der ganzen Erde. Auch für uns heißt es: „Der Herr ist nahe“ (Phil 4,5) und „Kinder, es ist die letzte Stunde!“ (1Joh 2,18). Auch uns hat Gott die baldige Ankunft seines Sohnes zur Rettung der Gläubigen und zum Gericht über die verlorene Welt angekündigt. Niemand kennt den Tag seiner Wiederkunft. Was für die Menschheit als ganze gilt, gilt ebenso für den einzelnen Menschen. Niemand kennt den Tag, an welchem der Herr ihn von der Erde abberufen wird. Jeder Mensch ist dazu aufgefordert, Buße zu tun und an das Evangelium zu glauben, bevor es für ihn zu spät ist.

Alle Christen sind dazu aufgerufen, als Boten des Herrn in der Wüste der Welt dieses Evangelium weiterzugeben. Das geschieht nicht nur von der Kanzel, sondern ganz einfach im Alltag. Auch sollte jeder Christ sich darum bemühen und Gott darum bitten, dass er ihn dazu befähigen möge, dem Herrn in der Kraft des Heiligen Geistes nachzufolgen und ihm immer ähnlicher zu werden (1Joh 3,1-3). Der Herr wird kommen, und sein Lohn mit ihm (Off 22,12-13). Auch als Christen wissen wir nicht, ob wir am letzten und größten Tag des Herrn noch auf der Erde leben werden, oder ob auch wir schon zuvor an einem Tag abberufen werden, den nur der Herr selbst kennt. Der Tag, an dem wir dem Herrn begegnen werden, wird für jeden von uns persönlich der Tag des Herrn sein.

Am Ende des Kapitels redet der Prophet über eine Zeit gewaltigen Elends im Volk und im Land. Es mangelt an Allem, sowohl materiell als auch in den Seelen der Menschen. Gott ruft zunächst sein irdisches Volk Israel zur Umkehr auf. Seht doch, wie schlecht es euch geht! Kehrt doch um, und ich werde euch segnen. Aber auch wir als Christen leben heute geistlich gesprochen in diesen Umständen. Wir sind umgeben von Menschen, denen es geistlich an allem fehlt. Auch wenn sie ihr Leben in dieser Welt organisieren, so ist ihre Existenz doch von einem gewaltigen Elend und von dem drohenden Gericht Gottes gekennzeichnet. Der Prophet fleht in Vers 19 und 20 zu Gott, so wie wir es auch in der Fürbitte für die verlorenen Menschen um uns herum tun sollten, welche Gott uns auf das Herz gelegt hat.

 

 

Kapitel 2

Die Verse 1-11 beschreiben die schrecklichen Verwüstungen, welche durch die Heuschreckenheere über das Land kommen werden, seien es nun wirkliche Insektenschwärme oder feindliche Kriegsheere. Auch hier finden wir wieder deutliche Anklänge an den großen und abschließenden Tag des Herrn, der unser jetziges Zeitalter beenden wird, und der durch die „Tage des Herrn“ im Lauf der Weltgeschichte und der Heilsgeschichte vorgeschattet wird.

Der Tag der Finsternis und des Wolkendunkels in Vers 2, die Verfinsterung der Gestirne und das Erdbeben in Vers 10 sowie auch die Frage in Vers 11: „wer kann ihn (den Tag des Herrn) ertragen?“ lassen uns in ihrer Vorerfüllung zunächst an die tatsächlichen Heuschreckenschwärme im Land und an die schrecklichen Heereszüge der noch kommenden Verwüster denken, welche in zukünftigen Zeiten das Land Israel erschrecken und zerstören würden. Die dazwischen stehenden Verse beschreiben, wie die Eroberer und Verwüster in das Land, ja sogar in jedes einzelne Haus eindringen. In der endgültigen Erfüllung denken wir an Schriftstellen wie:

 

Jes 34,4: „Das gesamte Heer des Himmels wird vergehen, und die Himmel werden zusammengerollt wie eine Buchrolle, und all ihr Heer wird herabfallen, wie das Laub am Weinstock herabfällt und wie die verdorrte [Frucht] des Feigenbaums.“

Sach 14,6-7: „Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird es kein Licht geben; die glänzenden [Gestirne] werden sich verfinstern.
7 Und es wird ein einziger Tag sein – er ist dem HERRN bekannt –, weder Tag noch Nacht; und es wird geschehen: Zur Abendzeit wird es licht werden.”

Mt 24,29-31: „Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.
30 Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden sich alle Geschlechter der Erde an die Brust schlagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.
31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.“

Off 6,12-17: „Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete, und siehe, ein großes Erdbeben entstand, und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der Mond wurde wie Blut;
13 und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine unreifen Früchte abwirft, wenn er von einem starken Wind geschüttelt wird.
14 Und der Himmel entwich wie eine Buchrolle, die zusammengerollt wird, und alle Berge und Inseln wurden von ihrem Ort weggerückt.
15 Und die Könige der Erde und die Großen und die Reichen und die Heerführer und die Mächtigen und alle Knechte und alle Freien verbargen sich in den Klüften und in den Felsen der Berge,
16 und sie sprachen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes!
17 Denn der große Tag seines Zorns ist gekommen, und wer kann bestehen?“

Off 11,19: „Und der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet, und die Lade seines Bundes wurde sichtbar in seinem Tempel. Und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und ein Erdbeben und ein großer Hagel.“

Off 16,18: „Und es geschahen Stimmen und Donner und Blitze, und ein großes Erdbeben geschah, wie es dergleichen noch nie gegeben hat, seit es Menschen gab auf Erden, ein solch gewaltiges und großes Erdbeben.“

 

Die Verse 12-17 bringen wieder den ernsten Aufruf Gottes zur Umkehr, zum Fasten, zum Gebet und zum wahrhaftigen Gottesdienst an den Feiertagen und im Alltag, um das drohende Gericht abzuwenden. Gott sagt auch wie dies richtig getan werden soll. Jeder Einzelne im Volk, vom Größten bis zum Kleinsten, hat hierin seinen Anteil und seine persönliche Verantwortung. Das ganze Volk soll Gott darum bitten, vor den Augen der Nationen um seiner eigenen Ehre und Herrlichkeit willen einzugreifen, und nicht um des Volkes Willen. Alle Welt soll erkennen, dass der Gott Israels wahrhaftig Gott ist, und sonst keiner.

In der Geschichte Israels gab es wiederholt solche Momente. Denken wir nur an den Auszug aus Ägypten, an den Durchzug durch das Rote Meer, an die Bedrohungen während der Richterzeit mit wiederholtem Eingreifen Gottes auf das Flehen des Volkes hin, nicht zuletzt auch an die großen Krisen während der Königszeit wie etwa unter Asa, Josaphat oder Hiskia. Das Volk sollte schon zu Joels Zeiten gewusst haben, wozu sein Gott in der Lage war. Der Ruf zur Buße war daher gleichzeitig auch der Aufruf Gottes, in Demut und Reue an die Gnade und Allmacht des Herrn zu glauben und sich fest darauf zu verlassen. Einem solchen Volk würde Gott dann auch helfen.

Die Zusage der Hilfe Gottes mit Rettung, geistlicher und materieller Segnung und Wiederherstellung kommt dann in den Versen 18-27. Gott wirft die Feinde aus dem Norden (Vers 20) ins Meer und lässt ihre Leiber verwesen. Wer denkt hierbei nicht an den Auszug aus Ägypten und an die 185.000 Assyrer, die vor der Stadtmauer Jerusalems in einer einzigen Nacht umkamen? Wir werden erinnert an:

 

Sach 14,12: „Das aber wird die Plage sein, mit welcher der HERR alle Völker schlagen wird, die gegen Jerusalem Krieg geführt haben: ihr Fleisch wird verfaulen, während sie noch auf ihren Füßen stehen; ihre Augen werden verfaulen in ihren Höhlen, und ihre Zunge wird verfaulen in ihrem Mund.“

 

Schließlich finden wir auch hier wieder eine Andeutung im Hinblick auf den letzten und großen Tag des Herrn, den letzten Tag der jetzigen Weltzeit. Diese Andeutung steht geistlich in Verbindung mit Schriftstellen wie:

 

Jes 34,1-7: „Kommt herzu, ihr Heiden, um zu hören, und ihr Völker, horcht auf! Es höre die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und alles, was ihm entsprosst!
2 Denn der HERR ist zornig über alle Heidenvölker und ergrimmt über ihr ganzes Heer. Er hat über ihnen den Bann verhängt und sie zur Schlachtung dahingegeben.
3 Ihre Erschlagenen sollen hingeworfen werden und der Gestank ihrer Leichname aufsteigen, und die Berge werden von ihrem Blut triefen.
4 Das gesamte Heer des Himmels wird vergehen, und die Himmel werden zusammengerollt wie eine Buchrolle, und all ihr Heer wird herabfallen, wie das Laub am Weinstock herabfällt und wie die verdorrte [Frucht] des Feigenbaums.
5 Denn mein Schwert ist trunken geworden im Himmel; siehe, es wird herabfahren auf Edom, zum Gericht über das Volk, das ich mit dem Bann belegt habe.
6 Das Schwert des HERRN ist voll Blut; es trieft von Fett, vom Blut der Lämmer und Böcke, vom Nierenfett der Widder; denn der HERR hält ein Schlachtopfer in Bozra und ein großes Schlachten im Land Edom.
7 Da werden die Büffel mit ihnen fallen und die Jungstiere mit den starken Stieren; ihr Land wird mit Blut getränkt und ihr Boden mit Fett gedüngt.“

Jes 63,1-6: „Wer ist dieser, der dort von Edom her kommt, von Bozra mit hochroten Kleidern; er, der prächtig aussieht in seinem Gewand, stolz auftritt in der Fülle seiner Kraft? »Ich bin es, der ich von Gerechtigkeit rede und mächtig bin zum Retten!«
2 Warum ist denn dein Gewand so rot, und deine Kleider sehen aus wie die eines Keltertreters?
3 »Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war kein Mensch mit mir; und so habe ich sie zertreten in meinem Zorn und zerstampft in meinem Grimm, dass ihr Saft an meine Kleider spritzte und ich mein ganzes Gewand besudelte.
4 Denn ich hatte mir einen Tag der Rache vorgenommen; das Jahr meiner Erlösten war gekommen.
5 Und ich sah mich um, aber da war kein Helfer; und ich war verwundert, aber niemand unterstützte mich; da half mir mein eigener Arm, und mein Grimm, der unterstützte mich.
6 Und so zertrat ich die Völker in meinem Zorn und machte sie trunken mit meinem Grimm, und ich ließ ihren Saft zur Erde fließen!«“

Hes 39,17-20: „Du aber, Menschensohn – so spricht GOTT, der Herr: Sprich zu den Vögeln aller Gattungen und zu allen wilden Tieren des Feldes: Versammelt euch und kommt! Sammelt euch von allen Seiten zu meinem Schlachtopfer, das ich euch geschlachtet habe! Es ist ein großes Schlachtopfer auf den Bergen Israels; esst Fleisch und trinkt Blut!
18 Das Fleisch von Helden sollt ihr essen und das Blut der Fürsten der Erde trinken: Widder, Lämmer, Böcke und Stiere, die alle in Baschan gemästet worden sind.
19 Esst das Fett, bis ihr satt werdet, und trinkt das Blut, bis ihr trunken werdet von meinen Schlachtopfern, die ich euch geschlachtet habe!
20 Sättigt euch an meinem Tisch von Pferden und Reitern, von Helden und allen Kriegsleuten!, spricht GOTT, der Herr.“

Off 19,17-21: „Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen; und er rief mit lauter Stimme und sprach zu allen Vögeln, die inmitten des Himmels fliegen: Kommt und versammelt euch zu dem Mahl des großen Gottes,
18 um das Fleisch der Könige zu verzehren und das Fleisch der Heerführer und das Fleisch der Starken und das Fleisch der Pferde und derer, die darauf sitzen, und das Fleisch aller, der Freien und der Knechte, sowohl der Kleinen als auch der Großen!
19 Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um Krieg zu führen mit dem, der auf dem Pferd sitzt, und mit seinem Heer.
20 Und das Tier wurde ergriffen und mit diesem der falsche Prophet, der die Zeichen vor ihm tat, durch welche er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen, und die sein Bild anbeteten; die beiden wurden lebendig in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt.
21 Und die Übrigen wurden getötet mit dem Schwert dessen, der auf dem Pferd sitzt, das aus seinem Mund hervorgeht, und alle Vögel sättigten sich von ihrem Fleisch.“

 

So wie das Volk Gottes im Alten Testament zahlreiche Vorerfüllungen erlebte, so hat es auch das Volk Gottes im Neuen Testament immer wieder erlebt. Notzeiten und Kriege, Diktaturen und Völkermord führten immer wieder in der Kirchengeschichte zu nachfolgenden großen Erweckungen mit geistlicher und oftmals auch materieller Wiederherstellung. Leider wurden diese Wiederherstellungen auch immer wieder von erneutem geistlichem Verfall und erneuten Bedrängnissen abgelöst.

Viele Christen haben nach ihrer Bekehrung bereits im jetzigen Leben das erfahren dürfen, was in den Versen 25-27 steht. Viele schreckliche Defizite aus ihrem Leben ohne Gott hat der Herr ausgeglichen, nachdem er ihnen ihre Sünden vergeben und sie angenommen hatte. Viele Jahre des Verlustes werden den Christen bereits im jetzigen Leben zurückerstattet. Dies geschieht nicht immer im Leben aller Christen. Manche Christen müssen auf der sichtbaren Ebene auch für den Rest des irdischen Lebens in Dingen ausharren, die nicht mehr zu ändern sind. Bisweilen geschehen jedoch noch immer große Wunder der Befreiung bei Christen, deren Leben nach der Bekehrung in geradezu dramatischer und wunderbarer Weise geändert wird. Dies alles geschieht nach dem Willen des Heiligen Geistes, der einem jeden so austeilt wie er es will. In der Ewigkeit wird schließlich alles erstattet werden. Dort wird es in Christus keinen Verlust mehr geben, sondern ewigen Lohn und ewige Seligkeit.

Am Ende wird es an dem großen und letzten Tag des Herrn zu einer weltweiten Errettung der Gläubigen, zu einem weltweiten Gericht über alle verlorenen Menschen und zur großen Wiederherstellung aller Dinge auf einer erneuerten Erde für immer und ewig kommen. Gottes Volk wird nach dieser letzten Wiederherstellung nie mehr zuschanden werden. Vers 27 weist in prophetischer Schau auf diese Zeit hin.

Bevor diese neue Welt Gottes in vollkommen sichtbarer ewiger Herrlichkeit geoffenbart werden wird, wird sie jedoch zunächst in geistlicher Form gegründet und aus einem kleinen Anfang heraus entwickelt werden zu einem großen geistlichen Reich auf der ganzen jetzigen Erde. Über diese neue Gründung redet das dritte Kapitel des Buches Joel.

 

 

Kapitel 3

Die biblische Prophetie nimmt etwa ein Drittel der Heiligen Schrift ein. Sie ist uns von Gott gegeben in Form einer fortschreitenden Offenbarung. Wenn wir ein bestimmtes prophetisches Thema oder eine geistliche Linie der Prophetie verfolgen, dann machen wir in aller Regel die Beobachtung, dass Gott dieses Thema durch die gesamte Heilige Schrift hindurch immer weiter entwickelt.

Das größte Beispiel hierfür ist natürlich die Person des Retters und Richters, des Herrn Jesus Christus selbst. Sein Kommen zum Gericht über den Teufel wird in 1Mo 3,15 unmittelbar nach dem Sündenfall angedeutet. Danach gewinnen die Wesenszüge seiner Person auf den Seiten des Alten Testamentes immer mehr Konturen, denn in allen Bibelbüchern finden wir etwas über den Heilsplan Gottes, über die Erlösung und den Erlöser. Schließlich wird uns der Herr in seiner Person und in seinem Werk im Neuen Testament vollständig geoffenbart. Wir sehen den Sieg des Herrn auf Golgatha, welcher den Satan grundsätzlich bereits entmachtet hat. Der krönende Abschluss des prophetischen Wortes ist schließlich die Offenbarung, die uns ganz ausführlich über den endgültigen Sieg des Herrn und die Errichtung seines ewigen Reiches auf der neuen Erde berichtet. Das was in 1Mo 3,15 angedeutet wurde, findet in Off 19-22 seine Vollendung.

Eines der wichtigsten Prinzipien für die Auslegung von Prophetie besteht darin, dass uns das Neue Testament die Schattenbilder und Unklarheiten des Alten Testamentes erklärt. Bisweilen geschieht es sogar, dass im Neuen Testament Passagen aus dem Alten Testament wörtlich zitiert werden. Solche Zitate müssen wir als deutliche Wegmarkierungen an der prophetischen Straße der Heiligen Schrift erkennen. Diese Wegweiser stellen immer einen Glücksfall für den Leser der Bibel dar, denn sie beseitigen jeden Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung und offenbaren uns in der Rückschau auf das Alte Testament den Weg, den Gott in seinem Heilsplan bereits zurückgelegt hat. Die Propheten des Alten Testamentes schrieben unter der Wirkung des Heiligen Geistes Dinge auf, welche sie oftmals selbst noch nicht richtig einordnen konnten. Sie schrieben nicht nur für ihr eigenes Volk, sondern auch, um den Gläubigen der Zukunft geistlich zu dienen. Daher finden wir in ihren Schriften immer wieder Fragmente, die uns erst im Licht des Neuen Testamentes verständlich werden. Ein solcher Glücksfall, ein solches prophetisches Fragment begegnet uns in Joel 3.

Wenn wir Joel 3 im Zusammenhang mit Apostelgeschichte 2 betrachten, dann führt uns dies zu einem klaren und grundlegenden Verständnis des gesamten Buches Joel nach den Gedanken Gottes. Immer wenn wir im Alten Testament solch eine Stelle finden, die im Neuen Testament praktisch wörtlich zitiert wird, dann weist uns hier der Heilige Geist selbst den Weg. Wir haben in solch einem Fall nicht nur die Möglichkeit, den unmittelbaren geistlichen Zusammenhang zu erkennen, sondern wir sind dazu verpflichtet. Wenn wir dieser Verpflichtung nicht nachkommen, dann ordnen wir uns nicht dem Wort Gottes unter und verlassen die Wahrheit. Dieses Verlassen der Wege Gottes in seiner Heiligen Schrift führt in die bodenlosen Sümpfe der Falschprophetie hinein. Die großen Ausleger früherer Jahrhunderte wie zum Beispiel Matthew Henry in England und auch zahlreiche andere bis in unsere Gegenwart hinein haben diesen Zusammenhang klar erkannt und in ihren Kommentaren darüber geschrieben. Wir möchten daher an dieser Stelle dem markierten und gesicherten Weg Gottes folgen und uns ganz bewusst seinem Wort unterordnen.

In Apostelgeschichte 2 finden wir das Pfingstereignis. Fünfzig Tage nach seiner Auferstehung und zehn Tage nach seiner Himmelfahrt sendet der Herr Jesus den Heiligen Geist auf die Erde. Alle Gläubigen in Jerusalem empfangen den Geist und werden zu einer Gemeinde getauft. So wie im Alten Testament die Feuersäule der Herrlichkeit Gottes auf den Berg Sinai, auf das Zelt der Zusammenkunft, auf die Stiftshütte und schließlich auf den Tempel Salomos herabkam, um darin zu wohnen, genauso kommt auch am Pfingsttag eine Miniaturfeuersäule in Form einer Feuerzunge auf jeden einzelnen der Zeugen in Jerusalem um zu zeigen, dass Gott nun als Heiliger Geist Wohnung in jedem einzelnen Gläubigen genommen hat. Nun ist jeder einzelne Gläubige und auch die Versammlung der Gläubigen als ganze für immer und ewig der Tempel des Heiligen Geistes geworden.

Auf diesem Höhepunkt des Wirkens des Heiligen Geistes spricht der Apostel Petrus mit feuriger Zunge zum Volk. Die Feuerzunge ist ja gerade vor wenigen Augenblicken auf ihn herabgekommen. Er spricht über das gewaltige Ereignis, welches gerade stattgefunden hat und bezeichnet es in Apg 2,16 wie folgt: „…und dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist“. Petrus spricht nicht etwa über „…einen Teil dessen, was der Prophet Joel gesagt hat“, sondern über das Ganze: „dies ist es“. Die Prophetie Joels wurde vollständig erfüllt durch das Pfingstereignis und durch die daraus entstandenen Folgen. Wir brauchen keine weitere Erfüllung zu erwarten. Wir lesen nun beide Schriftabschnitte.

 

Joel 3,1-5: „Und nach diesem wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Ältesten werden Träume haben, eure jungen Männer werden Gesichte sehen;
2 und auch über die Knechte und über die Mägde will ich in jenen Tagen meinen Geist ausgießen;
3 und ich werde Zeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut und Feuer und Rauchsäulen;
4 die Sonne soll verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.
5 Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des HERRN anruft, wird gerettet werden; denn auf dem Berg Zion und in Jerusalem wird Errettung sein, wie der HERR verheißen hat, und bei den Übriggebliebenen, die der HERR beruft.“

Apg 2,16-21: „… sondern dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist:
17 »Und es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da werde ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, und eure jungen Männer werden Gesichte sehen, und eure Ältesten werden Träume haben;
18 ja, auch über meine Knechte und über meine Mägde werde ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie werden weissagen.
19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf;
20 die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der große und herrliche Tag des Herrn kommt.
21 Und es soll geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.«“

 

Im Licht des soeben Gesagten haben wir uns nicht zu fragen, welcher Teil der Prophetie noch unerfüllt ist. Wir möchten vielmehr der Antwort auf die Frage nachgehen, in welcher Art und Weise sich die Prophetie vollständig erfüllt hat. Diese Erfüllung führt uns nicht nur bis zum Pfingsttag, sondern weit darüber hinaus in das Gemeindezeitalter des Neuen Testamentes, ja sogar bis in den ewigen Zustand hinein.

Der Geist kam nicht nur auf die Juden, sondern auf alles Fleisch. Alle Nationen haben Anteil an der Erlösung und werden in die Gemeinde Christi eingefügt, in das Israel Gottes nach dem Geist, in die Familie der geistlichen Nachkommen Abrahams. Hier ist nicht Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Herr, denn alle haben denselben Herrn, und jeder der den Namen dieses Herrn anruft wird gerettet werden.

 

Rö 10,11-12: „… denn die Schrift spricht: »Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden!«
12 Es ist ja kein Unterschied zwischen Juden und Griechen: Alle haben denselben Herrn, der reich ist für alle, die ihn anrufen, …“

Gal 3,28-29: „Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Knecht noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus.
29 Wenn ihr aber Christus angehört, so seid ihr Abrahams Same und nach der Verheißung Erben.“

 

Der Geist wird die Menschen nicht nur ein wenig benetzen, sondern er wird in Strömen ausgegossen. Es wird ein Strom des Segens in die Völkerwelt hineinfließen. Der Geist wird in jeden einzelnen Gläubigen hineinfließen und überfließen. Der Geist wird zahlreiche Gaben zum Aufbau und zum Dienst für die Gemeinde verleihen. Das Tote Meer der Völkerwelt wird belebt werden durch diesen Geist. Alle Nationen werden als Anbeter zu diesem hohen Berg Gottes, zu seinem geistlichen Tempel und zu der hocherhabenen Stadt Gottes kommen.

 

Jes 2,2-4: „Ja, es wird geschehen am Ende der Tage, da wird der Berg des Hauses des HERRN fest gegründet stehen an der Spitze der Berge, und er wird erhaben sein über alle Höhen, und alle Heiden werden zu ihm strömen.
3 Und viele Völker werden hingehen und sagen: »Kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns belehre über seine Wege und wir auf seinen Pfaden wandeln!« Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem.
4 Und er wird Recht sprechen zwischen den Heiden und viele Völker zurechtweisen, sodass sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden werden und ihre Speere zu Rebmessern; kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr erlernen.“

Hes 47,1-12: „Und er führte mich zum Eingang des Hauses zurück, und siehe, da floss unter der Schwelle des Hauses Wasser heraus, nach Osten hin; denn die Vorderseite des Hauses lag gegen Osten. Und das Wasser floss hinab, unterhalb der südlichen Seite des Hauses, südlich vom Altar.
2 Und er führte mich durch das nördliche Tor hinaus und brachte mich auf dem Weg außen herum zum äußeren Tor, das nach Osten gerichtet ist; und siehe, da floss von der rechten Seite [des Tores] das Wasser heraus!
3 Während nun der Mann mit einer Messschnur in seiner Hand nach Osten hinausging, maß er 1 000 Ellen und führte mich durch das Wasser; und das Wasser ging mir bis an die Knöchel.
4 Und er maß [noch] 1 000 Ellen und führte mich durch das Wasser; da ging mir das Wasser bis an die Knie. Und er maß [noch] 1 000 Ellen und führte mich hinüber, da ging mir das Wasser bis an die Lenden.
5 Als er aber [noch] 1 000 Ellen maß, da war es ein Strom, den ich nicht durchschreiten konnte. Denn das Wasser war so tief, dass man darin schwimmen musste; ein Strom, der nicht zu durchschreiten war.
6 Da sprach er zu mir: Hast du das gesehen, Menschensohn? Und er führte mich und brachte mich wieder an das Ufer des Stromes zurück.
7 Als ich nun zurückkehrte, siehe, da standen auf dieser und jener Seite am Ufer des Stromes sehr viele Bäume.
8 Und er sprach zu mir: Dieses Wasser fließt hinaus zum östlichen Kreis und ergießt sich über die Arava und mündet ins [Tote] Meer, und wenn es ins Meer geflossen ist, dann wird das Wasser [des Meeres] gesund.
9 Und es wird geschehen: Alle lebendigen Wesen, alles, was sich dort tummelt, wohin diese fließenden Wasser kommen, das wird leben. Es wird auch sehr viele Fische geben, weil dieses Wasser dorthin kommt; und es wird alles gesund werden und leben, wohin dieser Strom kommt.
10 Und es wird geschehen, dass Fischer an ihm stehen werden; von En-Gedi bis En-Eglaim wird es Plätze zum Ausbreiten der Netze geben. Seine Fische werden sehr zahlreich sein, gleich den Fischen im großen Meer, nach ihrer Art.
11 Seine Sümpfe aber und seine Lachen werden nicht gesund; sie bleiben dem Salz überlassen.
12 Aber an diesem Strom, auf beiden Seiten seines Ufers, werden allerlei Bäume wachsen, von denen man isst, deren Blätter nicht verwelken und deren Früchte nicht aufhören werden. Alle Monate werden sie neue Früchte bringen; denn ihr Wasser fließt aus dem Heiligtum. Ihre Früchte werden als Speise dienen und ihre Blätter als Heilmittel.“

Hes 40,2: „In göttlichen Gesichten brachte er mich in das Land Israel, und er ließ mich nieder auf einem sehr hohen Berg; auf diesem war etwas wie der Bau einer Stadt, nach Süden hin.“

Hes 48,35: „Der ganze Umfang beträgt 18 000 [Ruten]. Und der Name der Stadt soll künftig lauten: »Der HERR ist hier!«“

Mt 5,14: „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen bleiben.“

Joh 7,38-39: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
39 Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, welche an ihn glauben; denn der Heilige Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“

1Kor 12,1-11: „Über die Geisteswirkungen aber, ihr Brüder, will ich euch nicht in Unwissenheit lassen.
2 Ihr wisst, dass ihr einst Heiden wart und euch fortreißen ließt zu den stummen Götzen, so wie ihr geführt wurdet.
3 Darum lasse ich euch wissen, dass niemand, der im Geist Gottes redet, Jesus verflucht nennt; es kann aber auch niemand Jesus Herrn nennen als nur im Heiligen Geist.
4 Es bestehen aber Unterschiede in den Gnadengaben, doch es ist derselbe Geist;
5 auch gibt es unterschiedliche Dienste, doch es ist derselbe Herr;
6 und auch die Kraftwirkungen sind unterschiedlich, doch es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt.
7 Jedem wird aber das offensichtliche Wirken des Geistes zum [allgemeinen] Nutzen verliehen.
8 Dem einen nämlich wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben, einem anderen aber ein Wort der Erkenntnis gemäß demselben Geist;
9 einem anderen Glauben in demselben Geist; einem anderen Gnadengaben der Heilungen in demselben Geist;
10 einem anderen Wirkungen von Wunderkräften, einem anderen Weissagung, einem anderen Geister zu unterscheiden, einem anderen verschiedene Arten von Sprachen, einem anderen die Auslegung der Sprachen.
11 Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, der jedem persönlich zuteilt, wie er will.“

 

Die Söhne und Töchter werden weissagen, sie werden Träume und Visionen haben. An etlichen Stellen im Neuen Testament lesen wir über Visionen von Aposteln, besonders natürlich Paulus und Petrus. Der gesamte Dienst des Paulus bestand ja geradezu aus Evangelisation und Weissagung. Alle Briefe des NT sind im Heiligen Geist der Weissagung abgefasst. Die Entstehung der gesamten Schriften des Neuen Testamentes basiert somit auf der Gabe der Weissagung. Sogar die Töchter der Heiligen weissagten. Die Sklaven werden den Herren in dieser Hinsicht ebenfalls gleichen. Die Gabe der Weissagung ist bis heute in der Gemeinde Christi lebendig.

 

Apg 21,8-9: „Am folgenden Tag aber zogen wir, die wir Paulus begleiteten, fort und kamen nach Cäsarea; und wir gingen in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm.
9 Dieser hatte vier Töchter, Jungfrauen, die weissagten.“

1Kor 14,3-4: „Wer aber weissagt, der redet für Menschen zur Erbauung, zur Ermahnung und zum Trost.
4 Wer in einer Sprache redet, erbaut sich selbst; wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde.“

2Tim 3,16: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, …“

Off 19,10: „Und ich fiel vor seinen Füßen nieder, um ihn anzubeten. Und er sprach zu mir: Sieh dich vor, tue es nicht! Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, die das Zeugnis Jesu haben. Bete Gott an! Denn das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung.“

 

Die beiden folgenden Verse 3 und 4 (entsprechend Apg 2,19-20) geben uns wieder deutliche Anklänge an die kommenden Verfolgungen der Christen, an die Bedrängnisse in der Welt und an den großen und letzten Tag des Herrn mit dem Weltgericht, wie wir es bereits zuvor erklärt haben. Wir finden deutliche Anklänge an den großen Gerichtstag von Golgatha, an welchem die Kräfte des Himmels und der Erde erschüttert wurden, als Gott den Herrn Jesus Christus für unsere Sünden richten musste. Es kam zu einer Finsternis, zu einem gewaltigen Erdbeben, zur Öffnung von Gräbern mit Auferweckungen von Heiligen und weiteren übernatürlichen Ereignissen. Alle diese Dinge werden auch beim zweiten Kommen des Herrn geschehen, dann jedoch weltweit.

 

Mt 27,45-54: „Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.
46 Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lama sabachthani, das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«
47 Etliche der Anwesenden sprachen, als sie es hörten: Der ruft den Elia!
48 Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken.
49 Die Übrigen aber sprachen: Halt, lasst uns sehen, ob Elia kommt, um ihn zu retten!
50 Jesus aber schrie nochmals mit lauter Stimme und gab den Geist auf.
51 Und siehe, der Vorhang im Tempel riss von oben bis unten entzwei, und die Erde erbebte, und die Felsen spalteten sich.
52 Und die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt
53 und gingen aus den Gräbern hervor nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.
54 Als aber der Hauptmann und die, welche mit ihm Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und was da geschah, fürchteten sie sich sehr und sprachen: Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn!“

Mt 24,29-31: „Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.
30 Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden sich alle Geschlechter der Erde an die Brust schlagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.
31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.“

Off 6,12-17: „Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete, und siehe, ein großes Erdbeben entstand, und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der Mond wurde wie Blut;
13 und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine unreifen Früchte abwirft, wenn er von einem starken Wind geschüttelt wird.
14 Und der Himmel entwich wie eine Buchrolle, die zusammengerollt wird, und alle Berge und Inseln wurden von ihrem Ort weggerückt.
15 Und die Könige der Erde und die Großen und die Reichen und die Heerführer und die Mächtigen und alle Knechte und alle Freien verbargen sich in den Klüften und in den Felsen der Berge,
16 und sie sprachen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes!
17 Denn der große Tag seines Zorns ist gekommen, und wer kann bestehen?“

Off 16,18: „Und es geschahen Stimmen und Donner und Blitze, und ein großes Erdbeben geschah, wie es dergleichen noch nie gegeben hat, seit es Menschen gab auf Erden, ein solch gewaltiges und großes Erdbeben.“

 

Während des gesamten Zeitalters der Gemeinde auf dieser Erde sind die apokalyptischen Reiter unterwegs gewesen, welche der Herr unter den ersten vier Siegeln der Offenbarung nach seiner Himmelfahrt und Thronbesteigung im Himmel ausgesandt hat. In der gewaltigen Symbolsprache der Offenbarung sehen wir die Bedrängnisse der Gläubigen, aber auch die warnenden und vorläufigen Gerichte Gottes über die Verfolger der Gemeinde. Die Kirchengeschichte ist durchzogen von dem Feuer und den Rauchsäulen der Kriege in der Welt, welche auch der Herr angekündigt hat. Die heutige verfluchte Erde ist getränkt mit dem Blut der Märtyrer Christi, so wie sie auch das Blut Christi getrunken hat. Allerdings ist auch das Blut der Feinde Gottes immer wieder in Strömen geflossen.

 

Joh 19,33-35: „Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht,
34 sondern einer der Kriegsknechte stach mit einem Speer in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus.
35 Und der das gesehen hat, der hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr, und er weiß, dass er die Wahrheit sagt, damit ihr glaubt.“

Mt 24,6-10: „Ihr werdet aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören; habt acht, erschreckt nicht; denn dies alles muss geschehen; aber es ist noch nicht das Ende.
7 Denn ein Heidenvolk wird sich gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden hier und dort Hungersnöte, Seuchen und Erdbeben geschehen.
8 Dies alles ist der Anfang der Wehen.
9 Dann wird man euch der Drangsal preisgeben und euch töten; und ihr werdet gehasst sein von allen Heidenvölkern um meines Namens willen.
10 Und dann werden viele Anstoß nehmen, einander verraten und einander hassen.“

Off 17,4-6: „Und die Frau war gekleidet in Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelsteinen und Perlen; und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voll von Gräueln und der Unreinheit ihrer Unzucht,
5 und auf ihrer Stirn war ein Name geschrieben: Geheimnis, Babylon, die Große, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde.
6 Und ich sah die Frau berauscht vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu; und ich verwunderte mich sehr, als ich sie sah.“

Off 20,4: „Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf, und das Gericht wurde ihnen übergeben; und [ich sah] die Seelen derer, die enthauptet worden waren um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen, und die das Tier nicht angebetet hatten, noch sein Bild, und das Malzeichen weder auf ihre Stirn noch auf ihre Hand angenommen hatten; und sie wurden lebendig und regierten die 1 000 Jahre mit Christus.“

 

Der letzte Vers bei Joel weist hin auf die Errettung, die in dem Namen des Herrn ist. Dies ist nun wirklich neutestamentliche Sprache, und es wird in Apg 2,21 bestätigt. Joel sagt noch dazu, dass auf dem Berg Zion und in Jerusalem Errettung sein wird für alle, die der Herr nach dem Pfingsttag noch herzurufen wird. Dies ist ein Hinweis auf die Weltevangelisation, welche am Pfingsttag in Jerusalem begann. Das Evangelium durchlief Judäa, Samaria und erreichte die Enden der Erde. Die Herbeigerufenen sind bereits heute geistlich versammelt auf dem himmlischen Berg Zion, im himmlischen Jerusalem. Dort ist die Rettung. Das himmlische Jerusalem, die große Versammlung aller Erlösten der Weltgeschichte, wird den Tag des Endgerichts vom Himmel aus erleben und danach leiblich und vollkommen verherrlicht aus dem Himmel kommend auf die erneuerte Erde herabsteigen um für immer und ewig auf ihr zu wohnen.

 

Apg 1,8-9: „…sondern ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde!
9 Und als er dies gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf von ihren Augen weg.“

Hebr 11,32-40: „Und was soll ich noch sagen? Die Zeit würde mir ja fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon und Barak und Simson und Jephta und David und Samuel und den Propheten,
33 die durch Glauben Königreiche bezwangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten, die Rachen der Löwen verstopften;
34 sie haben die Gewalt des Feuers ausgelöscht, sind der Schärfe des Schwertes entkommen, sie sind aus Schwachheit zu Kraft gekommen, sind stark geworden im Kampf, haben die Heere der Fremden in die Flucht gejagt.
35 Frauen erhielten ihre Toten durch Auferstehung wieder; andere aber ließen sich martern und nahmen die Befreiung nicht an, um eine bessere Auferstehung zu erlangen;
36 und andere erfuhren Spott und Geißelung, dazu Ketten und Gefängnis;
37 sie wurden gesteinigt, zersägt, versucht, sie erlitten den Tod durchs Schwert, sie zogen umher in Schafspelzen und Ziegenfellen, erlitten Mangel, Bedrückung, Misshandlung;
38 sie, deren die Welt nicht wert war, irrten umher in Wüsten und Gebirgen, in Höhlen und Löchern der Erde.
39 Und diese alle, obgleich sie durch den Glauben ein gutes Zeugnis empfingen, haben das Verheißene nicht erlangt,
40 weil Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, damit sie nicht ohne uns vollendet würden.“

Hebr 12,22-28: „… sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu Zehntausenden von Engeln,
23 zu der Festversammlung und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten,
24 und zu Jesus, dem Mittler des neuen Bundes, und zu dem Blut der Besprengung, das Besseres redet als [das Blut] Abels.
25 Habt acht, dass ihr den nicht abweist, der redet! Denn wenn jene nicht entflohen sind, die den abgewiesen haben, der auf der Erde göttliche Weisungen verkündete, wie viel weniger wir, wenn wir uns von dem abwenden, der es vom Himmel herab tut!
26 Seine Stimme erschütterte damals die Erde; jetzt aber hat er eine Verheißung gegeben, indem er spricht: »Noch einmal erschüttere ich nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel!«
27 Dieses »Noch einmal« deutet aber hin auf die Beseitigung der Dinge, die erschüttert werden, als solche, die erschaffen worden sind, damit die Dinge bleiben, die nicht erschüttert werden können.
28 Darum, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns die Gnade festhalten, durch die wir Gott auf wohlgefällige Weise dienen können mit Scheu und Ehrfurcht!“

Off 21,1-5: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer gibt es nicht mehr.
2 Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabsteigen, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.
3 Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott.
4 Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.
5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er sprach zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!“

 

 

Kapitel 4

Das Ende des dritten Kapitels zeigte uns die großartige Verheißung der Rettung auf Zion und im neuen Jerusalem. Das nun folgende letzte Kapitel ist in seiner Gesamtheit eine ausführlichere Auslegung dieser Verheißung. Es zeigt uns, welcher Art die Rettung sein wird, wie sie von Gott in der Zerstörung der Feinde seiner Gemeinde ausgeführt wird, und wie sie in der endgültigen Ruhe und Glückseligkeit der Gemeinde im ewigen Zustand zur Vollendung gelangen wird.

Diese Dinge wurden in ihrer Vorerfüllung an verschiedenen Stellen des Alten Testamentes angedeutet. Denken wir etwa an die Rettung Israels aus Ägypten am Roten Meer, die Rettung Jerusalems vor dem Assyrer unter Hiskia oder an den Auszug des Überrestes Israels aus der Babylonischen Gefangenschaft. Im Neuen Testament denken wir natürlich zuallererst an die Rettung, die der Herr Jesus Christus durch seinen Tod und seine Auferstehung errungen hat. Hier wurden alle Feinde des Volkes Gottes bereits grundsätzlich aus dem Feld geschlagen. Der Satan ist geistlich gebunden, das Reich Gottes hat in dem Herrn Jesus Christus den Sieg über das Reich Satans und breitet sich in der Welt aus durch die Verkündigung des Evangeliums.

Die Feinde sind jedoch noch immer aktiv und richten Schaden an. Am Ende werden sie das Volk für sehr kurze Zeit noch einmal weltweit massiv angreifen und mit der Vernichtung bedrohen, wenn der Satan ein letztes Mal losgelassen werden wird. Alle Nationen der Erde werden sich in einem koordinierten Angriff gegen die Christen wenden. Es wird wieder so aussehen wie am Roten Meer, wie bei Hiskia und bei dem Volk in der Babylonischen Gefangenschaft. Das zweite Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit wird in dieser Situation zur endgültigen Rettung von der heutigen Erde, sowie zur ewigen und in Herrlichkeit geoffenbarten Befreiung des Volkes Gottes auf der erneuerten Erde führen.

Die Verse 1-8 schildern uns, wie Gott mit den Feinden seines Volkes abrechnet für alle Bosheiten und Grausamkeiten, welche sie diesem Volk angetan haben. Alles kommt auf ihren eigenen Kopf zurück. Vers 1 redet über die entscheidende Wendung. Vers 2 redet über das Tal Josaphat. Der Name bedeutet: „Gott hat gerichtet“ oder auch „Gott hat entschieden“. Das Tal Josaphat ist also hier in seiner geistlichen Bedeutung zu erkennen als das „Tal des Gerichts, das Tal der Entscheidung“. Es gab in Israel den König Josaphat, den Sohn Asas, welcher zur Lebenszeit Joels bereits gestorben war. Dieser Josaphat war von Gott in Anlehnung an seinen Namen in eine Situation von gewaltigem Gericht und gewaltiger Entscheidung Gottes über die Feinde Israels geführt worden.

Wir lesen die Begebenheit in 2Chr 20. Die vereinigten Völker der Moabiter, Ammoniter und die vom Bergland Seir (also die Edomiter) fielen mit einem gewaltigen und unzählbaren Heer in Juda ein. Josaphat und das ganze Volk vertrauten sich im Gebet und Fasten ganz und gar dem Herrn an. Sie zogen unter Lobgesängen zum Kampfplatz in der Wüste Tekoa. Gott lenkte die Feinde zum Kampf gegeneinander und vernichtete sie vollständig, ohne dass Israel auch nur einen Pfeil abzuschießen hatte. Danach kam das Volk im Tal des Lobes zusammen und ehrte seinen Gott für die gewaltige Rettung, die er geschenkt hatte.

Das Tal Josaphat liegt heute am Rand der Stadt Jerusalem in Israel. Es liegt an einem tiefen Punkt, so dass die Stadt für einen Betrachter im Tal hoch darüber hinaus ragt. Das Tal ist sehr eng, man kann nicht nach den Seiten daraus entfliehen. Es führt entweder zur Stadt, oder davon hinweg. Auch diese geographische Situation im heutigen Israel weist geistlich gesprochen auf die große Entscheidungssituation des Endes hin. Am letzten Tag wird der Herr auf seinem Thron sitzen. Alle Menschen der Welt werden vor ihm stehen. Die Bücher werden geöffnet werden. Das Buch des Lebens wird geöffnet werden. Die darin Verzeichneten werden in die neue Stadt eingelassen werden, welche in Majestät und Herrlichkeit hoch über das tiefe Tal hinausragen wird. Die Verlorenen werden am Tiefpunkt ihrer irdischen Existenz getötet werden, ihr Blut wird im Tal der Entscheidung fließen. Sie werden in den Abgrund der ewigen Verdammnis geworfen werden, in den Feuersee.

In den übrigen Versen erfahren wir, was sie alles dem Volk Gottes angetan haben. Gott wird ihnen genauso vergelten wie sie selbst gehandelt haben, er wird alle ihre Taten auf ihren Kopf zurückfallen lassen.

 

Jes 3,10-11: „Sagt den Gerechten, dass es ihnen gut gehen wird; denn sie werden die Frucht ihrer Taten genießen.
11 Wehe dem Gottlosen! Ihm geht es schlecht; denn was er mit seinen Händen getan hat, das wird ihm angetan werden!“

Off 20,11-15: „Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde kein Platz für sie gefunden.
12 Und ich sah die Toten, Kleine und Große, vor Gott stehen, und es wurden Bücher geöffnet, und ein anderes Buch wurde geöffnet, das ist das Buch des Lebens; und die Toten wurden gerichtet gemäß ihren Werken, entsprechend dem, was in den Büchern geschrieben stand.
13 Und das Meer gab die Toten heraus, die in ihm waren, und der Tod und das Totenreich gaben die Toten heraus, die in ihnen waren; und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken.
14 Und der Tod und das Totenreich wurden in den Feuersee geworfen. Das ist der zweite Tod.
15 Und wenn jemand nicht im Buch des Lebens eingeschrieben gefunden wurde, so wurde er in den Feuersee geworfen.“

 

Die Verse 9-17 erzählen uns, wie Gott kommen wird, wenn das Maß der Ungerechtigkeit aller Nationen voll ist. Es wird uns gezeigt wie der Herr öffentlich erscheinen wird zum ewigen Verderben aller unbußfertigen Sünder und zum ewigen Trost für all seine treuen Diener. In spöttischer, sarkastischer Sprache werden die Feinde Gottes dazu aufgefordert, sich ein letztes Mal zu rüsten und mit all ihrer mächtigen Kampfkraft gegen das Volk und die Stadt Gottes aufzuziehen. Es wird ein aussichtsloses Unterfangen sein, denn der mächtige Heerzug der Feinde wird zu seinem eigenen Begräbnis aufmarschieren.

So wie wir die Vorerfüllungen in der Geschichte gesehen haben, so finden wir hier in den Versen 12-15 erneut eine klare Anspielung an die endgültige und ewige Erfüllung des letzten Tages: Die Sichel der Ernte, die Kelter des Gerichts und die Verfinsterung der Gestirne.

 

Off 14,14-20: „Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer, der glich einem Sohn des Menschen; er hatte auf seinem Haupt eine goldene Krone und in seiner Hand eine scharfe Sichel.
15 Und ein weiterer Engel kam aus dem Tempel hervor, der rief mit lauter Stimme dem zu, der auf der Wolke saß: Sende deine Sichel und ernte; denn die Stunde des Erntens ist für dich gekommen, weil die Ernte der Erde überreif geworden ist!
16 Und der auf der Wolke saß, warf seine Sichel auf die Erde, und die Erde wurde abgeerntet.
17 Und ein weiterer Engel kam hervor aus dem Tempel, der im Himmel ist, und auch er hatte eine scharfe Sichel.
18 Und ein weiterer Engel kam vom Altar her, der hatte Vollmacht über das Feuer; und er wandte sich mit lautem Ruf an den, der die scharfe Sichel hatte, und sprach: Sende deine scharfe Sichel aus und schneide die Trauben des Weinstocks der Erde ab, denn seine Beeren sind reif geworden!
19 Und der Engel warf seine Sichel auf die Erde und schnitt den Weinstock der Erde und warf die Trauben in die große Kelter des Zornes Gottes.
20 Und die Kelter wurde außerhalb der Stadt getreten, und es floss Blut aus der Kelter bis an die Zäume der Pferde, 1 600 Stadien weit.“

Mt 24,29-31: „Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.
30 Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden sich alle Geschlechter der Erde an die Brust schlagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.
31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.“

 

In Vers 16 werden Himmel und Erde erzittern in diesem Augenblick. Der Himmel wird sich öffnen und der Herr wird kommen. Aus dem himmlischen Zion heraus wird der Herr Jesus Christus, der Löwe von Juda brüllen und alle seine Feinde mit einem einfachen Handschlag wegwischen von der Oberfläche der Erde. Sie werden in ihren letzten Augenblicken erkennen müssen, wer der wirkliche Herr der Herren ist.

 

Off 19,11-21: „Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt »Der Treue und der Wahrhaftige«; und in Gerechtigkeit richtet und kämpft er.
12 Seine Augen aber sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Kronen, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt als nur er selbst.
13 Und er ist bekleidet mit einem Gewand, das in Blut getaucht ist, und sein Name heißt: »Das Wort Gottes«.
14 Und die Heere im Himmel folgten ihm nach auf weißen Pferden, und sie waren bekleidet mit weißer und reiner Leinwand.
15 Und aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, damit er die Heidenvölker mit ihm schlage, und er wird sie mit eisernem Stab weiden; und er tritt die Weinkelter des Grimmes und des Zornes Gottes, des Allmächtigen.
16 Und er trägt an seinem Gewand und an seiner Hüfte den Namen geschrieben: »König der Könige und Herr der Herren«.
17 Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen; und er rief mit lauter Stimme und sprach zu allen Vögeln, die inmitten des Himmels fliegen: Kommt und versammelt euch zu dem Mahl des großen Gottes,
18 um das Fleisch der Könige zu verzehren und das Fleisch der Heerführer und das Fleisch der Starken und das Fleisch der Pferde und derer, die darauf sitzen, und das Fleisch aller, der Freien und der Knechte, sowohl der Kleinen als auch der Großen!
19 Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um Krieg zu führen mit dem, der auf dem Pferd sitzt, und mit seinem Heer.
20 Und das Tier wurde ergriffen und mit diesem der falsche Prophet, der die Zeichen vor ihm tat, durch welche er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen, und die sein Bild anbeteten; die beiden wurden lebendig in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt.
21 Und die Übrigen wurden getötet mit dem Schwert dessen, der auf dem Pferd sitzt, das aus seinem Mund hervorgeht, und alle Vögel sättigten sich von ihrem Fleisch.“

 

Vers 17 zeigt uns die ewige Wohnung für Gott und sein Volk. Es ist das himmlische Zion, welches auf die erneuerte Erde herabgekommen ist. Zu dieser Stadt wird kein Feind mehr Zutritt haben. Diese Stadt wird bereits heute in unserer Zeit gebaut, und sie wird bei der Ankunft des Herrn in Herrlichkeit dargestellt werden und für immer bestehen. Es ist die Gemeinde.

 

Hebr 12,22-24: „…sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu Zehntausenden von Engeln,
23 zu der Festversammlung und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten,
24 und zu Jesus, dem Mittler des neuen Bundes, und zu dem Blut der Besprengung, das Besseres redet als [das Blut] Abels.“

Off 21,1-3: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer gibt es nicht mehr.
2 Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabsteigen, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.
3 Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott.“

Off 22,14-15: „Glückselig sind, die seine Gebote tun, damit sie Anrecht haben an dem Baum des Lebens und durch die Tore in die Stadt eingehen können.
15 Draußen aber sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut.“

 

Die Verse 18-21 reden über die ewigen Segnungen Gottes für sein erlöstes Volk, nachdem Gott mit allen Feinden zu Ende gekommen sein und nachdem das Erste vergangen sein wird. Diese Segnungen sind bereits in geistlicher Hinsicht Wirklichkeit geworden für die Gemeinde Christi in unserer Zeit, und sie werden in vollendeter Herrlichkeit geoffenbart sein in der neuen und ewigen Schöpfung, die Gott mit seinem Volk bewohnen wird.

Vers 18 redet über die Fülle und den Überfluss an Segnungen, die Gott seinem Volk auf ewig bereiten wird. Es wird ein neues und ewiges Paradies sein, viel herrlicher als das Paradies, welches Adam und Eva verloren haben. Auch in unserer Zeit dürfen wir die geistlichen Segnungen genießen als einen Vorgeschmack der kommenden Herrlichkeit inmitten der Bedrängnisse der Gegenwart. Einmal wird alles vollkommen sein. Berge triefend von Most und Ströme von lebendigem Wasser aus dem Heiligtum.

 

Ps 46,5: „Ein Strom mit seinen Bächen erfreut die Stadt Gottes, das Heiligtum der Wohnungen des Höchsten.“

Ps 65,10-11: „Du suchst das Land heim und bewässerst es und machst es sehr reich; der Strom Gottes hat Wasser in Fülle. Du lässt ihr Getreide gut geraten, denn so bereitest du [das Land] zu;
11 du tränkst seine Furchen, feuchtest seine Schollen; mit Regenschauern machst du es weich und segnest sein Gewächs.“

Ps 87,7: „Und sie singen beim Reigen: »Alle meine Quellen sind in dir!«“

Hes 47,1-12: „Und er führte mich zum Eingang des Hauses zurück, und siehe, da floss unter der Schwelle des Hauses Wasser heraus, nach Osten hin; denn die Vorderseite des Hauses lag gegen Osten. Und das Wasser floss hinab, unterhalb der südlichen Seite des Hauses, südlich vom Altar.
2 Und er führte mich durch das nördliche Tor hinaus und brachte mich auf dem Weg außen herum zum äußeren Tor, das nach Osten gerichtet ist; und siehe, da floss von der rechten Seite [des Tores] das Wasser heraus!
3 Während nun der Mann mit einer Messschnur in seiner Hand nach Osten hinausging, maß er 1 000 Ellen und führte mich durch das Wasser; und das Wasser ging mir bis an die Knöchel.
4 Und er maß [noch] 1 000 Ellen und führte mich durch das Wasser; da ging mir das Wasser bis an die Knie. Und er maß [noch] 1 000 Ellen und führte mich hinüber, da ging mir das Wasser bis an die Lenden.
5 Als er aber [noch] 1 000 Ellen maß, da war es ein Strom, den ich nicht durchschreiten konnte. Denn das Wasser war so tief, dass man darin schwimmen musste; ein Strom, der nicht zu durchschreiten war.
6 Da sprach er zu mir: Hast du das gesehen, Menschensohn? Und er führte mich und brachte mich wieder an das Ufer des Stromes zurück.
7 Als ich nun zurückkehrte, siehe, da standen auf dieser und jener Seite am Ufer des Stromes sehr viele Bäume.
8 Und er sprach zu mir: Dieses Wasser fließt hinaus zum östlichen Kreis und ergießt sich über die Arava und mündet ins [Tote] Meer, und wenn es ins Meer geflossen ist, dann wird das Wasser [des Meeres] gesund.
9 Und es wird geschehen: Alle lebendigen Wesen, alles, was sich dort tummelt, wohin diese fließenden Wasser kommen, das wird leben. Es wird auch sehr viele Fische geben, weil dieses Wasser dorthin kommt; und es wird alles gesund werden und leben, wohin dieser Strom kommt.
10 Und es wird geschehen, dass Fischer an ihm stehen werden; von En-Gedi bis En-Eglaim wird es Plätze zum Ausbreiten der Netze geben. Seine Fische werden sehr zahlreich sein, gleich den Fischen im großen Meer, nach ihrer Art.
11 Seine Sümpfe aber und seine Lachen werden nicht gesund; sie bleiben dem Salz überlassen.
12 Aber an diesem Strom, auf beiden Seiten seines Ufers, werden allerlei Bäume wachsen, von denen man isst, deren Blätter nicht verwelken und deren Früchte nicht aufhören werden. Alle Monate werden sie neue Früchte bringen; denn ihr Wasser fließt aus dem Heiligtum. Ihre Früchte werden als Speise dienen und ihre Blätter als Heilmittel.“

Am 9,13: „Siehe, es kommen Tage, spricht der HERR, da der Pflüger den Schnitter und der Traubenkelterer den Sämann ablösen wird. Dann werden die Berge von Most triefen und alle Hügel überfließen.“

Off 22,1-5: „Und er zeigte mir einen reinen Strom vom Wasser des Lebens, glänzend wie Kristall, der ausging vom Thron Gottes und des Lammes.
2 In der Mitte zwischen ihrer Straße und dem Strom, von dieser und von jener Seite aus, [war] der Baum des Lebens, der zwölfmal Früchte trägt und jeden Monat seine Frucht gibt, jeweils eine; und die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der Völker.
3 Und es wird keinen Fluch mehr geben; und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, und seine Knechte werden ihm dienen;
4 und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird auf ihren Stirnen sein.
5 Und es wird dort keine Nacht mehr geben, und sie bedürfen nicht eines Leuchters, noch des Lichtes der Sonne, denn Gott, der Herr, erleuchtet sie; und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.“

 

Vers 19 erinnert noch einmal an die völlige und ewige Verwüstung der Feinde. Stellvertretend für die ganze Welt werden hier Ägypten und Edom genannt, und zwar deswegen, weil sie diejenigen waren, die dem Volk Gottes das schlimmste Elend zugefügt und es im wahrsten Sinne des Wortes bis auf den Tod gehasst haben. Auch bei anderen Propheten finden wir das Gericht über diese beiden Völker in geistlicher Deutung dargestellt als das Gericht über die ganze Welt:

 

Jes 63,1-4: „Wer ist dieser, der dort von Edom her kommt, von Bozra mit hochroten Kleidern; er, der prächtig aussieht in seinem Gewand, stolz auftritt in der Fülle seiner Kraft? »Ich bin es, der ich von Gerechtigkeit rede und mächtig bin zum Retten!«
2 Warum ist denn dein Gewand so rot, und deine Kleider sehen aus wie die eines Keltertreters?
3 »Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war kein Mensch mit mir; und so habe ich sie zertreten in meinem Zorn und zerstampft in meinem Grimm, dass ihr Saft an meine Kleider spritzte und ich mein ganzes Gewand besudelte.
4 Denn ich hatte mir einen Tag der Rache vorgenommen; das Jahr meiner Erlösten war gekommen.“

Hes 32,29-32: „Da ist auch Edom mit seinen Königen und allen seinen Fürsten, die mit ihrer Macht zu denen gelegt wurden, die durch das Schwert erschlagen wurden. Sie liegen bei den Unbeschnittenen und bei denen, die in die Grube hinabgefahren sind.
30 Da sind auch alle Fürsten des Nordens und alle Zidonier, die mit den Erschlagenen hinabgefahren sind. Sie sind mit ihrer furchterregenden Stärke zuschanden geworden und liegen unbeschnitten unter denen, die vom Schwert erschlagen wurden, und tragen ihre Schande samt denen, die in die Grube hinabgefahren sind.
31 Der Pharao wird sie sehen, und er wird getröstet werden über alle seine Menge. Vom Schwert erschlagen ist der Pharao und sein ganzes Heer!, spricht GOTT, der Herr.
32 Denn ich habe ihn Schrecken verbreiten lassen im Land der Lebendigen; darum soll der Pharao und seine ganze Menge unter Unbeschnittenen hingestreckt werden, bei denen, die vom Schwert erschlagen worden sind, spricht GOTT, der Herr.“

 

Vers 20 redet über die Beständigkeit der Rettung bereits in unserer Zeit und über den ewigen Bestand in der neuen Schöpfung. Bereits in unserer Zeit ist das neue Jerusalem geistlich gegründet. Es besteht aus den bereits entschlafenen Christen in der himmlischen Gegenwart des Herrn und aus den noch auf der Erde lebenden Gläubigen. Diese beiden Gruppen werden uns deutlich zum Beispiel im Bild von Offenbarung 7 gezeigt. Auf der Erde besteht das neue Jerusalem von Generation zu Generation im zeitlichen Sinn, denn die Christen haben das Evangelium immer wieder an neue Generationen weitergegeben. Im gegenwärtigen Himmel sowie im neuen Himmel und auf der neuen Erde gibt es schon jetzt und wird es auch zukünftig keine zeitliche Beschränkung mehr geben. In diesem Sinne gedeutet weist der Vers auf den ewigen Zustand hin.

Vers 21 redet über die Reinigung und die Reinheit der Gläubigen. Das Blut Christi hat die Gläubigen von ihren Sünden gewaschen. Sie haben sich an dem geöffneten Quell der Reinigung gewaschen.

 

Sach 13,1: „An jenem Tag wird für das Haus David und für die Einwohner von Jerusalem ein Quell eröffnet sein gegen Sünde und Unreinheit.“

 

Trotzdem müssen auf dem Weg durch diese Welt auch von den Christen immer wieder Sünden bekannt und weggereinigt werden, um den Weg in der frohen und friedvollen Gemeinschaft mit Gott gehen zu können. Am Ende wird es in der neuen Schöpfung auf ewig so sein, dass alle Reste von Unreinheit und Sünde für immer verschwunden sein werden. Auf der neuen Erde wird nur noch Gerechtigkeit wohnen.

 

1Joh 1,9-10: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.
10 Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“

1Joh 3,1-3: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Darum erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat.
2 Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
3 Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich, gleichwie auch Er rein ist.“

2Pe 3,11-14: „Da nun dies alles aufgelöst wird, wie sehr solltet ihr euch auszeichnen durch heiligen Wandel und Gottesfurcht,
12 indem ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegeneilt, an welchem die Himmel sich in Glut auflösen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden!
13 Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.
14 Darum, Geliebte, weil ihr dies erwartet, so seid eifrig darum bemüht, dass ihr als unbefleckt und tadellos vor ihm erfunden werdet in Frieden!“

 

Wir möchten nun unsere Betrachtung des Buches Joel abschließen. Der Schreiber des vorliegenden Textes hat ernstlich zum Herrn gebetet, dass die Leser den großen geistlichen Segen dieses nur vier Kapitel umfassenden Prophetenbuches erfassen und in ihrem eigenen Leben verwirklichen können. – Maranatha!

 

 

Weiterführende Literatur

 Matthew Henrys Commentary on The Whole Bible. Hendrickson Publishers, 1991.